Finanzgericht Hamburg Urteil, 18. Feb. 2014 - 4 K 69/13
Gericht
Tatbestand
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Die Klägerin wendet sich gegen den Widerruf einer verbindlichen Zolltarifauskunft.
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Am 25.01.2012 beantragte die Klägerin die Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft für eine wie folgt beschriebene Ware: "Kontaktmatte aus Silikon (Silicon Keypad) für den Einbau in einen Schalter zum Verbinden von elektrischen Stromkreisen auf einer darunter liegenden Leiterplatte (nicht Gegenstand der vZTA) durch die Kontaktpunkte per Tastendruck. Die Spannung liegt unter 1000 V." Die Kontaktmatten werden in Autos zu verschiedenen Einsatzzwecken eingebaut. Sie dienen bestimmten Zusatzfunktionen, wie etwa der Verstellung elektrischer Außenspiegel oder der Einstellung von Datum und Zeit einer Uhr.
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Am 10.08.2012 erteilte der Beklagte der Klägerin die verbindliche Zolltarifauskunft DE .../...-1. Die Kontaktmatte wurde der Codenummer 8536 9085 99 zugewiesenen. Zur Warenbeschreibung heißt es: "Kontaktmatte (Art.-Nr. ...) aus einer spezifisch (asymmetrisch) geformten, transparenten Silikonmatte (ca. 40 x 50 x 3 mm) mit fünf erhabenen Tasten auf der Oberseite sowie jeweils einem, darin eingebetteten, elektrisch leitenden Karbon-Kontaktpunkt auf der Unterseite, zum Verbinden von elektrischen Stromkreisen auf einer darunter liegenden Leiterplatte (nicht Gegenstand der vZTA) durch die Kontaktpunkte per Tastendruck (nach Einbau in einen Schalter), für eine Spannung von weniger als 24 V. Das Erzeugnis ist als "elektrisches Gerät zum Verbinden von elektrischen Stromkreisen für eine Spannung von weniger als 1000 V, nicht für bestimmte Luftfahrzeuge - Kontaktmatte" einzureihen." Zugrunde gelegt wurde die Anm. 2 a) zu Abschnitt XVI.
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Mit Bescheid vom 12.09.2012 widerrief der Beklagte die verbindliche Zolltarifauskunft gemäß Art. 9 Abs. 1 Zollkodex unter Hinweis auf die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 714/2012 vom 30.07.2012, wonach derartige Waren nicht mehr als "elektrisches Gerät zum Verbinden von elektrischen Stromkreisen" der Position 8563 zugewiesen, sondern als erkennbares Teil über die Anm. 2 b) zu Abschnitt XVI bzw. die Anm. 2 b) zu Kapitel 90 eingereiht würden (ggf. in die Position 8548, wenn nicht erkennbar für ein bestimmtes Gerät). Aus Gründen des Vertrauensschutzes wurde der Klägerin unter bestimmten Voraussetzungen eingeräumt, die verbindliche Zolltarifauskunft noch bis zum 18.03.2013 zu nutzen.
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Am 11.10.2012 legte die Klägerin Einspruch gegen den Widerruf ein. Sie meinte, die von ihr eingeführte Ware sei nicht mit der in der VO Nr. 714/2012 beschriebenen Ware vergleichbar. Insbesondere sei sie nicht für ein Mobiltelefon bestimmt. Die VO Nr. 714/2012 sei nicht analogiefähig. Außerdem sei die VO Nr. 714/2012 bereits am 30.07.2012 und damit vor Erlass der verbindlichen Zolltarifauskunft vom 10.08.2012 verkündet worden. Auch in den Jahren zuvor seien die Matten in die Position 8536 eingereiht worden. Die Silikonmatten entsprächen genau der Codenummer 8536 9085 94, sie seien in der Erläuterung 09.9 KN zur Position 8536 ausdrücklich genannt.
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Mit Schreiben vom 15.11.2012 nahm das Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung zu dem Einspruch Stellung. In der Stellungnahme heißt es, in der VO 714/2012 sei eine Silikonmatte als Teil eines Mobiltelefons in die Unterposition 8517 7090 eingereiht worden, da sie aufgrund ihrer spezifischen Form und Bauart zum Einbau in ein bestimmtes Mobiltelefon bestimmt sei. Zwar handele es sich nicht um identische Waren, gleichwohl finde die Durchführungsverordnung analog auf vergleichbare Erzeugnisse Anwendung. Die in Rede stehende Kontaktmatte der Klägerin habe die gleiche Funktion, wie die in der Durchführungsverordnung aufgeführte Tastaturmatte, daher sei in analoger Anwendung eine Einreihung nach der Funktion in die Position 8536 nicht möglich, unabhängig davon, dass die Kontaktmatte nicht mit Tastenkappen versehen sei und nicht in ein Telefon eingebaut werden solle, da dies für die Funktion der Ware unerheblich sei. Auch eine hilfsweise angeführte Einreihung als erkennbares Teil eines Schalters in die Position 8538 schließe die Einreihungsverordnung aus. Die verbindliche Zolltarifauskunft sei erst nach Bekanntgabe der Durchführungsverordnung erteilt worden, weil sich die gutachterliche Stellungnahme zur Einreihung der Kontaktmatte in die Position 8536 und der Umlauf der besagten Durchführungsverordnung zeitlich überschnitten hätten.
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Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 18.04.2013 zurück. Er wiederholte die Stellungnahme des Bildungs- und Wissenschaftszentrums der Bundesfinanzverwaltung und betonte die Vergleichbarkeit der streitgegenständlichen Ware mit der in der VO Nr. 714/2012 eingereihten Ware. Insofern sei die VO Nr. 714/2012 analog anwendbar. Danach sei eine Tastaturmatte nicht als Ware im Sinne der Anm. 2 a) zu Abschnitt XVI - und damit möglicherweise als solche der Position 8536 - anzusehen, sondern als Teil eines Fernsprechapparats der Position 8517 in Anwendung von Anm. 2 b) zu Abschnitt XVI. Entsprechend könne auch bei der streitgegenständlichen Ware Anm. 2 a) zu Abschnitt XVI nicht zur Anwendung kommen. Rn. 09.9 der Erläuterungen (KN) zur Position 8536 sei nicht anwendbar, da die dort genannten Schaltmatten über jeweils zwei Kontaktpunkte (leitende Kontaktpunkte und entsprechende Gegenkontakte) verfügten, die sich durch Drücken verbinden und so den elektrischen Kontakt herstellen würden. Die streitgegenständliche Ware verfüge jedoch nicht über Gegenkontakte.
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Mit ihrer am 22.05.2013 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie hält eine analoge Anwendung der VO Nr. 714/2012 für unzulässig. Es liege keine planwidrige Regelungslücke vor. Die VO Nr. 714/2012 regele zudem eine Spezialmaterie (Telefonschaltmatten), diese Regelung könne auf die universell einsetzbaren streitgegenständlichen Schaltmatten nicht übertragen werden. Die VO Nr. 714/2012 regele nicht grundsätzlich die Einreihung von Schaltmatten, sondern ausschließlich die Einreihung von Schaltmatten, die in Mobiltelefone eingebaut würden.
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Die Klägerin beantragt,
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den Widerrufsbescheid vom 12.09.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.04.2013 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Im Hinblick auf den Sachverhalt betont er, dass die Kontaktmatte über fünf Tasten auf der Oberseite mit jeweils einem, darin eingebetteten, elektrisch leitenden Kontaktpunkt auf der Unterseite verfüge. Elektrische Gegenkontakte zu den Kontaktpunkten seien nicht vorhanden. Die Kontaktmatte diene zum Einbau in einen Schalter, der wiederum in Komponenten eines Kraftfahrzeugs eingebaut werde. Die mit der VO Nr. 714/2012 eingereihte Ware sei zum Einbau in ein bestimmtes Mobiltelefon bestimmt und verfüge ebenfalls nicht über elektrische Gegenkontakte. Beide Waren hätten die Funktion, durch Hinzufügen eines entsprechenden Gegenkontaktes eine elektrische Verbindung herzustellen, insoweit seien sie vergleichbar. Die VO Nr. 714/2012 regele generell, dass Schaltmatten, die erkennbar für eine bestimmte Ware bestimmt seien, als erkennbares Teil unter Anwendung der Anm. 2 b) zu Abschnitt XVI einzureihen seien. Mit der Anwendung der Anm. 2 b) zu Abschnitt XVI verneine der Verordnungsgeber eine Anwendbarkeit der vorrangigen Anm. 2 a) zu Abschnitt XVI für die Tastaturmatte und schließe damit eine Einreihung der Ware nach deren Funktion (als eigenständiges Gerät zum Verbinden von elektrischen Stromkreisen) in die Position 8536 aus. Die VO Nr. 714/2012 stelle somit klar, dass der Wortlaut der Position 8536 Tastaturmatten, die aufgrund des fehlenden Gegenkontaktes keine Schalter darstellten, nicht erfasse. Diese grundsätzliche Entscheidung sei auf jede Schaltmatte, Tastaturmatte oder Kontaktmatte mit leitfähigen Kontaktpunkten ohne Gegenkontakte anzuwenden. Daher sei für die Anwendung der Anm. 2 a) zu Abschnitt XVI kein Raum.
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Im Erörterungstermin vom 11.02.2011 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte einschließlich der vorgelegten Warenprobe (Gerichtsakte Bl. 42) sowie die Sachakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Entscheidung ergeht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2 FGO.
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Die zulässige Klage ist begründet.
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Der Widerruf der am 10.08.2012 erteilten verbindlichen Zolltarifauskunft DE .../...-1 mit Bescheid vom 12.09.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.04.2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 S. 1 FGO.
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Der Widerruf stützt sich auf Art. 9 Abs. 1 Zollkodex, wonach eine begünstigende Entscheidung widerrufen oder geändert wird, wenn in anderen als den in Art. 8 Zollkodex bezeichneten Fällen eine oder mehrere der Voraussetzungen für ihren Erlass nicht erfüllt waren oder nicht mehr erfüllt sind. Art. 12 Abs. 5 lit. a) iii) Zollkodex verweist ausdrücklich auf die Widerrufsmöglichkeit und bestimmt, dass eine verbindliche Zolltarifauskunft ungültig wird, wenn sie nach Art. 9 Zollkodex widerrufen wird. Die Zollbehörde ist bereits dann zum Widerruf einer von ihr erteilten verbindlichen Zolltarifauskunft - dabei handelt es sich um eine begünstigende Entscheidung (BFH, Urteil vom 11.03.2004, VII R 20/01) - berechtigt, wenn sie nachträglich die Unrichtigkeit der Auskunft feststellt, auch wenn der Antragsteller für die Unrichtigkeit der Tarifierung keine Ursache gesetzt hat (BFH, Beschluss vom 06.03.2013, VII R 26/11 und Urteil vom 11.03.2004, VII R 20/01; Witte, Zollkodex, Art. 12 Rn. 46). Vorliegend hat der Beklagte die verbindliche Zolltarifauskunft als unrichtig bewertet, nachdem er Kenntnis von der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 714/2012 der Kommission vom 30.07.2012 zur Einreihung bestimmter Waren in die Kombinierte Nomenklatur (VO Nr. 714/2012) genommen hatte.
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Die verbindliche Zolltarifauskunft DE .../...-1 ist richtig und hätte insofern nicht widerrufen werden dürfen. Insbesondere ergibt sich die Unrichtigkeit nicht aus der VO Nr. 714/2012.
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Mit der verbindlichen Zolltarifauskunft DE .../...-1 wurde eine Kontaktmatte aus Silikon mit fünf erhabenen Tasten auf der Oberseite sowie jeweils einem, darin eingebetteten elektrisch leitenden Karbon-Kontaktpunkt auf der Unterseite, die zum Verbinden von elektrischen Stromkreisen auf einer darunter liegenden Leiterplatte, die nicht Gegenstand der verbindlichen Zolltarifauskunft war, dient und die zu verschiedenen Einsatzzwecken in Autos eingebaut wird, in die Warennummer 8536 9085 99 eingereiht. Ausweislich der Warenbeschreibung gehören in die Position 8536 u. a. Geräte zum Schließen oder Verbinden von elektrischen Stromkreisen (z. B. Schalter und andere Verbindungselemente). Nach Rn. 03.1 der Erläuterungen (HS) zur Position 8536 bestehen Geräte zum Schließen oder Unterbrechen von elektrischen Stromkreisen im Wesentlichen aus einer Vorrichtung, die dazu bestimmt ist, die Stromkreise, in die sie eingebaut sind, zu schließen oder zu unterbrechen. Auch im Erörterungstermin vom 11.02.2014 wurde deutlich, dass mit der streitgegenständlichen Kontaktmatte Stromkreise verbunden werden können, indem der Karbon-Kontaktpunkt mit dem Gegenkontakt auf der Leiterplatte verbunden und damit der Stromfluss ermöglicht wird. Damit kann zum Beispiel ein elektrischer Fensterheber in einem Auto betätigt werden. Da die Kontaktmatte dafür bestimmt ist, in ein Gerät - wie zum Beispiel einen elektrischen Fensterheber - eingebaut zu werden, und insofern lediglich einen Teil eines solchen Geräts darstellt, mag man sie nicht unmittelbar in die Position 8536 einreihen können. So passt auch die Rn. 09.9 der Erläuterungen (KN) zur Position 8536 nicht, da die dort genannten Schaltmatten über jeweils zwei Kontaktpunkte (leitende Kontaktpunkte und entsprechende Gegenkontakte) verfügen, die sich durch Drücken verbinden und so den elektrischen Kontakt herstellen. Jedenfalls kommt eine Einreihung in die Position 8536 jedoch in Anwendung von Anm. 2 a) zu Abschnitt XVI in Betracht, wie dies auch in der verbindlichen Zolltarifauskunft DE-.../...-1 zum Ausdruck kommt. Nach der Anm. 2 a) zu Abschnitt XVI sind Teile, die sich als Waren einer Position des Kapitels 84 oder 85 (ausgenommen sind verschiedene, hier ersichtlich nicht in Betracht kommende Positionen) darstellen, dieser Position zuzuweisen, ohne Rücksicht darauf, für welche Maschine sie bestimmt sind. Die Kontaktmatten stellen, wie der Beklagte auch im Erörterungstermin vom 11.02.2013 in Bestätigung der mit der verbindlichen Zolltarifauskunft DE-.../...-1 zum Ausdruck gebrachten Rechtsauffassung ausgeführt hat, für sich genommen bereits andere Verbindungselemente im Sinne der Position 8536 dar. Die Kontaktmatten sind - wenn auch nur im Zusammenspiel mit den auf der Leiterplatte befindlichen Gegenkontakten - dazu bestimmt, den Stromkreis, in den sie eingebaut werden, zu schließen oder zu unterbrechen, wie dies die Rn. 03.1 der Erläuterungen (HS) zur Position 8536 vorsieht.
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Gegen die Richtigkeit der der Klägerin erteilten verbindlichen Zolltarifauskunft spricht entgegen der Auffassung des Beklagten insbesondere nicht die VO Nr. 714/2012, mit der flexible Tastaturmatten, die bedruckte Tastenkappen und nur auf einer Seite Kontaktpunkte aufweisen und die aufgrund von Form und Bauart zum Einbau in ein bestimmtes Mobiltelefon bestimmt sind, in die Unterposition 8517 7090 eingereiht werden.
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Diese Einreihungsverordnung lässt sich nicht entsprechend auf die streitgegenständlichen Kontaktmatten anwenden.
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Der Gerichtshof der Europäischen Union hat im Zusammenhang mit der Analogiefähigkeit von Einreihungs- bzw. Tarifierungsverordnungen ausgeführt, dass eine Tarifierungsverordnung von allgemeiner Tragweite sei, da sie nicht für einen bestimmten Wirtschaftsteilnehmer gelte, sondern für die Gesamtheit der Erzeugnisse, die mit denen identisch seien, die vom Ausschuss für den Zollkodex, der vor dem Erlass einer Tarifierungsverordnung Stellung nehme, geprüft worden sei; dabei sei die Begründung der Verordnung zu berücksichtigen (EuGH, Urteil vom 17.05.2001, C-119/99). In jener Entscheidung ging es um die Einreihung eines multifunktionalen Gerätes, das die Funktionen eines Druckers, eines Kopierers und eines Fernkopierers in sich vereinigte, und um die Anwendbarkeit der Verordnung (EG) Nr. 2184/97 der Kommission vom 03.11.1997 über die Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur (VO Nr. 2184/97). In dieser Verordnung wurde u. a. die Einreihung von multifunktionalen Fernkopierergeräten geregelt, wobei in der Begründung darauf abgestellt wurde, dass die Telekommunikation (Fernkopieren) die das Ganze kennzeichnende Haupttätigkeit des Gerätes sei. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die entsprechende Anwendbarkeit der VO Nr. 2184/97 davon abhängig gemacht, dass bei dem zu tarifierenden multifunktionalen Gerät das Fernkopieren ebenfalls die das Ganze kennzeichnende Haupttätigkeit ist. In seinem Urteil vom 04.03.2004 (C-130/02) hat der Gerichtshof der Europäischen Union die entsprechende Anwendung einer Tarifierungsverordnung betreffend Zubereitungen auf der Grundlage von Auszügen und Konzentraten aus Tee angenommen, obwohl die im dortigen Streitfall einzureihende Ware einen geringfügig niedrigeren Anteil an Teeauszug hatte, als die in der Tarifierungsverordnung beschriebene. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat dies damit begründet, dass die entsprechende Anwendung einer Tarifierungsverordnung auf Erzeugnisse, die denjenigen entsprächen, die von der Verordnung erfasst würden, eine kohärente Auslegung der Kombinierten Nomenklatur und die Gleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer fördere.
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Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung gelangt der Senat nicht zur analogen Anwendbarkeit der VO Nr. 714/2012. Der Senat geht davon aus, dass Tarifierungsverordnungen grundsätzlich analog angewandt werden können, dass dies allerdings voraussetzt, dass die einzureihende Ware mit der von der Tarifierungsverordnung erfassten Ware identisch bzw. - wie es in den Schlussanträgen des Generalanwalts Mengozzi vom 17.07.2008 im Vorabentscheidungsverfahren C-362/07 heißt - austauschbar ist und dass die sich aus der Begründung der Tarifierungsverordnung ergebenden Voraussetzungen für die Einreihung auch bei der Ware gegeben sind, auf die die Tarifierungsverordnung analog angewandt werden soll. Im Streitfall entsprechen die Kontaktmatten nicht hinreichend den Tastaturmatten, die Gegenstand der VO Nr. 714/2012 sind.
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Dem Beklagten ist zuzugeben, dass die technische Grundkonzeption beider Waren insoweit vergleichbar ist, als es sich um Matten aus Silikon handelt, die über verschiedene elektrische Kontaktelemente ohne die entsprechenden Gegenkontakte verfügen und zum Einbau in ein Gerät bestimmt sind. Ansonsten handelt es sich jedoch um grundsätzlich verschiedene Waren. Die Tastaturmatte, die Gegenstand der VO Nr. 714/2012 ist, weist bedruckte Tastenkappen auf, die einer alphanumerischen Tastatur, Ruftasten und anderen für Mobiltelefone typischen Tasten entsprechen. In der Begründung wird darauf abgestellt, dass die Ware ein wesentlicher Bestandteil für den Betrieb eines Mobiltelefonen sei, speziell für die Verwendung in ein bestimmtes Mobiltelefonmodell konstruiert sei und nicht unabhängig davon für andere Zwecke verwendet werden könne. Die streitgegenständliche Ware ist jedoch unstreitig nicht für den Einbau in ein Mobiltelefon konzipiert bzw. geeignet, sie weist keine Tastenkappen oder sonstige auf eine bestimmte Verwendung hindeutende Bestandteile auf und ist auch sonst nicht in gleicher Weise erkennbar für den Einbau in ein bestimmtes Gerät konstruiert. Zwischen der Tastaturmatte gemäß der VO Nr. 714/2012 und der streitgegenständlichen Kontaktmatte bestehen daher grundlegende Unterschiede, die eine analoge Anwendung der VO Nr. 714/2012 ausschließen.
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Dem Beklagten kann auch nicht darin gefolgt werden, dass die VO Nr. 714/2012 eine verbindliche Regelung treffe, wonach Kontaktmatten generell nicht in Anwendung von Anm. 2 a) zu Abschnitt XVI in die Position 8536 eingereiht werden könnten. Richtig ist zwar, dass die Anwendung von Anm. 2 b) zu Abschnitt XVI in der VO Nr. 714/2012 impliziert, dass eine Einreihung nach der systematisch vorrangigen Anm. 2 a) zu Abschnitt XVI ausscheiden soll, im Streitfall ist dies jedoch nicht erheblich. Wie dargelegt, befasst sich die VO Nr. 714/2012 nicht generell mit der Einreihung von Kontaktmatten, sondern ganz speziell mit der von Tastaturmatten von Mobiltelefonen. Sie ist im Streitfall weder direkt noch analog anwendbar. Sofern sich einer Tarifierungsverordnung ein verallgemeinerungsfähiger Rechtssatz entnehmen lässt, kann dieser außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Verordnung allenfalls zur Auslegung herangezogen werden. Im Streitfall führt die Auslegung im Lichte der VO Nr. 714/2012 nicht zu dem Ergebnis, dass die der Klägerin erteilte verbindliche Zolltarifauskunft unrichtig ist. Die Einreihung der streitgegenständlichen Kontaktmatten in die Position 8536 hält der Senat angesichts des Positionswortlauts, der zu dieser Position vorliegende Erläuterungen und der Anm. 2 a) zu Abschnitt XVI für eindeutig. Die VO Nr. 714/12 weckt daran keinen Zweifel, sie äußert sich nicht ausdrücklich zur Anm. 2 a) zu Abschnitt XVI und begründet insbesondere nicht, weshalb diese Anmerkung nicht zur Anwendung kommen soll.
II.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision ist im Hinblick auf die Einreihung von Kontaktmatten und die Analogiefähigkeit der VO Nr. 714/2012, die höchstrichterlich noch nicht hinreichend geklärt ist, wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
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(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.
(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.
(2) Vollstreckt wird
- 1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen, - 2.
aus einstweiligen Anordnungen, - 3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.
(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.