Finanzgericht Hamburg Urteil, 24. Juli 2017 - 4 K 162/15

published on 24/07/2017 00:00
Finanzgericht Hamburg Urteil, 24. Juli 2017 - 4 K 162/15
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Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Nacherhebung von Antidumpingzoll und Drittlandszoll für die Einfuhr von Aluminiumrädern.

2

Vom 23.03. bis zum 20.09.2012 meldete die Klägerin beim Zollamt Hamburg-1 des Beklagten als indirekte Vertreterin für die in den ... ansässige A (Räder) der Unterposition 8708 7050 10 0 KN malaysischen Ursprungs zur Abfertigung für den zollrechtlich freien Verkehr an. Die A, die die Räder von der in ... ansässigen B erworben hatte, verkaufte sie an den ... Endkunden C (Empfänger), an den sie ausgeliefert wurden. Ausführer waren die D (...) und die E (...). Im Einzelnen handelt es sich um die folgenden zehn Zollanmeldungen:

3

lfd. Nr.

Zollanmeldung

Datum 

1       

AT/C-1

23.03.2012

2       

AT/C-2

26.03.2012

3       

AT/C-3

26.03.2012

4       

AT/C-4

18.04.2012

5       

AT/C-5

15.05.2012

6       

AT/C-6

15.05.2012

7       

AT/C-7

18.06.2012

8       

AT/C-8

23.07.2012

9       

AT/C-9

10.09.2012

10    

AT/C-10

20.09.2012

4

Für die Einfuhren ab April 2012 (lfd. Nr. 4-10) setzte der Beklagte nach Vorlage malaysischer Ursprungszeugnisse antragsgemäß den Präferenzzollsatz von 0 % fest. Mit Schreiben vom 25.04.2015 beantragte die Klägerin auch für die drei Zollanmeldungen aus März 2012 (lfd. Nr. 1-3), bei denen zunächst keine Ursprungszeugnisse vorgelegt worden waren, die Präferenzgewährung und legte die hierfür erforderlichen malaysischen Ursprungszeugnisse vor.

5

Diesem Antrag entsprechend erstattete der Beklagte mit drei Einfuhrabgabenbescheiden vom 06.06.2012 den ursprünglich festgesetzten Drittlandszollsatz. Zur Begründung führte er aus, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Begünstigungen erfüllt seien. Die Ware sei nachweislich malaysischen Ursprungs.

6

Nur bei den beiden Zollanmeldungen vom 15.05.2012 (lfd. Nr. 5-6) wurde eine Beschaffenheitsbeschau durchgeführt.

7

Nachdem eine Untersuchung des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) zu dem Ergebnis gekommen war, dass Aluminiumräder, die aus der malaysischen "Free Commercial Zone Port Klang" (Freizone) in die EU eingeführt wurden, tatsächlich ihren Warenursprung in der Volksrepublik (VR) China hätten, erhob der Beklagte gemäß Art. 220 ZK mit Einfuhrabgabenbescheid XXX vom 27.08.2014 Drittlandszoll in Höhe von 22.175,34 € und Antidumpingzoll in Höhe von 109.891,12 €, insgesamt 132.066,46 €, nach. Zollamtliche Ermittlungen hätten ergeben, dass die eingeführte Ware ihren Ursprung tatsächlich in der VR China habe. Daher müsse die gewährte Zollpräferenz zurückgenommen werden und die Differenz zwischen dem Präferenzzollsatz und dem Drittlandszollsatz nachgefordert werden. Des Weiteren werde ein Antidumpingzoll i. H. v. 22,3 % nachgefordert. Die Klägerin sei gemeinsam mit der A gesamtschuldnerisch zur Erfüllung der Zollschuld verpflichtet.

8

Gegen diesen Nacherhebungsbescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 05.09.2014 Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Außerdem beantragte sie Erstattung und Erlass der festgesetzten Einfuhrabgaben. Den AdV-Antrag begründete sie mit Schreiben vom 25.02.2014: Die Räder seien malaysischen Ursprungs. Mehrfach seien Mitarbeiter des A-Konzerns in Malaysia gewesen, um sich das Werk der Lieferanten anzusehen. Ein Hinweis auf die angeblich stattgefundenen Ermittlungen von OLAF reiche nicht aus. Der Beklagte habe kein Auswahlermessen hinsichtlich der übrigen Gesamtschuldner ausgeübt. Da die Klägerin lediglich als indirekte Stellvertreterin aufgetreten sei, habe der Vertretene in Anspruch genommen werden müssen. Im Hinblick auf die drei Erstattungsbescheide habe sich der Beklagte geirrt und dieser Irrtum sei für die Klägerin nicht erkennbar gewesen. Die Nacherhebung verstoße deshalb gegen den Grundsatz von Treu und Glauben.

9

Nachdem der Beklagte mit Bescheid vom 08.10.2014 den AdV-Antrag abgelehnt hatte, nahm die Klägerin mit Schreiben vom 05.03.2015 ergänzend Stellung: Aus den Akkreditiv-Unterlagen ergäben sich die Zusicherungen zwischen den Handelspartnern. In zwei Zollanmeldungen und in den drei Erstattungsbescheiden befände sich ein zollamtlicher Vermerk über die Prüfung der Ursprungszeugnisse. Außerdem habe ein Mitarbeiter der A beim Endabnehmer in F die Räder inspiziert, ohne dass sich Zweifel am malaysischen Ursprung ergeben hätten. Der Beklagte habe weder die Versendung der Räder aus der VR China über die Freizone noch deren chinesischen Ursprung bewiesen. Außerdem könne sich die Klägerin auf Vertrauensschutz berufen, insbesondere weil sie als Spediteurin auf die vom Auftraggeber vorgelegten Unterlagen habe vertrauen können.

10

Mit Schreiben vom 20.10.2015 legte die Klägerin Untätigkeitseinspruch im Hinblick auf den Erstattungsantrag vom 05.09.2014 ein.

11

Mit Einspruchsentscheidung vom 16.11.2015 (Rbl. X/14) wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Die Klägerin sei als indirekte Stellvertreterin gemäß Art. 5 Abs. 2, 2. Anstrich ZK Anmelderin (Art. 4 Nr. 18 ZK) und habe die Gewähr für die Richtigkeit der in den jeweiligen Anmeldungen enthaltenen Angaben übernommen (Art. 199 Abs. 1, 1. Anstrich ZKDVO). Mit Annahme der jeweiligen Zollanmeldung sei die Zollschuld entstanden, für die neben der A die Klägerin gemäß Art. 201 Abs. 3 S. 2 ZK gesamtschuldnerisch (Art. 213 ZK) in Anspruch genommen werden könne.

12

Die Missionsreise von OLAF vom 25.-29.11.2013 habe den chinesischen Ursprung der Räder eindeutig belegt. Die Räder seien in den ZB1-/ZB2-Registern der Freizone registriert gewesen. Dies bedeute, dass sie aus einem Drittland in die Freizone eingeführt und von dort ausgeführt worden seien. Da in der Freizone keine ursprungsbegründenden Tätigkeiten erlaubt seien, scheide ein malaysischer Warenursprung aus. In den ZB1-Anmeldungen sei als Ursprung der Waren die VR China angegeben.

13

Im Missionsreisebericht OF-B1 sei der Ausführer D benannt. Er habe ausweislich der Transshipment-Liste im Anhang 15 des Reiseberichts 22 Container aus der VR China nach Port Klang verschifft.

14

Die von der Klägerin beigebrachten Akkreditive und der angebotene Zeugenbeweis entkräfteten die Feststellungen von OLAF nicht. Der Ausführer habe in betrügerischer Absicht den malaysischen Behörden einen falschen Warenursprung vorgetäuscht. Daher liege es nahe, dass er auch dem Käufer schriftlich den malaysischen Ursprung zugesichert habe. Der Beklagte gehe davon aus, dass der Käufer A - im Gegensatz zum ... Endabnehmer - den chinesischen Ursprung der Räder gekannt habe, weil ihr deutsches Tochterunternehmen, die G-GmbH, in der Vergangenheit mehrfach versucht habe, beim Beklagten Räder aus der VR China unter Anmeldung einer falschen Warennummer einzuführen, um so Antidumpingzoll zu umgehen. Hierbei sei die Klägerin als direkter Stellvertreter aufgetreten. Dem A-Konzern könne als gewerblicher Hersteller und Händler von Aluminiumrädern aus Fernost nicht entgangen sein, dass in den Jahren 2004-2008 verschiedene malaysische Räderhersteller in der VR China Produktionsanlagen aufgebaut hätten, weil die Exportkapazitäten in Malaysia weitgehend erschöpft gewesen seien. Auch der von der Klägerin benannte Zeuge habe hiervon gewusst, weil er selbst für einen malaysischen Hersteller am Kauf einer Produktionsanlage in der VR China beteiligt gewesen sei. Hierbei sei unbeachtlich, dass der Ausführer seinen Sitz in Malaysia habe und dort möglicherweise auch Aluminiumräder herstelle. Auch die Klägerin hätte wissen können, dass die Räder chinesischen Ursprungs gewesen seien, da sie im Namen der A-Gruppe in der Vergangenheit regelmäßig Räder aus der VR China in den freien Verkehr überführt habe.

15

Die vorgelegten malaysischen Ursprungszeugnisse hätten keinen Beweiswert. Der Ausführer tauche nämlich in den Datensätzen des MITI, das die Ursprungszeugnisse ausgestellt habe, nicht auf. Hieraus sei zu schließen, dass er nie ein Ursprungszeugnis beantragt habe. Unerheblich sei, dass die Ursprungszeugnisse nicht für ungültig erklärt worden seien, weil es bei autonomen Zollpräferenzen ausreiche, dass die Zollbehörden weiterhin Zweifel an dem vom Ursprungszeugnis bescheinigten Warenursprung hätten.

16

Für Räder der Warennummer 8708 7050 100 ergebe sich ein Drittlandszollsatz von 4,5 % sowie ein Antidumpingzoll i. H. v. 22,3 %. Die Abgabenhöhe sei innerhalb der dreijährigen Frist nach Art. 221 Abs. 3 S. 1 ZK der Klägerin mitgeteilt worden.

17

Der Beklagte habe sein Ermessen rechtmäßig ausgeübt. Es sei nicht zu beanstanden, dass die Abgaben gegenüber der Klägerin und nicht gegenüber der A als weiterer Gesamtschuldnerin festgesetzt worden seien. Die Gründe hierfür habe der Beklagte spätestens im Bescheid vom 08.10.2014 über die Ablehnung des AdV-Antrags mitgeteilt. Weder die A noch die Klägerin seien ahnungslos von den mit erheblicher krimineller Energie durchgeführten Täuschungen der in Fernost ansässigen Verkäufer gewesen. Unabhängig davon hätte sich die Klägerin als erfahrene Grenzspediteurin der Gefahren bewusst sein müssen, die sich aus dem Auftreten als indirekter Vertreter ergäben. Sie könne daher nicht verlangen, nur nachrangig in Anspruch genommen zu werden. Der Beklagte konkretisiere sein Auswahlermessen dahingehend, dass er die Klägerin in Anspruch nehme, weil so der Anspruch am besten, problemlosesten und schnellsten zu realisieren sei.

18

Auf Art. 220 Abs. 2 Buchst. b, 1. Unterabs. ZK könne sich die Klägerin nicht berufen, weil die Vorlage gefälschter Ursprungszeugnisse keinen Irrtum begründe. Dasselbe gelte, wenn die Ursprungszeugnisse echt wären, weil das MITI dann in betrügerischer Absicht getäuscht worden wäre. Es sei die Klägerin, die beweisen müsse, dass der Ausführer gegenüber dem MITI zutreffende Angaben gemacht habe. Hierzu habe sie nichts vorgetragen.

19

Die Nacherhebung sei auch hinsichtlich der drei Einfuhren im März 2012 innerhalb der Dreijahresfrist erfolgt. Die Erstattungsbescheide seien vor der Missionsreise des OLAF ergangen, so dass für den Beklagten die Fälschung der Ursprungszeugnisse nicht erkennbar gewesen sei. Im Übrigen mache es für die Nacherhebung keinen Unterschied, wann die ungültigen Präferenznachweise vorgelegt worden seien. Es gebe nämlich keinen besonderen Vertrauensschutz für nach Art. 236 ZK zu Unrecht erstattete Abgaben. Auf Art. 220 Abs. 2 ZK könne sich die Klägerin - wie oben dargelegt - auch im Hinblick auf diese Einfuhren nicht berufen.

20

Mit der am 27.11.2015 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Ausweislich des vorgelegten Akkreditivs habe sie mit ihrem Lieferanten und dem Empfänger vereinbart, dass die Räder aus malaysischer Produktion stammen und ein malaysisches Ursprungszeugnis vorgelegt werden müsse. Dementsprechend habe ihr Lieferant mit den beiden Produzenten D und E vereinbart, dass die Räder malaysischen Ursprungs sein müssten. Zur Überprüfung der Vereinbarung habe der Zeuge H am 23./24.02.2010 die Produktionslinie, einschließlich einer Gießerei, der beiden Hersteller in der Nähe von J, ca. zwei Stunden von L entfernt, besichtigt. Bei den beiden Zollanmeldungen vom 15.05.2012 habe der Beklagte ausdrücklich das vorgelegte Ursprungszeugnis bei Abfertigung geprüft. In den drei Erstattungsbescheiden vom 06.06.2012 sei explizit bestätigt worden, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Präferenzbehandlung erfüllt seien. Der Zeuge H habe beim Empfänger in F die gelieferten Räder von Zeit zu Zeit inspiziert. Auch hierbei habe es nie Zweifel an ihrem malaysischen Ursprung gegeben. Die Klägerin bestreite die im Einspruchsbescheid erhobene Behauptung des Beklagten, dass die G-GmbH und die A den chinesischen Ursprung der Ware gekannt hätten, sowie die Behauptung, dass die Klägerin hätte wissen müssen, dass die Räder aus der VR China stammten, weil sie in der Vergangenheit Räder aus diesem Land importiert habe.

21

Der Beklagte habe den chinesischen Ursprung der Räder nicht nachgewiesen. Hierzu sei auch der Nachweis der ursprungsbegründenden Behandlung erforderlich. Dieser Nachweis könne durch den OLAF-Bericht nicht geführt werden, weil OLAF keine konkreten Tatsachen ermittelt habe. Der OLAF-Bericht führe lediglich aus, dass die Räder in die Freizone gelangt seien, dort umgeladen und anschließend nach Europa verschifft worden seien. Der Bericht enthalte keinerlei Beweismittel. Woher die in den von OLAF selbst erstellten Excel-Tabellen enthaltenen Daten stammten, sei nicht nachvollziehbar. Insbesondere für die in Rede stehenden Räder gebe es keine Beweise für eine Versendung aus der VR China oder die Behauptung, dass diese in der VR China hergestellt worden seien. OLAF habe lediglich die Eingangsdaten der Freizone mit den dortigen Ausgangsdaten und den Eingangsdaten in der EU abgeglichen. Nach dem Vortrag von OLAF sei es auch möglich, dass die Waren aus irgendeinem Ort in Malaysia in die Freizone versandt worden seien. Da nach Auffassung des Beklagten sämtliche offiziellen Dokumente gefälscht seien, sei nicht ausgeschlossen, dass dies auch für die ZB1-Anmeldungen gelte.

22

Es sei ebenfalls nicht ausgeschlossen, dass die Räder in Malaysia hergestellt worden seien und sodann aus China nach Malaysia wieder eingeführt worden seien. Nicht belegt sei auch, dass das MITI die Ursprungszeugnisse nicht ausgestellt habe. Das MITI habe lediglich mitgeteilt, dass die beiden Hersteller dort nicht verzeichnet seien. Die Ursprungszeugnisse seien auch nicht für ungültig erklärt worden. Der Beklagte habe sein Auswahlermessen fehlerhaft ausgeübt. Im Nacherhebungsbescheid finde sich lediglich der Hinweis "Beide genannten Beteiligte sind gesamtschuldnerisch zur Erfüllung der Zollschuld verpflichtet". Abgesehen davon, dass nicht präzisiert werde, wer diese beiden Beteiligten seien, werde überhaupt kein Auswahlermessen ausgeübt. Hätte der Beklagte eine Auswahl vorgenommen, wäre nur die Inanspruchnahme der A rechtmäßig gewesen, weil die Klägerin lediglich als Stellvertreterin gehandelt habe. Die Nacherhebung für die Einfuhren aus März 2012 sei widersprüchlich und verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, der im gesamten öffentlichen Recht gelte, weil diesbezüglich bereits Drittlandszoll erstattet worden sei.

23

Jedenfalls könne sich die Klägerin auf Vertrauensschutz gemäß Art. 220 Abs. 2 Buchst. b) ZK berufen. Dies sei nicht ausgeschlossen, weil nicht bewiesen sei, dass die Ursprungszeugnisse gefälscht seien. Solange der Beklagte dies nicht bewiesen habe, seien die Ursprungszeugnisse als wirksam zu behandeln. Selbst wenn der Fälschungsnachweis der Ursprungszeugnisse gelänge, läge gleichwohl ein aktiver Irrtum der Zollbehörden vor, weil der Beklagte die Angaben der Zollanmeldung tatsächlich geprüft habe. Bei den drei Einfuhren, für die Drittlandszoll erstattet worden sei (lfd. Nr. 1-3), sei das Ursprungszeugnis geprüft und für zutreffend befunden worden. Dasselbe gelte für die zwei Zollanmeldungen vom 15.05.2012, bei denen eine Beschau stattgefunden habe. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass eine vorangegangene Erstattung bei gleich gelagerten Einfuhren Vertrauensschutz begründe. Hinsichtlich der Gutgläubigkeit der Klägerin sei zu berücksichtigen, dass ihr die Kenntnisse der am Verkauf der Räder beteiligten Unternehmen nicht zugerechnet werden könnten. Als Spediteurin habe sie keinerlei Einfluss auf die Vertragsgestaltung und die Auswahl der tatsächlich gelieferten Waren.

24

Die Klägerin beantragt,
1. den Einfuhrabgabenbescheid XXX vom 27.08.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.11.2015 (Rbl. X/14) aufzuheben;
2. hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, ihr die mit Einfuhrabgabenbescheid XXX vom 27.08.2014 festgesetzten Einfuhrabgaben zu erstatten;
3. weiter hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, über den mit Schreiben vom 05.09.2014 gestellten Erstattungsantrag zu entscheiden.

25

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

26

Er verweist auf seinen bisherigen Vortrag und führt ergänzend aus: Aus dem OLAF-Bericht ergebe sich eine eindeutige Zuordnung der ZB1- und ZB2-Anmeldungen. Da Waren, die aus dem Zollgebiet Malaysias in die Freizone verbracht würden, eine K1-Registernummer erhalten müssten, sei schlüssig dargelegt, dass die Container aus Übersee in die Freizone verbracht worden seien. Dort sei eine ursprungsbegründende Herstellungstätigkeit nicht erlaubt. Bei den ZB1-Anmeldungen sei als Ursprungsland die VR China angegeben worden. Zur Bewertung der Aussagekraft der ZB1-Anmeldungen werde auf ein OLAF-Ermittlungsverfahren über die Umgehung von Antidumpingzöllen auf Verbindungselemente (OF-B2) sowie eine E-Mail des MITI an OLAF vom 28.11.2012 verwiesen. Unerheblich sei, dass die vorgelegten Ursprungszeugnisse nicht für ungültig erklärt worden seien, weil nach den OLAF-Feststellungen der malaysische Ursprung nicht nachgewiesen sei.

27

Es liege kein aktiver Irrtum des Beklagten darin, die nachträglich vorgelegten drei Ursprungszeugnisse geprüft und für zutreffend befunden zu haben. Auch im Rahmen der Beschaffenheitsbeschau, die bei zwei Einfuhren durchgeführt worden sei, seien die Ursprungszeugnisse nicht inhaltlich überprüft worden. Zur Einleitung eines Nachprüfungsersuchens habe kein Anlass bestanden. Die Fälschung der Ursprungszeugnisse sei erst durch die Ermittlungen von OLAF bekannt geworden.

28

Bei der Nacherhebung von Antidumpingzoll seien Ursprungszeugnisse unbeachtlich. Hinsichtlich des Vertrauensschutzes für die Nacherhebung des Drittlandszolls habe das MITI mitgeteilt, dass die beiden Ausführer dort nicht registriert seien. Jedenfalls ergebe sich aus dem OLAF-Missionsbericht, dass die Ausführer unrichtige Angaben gemacht haben müssten. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte, dass das MITI diese Umstände hätte kennen müssen.

29

In der Einspruchsentscheidung sei die Ermessensentscheidung begründet worden. Bereits im Nacherhebungsbescheid sei benannt, dass die A gesamtschuldnerisch neben der Klägerin zur Erfüllung der Abgabenschuld verpflichtet sei.

30

Die Entscheidung über den Erstattungsantrag nach Art. 239 ZK müsse in einem gesonderten Verfahren erfolgen.

31

Bei der Entscheidung hat die Sachakte des Beklagten vorgelegen. Auf ihren Inhalt sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

32

Die Klage ist mit dem Hauptantrag unbegründet (dazu I.), mit den Hilfsanträgen unzulässig (dazu II.).

33

I.
Die mit dem Hauptantrag zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Einfuhrabgabenbescheid XXX vom 27.08.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.11.2015 (Rbl. X/14) ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

34

Ermächtigungsgrundlage für die Nacherhebung von Antidumpingzoll und Drittlandszoll ist Art. 220 Abs. 1 S. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12.10.1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. EG L 302/1; Zollkodex - ZK). Diese Norm ist trotz des Inkrafttretens des Unionzollkodexes noch anwendbar, da die Einfuhren und die Nacherhebung vor dem 01.05.2016 erfolgten. Gemäß Art. 220 Abs. 1 S. 1 ZK hat die nachträgliche buchmäßige Erfassung einer Zollschuld zu erfolgen, die nicht buchmäßig erfasst worden ist. Bisher nicht buchmäßig erfasst wurde der Antidumpingzoll, ohne dass sich die Klägerin auf Vertrauensschutz berufen kann (dazu 1.). Dasselbe gilt für den Drittlandszoll (dazu 2.). Der Nacherhebungsbescheid leidet nicht an einem Ermessensfehler (dazu 3.).

35

1. Nicht erhoben wurde Antidumpingzoll in Höhe von 22,3 % gemäß Art. 1 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 964/2010 des Rates vom 25.10.2010 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren bestimmter Fahrzeugräder aus Aluminium mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. EU L 282/1; im Folgenden: Verordnung Nr. 964/2010). Nach Art. 1 Abs. 1 dieser Verordnung wird ein endgültiger Antidumpingzoll i. H. v. 22,3 % (Art. 1 Abs. 2 der Verordnung) eingeführt auf die Einfuhren von Rädern aus Aluminium für Kraftfahrzeuge, auch mit Zubehör, auch mit Reifen, mit Ursprung in der VR China, die derzeit unter den KN-Codes ex 8708 7010 und ex 8708 7050 eingereiht werden.

36

Die Voraussetzungen für die Erhebung des Antidumpingzolls liegen vor (dazu 1.1 und 1.2). Auf Vertrauensschutz kann sich die Klägerin nicht berufen (dazu 1.3).

37

1.1 Die Verordnung Nr. 964/2010 ist zeitlich ab dem 29.10.2010 anwendbar (Art. 5 der Verordnung Nr. 964/2010). Die Einfuhren der Räder fanden in der Zeit vom 23.03. bis zum 20.09.2012 statt. Die Räder sind - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - in die von Art. 1 Abs. 1 der Verordnung Nr. 964/2010 genannte TARIC-Warennummer 8708 7050 10 0 einzureihen. Der Zoll wurde der Höhe nach auf der Grundlage eines Zollsatzes i. H. v. 22,3 % zutreffend berechnet.

38

1.2 Der Einzelrichter ist gemäß § 96 Abs. 1 S. 1 FGO davon überzeugt, dass die eingeführten Räder chinesischen Ursprungs sind, d. h. vollständig in der VR China hergestellt wurden und in Malaysia keine ursprungsbegründende Bearbeitung erfahren haben (vgl. FG Hamburg, Urt. v. 16.08.2013, 4 K 93/12, juris Rn. 35 m. w. N.). Der insoweit beweisbelastete Beklagte (BFH, Urt. v. 15.07.1986, VII R 145/85, juris Rn. 15; FG Hamburg, Urt. v. 17.05.2017, 4 K 147/15, S. 12 UA; Urt. v. 30.08.2005, IV 337/02, juris Rn. 26; Urt. v. 02.03.2011, 4 K 25/10, S. 13 UA [n. v.]; Beschl. v. 22.04.2014, 4 V 50/14, S. 12 BA [n. v.]; FG Düsseldorf, Urt. v. 11.06.2014, 4 K 1226/13, juris Rn. 28) hat diesen Nachweis geführt. Dies ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen, insbesondere dem OLAF-Mission Report OF-B1 nebst den Anhängen 5, 15 und 16. Im Einzelnen:

39

Mithilfe der von den malaysischen Behörden zur Verfügung gestellten Daten konnte OLAF den Reiseweg der in Rede stehenden Container mit Rädern von der VR China über die Freizone nach Hamburg nachvollziehen. Von den 33 Containern, die D zwischen dem 08.11.2010 und dem 26.06.2012 in die EU ausgeführt hat, konnte OLAF für 22 Container belegen, dass diese aus der VR China in die Freizone verbracht und von dort über eine deutsche Zollstelle in die EU eingeführt wurden (Anhang 15 zum OLAF-Mission Report), weil sowohl die ZB1- als auch die ZB2-Meldungen als Herkunftsland China nannten. Sieben dieser Container (Anhang 15, 1. Spalte "MS Ref No": DE-1, DE-2, DE-3, DE-4, DE-5, DE-6, DE-7) wurden von der Klägerin als indirekte Vertreterin in die EU eingeführt (lfd. Nr. 1-7).

40

Hinsichtlich der Einfuhren des Ausführers E konnte eine Zuordnung von Einfuhren aus der VR China via Port Klang in 30 Fällen erfolgen. In drei Fällen (Anhang 16, 1. Spalte "MS Ref No": DE-8, DE-9, DE-10) erfolgt die Einfuhr durch die Klägerin als indirekte Vertreterin (lfd. Nr. 8-10). Auch hier belegen sowohl die ZB1- als auch die ZB2-Meldungen als Herkunftsland die VR China.

41

An der Stichhaltigkeit der von OLAF vorgenommenen Zuordnungen hat der Einzelrichter keine vernünftigen Zweifel. Wie sich aus den überzeugenden Erläuterungen der Explanatory Note zum OLAF-Mission Report ergibt, lässt sich der Wareneingang in die Freizone anhand einer ZB1-Nummer verfolgen. Da bei der ZB2-Meldung, die bei Ausgang von Waren aus der Freizone zu machen ist, die ZB1-Nummer anzugeben ist, kann nachvollzogen werden, woher die Waren stammten. Anders als die Klägerin meint, lässt es der OLAF-Bericht nicht offen, ob die Räder auch aus dem malaysischen Zollgebiet in die Freizone gelangt sein könnten. In diesem Fall hätte nämlich - wie sich aus der Explanatory Note ergibt - eine K1-Meldung abgegeben werden müssen.

42

Anders als die Klägerin meint, behauptet der Beklagte nicht, dass alle offiziellen Unterlagen gefälscht seien. Er trägt dies lediglich im Hinblick auf die Ursprungszeugnisse, die den malaysischen Ursprung belegen sollen, vor. Rückschlüsse auf die Authentizität und inhaltliche Richtigkeit anderer Unterlagen oder Buchungsvorgänge lassen sich hieraus nicht ziehen. Es steht der Plausibilität der ZB-Meldungen nicht entgegen, dass die ZB1-Meldungen nach den ZB2-Meldungen abgegeben wurden, obwohl logisch die Einfuhr in die Freizone vor der Ausfuhr stattgefunden haben muss. Nach der Explanatory Note muss die ZB1-Meldung nämlich erst bis zu 30 Tage nach der tatsächlichen Ankunft der Ware in der Freizone abgegeben werden.

43

Ernsthafte Zweifel an der Datenerhebung und Verknüpfung der Wareneingänge und -ausgänge hat der Einzelrichter nicht. Der Einzelrichter hält auch die Herkunftsangabe "China" in den ZB1- und ZB2-Meldungen für ausreichend, um einen chinesischen Ursprung im zollrechtlichen Sinne nachzuweisen. Da während der Verschiffung der hier in Rede stehenden Einfuhren ein Antidumpingzoll auf Einfuhren von Aluminiumrädern aus der VR China erhoben wurde, ist kein vernünftiger Grund erkennbar, warum man große Mengen Räder von China nach Malaysia verschiffen sollte, die entgegen der Angabe in der Zollanmeldung nicht chinesischen Ursprungs sind.

44

Es steht der Überzeugung des Einzelrichters am chinesischen Ursprung der Räder nicht entgegen, dass der OLAF-Bericht keine Unterlagen über den Reiseweg enthält, sondern sich ausschließlich auf die von der Freizonenverwaltung gelieferten Daten beruft. Wie sich aus dem vom Beklagten ins Verfahren eingeführten OLAF-Abschlussbericht (OF-B2) zu Verbindungselementen ergibt, basieren die Daten, die OLAF übermittelt wurden, auf den Angaben derjenigen, die in der Freizone ein Zollverfahren eröffnet haben. Es ist kein vernünftiger Grund ersichtlich, warum die Freizonenverwaltung derartige Zahlen fälschen sollte, insbesondere weil hierdurch belegt wird, dass die Freizone als Umschlagsplatz für Waren diente, für die Antidumpingzölle umgangen werden sollten.

45

Gegen eine Verschiffung von Rädern malaysischen Ursprungs aus Malaysia nach China und zurück in die Freizone spricht auch, dass die Verkäuferin der Ware, die B, offensichtlich ein Tochterunternehmen des gleichnamigen chinesischen Unternehmens ist. Über dieses Unternehmen, die BB, Y-Road, M, China, findet sich auf der Seite ..., einem Portal für Handelsbeziehungen mit China, der folgende Firmeneintrag ...

...

46

Die chinesische BB verfügte nach dieser Darstellung durch den Neubau einer Gießerei in China über ausreichend Kapazitäten, um Räder chinesischen Ursprungs zu liefern. Von Produktionskapazitäten außerhalb Chinas wird dagegen nicht berichtet.

47

Über Kontakte der ... B zu malaysischen Herstellern von Aluminiumrädern ist nichts bekannt. Sie wurde im Jahr 2006 unter der Firma N gegründet und verlegte am 03.06.2011 ihren Firmensitz nach O, wobei die später datierten Handelsrechnungen für die hier in Rede stehenden Einfuhren als Firmensitz noch immer eine Adresse in P nennen. Am ... 2012 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet (...).

48

Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Räder in der Freizone ursprungsbegründend verarbeitet wurden. Nach den Angaben der Verwaltung der Freizone ist dort jede Form der Warenverarbeitung verboten (siehe Explanatory Note).

49

Schließlich erschüttern auch die den Zollanmeldungen beigefügten bzw. - für die drei Einfuhren aus März 2011 - nachgereichten präferentiellen Ursprungszeugnisse des malaysischen Ministry of International Trade and Industry (MITI) nicht die Überzeugung des Einzelrichters vom chinesischen Ursprung der Räder. Präferentielle Ursprungszeugnisse haben hinsichtlich des für die Erhebung des Antidumpingzolls maßgeblichen nichtpräferentiellen Ursprungs nur Indizwirkung (FG Düsseldorf, Urt. v. 11.06.2014, 4 K 1226/13 Z, juris Rn. 55). Diese Wirkung ist hier weggefallen, weil die in den Ursprungszeugnissen ausgewiesene Ursprungseigenschaft aufgrund des nach den OLAF-Feststellungen anzunehmenden chinesischen Ursprungs der eingeführten Räder gerade keine Bestätigung gefunden hat. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass die Ursprungszeugnisse nicht für ungültig erklärt worden sind.

50

1.3 Die Klägerin kann für die Nacherhebung des Antidumpingzolls keinen Vertrauensschutz beanspruchen. Nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b) Unterabs. 1 ZK erfolgt keine nachträgliche buchmäßige Erfassung, wenn der gesetzlich geschuldete Abgabenbetrag aufgrund eines Irrtums der Zollbehörden nicht buchmäßig erfasst worden ist, sofern dieser Irrtum vernünftigerweise vom Zollschuldner nicht erkannt werden konnte und dieser gutgläubig gehandelt und alle geltenden Bestimmungen über die Zollerklärung eingehalten hat. Die ergänzenden Voraussetzungen für die Gewährung von Vertrauensschutz nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b) Unterabs. 2-5 ZK gelten nicht für die Erhebung von Antidumpingzöllen, sondern nur den Präferenzstatus einer Ware (siehe unten 2.2).

51

Die Voraussetzungen von Art. 220 Abs. 2 Buchst. b) Unterabs. 1 ZK sind bereits deshalb nicht gegeben, weil der Beklagte keinem aktiven Irrtum unterlegen ist. Aktiver Irrtum bedeutet, dass die Zollbehörde den Irrtum aktiv begehen muss und ihm nicht lediglich unterliegen darf, etwa weil sie ungeprüft die Angaben in der Zollanmeldung übernommen hat. Vielmehr muss der Irrtum auf ein Handeln der Zollbehörde zurückzuführen sein (BFH, Beschl. v. 28.11.2005, VII B 116/05, juris, Rn. 7).

52

Ein in diesem Sinne beachtlicher Irrtum des Beklagten liegt offensichtlich nicht vor, soweit der Beklagte die Zollanmeldungen mit den laufenden Nummern 1-4, 7-10 ohne weitere Prüfung angenommen hat. Auch im Hinblick auf die beiden Zollanmeldungen vom 15.05.2012 (lfd. Nr. 5, 6) liegt kein derartiger Irrtum vor. Der Beklagte hat nämlich lediglich eine "[s]tichprobenweise Beschaffenheitsbeschau" vorgenommen. Ausweislich der insoweit gleichlautenden Befundberichte (...) ging es dabei lediglich darum, die "Einreihung [zu] prüfen". Hierzu wurden zwar auch die Ursprungszeugnisse betrachtet, allerdings lediglich um "eine Übereinstimmung zwischen der Zollanmeldung, den Unterlagen und der tatsächlichen Ware herstellen zu können". Eine Prüfung der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit der Ursprungszeugnisse fand nicht statt. Bei der ebenfalls erfolgten Prüfung "hinsichtlich 42er Verfahren" - also der einfuhrumsatzsteuerbefreiten Lieferung in einen anderen Mitgliedstaat - kann es schon deshalb nicht zu einer Prüfung der Ursprungszeugnisse gekommen sein, weil die Frage, aus welchem Drittland die Ware stammt, hierfür nicht relevant ist.

53

Auch die nachträgliche Anerkennung der Ursprungszeugnisse für die Einfuhren aus März 2012 stellt keinen aktiven Irrtum der Zollbehörden dar. Zwar muss der Irrtum der Zollbehörden nicht zwingend bei der in Rede stehenden Zollabfertigung erfolgen. Vertrauensschutzbegründend können auch Irrtümer bei einer vorherigen, gleich gelagerten Abfertigung sein (siehe FG Hamburg, Urt. v. 20.01.2012, 4 K 125/10, juris Rn. 23). Erforderlich ist jedoch stets, dass es sich um einen aktiven Irrtum handelt. So lag der Fall, der dem Urteil des BFH vom 20.08.1991 (VII R 123/89) zugrunde lag und auf den die Klägerin sich berufen hat. Dort hatte die Zollbehörde über eine Tarifierungsfrage im Rahmen eines Änderungsbescheids entschieden und diese Tarifierungsauffassung bei späteren Einfuhren zugrunde gelegt (juris Rn. 16). Der vorliegende Fall liegt jedoch anders. Wie dargelegt, hat der Beklagte die vorgelegten Ursprungszeugnisse weder auf ihre Echtheit noch auf ihre inhaltliche Richtigkeit hin überprüft.

54

Auf den auch im öffentlichen Recht anwendbaren Grundsatz von Treu und Glauben kann sich die Klägerin nicht berufen. Die Vertrauensschutzregeln des Art. 220 Abs. 2 ZK sind spezialgesetzliche Positivierungen dieses Grundsatzes. Sie enthalten abschließende Regelungen, so dass nicht ergänzend auf allgemeine Rechtsgrundsätze zurückgegriffen werden kann (ausführlich FG Hamburg, Urt. v. 27.10.2009, 4 K 129/07, juris Rn. 33).

55

2. Der Beklagte hat auch zu Recht Drittlandszoll i. H. v. 4,5 % für die unter der Unterposition 8708 7050 KN eingeführten Räder nacherhoben. Der Tatbestand von Art. 220 Abs. 1 ZK ist erfüllt (dazu 2.1). Auf Vertrauensschutz kann sich die Klägerin nicht berufen (dazu 2.2).

56

2.1 Auch für den Drittlandszoll sind die Voraussetzungen des Art. 220 Abs. 1 S. 1 ZK erfüllt. Der einer Zollschuld entsprechende Abgabenbetrag ist nicht buchmäßig erfasst worden. Im vorliegenden Fall ist abweichend von den ursprünglichen Einfuhrabgabenbescheiden bzw. - hinsichtlich der Einfuhren im März 2012 - den drei Erstattungsbescheiden vom 06.06.2012 der nach Art. 20 Abs. 3 Buchst. a) ZK i. V. m. der Kombinierten Nomenklatur vorgesehene Drittlandszollsatz anzuwenden. Wenn sich bei einer nachträglichen Prüfung keine Bestätigung für die im Ursprungszeugnis enthaltene Angabe über den Warenursprung finden lässt, ist daraus zu schließen, dass die Ware unbekannten Ursprungs ist und dass das Zeugnis demnach zu Unrecht ausgestellt und der Vorzugstarif zu Unrecht gewährt worden ist (vgl. EuGH, Urt. v. 08.11.2012, C-438/11, Rn. 18 m. w. N.). So liegt der Fall hier. Nach den OLAF-Ermittlungen (siehe oben 1.2) hat der behauptete Ursprung nicht nur keine Bestätigung gefunden, sondern es steht zur Überzeugung des Einzelrichters fest, dass die Räder tatsächlich aus der VR China stammen.

57

2.2 Die Klägerin kann keinen Vertrauensschutz beanspruchen.

58

Der Vertrauensschutztatbestand des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b) Unterabs. 1 ZK (siehe oben 1.3) wird ergänzt um die Unterabs. 2-5 von Art. 220 Abs. 2 ZK. Nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b) Unterabs. 2 ZK gilt bei der Ermittlung des Präferenzstatus einer Ware im Rahmen eines Systems der administrativen Zusammenarbeit unter Beteiligung einer Behörde eines Drittlands die Ausstellung einer Präferenzbescheinigung durch diese Behörde, falls sich die Bescheinigung später als unrichtig erweist, als ein Irrtum, der vernünftigerweise nicht erkannt werden konnte. Nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b) Unterabs. 3 ZK stellt die Ausstellung einer unrichtigen Bescheinigung jedoch grundsätzlich keinen Irrtum dar, wenn die Bescheinigung auf einer unrichtigen Darstellung der Fakten durch den Ausführer beruht. Auch wenn es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Ausführer nachlässig gehandelt hat, trägt der Einführer die Beweislast dafür, dass die Ausstellung des Ursprungszeugnisses auf einer richtigen Darstellung der Fakten durch den Ausführer beruht, sofern die Präferenzbehandlung - wie auch bei dem hier einschlägigen Allgemeinen Präferenzsystem - durch einen einseitigen Akt der EU eingeführt worden ist (EuGH, Urt. v. 08.11.2012, C-438/11, Rn. 38 - Lagura; s. a. Urt. v. 09.03.2006, C-293/04, Rn. 42 - Beemsterboer; FG Düsseldorf, Urt. v. 11.06.2014, 4 K 1226/13 Z, juris Rn. 98; FG Hamburg, Urt. v. 17.05.2017, 4 K 147/15, S. 17 UA). Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn offensichtlich ist, dass die ausstellenden Behörden wussten oder hätten wissen müssen, dass die Waren die Voraussetzungen für eine Präferenzbehandlung nicht erfüllten. Das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Rückausnahme muss die Klägerin beweisen (EuGH, Urt. v. 09.03.2006, C-293/04, Rn. 45 - Beemsterboer; FG Düsseldorf, Urt. v. 11.06.2014, juris, Rn. 98 m. w. N; FG Hamburg, Urt. v. 17.05.2017, 4 K 147/15, S. 17 UA).

59

Nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b) Unterabs. 4 ZK kann der Abgabenschuldner ferner Gutgläubigkeit nur geltend machen, wenn er darlegen kann, dass er sich während der Zeit des betreffenden Handelsgeschäfts mit gebotener Sorgfalt vergewissert hat, dass alle Voraussetzungen für eine Präferenzbehandlung erfüllt worden sind. Ob die Klägerin ihrer Erkundigungspflicht nachgekommen ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob sie aufgrund ihrer Berufserfahrung die fehlende Ursprungseigenschaft hätte erkennen können, ob es sich etwa um ein ungewöhnliches Einfuhrgeschäft gehandelt hat oder ob sich ihr Zweifel hätten aufdrängen müssen, ob die Ursprungs begründende Herstellung im Ausfuhrland überhaupt möglich ist und ob diese Zweifel hätten ausgeräumt werden können (BFH, Urt. v. 16.12.2008, VII R 15/08, juris Rn. 19).

60

Die Voraussetzungen für die Gewährung von Vertrauensschutz sind hier nicht erfüllt. Bei der Nacherhebung des Drittlandzolls wegen des Wegfalls der gewährten Zollpräferenz für Malaysia gilt zwar die Ausstellung des mit der Einfuhranmeldung vorgelegten Ursprungszeugnisses, in dem das MITI den malaysischen Ursprung der Räder bescheinigt hat, zunächst als Irrtum, da die Bescheinigung sich wegen des durch OLAF ermittelten chinesischen Ursprungs der Warensendungen als unrichtig erwiesen hat (siehe oben 1.2). Die Klägerin hat jedoch nicht bewiesen, dass die Ausführer bei den Ausfuhranmeldungen aus Malaysia richtige Angaben gemacht haben. Es ist nach Aktenlage im Einzelnen unklar, welche Angaben die Ausführer bei der Beantragung der Ursprungszeugnisse gemacht haben. Bei den ZB1- und den ZB2-Meldungen jedenfalls wurde als Ursprungsland die VR China angegeben (siehe Anhang 5, 15, 16 zum Mission Report). Aus dem Umstand allein, dass ein Ursprungszeugnis ausgestellt wurde, kann die Klägerin nicht ableiten, dass der Ausführer richtige Angaben gemacht hat. Das MITI, das die Ursprungszeugnisse ausstellt, ist eine unabhängig von der Freizonenverwaltung arbeitende Behörde. Erst durch die Verknüpfung der ZB1-Einfuhrdaten mit den ZB2-Ausfuhrdaten wurde das MITI auf die unrichtige Ursprungsbescheinigung aufmerksam gemacht.

61

Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die malaysischen Zollbehörden wussten oder hätten wissen müssen, dass die Voraussetzungen für die Bescheinigung des malaysischen Ursprungs tatsächlich nicht gegeben sind.

62

Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob die Klägerin sich mit der gebotenen Sorgfalt vergewissert hat, dass die Einfuhren malaysischen Ursprungs sind oder sie sich auf das insoweit sorgfältige Verhalten der A berufen kann. Daher musste auch der Zeuge H nicht gehört werden. Er könnte im Übrigen auch nicht bezeugen, wo die Räder, für deren Import Einfuhrabgaben nacherhoben wurden, genau hergestellt wurden, da er nach dem Vortrag der Klägerin die Produktion genau dieser Waren nicht überwacht hat.

63

3. Der Nacherhebungsbescheid 27.08.2014 es nicht ermessensfehlerhaft. Die Ermessensentscheidung ist nach § 102 Satz 1 FGO vom Gericht nur daraufhin zu überprüfen, ob der Verwaltungsakt deshalb rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Ein Ermessensfehler in Form des hier einzig in Betracht kommenden Ermessensausfalls liegt nicht vor. Da der Beklagte im Nacherhebungsbescheid auf den Umstand hingewiesen hat, dass die Klägerin mit der A gesamtschuldnerisch haftet, kann geschlossen werden, dass sie sich bewusst war, eine Auswahlentscheidung treffen zu müssen. Die hierfür erforderliche Begründung, die im Einspruchsverfahren nachgeholt werden kann (BFH, Urt. v. 20.06.2004, VII R 20/02, juris Rn. 16; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, 137. EL Aug. 2014, § 5 AO Rn. 71 m. w. N.), hat die Klägerin in der Einspruchsentscheidung geliefert.

64

Aus dem Umstand, dass die Klägerin als (indirekte) Stellvertreterin gemäß Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 1, 2. Anstrich ZK gehandelt hat, lässt sich keine Ermessensreduzierung auf Null dahingehend ableiten, dass ihre Inanspruchnahme ermessensfehlerhaft wäre. Bei der indirekten Stellvertretung im Sinne des ZK handelt es sich nämlich nicht um eine Stellvertretung im Sinne von §§ 164 ff. BGB, bei dem Zurechnungssubjekt des Handelns nicht der Vertreter sondern der Vertretene ist. Vielmehr handelt der Vertreter im eigenen Namen und nur wirtschaftlich für eine andere Person. Nach Art. 4 Nr. 18, 1. Alt. ZK ist der indirekte Vertreter Zollanmelder und als solcher Steuerschuldner gem. Art. 201 Abs. 3 Unterabs. 1 S. 1 ZK. Vor dem Hintergrund dieser zollschuldrechtlichen Gleichstellung des indirekten Vertreters mit dem Vertretenen wäre es widersinnig, wenn der indirekte Stellvertreter grundsätzlich nicht herangezogen werden dürfte.

65

II.

Die Klage führt auch mit den Hilfsanträgen nicht zum Erfolg.

66

1. Mit dem ersten Hilfsantrag ist die Klage bereits unzulässig. Das hinsichtlich der Erstattungsanträge gemäß § 44 Abs. 1 FGO erforderliche Einspruchsverfahren wurde bisher nicht durchgeführt. Die Klage ist insoweit auch nicht als Untätigkeitsklage gemäß § 46 Abs. 1 S. 1 FGO abweichend von § 44 FGO zulässig. Dies ist der Fall, wenn über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Ein derartiger sachlicher Grund liegt vor. Der Beklagte hat nämlich über den Untätigkeitseinspruch vom 20.10.2015 hinsichtlich des Erstattungsantrags vom 05.09.2014 nicht entschieden, weil die im vorliegenden Rechtsstreit zu klärende Frage, ob die Nacherhebung von Einfuhrabgaben mit Bescheid vom 27.08.2014 zu Recht erfolgte, für den Erstattungsantrag nach Art. 236 ZK eine Vorfrage ist, ohne deren Beantwortung über diesen Erstattungsantrag nicht entschieden werden kann. Auch soweit der Erstattungsantrag auf Art. 239 ZK gestützt wird, setzt er das Bestehen der Einfuhrabgabenschuld voraus. Vor diesem Hintergrund ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Entscheidung über die Erstattungsanträge zurückgestellt hat.

67

Gleichzeitig sei darauf hingewiesen, dass der Beklagte rechtlich nicht gehindert wäre, aus Gründen der Verfahrensökonomie die Einspruchsverfahren über die originäre Abgabenerhebung und den oder die Erstattungsanträge parallel zu führen. Auf das Abhängigkeitsverhältnis von originärer Abgabenerhebung und Erfolgsaussichten eines Erstattungsantrags kann auch im gerichtlichen Verfahren noch hinreichend Rücksicht genommen werden.

68

2. Auch mit dem weiteren Hilfsantrag ist die Klage unzulässig. Hierfür fehlt bereits das Rechtsschutzbedürfnis. Wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung bekräftigt hat, wird er über den Erstattungsantrag entscheiden, sobald das Bestehen der Einfuhrabgabenschuld rechtskräftig feststeht.

69

Da gegen das Unterlassen, über den Erstattungsantrag vom 05.09.2014 zu entscheiden, der Einspruch gemäß § 347 Abs. 1 S. 2 AO statthaft wäre, ist die Klage mit dem weiteren Hilfsantrag auch gemäß § 44 FGO unzulässig. Die Voraussetzungen von § 46 FGO liegen - wie oben (1.) - dargestellt, nicht vor. Nachrichtlich wird darauf hingewiesen, dass der in der ursprünglichen Fassung des Hilfsantrags gestellte Aussetzungsantrag, der als separater Antrag zu behandeln gewesen wäre, keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte, da die Klage auch hinsichtlich der Hilfsanträge entscheidungsreif war.

70

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 115 Abs. 2 FGO), sind nicht gegeben.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd
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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd
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published on 17/05/2017 00:00

Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen die Nacherhebung von Drittlandszoll und Antidumpingzoll. 2 Die Klägerin meldete in der Zeit vom 30.07.2012 bis 05.10.2012 mit insgesamt sechs Zollanmeldungen Aluminiumheizkörper, die sie von dem in
published on 11/06/2014 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ließ in dem Zeitraum vom 21. Februar 2009 bis zum 25. November 2010 Verbindungselemente beim Hauptzollamt
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Annotations

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.

Ist die Finanzbehörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

(1) In den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist, ist die Klage vorbehaltlich der §§ 45 und 46 nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist.

(2) Gegenstand der Anfechtungsklage nach einem Vorverfahren ist der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf gefunden hat.

(1) Ist über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 44 ohne vorherigen Abschluss des Vorverfahrens zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit Einlegung des außergerichtlichen Rechtsbehelfs erhoben werden, es sei denn, dass wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Das Gericht kann das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aussetzen; wird dem außergerichtlichen Rechtsbehelf innerhalb dieser Frist stattgegeben oder der beantragte Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist der Rechtsstreit in der Hauptsache als erledigt anzusehen.

(2) Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt für die Fälle sinngemäß, in denen geltend gemacht wird, dass eine der in § 348 Nr. 3 und 4 der Abgabenordnung genannten Stellen über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat.

(1) In den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist, ist die Klage vorbehaltlich der §§ 45 und 46 nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist.

(2) Gegenstand der Anfechtungsklage nach einem Vorverfahren ist der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf gefunden hat.

(1) Gegen Verwaltungsakte

1.
in Abgabenangelegenheiten, auf die dieses Gesetz Anwendung findet,
2.
in Verfahren zur Vollstreckung von Verwaltungsakten in anderen als den in Nummer 1 bezeichneten Angelegenheiten, soweit die Verwaltungsakte durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu vollstrecken sind,
3.
in öffentlich-rechtlichen und berufsrechtlichen Angelegenheiten, auf die dieses Gesetz nach § 164a des Steuerberatungsgesetzes Anwendung findet,
4.
in anderen durch die Finanzbehörden verwalteten Angelegenheiten, soweit die Vorschriften über die außergerichtlichen Rechtsbehelfe durch Gesetz für anwendbar erklärt worden sind oder erklärt werden,
ist als Rechtsbehelf der Einspruch statthaft. Der Einspruch ist außerdem statthaft, wenn geltend gemacht wird, dass in den in Satz 1 bezeichneten Angelegenheiten über einen vom Einspruchsführer gestellten Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes binnen angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist.

(2) Abgabenangelegenheiten sind alle mit der Verwaltung der Abgaben einschließlich der Abgabenvergütungen oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten einschließlich der Maßnahmen der Bundesfinanzbehörden zur Beachtung der Verbote und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze; den Abgabenangelegenheiten stehen die Angelegenheiten der Verwaltung der Finanzmonopole gleich.

(3) Die Vorschriften des Siebenten Teils finden auf das Straf- und Bußgeldverfahren keine Anwendung.

(1) In den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist, ist die Klage vorbehaltlich der §§ 45 und 46 nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist.

(2) Gegenstand der Anfechtungsklage nach einem Vorverfahren ist der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf gefunden hat.

(1) Ist über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 44 ohne vorherigen Abschluss des Vorverfahrens zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit Einlegung des außergerichtlichen Rechtsbehelfs erhoben werden, es sei denn, dass wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Das Gericht kann das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aussetzen; wird dem außergerichtlichen Rechtsbehelf innerhalb dieser Frist stattgegeben oder der beantragte Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist der Rechtsstreit in der Hauptsache als erledigt anzusehen.

(2) Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt für die Fälle sinngemäß, in denen geltend gemacht wird, dass eine der in § 348 Nr. 3 und 4 der Abgabenordnung genannten Stellen über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.