Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 04. Dez. 2017 - 5 K 703/11 (PKH)
Gericht
Tenor
Dem Antragsteller wird der ortsansässige Rechtsanwalt D. zur Wahrnehmung des Termins zur mündlichen Verhandlung am … im Landgericht Y. zusätzlich beigeordnet.
Gründe
- 1
1. Der Berichterstatter konnte als Einzelrichter i. S. d. § 79a Abs. 3, 4 i.V.m. § 142 Abs. 6 Finanzgerichtsordnung (FGO) über den Antrag auf Erweiterung der bereits gewährten Prozesskostenhilfe (PKH) entscheiden, weil die Beteiligten übereinstimmend Ihr Einverständnis mit einer Einzelrichterentscheidung erklärt haben.
- 2
2. Dem Antrag auf zusätzliche Beiordnung eines Terminvertreters war stattzugeben, da mit daraus resultierenden gravierenden Mehrkosten zu Lasten der Staatskasse nicht zu rechnen ist.
- 3
a) Gem. § 142 Abs. 1 FGO gelten im finanzgerichtlichen Verfahren die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) über die PKH sinngemäß.
- 4
b) Wird – wie vorliegend mit dem Senatsbeschluss vom 24. Juni 2012 – ein nicht im Gerichtsbezirk des Prozessgerichts niedergelassener ("auswärtiger") Rechtsanwalt beigeordnet, muss nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) das Gericht – obwohl gesetzlich nicht vorgesehen – auf Antrag der Partei ihr auch einen Unterbevollmächtigten (also einen Verhandlungs- und/oder Beweisanwalt, Nr. 3401, 3402 VV RVG) beiordnen, wenn hierdurch die Reisekosten des auswärtigen Prozessbevollmächtigten erspart werden und die zusätzlichen Kosten des Unterbevollmächtigten die ersparten Reisekosten (Tage- und Abwesenheitsgeld sowie Fahrtkosten) nicht übersteigen (BGH, Beschluss vom 23. Juni 2004 XII ZB 61/04, BGHZ 159, 370-376 = NJW 2004, 2749-2751). Insoweit entstehen der Staatskasse durch die zusätzliche Beiordnung eines Terminsvertreters keine Mehrkosten, wobei die Kosten der Unterbevollmächtigung nur erstattungsfähig sind, wenn sie nach einer anzustellenden Vergleichsrechnung die zu erwartenden (fiktiven) Reisekosten um nicht mehr als 10% übersteigen (z.B. BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2002 VIII ZB 30/02, Rn. 22, NJW 2003, 898-901).
- 5
c) Das Gericht hält diese BGH-Rechtsprechung für zutreffend und folgt dieser, weil diese dem Rechtsgedanken des § 121 Abs. 3 ZPO entspricht, wonach ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden kann, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.
- 6
Vorliegend ist nicht zu erwarten, dass die Kosten der Wahrnehmung des Termins zur mündlichen Verhandlung am 15. Dezember 2017 durch den ortsansässigen Unterbevollmächtigten die zu erwartenden (fiktiven) Reisekosten wesentlich, d. h. um mehr als 10%, übersteigen.
- 7
Nach der Vergleichsrechnung des Gerichts schlägt eine Terminsvertretung durch den beigeordneten ortsansässigen Rechtsanwalt mit 330,23 € zu Buche und ist damit mit ca. 6% nur unwesentlich teurer als eine (fiktive) Reisekostenerstattung an den Prozessbevollmächtigten mit 312,97 €. Das Gericht stützt sich dabei im Einzelnen auf folgende Berechnung (Angaben ohne Gesetzeszitat beziehen sich auf das Vergütungsverzeichnis -VV RVG-), wobei zu berücksichtigen ist, dass die zu veranschlagenden Reisekosten nicht sicher vorausgesehen werden können (vgl. auch BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2002 VIII ZB 30/02, Rn. 22, a.a.O.):
- 8
(fiktive) Reisekosten des Prozessbevollmächtigten
PKW-Fahrtkosten, Nr. 7003 (Entfernung Kanzleisitz Z. zum Landgericht Y., Quelle: "Google Maps")
305
km
0,30 €
183,00 €
Parkgebühren (geschätzt)
10,00 €
Tage-und Abwesenheitsgeld mehr als 8 Stunden, Nr. 7005 Nr. 3
70,00 €
Zw.summe netto
263,00 €
19% Umsatzsteuer
49,97 €
Gesamt
312,97 €
Kosten des Terminvertreters, Gegenstandswert 1.505 € (Gebühr 150 €), Anl. 2 zu § 13 Abs. 1 S. 3 RVG
0,65 Verfahrensgebühr Unterbevollmächtigter, Nrn. 3401, 3100
97,50 €
1,2 Terminsgebühr Unterbevollmächtigter, Nr. 3402, 3401 iVm Vorbem. 3 Abs. 3, 3104
180,00 €
Zw.summe netto
277,50 €
19% Umsatzsteuer
52,73 €
Gesamt
330,23 €
moreResultsText
Annotations
(1) Die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe gelten sinngemäß.
(2) Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(3) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(4) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(5) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 3 und 4 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(6) § 79a Absatz 4 gilt entsprechend.
(7) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 3 und 4 ist die Erinnerung an das Gericht gegeben. Die Frist für die Einlegung der Erinnerung beträgt zwei Wochen. Über die Erinnerung entscheidet das Gericht durch Beschluss.
(8) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 3 bis 7 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.
(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.
(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.
(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.
(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.
(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem
Gegen- standswert bis ... Euro | für jeden angefangenen Betrag von weiteren ... Euro | um ... Euro |
---|---|---|
2 000 | 500 | 39 |
10 000 | 1 000 | 56 |
25 000 | 3 000 | 52 |
50 000 | 5 000 | 81 |
200 000 | 15 000 | 94 |
500 000 | 30 000 | 132 |
über 500 000 | 50 000 | 165 |
Eine Gebührentabelle für Gegenstandswerte bis 500 000 Euro ist diesem Gesetz als Anlage 2 beigefügt.
(2) Bei der Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Inkassodienstleistung, die eine unbestrittene Forderung betrifft (Absatz 2 der Anmerkung zu Nummer 2300 des Vergütungsverzeichnisses), beträgt bei einem Gegenstandswert bis 50 Euro die Gebühr abweichend von Absatz 1 Satz 1 30 Euro.
(3) Der Mindestbetrag einer Gebühr ist 15 Euro.