Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 28. Aug. 2013 - 11 Sa 119/13
Gericht
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 13.08.2012 – 8 Ca 2475/11 d – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Versetzung und die Zahlung von Schichtzulagen.
3Der Kläger ist bei der Beklagten als Elektriker beschäftigt. Seit dem Jahre 2002 ist er Mitglied des Betriebsrates, seit dem Jahr 2010 ist er Vorsitzender des Gremiums und von seiner beruflichen Tätigkeit freigestellt.
4Der Kläger war seit dem Beginn seiner Beschäftigung bei der Beklagten in der Abteilung Instandhaltung im vollkontinuierlichen Wechselschichtbetrieb eingesetzt. Aufgrund der „Betriebsvereinbarung 03/2009 über ein ABB-Alternativkonzept und die Optimierung Challenge“ (BV 03/2009) wurde die Schichtbesetzung in der Instandhaltung von 11 auf 8 Personen pro Schicht reduziert. Von dieser Maßnahme waren vier Schichten betroffen. Die von der Schichtreduzierung betroffenen Mitarbeiter – wozu auch der Kläger gehört – wurden nach Maßgabe eines leistungsbezogenen Rankings ausgewählt und nach Beteiligung des Betriebsrats zum 01.09.2009 in die Tagschicht der Elektrowerkstatt versetzt, wo sie im sog. Technischen Pool zusätzlich zu den jeweiligen Schichtmitarbeitern handwerkliche Tätigkeiten verrichten. Durch die Versetzung entfielen die Schichtzulagen, die aufgrund der BV 03/2009 im Falle des Klägers für einen Zeitraum von fünf Monaten teilweise ausgeglichen wurden.
5Der Kläger sieht sich hinsichtlich der Versetzung wegen der Ausübung seiner Betriebsratstätigkeit benachteiligt. Im Rahmen eines Kantinengesprächs im März 2011 habe er vom damaligen Schichtleiter, dem Zeugen L erfahren, dass er für die Versetzung in die Tagschicht ausgewählt worden sei, weil er wegen häufiger Abwesenheit aufgrund seiner Betriebsratsarbeit in der Schicht gefehlt habe und für ihn kein Ersatz gestellt worden sei.
6Der Kläger wendet sich mit der Klage zum einen gegen die Versetzung zum 01.09.2009 in die Eletrowerkstatt, zum anderen verlangt er von der Beklagten die Zahlung der entgangenen Schichtzulagen.
7Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 13.08.2012 (Bl. 106 ff. d. A.) die Klage nach Beweisaufnahme in der Sitzung vom 31.05.2012 (Bl. 90 ff. d.A.) abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme überzeugt, dass bei der Auswahl des Klägers weder sein Betriebsratsamt noch die die dadurch bedingten Abwesenheitszeiten entscheidend gewesen seien. Maßgeblich seien fachlich-objektive Kriterien gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe, wegen der weiteren Einzelheiten des streitigen und unstreitigen Vorbringens sowie der Antragstellung der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
8Gegen das ihm am 11.01.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.02.2013 Berufung eingelegt und diese am 05.03.2013 begründet.
9Unter Bezugnahme auf seinen erstinstanzlichen Vortrag sieht sich der Kläger angesichts der Aussage des Zeugen L vor dem Arbeitsgericht in seiner Annahme der Benachteiligung wegen Ausübung seines Betriebsratsmandats bestätigt. Der Einschätzung des unmittelbaren Vorgesetzten sei bei der Auswahl großes Gewicht beigemessen worden. Der Zeuge L habe häufiger als andere Schichtleiter nach Ersatz für den Kläger gefragt. Die Beklagte hätte den Kläger in eine andere Schicht versetzen können. So habe der Mitarbeiter P , der im Rahmen seiner Schicht die schlechteste Benotung erhalten habe, von der Schicht B in die Schicht C wechseln können. Auf der Schicht D seien zwei Mitarbeiter, die Platz 3 und 4 des Rankings belegt hätten, weiterbeschäftigt worden. Daher werde bestritten, dass der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden sei.
10Der Kläger beantragt,
11unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Aachen – 8 Ca 2475/11 – vom 13.08.2012 die Beklagte nach den dort zuletzt gestellten Anträgen zu verurteilen.
12Die Beklagte beantragt,
13die Berufung zurückzuweisen.
14Die Beklagte verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts und sieht sich ihrerseits durch das Ergebnis der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme bestätigt. Der Kläger übersehe, dass der Zeuge Lemmens nicht zum Kreis der „Entscheider“ gehört habe. Abwesenheitszeiten des Klägers wegen seiner Betriebsratsarbeit seien für die Auswahlentscheidung nicht relevant gewesen. Eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in Wechselschicht habe nicht bestanden, die Betriebsratsbeteiligung sei daher auch nicht zu beanstanden.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien vom 05.03.2013 und 05.04.2013 nebst Anlagen sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
16E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
17I. Die Berufung des Klägers ist zulässig, denn sie ist gemäߧ 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft und wurde innerhalb der Fristen des§ 66 Abs. 1 ArbGG ordnungsgemäß eingelegt und begründet.
18II. Die Berufung blieb ohne Erfolg, denn das Arbeitsgericht hat mit überzeugender Argumentation, der sich die Berufungskammer anschließt, rechtsfehlerfrei erkannt, dass die Versetzung zum 01.09.2009 von der Stützpunktwerkstatt PW 1 in die Elektrowerkstatt wirksam ist, so dass die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet ist, an den Kläger die entgangenen Schichtzuschläge in Höhe von € brutto nebst Zinsen nachzuzahlen.
191. Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Die Wahrung billigen Ermessens im Rahmen der Ausübungskontrolle gemäß den §§ 106 Satz 1 GewO, 315 Abs. 3 BGB setzt voraus, dass die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt werden. Innerhalb dieses Rahmens können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt allein die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Direktionsrechts beachtet hat. Die Berücksichtigung schutzwürdiger Belange des Arbeitnehmers anlässlich der Ausübung des Direktionsrechts kann eine personelle Auswahlentscheidung des Arbeitgebers erfordern, wenn mehrere Arbeitnehmer betroffen sind. Die Leistungsbestimmung ist dann gegenüber demjenigen Arbeitnehmer zu treffen, dessen Interessen weniger schutzwürdig sind. Eine soziale Auswahl wie im Fall des § 1 Abs. 3 KSchG findet aber nicht statt. Die Darlegungs- und Beweislast für die Wirksamkeit der getroffenen Ermessensausübung liegt beim Arbeitgeber (BAG, Urt. v. 10.07.2013 - 10 AZR 915/12 – m.w.N.). Nach § 78 Satz 2 BetrVG dürfen Mitglieder des Betriebsrats wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden. Eine Benachteiligung im Sinne der Vorschrift ist jede Schlechterstellung im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern, die nicht auf sachlichen Gründen, sondern auf der Tätigkeit als Betriebsratsmitglied beruht. Eine Benachteiligungsabsicht ist nicht erforderlich. Es genügt die objektive Schlechterstellung gegenüber Nichtbetriebsratsmitgliedern (BAG, Urt. v. 25.02.2009 - 7 AZR 954/07 - m.w.N).
202. Eine einzelvertragliche Vereinbarung, wonach die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger im Vollkonti-Schichtbetrieb einzusetzen, hat der Kläger nicht vorgetragen. Die BV 03/2009 enthält hinsichtlich der Auswahl der zu versetzenden Mitarbeiter keine Auswahlkriterien. Die Berücksichtigung von Leistungsgesichtspunkten ist angesichts der personellen Reduzierung der Schichten der Instandhaltung aus sachbezogenen Erwägungen begründet, da mit weniger Personal der störungsfreie Durchfahrbetrieb sicher gestellt werden sollte. Der Kläger hat auch nicht dargetan, dass seine Auswahl aufgrund seiner persönlichen Verhältnisse oder aus Leistungsgesichtspunkten ermessensfehlerhaft gewesen sei. Einen freien Arbeitsplatz in einer anderen Schicht der Instandhaltung, den er aufgrund seiner fachlichen Qualifikation hätte ausfüllen können, hat der Kläger nicht aufgezeigt. Hinsichtlich des von ihm benannten Mitarbeiters P hat er dem Vorbringen der Beklagten, dass dieser nicht nur in fachlicher Hinsicht besser bewertet worden sei, sondern darüber hinaus bessere erforderliche Fachkenntnisse (S7-Kenntnisse) gehabt habe, nicht widersprochen. Bezüglich der Schicht D war kein Arbeitsplatz neu zu besetzen, darüber hinaus hatten die Arbeitnehmer Adam und Dienstknecht – anders als der Kläger - auch die unbestritten erforderlichen S7-Kenntnisse.
213. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Arbeitsgericht aufgrund der glaubhaften Aussagen der Zeugen L (Abteilungsleiter der Instandhaltung) und M (Fachbereichsleiter Mechanik und Schichtbetrieb) angenommen hat, die Beklagte habe sich bei ihrer Auswahlentscheidung ausschließlich an fachlichen Kriterien orientiert und die Einschätzung des Zeugen L (Schichtleiter) sei für die Auswahl des Klägers nicht ausschlaggebend gewesen. So hat der Zeuge L bekundet, dass bei der Auswahl eine Bewertung durchgeführt werden sollte, um einen optimalen fachlichen Status der Schicht nach der Personalreduzierung zu gewährleisten. Diese Bewertung habe er dem Zeugen M übertragen, der zu diesem Zwecke auch den Schichtleiter habe ansprechen sollen. Jeder habe für sich eine Bewertung vorgenommen, aber die abschließende Bewertung habe bei ihm, dem Zeugen L , gelegen. Abwesenheitslisten für die Zeiten der Wahrnehmung des Betriebsratsmandats habe es keine gegeben, was der Zeuge M ausdrücklich bestätigte. Seine Anfrage per E-Mail vom 16.02.2009 (Bl. 45 d.A.) betraf nach eigenem Bekunden längerfristige Abwesenheitszeiten, wie etwa Urlaubszeiten, nicht jedoch kürzere Abwesenheiten wegen Betriebsratsarbeit. Der Zeuge M hat sein Ranking nach eigener Aussage auf die Auswertung der Tagesberichte gestützt. Die Tagesberichte enthalten die Störungsmeldungen der letzten 24 Stunden und sind mit Kennzahlen versehen, aus denen u. a. ersichtlich ist, wie schnell und strukturiert es einem Mitarbeiter gelingt, die Störung zu beseitigen. Die Einschätzung des Zeugen L – so der Zeuge M ausdrücklich – sei für das Ranking innerhalb der Schicht letztlich nicht ausschlaggebend gewesen. Bei der Abstimmung des Rankings habe der Zeuge L auch nicht teilgenommen. Damit ist die Behauptung des Klägers, der Einschätzung des unmittelbaren Vorgesetzten sei bei der Auswahl großes Gewicht beigemessen worden, widerlegt. Der Zeuge L wiederum hat nicht ausgesagt, dass er im Rahmen der Entscheidungsfindung entscheidend beteiligt war oder sein Votum für die Entscheidung von Relevanz war. Daher lässt sich auch eine Kausalität zwischen der Auswahlentscheidung und der Gründe, die ihn zu seiner persönlichen Entscheidung bewogen haben, nämlich dass er sich bei etwa zwei von ihm gleich bewerteten Arbeitnehmer für den Kläger entschlossen habe, weil er von dem Zeugen L auf die Frage nach dem Ersatz für Zeiten der Betriebsratsarbeit keine positive Antwort erhalten habe, nicht hinreichend feststellen. Eine Schlechterstellung des Klägers „wegen“ der Tätigkeit als Betriebsratsmitglied kann nach alledem nicht angenommen werden.
224. Eine Unwirksamkeit der Versetzung wegen nicht ordnungsgemäßer Beteiligung des Betriebsrats im Rahmen § 99 BetrVG ist nicht ersichtlich. Zwar kann die nicht ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrats bei einer Versetzung zu einer individualrechtlichen Unwirksamkeit der Versetzung führen (vgl. z.B.: BAG, Urt. v. 05.04.2001 – 2 AZR 580/99 – m.w.N.). Der Umfang der geforderten Unterrichtung bestimmt sich wiederum nach dem Zweck der Beteiligung bezüglich der jeweiligen personellen Maßnahme. Dabei hat der Arbeitgeber den Betriebsrat so zu unterrichten, dass dieser aufgrund der mitgeteilten Tatsachen in die Lage versetzt wird, zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegt (BAG, Beschl. v. 01.06.2011 – 7 ABR 18/10 – m.w.N.). Vorliegend kommt als Zustimmungsverweigerungsgrund ein Nachteil im Sinne § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG in Betracht. Dies setzt jedoch voraus, dass die Versetzung des Klägers entbehrlich gewesen wäre, weil eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit im Rahmen des reduzierten Schichtbetriebs der Instandhaltung bestanden hat. Der Kläger hat aber keine alternativen Schichtarbeitsplätze aufgezeigt, auf denen er im Hinblick auf seine fachliche Qualifikation und unter Berücksichtigung von Leistungsgesichtspunkten hätte weiterbeschäftigt werden können. Insoweit wird auf die Ausführungen zu II. 2. der Entscheidungsgründe verwiesen.
23III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
24IV. Die Revision wurde nicht zugelassen, da die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen. Die Entscheidung beruht auf den besonderen Umständen des Einzelfalls.
25R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
26Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
27Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf§ 72a ArbGG verwiesen.
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(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
- 1.
in Betrieben des privaten Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat, - 2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.
Die Mitglieder des Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung, des Wirtschaftsausschusses, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, der in § 3 Abs. 1 genannten Vertretungen der Arbeitnehmer, der Einigungsstelle, einer tariflichen Schlichtungsstelle (§ 76 Abs. 8) und einer betrieblichen Beschwerdestelle (§ 86) sowie Auskunftspersonen (§ 80 Absatz 2 Satz 4) dürfen in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden. Sie dürfen wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden; dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung.
(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn
- 1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde, - 2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde, - 3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten, - 4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist, - 5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder - 6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.
(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.
(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden.
(2) Die Beschwerde ist bei dem Bundesarbeitsgericht innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils schriftlich einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils beigefügt werden, gegen das die Revision eingelegt werden soll.
(3) Die Beschwerde ist innerhalb einer Notfrist von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils zu begründen. Die Begründung muss enthalten:
- 1.
die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit, - 2.
die Bezeichnung der Entscheidung, von der das Urteil des Landesarbeitsgerichts abweicht, oder - 3.
die Darlegung eines absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und der Entscheidungserheblichkeit der Verletzung.
(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Die Vorschriften des § 719 Abs. 2 und 3 der Zivilprozeßordnung sind entsprechend anzuwenden.
(5) Das Landesarbeitsgericht ist zu einer Änderung seiner Entscheidung nicht befugt. Das Bundesarbeitsgericht entscheidet unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluß, der ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Die ehrenamtlichen Richter wirken nicht mit, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen wird, weil sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Dem Beschluss soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesarbeitsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(6) Wird der Beschwerde stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(7) Hat das Landesarbeitsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Bundesarbeitsgericht abweichend von Absatz 6 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen.