Finanzgericht München Beschluss, 02. Juli 2015 - 15 V 749/15

published on 02/07/2015 00:00
Finanzgericht München Beschluss, 02. Juli 2015 - 15 V 749/15
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Tenor

1. Die Vollziehung die Einkommensteuerbescheide 1998, 1999 - jeweils vom 30.08.2004 - und 2000 vom 14.12.2007 und der Einspruchsentscheidung vom 13.02.2015 wird bezüglich des Ansatzes der Kostenmiete von 41.210 DM (jeweils für Einkommensteuer 1998, 1999 und 2000) als verdeckte Gewinnausschüttung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen sowie bezüglich des Einkommensteuerbescheides 2000 vom 14.12.2007 und der Einspruchsentscheidung vom 13.02.2015 hinsichtlich des Ansatzes von Werbungskosten aus Kapitalvermögen in Höhe von 77.403 DM wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit ausgesetzt. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller zu 28%, der Antragsgegner zu 72%.

Tatbestand

I. Im Hauptsacheverfahren unter dem Az. 15 K 748/15 bzw. 15 K 750/15 wenden sich die Kläger gegen die Nichtanerkennung von Werbungskosten für eine stille Beteiligung sowie gegen die Höhe einer verdeckten Gewinnausschüttung, die aus der Überlassung von Räumen des … durch die M… GmbH an die Antragsteller resultiert und vom Antragsgegner aus der Kostenmiete ermittelt wurde (jährlich 41.210 DM).

Der Antragsgegner hatte für 1998 und 1999 eine Aussetzung der Vollziehung in Höhe von 27.025,71 € für Einkommensteuer 1998 und 42.738,73 € für Einkommensteuer 1999 bis zum Ablauf von einem Monat nach dem Ergehen einer Einspruchsentscheidung gewährt und den Ast. mit Schreiben vom 19.02.2015 den Ablauf der Aussetzung zum 16.03.2015 mitgeteilt.

Die Aussetzung bezog sich auf die geltend gemachten Werbungskosten aus Kapitalvermögen für die stille Beteiligung. Für diese hatten die Ast. Refinanzierungskosten von 94.836 DM (1998), 79.266 DM (1999) geltend gemacht; für 2000 wurden weitere Verluste in Höhe von 77.403 DM beantragt.

Mit Antrag vom 23.02.2015, bei Gericht eingegangen am 11.03.2015, beantragten die Ast. bei Gericht Aussetzung der Vollziehung.

Die Antragsteller beantragen,

die Vollziehung die Einkommensteuerbescheide 1998, 1999 - jeweils vom 30.08.2004 -  und 2000 vom 14.12.2007 und der Einspruchsentscheidung vom 13.02.2015 bezüglich des Ansatzes von Werbungskosten aus Kapitalvermögen in Höhe von 94.836 DM (1998), 79.266 DM (1999) und 77.403 DM (2000) und bezüglich des Ansatzes der Kostenmiete von jährlich 41.210 DM als verdeckte Gewinnausschüttung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der Ag. teilte mit Schreiben vom 15.04.2015 mit, die Zugangsvoraussetzung nach § 69 Abs. 4 der FGO sei für 1998 und 1999 nicht erfüllt, da die im Klageverfahren gestellten Aussetzungsanträge durch ihn erst nach Klageerhebung zustimmend geprüft worden seien (Aussetzungsverfügung vom 10.04.2015 in entsprechendem Umfang wie Aussetzung während des Einspruchsverfahrens für 1998 und 1999). Für Einkommensteuer 2000 sei ein Aussetzungsantrag bereits im Jahr 2003 abgelehnt worden; es seien auch seit 2007 keine Einkommensteuerforderungen für 2000 mehr offen.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Einspruchsentscheidung vom 13.02.2015, die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Gründe

II. Der Antrag ist  teilweise unzulässig, im Übrigen aber begründet.

1. Die Voraussetzung des § 69 Abs. 4 FGO für die Zulässigkeit des Antrags (vorherige Ablehnung eines Antrags nach § 69 Abs. 2 FGO durch die Finanzbehörde) ist in Sachen Einkommensteuer 1998 und 1999 nicht erfüllt. Die - im Übrigen bereits vor dem Eintritt der Vollziehbarkeit erstellte und lediglich deklaratorisch darauf hinweisende - Mitteilung über den Ablauf der Aussetzung der Vollziehung nach Erlass der Einspruchsentscheidung ist nicht als Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung wegen des Ablaufs der vorherigen Aussetzungsverfügung durch den Erlass der Einspruchsentscheidung zu verstehen. Daher hätte die Aussetzung zuerst wiederum bei der Behörde und nicht sogleich bei Gericht beantragt werden müssen (Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 69 Rz. 71 mit weiteren Nachweisen zur höchstrichterlichen Rechtsprechung). Somit war der Antrag unzulässig, da die besondere Zugangsvoraussetzung für die Antragstellung bei Gericht fehlte. Hieran ändert die gewährte Aussetzung, durch die nachträglich die Beschwer der Ast. entfallen ist, nichts. Denn das Erfordernis des § 69 Abs. 4 FGO stellt eine Zugangsvoraussetzung zum Finanzgericht dar, die nicht nachgeholt werden kann.

2. Hinsichtlich der Nichtberücksichtigung der Werbungskosten aus Kapitalvermögen bei der Einkommensteuer 2000 und hinsichtlich des Ansatzes der Kostenmiete als verdeckte Gewinnausschüttung  bestehen bei summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit, und zwar aus folgenden Gründen:

Hinsichtlich der Werbungskosten aus Kapitalvermögen unterscheidet sich der Sachverhalt im VZ 2000 nicht von dem für die VZ 1998 und 1999, in denen der Ag. von sich aus Aussetzung der Vollziehung gewährt hat. Dass die Ast. die Einkommensteuer 2000 bereits beglichen haben, kann nicht zur Abweisung des Antrags führen, da dieser dann im Wege der rechtsschutzgewährenden Auslegung als Antrag auf Aufhebung der Vollziehung zu werten ist.

Hinsichtlich des Ansatzes der Kostenmiete als verdeckte Gewinnausschüttung bestehen ernstliche Zweifel daran, in welcher Höhe hier ggf. eine verdeckte Gewinnausschüttung anzunehmen sein könnte (vgl. anhängige Revisionsverfahren beim Bundesfinanzhof I R 8/12 und I R 12/15). Für eine teilweise Herabsetzung der verdeckten Gewinnausschüttung bieten sich keine griffigen Anhaltspunkte.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO.

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(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili
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(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili
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published on 27/07/2016 00:00

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 22. Januar 2015  10 K 3204/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.
published on 06/02/2013 00:00

Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine AG, produziert Holzplatten und unterhielt hierzu in den Streitjahren (2005 und 2006) u.a. eine Feueru
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Annotations

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.