Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 09. Jan. 2012 - 8 Ta 270/11
Gericht
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 10.10.2011 - 9 Ca 492/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
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Der Kläger war bei der Beklagten, die gewerbsmäßig Arbeitnehmerüberlassung betreibt, vom 20.04.2009 bis zum 23.07.2009 als kaufmännischer Mitarbeiter beschäftigt. Der zwischen den Parteien geschlossene Arbeitsvertrag enthält u. a. folgende Bestimmungen:
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"§ 2 Vertragsgegenstand, Arbeitsleistung im Ausland
…
- 3
6. Auf das Arbeitsverhältnis finden die für den Arbeitgeber fachlich einschlägigen Tarifverträge, in ihrer jeweils geltenden Fassung, Anwendung. Dies sind zur Zeit zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) abgeschlossenen Tarifverträge (Manteltarifvertrag, Entgeltrahmentarifvertrag, Entgelttarifvertrag und Beschäftigungssicherungstarifvertrag). Diese sind an der Infotafel in der Niederlassung zur Einsichtnahme ausgehängt.
…
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§ 5 Vergütung
- 5
1. Die Vergütung erfolgt auf der Grundlage der für den Arbeitgeber gem. § 1 dieses Vertrages geltenden Tarifverträge (Entgeltrahmentarifvertrag, Entgelttarifverträge Ost bzw. West). Der Mitarbeiter wird entsprechend seiner Tätigkeit in die Entgeltgruppe E 3 des Entgeltrahmentarifvertrages eingruppiert. Der Stundenlohn beträgt demnach € 7,64 brutto, ab dem 01.07.2009 € 7,80 ab dem 20.08.2009 € 8,62 brutto."
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Mit seiner am 14.03.2011 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage begehrt der Kläger unter Berufung auf die Entscheidung des BAG vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10) unter dem Gesichtspunkt des Equal-Pay die Nachzahlung von Arbeitsvergütung für die Zeit vom 20.04. bis 23.07.2009.
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Das Arbeitsgericht erließ am 10.10.2011 folgenden Beschluss:
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Das Verfahren wird ausgesetzt gemäß § 97 Abs. 5 ArbGG bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Beschlussverfahrens i.S.d. § 2 a Abs. 1 Ziffer 4 ArbGG, in dem die Frage Tariffähigkeit der Tarifgemeinschaft Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) im Zeitpunkt des Abschlusses der für die streitgegenständlichen Monate April bis Juli 2009 einschlägigen Tarifverträge, geschlossen zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP), zu klären ist.
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Gegen diesen, ihm am 18.10.2011 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 01.11.2011 sofortige Beschwerde eingelegt.
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Zur Begründung seiner Beschwerde macht der Kläger im Wesentlichen geltend, es liege kein Aussetzungsgrund vor, da vorliegend die Tarifunfähigkeit der CGZP unstreitig sei bzw. diesbezüglich keine Zweifel bestünden.
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Die Beklagte beantragt,
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die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
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Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 12.12.2011 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
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Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
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Die statthafte und insgesamt zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet.
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Das Arbeitsgericht hat den Rechtsstreit zu Recht ausgesetzt.
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Gemäß § 97 Abs. 5 ArbGG ist für den Fall, dass die Entscheidung eines Rechtsstreites davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig oder tarifzuständig ist, das Verfahren auszusetzen, bis im Beschlussverfahren über die Tariffähigkeit oder -zuständigkeit dieser Vereinigung entschieden ist. Damit hängt die Entscheidung über die Aussetzung davon ab, ob Streit über die Tariffähigkeit oder -zuständigkeit einer Vereinigung besteht und ob sich diese Frage streitentscheidend auf das Verfahren auswirkt. Dabei ist jedoch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gegen eine Aussetzungsentscheidung die Ansicht der der Vorinstanz über die im ausgesetzten Rechtsstreit maßgeblichen Rechtsfragen so lange zugrunde zu legen, wie der Mangel der Entscheidungserheblichkeit nicht offensichtlich ist (BAG vom 28.01.2008 - 3 AZB 30/07 - EZA ArbGG 1979 § 97 Nr. 9).
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Die Tarifunfähigkeit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) steht - entgegen der Ansicht des Klägers - vorliegend nicht außer Streit. Die Beklagte hat ausdrücklich geltend gemacht, die Frage der Tarifunfähigkeit der CGZP - bezogen auf den vorliegend maßgeblichen Zeitraum von April bis Juli 2009 - sei nicht geklärt und beantragt, das Verfahren deshalb gem. § 97 Abs. 5 ArbGG auszusetzen. Damit hat sie hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass sie die vom Kläger behauptete Tarifunfähigkeit der CGZP während des betreffenden Zeitraums in Zweifel zieht.
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Das BAG hat im Beschluss vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10 - AP Nr. 6 zu § 2 TVG Tariffähigkeit) die Tarifunfähigkeit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) nicht für die Vergangenheit, sondern lediglich gegenwartsbezogen festgestellt (so auch: LAG Rheinland-Pfalz vom 15.05.2011 - 6 Ta 99/11 -, vom 17.08.2011 - 11 Ta 160/11 - und vom 19.12.2011 - 10 Ta 247/11). Aus der vom BAG vorgenommenen Antrags- und auch Streitgegenstandsauslegung folgt, dass dem Beschluss vom 14.12.2010 keine rückwirkende Wirkung zuerkannt werden kann und damit rechtskräftig festgestellt ist, dass die CGZP ab dem 07.12.2009 (letzte mündliche Verhandlung in der Tatsacheninstanz) keine Tariffähigkeit besitzt.
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Hiervon ausgehend ist die Entscheidung des Arbeitsgerichts, den vorliegenden Rechtsstreit auszusetzen, gerechtfertigt. Der unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Equal-Pay geltend gemachte Anspruch kann dem Kläger nur dann zustehen, wenn die in seinem Arbeitsvertrag vom 06.04.2009 in Bezug genommenen Tarifverträge zwischen der CGZP und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. keine Rechtswirkung entfalten, weil sie mangels Tariffähigkeit der CGZP unwirksam sind. Die Annahme des Arbeitsgerichts, dass die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreites davon abhängt, ob die CGZP im Zeitpunkt des Abschlusses der für die Monate April bis Juli 2009 einschlägigen Tarifverträge tariffähig war, ist daher nicht offensichtlich unzutreffend.
III.
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Die sofortige Beschwerde ist daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.
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(1) In den Fällen des § 2a Abs. 1 Nr. 4 wird das Verfahren auf Antrag einer räumlich und sachlich zuständigen Vereinigung von Arbeitnehmern oder von Arbeitgebern oder der obersten Arbeitsbehörde des Bundes oder der obersten Arbeitsbehörde eines Landes, auf dessen Gebiet sich die Tätigkeit der Vereinigung erstreckt, eingeleitet.
(2) Für Verfahren nach § 2a Absatz 1 Nummer 4 ist das Landesarbeitsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Vereinigung, über deren Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit zu entscheiden ist, ihren Sitz hat.
(2a) Für das Verfahren sind § 80 Absatz 1, 2 Satz 1 und Absatz 3, §§ 81, 83 Absatz 1 und 2 bis 4, §§ 83a, 84 Satz 1 und 2, § 91 Absatz 2 und §§ 92 bis 96 entsprechend anzuwenden. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Absatz 4 und 5 entsprechend.
(3) Der rechtskräftige Beschluss über die Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit einer Vereinigung wirkt für und gegen jedermann. Die Vorschrift des § 63 über die Übersendung von Urteilen gilt entsprechend für die rechtskräftigen Beschlüsse von Gerichten für Arbeitssachen im Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4.
(4) In den Fällen des § 2a Abs. 1 Nr. 4 findet eine Wiederaufnahme des Verfahrens auch dann statt, wenn die Entscheidung über die Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit darauf beruht, daß ein Beteiligter absichtlich unrichtige Angaben oder Aussagen gemacht hat. § 581 der Zivilprozeßordnung findet keine Anwendung.
(5) Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits davon ab, ob eine Vereinigung tariffähig oder ob die Tarifzuständigkeit der Vereinigung gegeben ist, so hat das Gericht das Verfahren bis zur Erledigung des Beschlußverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 auszusetzen. Im Falle des Satzes 1 sind die Parteien des Rechtsstreits auch im Beschlußverfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 antragsberechtigt.
(1) Tarifvertragsparteien sind Gewerkschaften, einzelne Arbeitgeber sowie Vereinigungen von Arbeitgebern.
(2) Zusammenschlüsse von Gewerkschaften und von Vereinigungen von Arbeitgebern (Spitzenorganisationen) können im Namen der ihnen angeschlossenen Verbände Tarifverträge abschließen, wenn sie eine entsprechende Vollmacht haben.
(3) Spitzenorganisationen können selbst Parteien eines Tarifvertrags sein, wenn der Abschluß von Tarifverträgen zu ihren satzungsgemäßen Aufgaben gehört.
(4) In den Fällen der Absätze 2 und 3 haften sowohl die Spitzenorganisationen wie die ihnen angeschlossenen Verbände für die Erfüllung der gegenseitigen Verpflichtungen der Tarifvertragsparteien.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)