Finanzgericht München Urteil, 14. Okt. 2015 - 3 K 1891/12
Gericht
Gründe
Finanzgericht München
Az.: 3 K 1891/12
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
Stichwort: Berufung auf Unionsrecht zur Nichtanwendung der nationalen Steuerbefreiung für Umsätze aus der Verwaltung von Versorgungseinrichtungen
In der Streitsache
...
Klägerin
prozessbevollmächtigt: ...
gegen
...
Beklagter
wegen Umsatzsteuer 2003 und 2004
hat der 3. Senat des Finanzgerichts München durch
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom
1. Die Umsatzsteuer für die Streitjahre wird unter Änderung der Umsatzsteuerbescheide vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom auf die Beträge von € (2003) sowie € (2004) festgesetzt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision zu.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof schriftlich einzulegen. Die Revisionsschrift muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Eine Abschrift oder Ausfertigung des Urteils soll ihr beigefügt werden. Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen.
Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite „www.bundesfinanzhof.de“ lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier befinden sich auch weitere Informationen über die Einzelheiten des Verfahrens, das nach der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004 (BGBl. I S. 3091) einzuhalten ist.
Vor dem Bundesfinanzhof müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesfinanzhof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer zugelassen; zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, deren Partner ausschließlich Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer sind. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe des vorhergehenden Satzes zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
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Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089 /9231-201.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob die Umsätze der Klägerin als Umsätze aus der Verwaltung von Versorgungseinrichtungen im Sinne des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) steuerbefreit sind und infolgedessen der damit in Zusammenhang stehende Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist.
Die Klägerin erbrachte in den Streitjahren Verwaltungsleistungen an die A (nachfolgend: A) sowie fünf weitere betriebliche Altersversorgungswerke (sog. freie Unterstützungskassen). Diese Verwaltungsleistungen bestanden darin, dass die Klägerin ein Konzept erstellte und Unterstützungskassen einrichtete, allgemeine Verwaltungstätigkeiten für die Unterstützungskassen erbrachte und Informationen zur betrieblichen Altersversorgung, Leistungsprognosen und Finanzierungsstatus sowie versicherungsmathematische Gutachten und Berechnungen erstellte.
Hierbei schloss die Klägerin mit Unternehmen (sog. Trägerunternehmen), die ihren Arbeitnehmern (sog. Leistungsanwärtern) individuelle oder gesamtbetriebliche Altersversorgungszusagen gewährten, zum Zwecke der Einrichtung einer freien Unterstützungskasse einen Geschäftsbesorgungsvertrag. Hierbei handelte es sich um gemischte Unterstützungskassen, die sowohl durch Entgeltumwandlung als auch ausschließlich vom Arbeitgeber finanziert wurden. Die Trägerunternehmen vereinbarten dabei z. B. mit der A, ihre Versorgungszusagen über die A abzuwickeln. Die A schloss ihrerseits eine Versicherung zugunsten der Leistungsanwärter ab und erteilte diesen anschließend unter Bezugnahme auf das jeweilige Trägerunternehmen eine Versorgungsbescheinigung, die eine betragsmäßig bezifferte Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung aufwies und in der darauf hingewiesen wurde, dass der jeweilige Leistungsanwärter keinen Rechtsanspruch auf die Leistungen der A habe. Bei Eintritt des Versorgungsfalles hatte der Leistungsanwärter lediglich gegen das Trägerunternehmen einen Anspruch, nicht aber gegen die Unterstützungskasse. Die Trägerunternehmen mussten in einen Pensionssicherungsverein einzahlen, über den dann bei Zahlungsunfähigkeit des Trägerunternehmens die Zahlungen an den Leistungsanwärter gewährleistet wurden.
In ihren Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre, denen der Beklagte (das Finanzamt -FA-) zustimmte, errechnete die Klägerin ihre Umsatzsteuer mit den Beträgen von € (2003) und € (2004); hierbei behandelte sie ihre Umsätze an die freien Unterstützungskassen als steuerpflichtig und machte anteilige Vorsteuerbeträge in Höhe von € (2003) und € (2004) geltend.
Im Anschluss an eine Außenprüfung (Bericht vom ) setzte das FA die Umsatzsteuer für die Streitjahre mit nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geänderten Bescheiden vom auf die Beträge von € (2003) und € (2004) fest und versagte hierbei den Vorsteuerabzug in vollem Umfang, da die Umsätze der Klägerin als Umsätze aus der Verwaltung von Versorgungseinrichtungen im Sinne des VAG steuerbefreit seien und die dem geltend gemachten Vorsteuerabzug zugrunde gelegten Eingangsleistungen in Zusammenhang damit stünden. Die in ihren Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer werde demzufolge wegen eines unberechtigten Steuerausweises geschuldet.
Den dagegen eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom als unbegründet zurück.
Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben.
Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, dass ihre Umsätze nicht steuerbefreit seien, da sie ausschließlich freie Unterstützungskassen verwalte, die auf ihre Leistungen keinen Rechtsanspruch gewährten und deshalb nicht der Versicherungsaufsicht unterlägen. Demzufolge stellten sie keine Versorgungseinrichtungen im Sinne des VAG dar. Diese Unterstützungskassen stellten nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (-EuGH-Urteil vom 7. März 2013 C-424/11, Wheels Common Investment Fund Trustees u. a.) kein Sondervermögen im Sinne der Steuerbefreiungsvorschriften dar, weshalb sich die Klägerin auf die Nichtanwendung nationaler Vorschriften zur Steuerbefreiung berufen könne.
Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuer für die Streitjahre unter Änderung der Umsatzsteuerbescheide vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom auf die Beträge von € (2003) sowie € (2004) festzusetzen,
hilfsweise
die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise
die Revision zuzulassen.
Das FA bezieht sich zur Klageerwiderung im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, dass es sich bei der Verwaltung von Rentenkassen nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 13. März 2014 C-464/12, ATP) um die Verwaltung von Sondervermögen handele, die steuerbefreit sei. Entscheidend hierfür sei, ob die Arbeitnehmer der Trägerunternehmen die Rentenansprüche finanzierten und das Anlagerisiko trügen, was vorliegend -entsprechend dem Sachverhalt, der dem og. EuGH-Urteil zugrunde liege- der Fall sei.
Im Übrigen wird auf die Schriftsätze des FA vom verwiesen.
Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird Bezug genommen.
II.
Die Klage ist begründet.
1. Gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 Umsatzsteuergesetz in der in den Streitjahren geltenden Fassung (UStG) kann der Unternehmer die in Rechnungen im Sinne des § 14 gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbetrag abziehen. Gem. § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet, vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen.
Unionsrechtlich beruht diese Vorschrift auf Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der in den Streitjahren anwendbaren Sechsten Richtlinie des Rates vom
Gem. § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG sind die Umsätze aus der Verwaltung von Sondervermögen nach dem Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften und aus der Verwaltung von Versorgungseinrichtungen im Sinne des VAG steuerfrei.
2. Im Streitfall kann offenbleiben, ob -was zwischen den Beteiligten streitig ist- die von der Klägerin verwalteten freien Unterstützungskassen Versorgungseinrichtungen im Sinne des VAG darstellen. Denn die Klägerin kann jedenfalls einen Anwendungsvorrang des Unionsrechts gegenüber der richtlinienwidrigen Regelung des § 4 Nr. 8 Buchst. h 2. Alt. UStG geltend machen.
a) Den streitgegenständlichen Ausgangsumsätzen der Klägerin liegen nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten ausschließlich Verwaltungsleistungen an freie Unterstützungskassen zugrunde. Dem steht nicht entgegen, dass die Rechnungen nach den Feststellungen der Betriebsprüfung nicht an die Unterstützungskassen adressiert waren, sondern an die einzelnen Trägerunternehmen. Denn Leistungsempfänger waren die Unterstützungskassen; zum Entgelt gehört gem. § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG auch, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt.
b) Zwar sind gem. § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG und damit nach nationalem Recht die Umsätze aus der Verwaltung von Sondervermögen nach dem Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften und der Verwaltung von Versorgungseinrichtungen im Sinne des VAG steuerfrei.
c) Die Klägerin kann sich im Streitfall jedoch darauf berufen, dass die streitgegenständlichen Umsätze nach Unionsrecht nicht steuerbefreit sind.
aa) Gem. Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Richtlinie 77/388/EWG befreien die Mitgliedstaaten unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, die Verwaltung von durch die Mitgliedstaaten als solche definierten Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften von der Steuer.
bb) Für die Steuerfreiheit der Verwaltung von Versorgungseinrichtungen im Sinne des VAG gibt es hingegen keine ausdrückliche unionsrechtliche Grundlage (vgl. Wäger in
Sölch/Ringleb, UStG, § 4 Nr. 8 Rz. 260).
cc) Auch nach der Rechtsprechung des EuGH sind die streitgegenständlichen Umsätze nicht steuerbefreit.
aaa) Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Richtlinie 77/388/EWG ist in dem Sinne auszulegen, dass ein Investmentfonds, in dem das Kapitalvermögen eines Altersversorgungssystems zusammengeführt wird, nicht unter den Begriff „Sondervermögen“ im Sinne dieser Bestimmungen fällt, dessen Verwaltung in Anbetracht der Ziele dieser Richtlinien und des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität von der Mehrwertsteuer befreit werden kann, sofern die Mitglieder nicht die mit der Verwaltung dieses Fonds zusammenhängenden Risiken tragen und die Beiträge, die der Arbeitgeber an das Altersversorgungsystem zahlt, für ihn ein Mittel darstellen, seinen gesetzlichen Verpflichtungen gegenüber seinen Angestellten nachzukommen (vgl. EuGH-Urteil vom 7. März 2013 C-424/11, ECLI:EU:C:2013:144
Demgegenüber ist Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Richtlinie 77/388/EWG dahingehend auszulegen, dass Rentenkassen unter diese Bestimmung fallen können, wenn sie von den Personen finanziert werden, denen die Renten ausgezahlt werden, die Ersparnisse nach dem Grundsatz der Risikostreuung angelegt werden und das Anlagerisiko von den Versicherten getragen wird. Das wesentliche Kriterium eines Sondervermögens ist die Zusammenfassung der Vermögen mehrerer Begünstigter zu gemeinsamer Rechnung, die die Streuung des Risikos, das diese Begünstigten tragen, auf eine Palette von Wertpapieren erlaubt (vgl. EuGH-Urteil vom 13. März 2014 C-464/12, ECLI:EU:C:2014:139
294).
bbb) Im Streitfall fallen die von der Klägerin verwalteten freien Unterstützungskassen nicht unter den unionsrechtlichen Begriff des Sondervermögens.
(1) So tragen die Leistungsanwärter nicht die mit der Verwaltung dieses Fonds zusammenhängenden Risiken, insbesondere nicht das Anlagerisiko.
Sie haben einen der Höhe nach genau bestimmten Versorgungsanspruch, der im Gegensatz zu einer Investition beispielsweise in Aktienfonds in keiner Weise vom Wert des Kapitalvermögens des Systems und den Ergebnissen der von den Verwaltern des Systems getätigten Anlagen abhängt. Zudem richtet sich der durch eine arbeitsvertragliche Versorgungszusage begründete Anspruch nur gegen das jeweilige Trägerunternehmen, nicht jedoch gegen die von der Klägerin verwalteten Unterstützungskassen. Dies ergibt sich einerseits aus dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin, der Bezug nimmt auf die gesetzliche Regelung des
§ 1 Abs. 1 Satz 3 des in den Streitjahren anwendbaren Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung - Betriebsrentengesetz (BetrAVG), wonach der Arbeitgeber für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann einsteht, wenn die Durchführung nicht unmittelbar über ihn erfolgt. Zum anderen ergibt sich dies aus § 14 Abs. 1 Satz 1 der beispielhaft vorgelegten Satzung der A in der Fassung vom, aus der beispielhaft vorgelegten Vereinbarung der A mit einem Trägerunternehmen vom sowie aus der beispielhaft vorgelegten Versorgungsbescheinigung vom.
(2) Zudem stellen die Beiträge, die die Trägerunternehmen an die von der Klägerin verwalteten Versorgungseinrichtungen zahlen, für sie ein Mittel dar, ihren gesetzlichen Verpflichtungen gegenüber ihren Angestellten nachzukommen. Dies ergibt sich daraus, dass Anspruchsgegner der Versorgungsansprüche der Leistungsanwärter nicht die Unterstützungskassen, sondern die Trägerunternehmen sind (s.o.).
(3) Dem steht nicht entgegen, dass die Beiträge zu den Versorgungseinrichtungen teilweise („gemischte Unterstützungskassen“) auch im Wege einer Entgeltsumwandlung und damit im Ergebnis von den Leistungsanwärtern entrichtet werden. Denn auch wenn diese in diesem Fall die Unterstützungskassen (mit-)finanzieren, so tragen sie wegen ihres ausschließlich gegen die Trägerunternehmen als Arbeitgeber gerichteten Versorgungsanspruchs dennoch nicht das Anlagerisiko der Unterstützungskassen.
(4) Anders als das FA meint, handelt es sich bei den streitgegenständlichen Leistungen der Unterstützungskassen im Gegensatz zu dem Sachverhalt, der dem EuGH-Urteil ATP (EuGH-Urteil vom 13. März 2014 C-464/12, ECLI:EU:C:2014:139
(5) Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung basieren die streitgegenständlichen Umsätze auf Verträgen auch mit weiteren von ihr verwalteten Versorgungseinrichtungen, die identisch sind zu den vorgelegten Vereinbarungen der A.
dd) Die Klägerin kann sich auf die für sie günstigere Regelung in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Richtlinie 77/388/EWG berufen.
aaa) Die in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehenen Steuerbefreiungen sind nach ständiger Rechtsprechung autonome unionsrechtliche Begriffe, die
grundsätzlich eine gemeinsame Definition erfordern, um eine von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedliche Anwendung des Mehrwertsteuersystems zu verhindern, weshalb die Mitgliedstaaten ihren Inhalt nicht verändern können. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Gesetzgeber die Mitgliedstaaten mit der Bestimmung einiger Begriffe einer Befreiungsvorschrift betraut hat. Die genannte Bestimmung ermächtigt die Mitgliedstaaten, den Begriff „Sondervermögen“ zu definieren. Diese den Mitgliedstaaten somit übertragene Definitionsbefugnis ist jedoch wiederum durch das Verbot begrenzt, der vom Unionsgesetzgeber verwendeten Formulierung der Befreiungsvorschrift zuwiderzuhandeln. Bei der den Mitgliedstaaten eingeräumten Befugnis zur Definition des Begriffs „Sondervermögen“ ist außerdem das mit der Richtlinie 77/388/EWG verfolgte Ziel sowie der dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem innewohnende Grundsatz der steuerlichen Neutralität zu beachten.
Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität lässt es jedoch nicht zu, dass Wirtschaftsteilnehmer, die gleichartige Umsätze tätigen, bei der Erhebung der Mehrwertsteuer unterschiedlich behandelt werden. Außerdem verlangt dieser Grundsatz nicht, dass es sich um identische Umsätze handelt; nach ständiger Rechtsprechung verbietet er es nämlich auch, gleichartige und infolgedessen miteinander in Wettbewerb stehende Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln (vgl. EuGH-Urteil vom 7. März 2013 C-424/11, EU: C-2013: 144, Wheels Common Investment Fund Trustees u. a., a. a. O.).
Hierbei ermächtigt die Aufgabe der materiellen Definition des Begriffs „Sondervermögen“ die Mitgliedstaaten keineswegs, bestimmte in ihrem Hoheitsgebiet angesiedelte Fonds zwecks einer Befreiung auszuwählen und andere Fonds von dieser Befreiung auszuschließen. Eine Auslegung, nach der es den Mitgliedstaaten zukäme, die Investmentfonds auszuwählen, denen die Befreiung gewährt wird, und andere davon auszuschließen, würde aber die Negierung des Begriffs „Sondervermögen“ in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Richtlinie 77/388/EWG bedeuten, der eine unterschiedliche Anwendung der Mehrwertsteuerregelung auf solche Fonds verhindern soll (EuGH-Urteil vom 28. Juni 2007 C-363/05, ECLI:EU:C:2007:391
bbb) Hinsichtlich der Einbeziehung von Versorgungseinrichtungen in die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG hat der nationale Gesetzgeber gegen den Neutralitätsgrundsatz verstoßen, da Versorgungseinrichtungen wie die streitgegegenständlichen Unterstützungskassen nicht dem unionsrechtlichen Begriff des steuerbefreiten Sondervermögens unterfallen (s.o.).
ccc) Bei einem Widerspruch zwischen den Vorschriften des innerstaatlichen Rechts und den Bestimmungen des Unionsrechts ist das Gericht jedoch gehalten, für die volle Wirksamkeit des Unionsrechts Sorge zu tragen, indem es erforderlichenfalls die entgegenstehende Vorschrift des nationalen Rechts (hier: § 4 Nr. 8 Buchst. h 2. Alt. UStG) aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet lässt, ohne dass die vorherige Beseitigung dieser Vorschrift auf gesetzgeberischem Wege oder durch irgendein anderes verfassungsrechtliches Verfahren beantragt oder abgewartet werden müsste. Es ist alles Erforderliche zu tun, um diejenigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften „auszuschalten“, die unter Umständen ein Hindernis für die volle Wirksamkeit der Unionsnormen bilden (vgl. BFH-Urteil vom 24. Oktober 2013 V R 17/13, MwStR 2014, 166). In Übereinstimmung hiermit kann sich der Steuerpflichtige insbesondere auf den Anwendungsvorrang des Unionsrechts gegenüber richtlinienwidrigen Regelungen des nationalen Rechts berufen und im Hinblick auf seine Ausgangsumsätze die Steuerpflicht begehren (vgl. EuGH-Urteil vom 28. November 2013 C-319/12, ECLI:EU:C:2013:778
MDDP, MwStR 2014, 15; Grube, MwStR 2015, 305).
3. Der streitgegenständlich geltend gemachte Vorsteuerabzug ist demzufolge nicht gem. § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausgeschlossen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.
5. Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, da die Sache grundsätzliche Bedeutung hat.
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(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.
(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.
(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.
(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.
(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:
- 1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist; - 2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind; - 3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird; - 4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist; - 5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.
(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.
(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:
- 1.
steuerfreie Umsätze; - 2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze
- 1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 - a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder - b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
- 2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2 - a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder - b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.
(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.
(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:
- 1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer. - 2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre. - 3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.
(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.
(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,
- 1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann, - 2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und - 3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.
(1) Der Umsatz wird bei Lieferungen und sonstigen Leistungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1) und bei dem innergemeinschaftlichen Erwerb (§ 1 Abs. 1 Nr. 5) nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der leistende Unternehmer vom Leistungsempfänger oder von einem anderen als dem Leistungsempfänger für die Leistung erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen, jedoch abzüglich der für diese Leistung gesetzlich geschuldeten Umsatzsteuer. Bei dem innergemeinschaftlichen Erwerb sind Verbrauchsteuern, die vom Erwerber geschuldet oder entrichtet werden, in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Bei Lieferungen und dem innergemeinschaftlichen Erwerb im Sinne des § 4 Nr. 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2 sind die Kosten für die Leistungen im Sinne des § 4 Nr. 4a Satz 1 Buchstabe b und die vom Auslagerer geschuldeten oder entrichteten Verbrauchsteuern in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Die Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt (durchlaufende Posten), gehören nicht zum Entgelt. Liegen bei der Entgegennahme eines Mehrzweck-Gutscheins (§ 3 Absatz 15) keine Angaben über die Höhe der für den Gutschein erhaltenen Gegenleistung nach Satz 2 vor, so wird das Entgelt nach dem Gutscheinwert selbst oder nach dem in den damit zusammenhängenden Unterlagen angegebenen Geldwert bemessen, abzüglich der Umsatzsteuer, die danach auf die gelieferten Gegenstände oder die erbrachten Dienstleistungen entfällt.
(2) Werden Rechte übertragen, die mit dem Besitz eines Pfandscheins verbunden sind, so gilt als vereinbartes Entgelt der Preis des Pfandscheins zuzüglich der Pfandsumme. Beim Tausch (§ 3 Abs. 12 Satz 1), bei tauschähnlichen Umsätzen (§ 3 Abs. 12 Satz 2) und bei Hingabe an Zahlungs statt gilt der Wert jedes Umsatzes als Entgelt für den anderen Umsatz. Die Umsatzsteuer gehört nicht zum Entgelt.
(3) (weggefallen)
(4) Der Umsatz wird bemessen
- 1.
bei dem Verbringen eines Gegenstands im Sinne des § 1a Abs. 2 und des § 3 Abs. 1a sowie bei Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b nach dem Einkaufspreis zuzüglich der Nebenkosten für den Gegenstand oder für einen gleichartigen Gegenstand oder mangels eines Einkaufspreises nach den Selbstkosten, jeweils zum Zeitpunkt des Umsatzes; - 2.
bei sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a Nr. 1 nach den bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Ausgaben, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Zu diesen Ausgaben gehören auch die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts, soweit das Wirtschaftsgut dem Unternehmen zugeordnet ist und für die Erbringung der sonstigen Leistung verwendet wird. Betragen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten mindestens 500 Euro, sind sie gleichmäßig auf einen Zeitraum zu verteilen, der dem für das Wirtschaftsgut maßgeblichen Berichtigungszeitraum nach § 15a entspricht; - 3.
bei sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a Nr. 2 nach den bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Ausgaben. Satz 1 Nr. 2 Sätze 2 und 3 gilt entsprechend.
(5) Absatz 4 gilt entsprechend für
- 1.
Lieferungen und sonstige Leistungen, die Körperschaften und Personenvereinigungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 des Körperschaftsteuergesetzes, nichtrechtsfähige Personenvereinigungen sowie Gemeinschaften im Rahmen ihres Unternehmens an ihre Anteilseigner, Gesellschafter, Mitglieder, Teilhaber oder diesen nahestehende Personen sowie Einzelunternehmer an ihnen nahestehende Personen ausführen, - 2.
Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer an sein Personal oder dessen Angehörige auf Grund des Dienstverhältnisses ausführt,
(6) Bei Beförderungen von Personen im Gelegenheitsverkehr mit Kraftomnibussen, die nicht im Inland zugelassen sind, tritt in den Fällen der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) an die Stelle des vereinbarten Entgelts ein Durchschnittsbeförderungsentgelt. Das Durchschnittsbeförderungsentgelt ist nach der Zahl der beförderten Personen und der Zahl der Kilometer der Beförderungsstrecke im Inland (Personenkilometer) zu berechnen. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung das Durchschnittsbeförderungsentgelt je Personenkilometer festsetzen. Das Durchschnittsbeförderungsentgelt muss zu einer Steuer führen, die nicht wesentlich von dem Betrag abweicht, der sich nach diesem Gesetz ohne Anwendung des Durchschnittsbeförderungsentgelts ergeben würde.
(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:
- 1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist; - 2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind; - 3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird; - 4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist; - 5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.
(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.
(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:
- 1.
steuerfreie Umsätze; - 2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze
- 1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 - a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder - b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
- 2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2 - a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder - b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.
(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.
(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:
- 1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer. - 2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre. - 3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.
(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.
(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,
- 1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann, - 2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und - 3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.