Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 22. Jan. 2013 - 4 K 1327/11

ECLI: ECLI:DE:FGST:2013:0122.4K1327.11.0A
published on 22/01/2013 00:00
Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 22. Jan. 2013 - 4 K 1327/11
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Gericht

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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein bestandskräftiger Aufhebungsbescheid zu Gunsten der Klägerin geändert werden kann.

2

Durch Bescheid vom 25. November 2005 wurde zu Gunsten der Klägerin Kindergeld für ihre sich in Ausbildung befindende Tochter X, geb. ... .4.1980, ab Juni 2005 festgesetzt. Die Auszahlung erfolgte entsprechend der durch die Klägerin in ihrem Antrag erteilten Weisung auf das Konto der Tochter.

3

Am 20. März 2007 wurde die Kindergeldfestsetzung mit zentral versandtem Bescheid mit Ablauf des Monats April 2007 aufgehoben und die Klägerin zwecks rückwirkender Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen unter Beifügung entsprechender Vordrucke darum gebeten, das Ende der Ausbildung nachzuweisen und die Einkünfte und Bezüge ihrer Tochter zu erklären. Nachdem die Beklagte keinen Posteingang verzeichnen konnte, hob sie die Kindergeldfestsetzung ab Juli 2005 durch Bescheid vom 25. Februar 2008 auf und forderte überzahltes Kindergeld für den Zeitraum Juli 2005 bis April 2007 in Höhe von 3.388 € zurück. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

4

Folgend versuchte die Beklagte den zurückgeforderten Betrag beizutreiben. Die Klägerin legte mit an das Forderungsmanagement gerichtetem Schreiben vom 10.5.2010 „wiederum“ Einspruch ein (unter dem [Erhebungs-] Aktenzeichen ...) und trug vor, nicht sie, sondern ihre Tochter habe das Kindergeld erhalten. Der Sachverhalt solle nochmals überprüft werden.

5

Mit Schreiben vom 25. Juli 2011 reichte die Klägerin eine Schulbescheinigung vom 21.7.2011 ein, nach der ihre Tochter bis 15.12.2006 den Bildungsgang ... besuchte. Sie begehrte den Erlass eines neuen Bescheides, da Kindergeld nur für die Zeit Januar 2007 bis April 2007 zurückzufordern sei.

6

Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30. August 2011 ab. Der bestandskräftige Aufhebungsbescheid könne nicht nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) korrigiert werden, weil die Klägerin die entscheidungserheblichen Tatsachen und Unterlagen erst nachträglich bekannt gemacht bzw. eingereicht habe.

7

In ihrem Einspruch nahm die Klägerin auf die mit Schriftsatz vom 25. Juli 2011 vorgebrachte Begründung Bezug.

8

Nach Zurückweisung ihres Einspruchs hat die Klägerin Klage erhoben. Sie habe die Verspätung nicht verschuldet. Zum strittigen Zeitpunkt habe kein Kontakt zu ihrer Tochter, die auch nicht mehr im Haushalt der Klägerin gewohnt habe,  bestanden. Das Kindergeld sei auf deren Konto gegangen, ohne dass die Klägerin überhaupt Informationen dazu besessen hätte. Die Klägerin habe alle erhaltenen Schreiben sofort postalisch an ihre Tochter weitergeschickt. Sie selber sei zu einer Mitwirkung nicht in der Lage gewesen und habe auch keine Kenntnis darüber, was die Tochter weitergereicht habe. Ihre Tochter könne sich auch zum heutigen Tage nicht mehr daran erinnern. Sie habe sich im streitgegenständlichen Zeitraum wegen erheblicher psychischer Probleme in stationärer Behandlung  in der Klinik ... in Y befunden. Die Tochter der Klägerin sei zu dieser Zeit zu keinerlei Handlungen fähig gewesen. Auch die ihr zugegangene Post sei ihr nicht erklärlich gewesen, da die psychischen Schädigungen so erheblich gewesen seien.   Nunmehr habe die Klägerin von ihrer Tochter eine Vollmacht erhalten und damit habe sie den Schul-Nachweis erbringen können.

9

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich, den Bescheid vom 30.08.2011 in Form der Einspruchsentscheidung vom 18.10.2011 aufzuheben und keinerlei weitere Forderungen gegen die Klägerin geltend zu machen.

10

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich sinngemäß, die Klage abzuweisen.

11

Nach Ansicht der Beklagten ist die Klage unbegründet. Die Klägerin sei weder den eindeutigen Aufforderungen zur Mitwirkung nachgekommen, noch habe sie den Aufhebungsbescheid angefochten, der erkennbar auf der Verletzung ihrer Mitwirkungspflichten beruhe.

12

Die Kindergeldakte hat dem Gericht vorgelegen.

Entscheidungsgründe

13

Im Einverständnis der Beteiligten ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO).

14

Das Gericht legt den Klageantrag dahingehend aus, dass die Klägerin  beantragt, den Bescheid vom 25. Februar 2008 und den Bescheid vom 30. August 2011 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 18. Oktober 2011 aufzuheben.

15

Die mit diesem Antrag zulässige Klage ist unbegründet, weil es keine Rechtsgrundlage  gibt, den bestandskräftigen Bescheid vom 25. Februar 2008, mit dem die Kindergeldfestsetzung ab Juli 2005  aufgehoben wurde, seinerseits  aufzuheben.

16

Gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dürfen bestandskräftige Steuerbescheide, und damit auch Kindergeldbescheide (§ 31 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG) i.V.m. § 155 Abs. 4 AO), nur aufgehoben oder geändert werden, soweit dies gesetzlich zugelassen ist.

17

Nach § 70 Abs. 2 Satz 1 EStG ist die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufzuheben oder zu ändern, soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten.

18

Im Streitfall sind jedoch nach Erlass des Aufhebungsbescheides vom 25. Februar 2008 in den für den Anspruch auf Kindergeld maßgeblichen Voraussetzungen keine Änderungen eingetreten, es wurde lediglich der Nachweis dieser Voraussetzungen (Besuch des Bildungsgangs ... durch die Tochter) nachgeholt.

19

Nach § 70 Abs. 3 Satz 1 EStG können materielle Fehler der letzten Festsetzung durch Neufestsetzung oder durch Änderung der Festsetzung mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben werden.

20

Im Streitfall wird jedoch eine Änderung der Festsetzung für die Vergangenheit begehrt.

21

Gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO sind bestandskräftige Steuerbescheide zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden.

22

Die maßgebenden Tatsachen/Beweismittel (hier die Ausbildung der Tochter) sind nachträglich, d.h., nach Erlass des Aufhebungsbescheides vom 25. Februar 2008 bekannt geworden, denn die Klägerin reichte die Bescheinigung der ...-Schulen Z, wonach ihre Tochter im Zeitraum Juli 2005 bis Dezember 2006 dort den Bildungsgang ... besuchte, erst mit Schriftsatz vom 25.07.2011 und damit nach Erlass des Aufhebungsbescheides ein.

23

Die Klägerin trifft jedoch an dem verspäteten Bekanntwerden ein grobes Verschulden. Grobes Verschulden i.S.d. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO setzt Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit voraus. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Steuerpflichtige die ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Verhältnissen zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße und nicht entschuldbar verletzt. Ein grobes Verschulden wird auch für möglich erachtet, wenn es der Steuerpflichtige versäumt hat, den Sachverhalt der Behörde noch im Rahmen eines Einspruchs zu unterbreiten (BFH Urteil vom 02. August 1994 VIII R 65/93, BStBl II 1995, 266). Nimmt der Steuerpflichtige bei der Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten die Hilfe einer Hilfsperson in Anspruch, so muss er sich ein etwaiges  grobes Verschulden  dieser Personen wie ein eigenes  Verschulden  zurechnen lassen.

24

Die Klägerin handelte im Streitfall zumindest  grob fahrlässig, da sie auf die mehrmaligen  Aufforderungen zur Vorlage eines Ausbildungsnachweises nicht reagierte und auch nicht mindestens mitteilte, dass sie Schwierigkeiten habe, die geforderten Daten beizubringen (BFH Beschluss vom 29.4.2009 III B 113/08, BFH/NV 2009, 1239; BFH Urteil vom 15.7.2010 III R 32/08, BFH/NV 2010, 2237). Damit, dass sie die Schriftsätze der Beklagten an ihre Tochter weiterreichte, kann sich die Klägerin nicht entschuldigen. Sie hätte sich zunächst davon vergewissern müssen, dass ihre Tochter in der Lage war, der Aufforderung nachzukommen und durfte die Erledigung der Anfrage der Beklagten nicht "ins Blaue hinein" ihrer Tochter überlassen. Ferner wäre ihr zuzumuten gewesen, zu kontrollieren (z.B. durch Nachfrage bei der Behörde), ob ihre Tochter die geforderten Nachweise erbringt. Sie hätte spätestens nach Erhalt des Aufhebungsbescheides vom 25. Februar 2008 reagieren müssen, denn darin wurde ausdrücklich aufgeführt, dass die Aufhebung mangels Mitwirkung erfolgte. Es ist daher entgegen der Ansicht der Klägerin ohne Belang, dass ihre Tochter krankheitsbedingt nicht in der Lage war, auf die ihr zugesandte Post angemessen zu reagieren.

25

Entscheidungsunerheblich ist ebenfalls, dass nach Einreichen der Schulbescheinigung der Kindergeldanspruch für den streitigen Zeitraum belegt ist, denn es ist bereits höchstrichterlich geklärt, dass es für die Frage, ob Kindergeld zurückzuzahlen ist, auf die formelle Bescheidlage und nicht auf den abstrakten materiell-rechtlichen Kindergeldanspruch ankommt (BFH Beschluss vom 12.08.2011 III B 57/11, BFH/NV 2011, 2004).

26

Zu Recht forderte die Beklagte das überzahlte auch Kindergeld von der Klägerin zurück. Zwar wurden die Beträge auf X.s Konto überwiesen. Jedoch wurde diese dadurch nicht Leistungsempfängerin nach § 37 Abs. 2 AO. Die Auszahlung an die Tochter erfolgte lediglich auf Grund einer Zahlungsanweisung im Kindergeldantrag (vgl. BFH Beschluss vom 21.6.2004 – VIII B 330/03, Haufe-Index 12 20 126).

27

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.


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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd
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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd
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published on 12/08/2011 00:00

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erhielt für seinen Sohn (S) während des gesamten Jahres 2003 Kindergeld. Mit Bescheid vom 27. Juli 2004 setzte d
published on 15/07/2010 00:00

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) bezog Kindergeld für seinen Sohn (S), der im August 2001 eine Ausbildung zum Elektroinstallateur begann. Nach dem
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Annotations

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(1) Ein Steuerbescheid darf, soweit er nicht vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, nur aufgehoben oder geändert werden,

1.
wenn er Verbrauchsteuern betrifft,
2.
wenn er andere Steuern als Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union oder Verbrauchsteuern betrifft,
a)
soweit der Steuerpflichtige zustimmt oder seinem Antrag der Sache nach entsprochen wird; dies gilt jedoch zugunsten des Steuerpflichtigen nur, soweit er vor Ablauf der Einspruchsfrist zugestimmt oder den Antrag gestellt hat oder soweit die Finanzbehörde einem Einspruch oder einer Klage abhilft,
b)
soweit er von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden ist,
c)
soweit er durch unlautere Mittel, wie arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist,
d)
soweit dies sonst gesetzlich zugelassen ist; die §§ 130 und 131 gelten nicht.
Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch Einspruchsentscheidung bestätigt oder geändert worden ist. In den Fällen des Satzes 2 ist Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a ebenfalls anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Klagefrist zugestimmt oder den Antrag gestellt hat; Erklärungen und Beweismittel, die nach § 364b Abs. 2 in der Einspruchsentscheidung nicht berücksichtigt wurden, dürfen hierbei nicht berücksichtigt werden.

(2) Absatz 1 gilt auch für einen Verwaltungsakt, durch den ein Antrag auf Erlass, Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids ganz oder teilweise abgelehnt wird.

(3) Anhängige, außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens gestellte Anträge auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung, die eine vom Gerichtshof der Europäischen Union, vom Bundesverfassungsgericht oder vom Bundesfinanzhof entschiedene Rechtsfrage betreffen und denen nach dem Ausgang des Verfahrens vor diesen Gerichten nicht entsprochen werden kann, können durch Allgemeinverfügung insoweit zurückgewiesen werden. § 367 Abs. 2b Satz 2 bis 6 gilt entsprechend.

(1) Die Steuern werden, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, von der Finanzbehörde durch Steuerbescheid festgesetzt. Steuerbescheid ist der nach § 122 Abs. 1 bekannt gegebene Verwaltungsakt. Dies gilt auch für die volle oder teilweise Freistellung von einer Steuer und für die Ablehnung eines Antrags auf Steuerfestsetzung.

(2) Ein Steuerbescheid kann erteilt werden, auch wenn ein Grundlagenbescheid noch nicht erlassen wurde.

(3) Schulden mehrere Steuerpflichtige eine Steuer als Gesamtschuldner, so können gegen sie zusammengefasste Steuerbescheide ergehen. Mit zusammengefassten Steuerbescheiden können Verwaltungsakte über steuerliche Nebenleistungen oder sonstige Ansprüche, auf die dieses Gesetz anzuwenden ist, gegen einen oder mehrere der Steuerpflichtigen verbunden werden. Das gilt auch dann, wenn festgesetzte Steuern, steuerliche Nebenleistungen oder sonstige Ansprüche nach dem zwischen den Steuerpflichtigen bestehenden Rechtsverhältnis nicht von allen Beteiligten zu tragen sind.

(4) Die Finanzbehörden können Steuerfestsetzungen sowie Anrechnungen von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen auf der Grundlage der ihnen vorliegenden Informationen und der Angaben des Steuerpflichtigen ausschließlich automationsgestützt vornehmen, berichtigen, zurücknehmen, widerrufen, aufheben oder ändern, soweit kein Anlass dazu besteht, den Einzelfall durch Amtsträger zu bearbeiten. Das gilt auch

1.
für den Erlass, die Berichtigung, die Rücknahme, den Widerruf, die Aufhebung und die Änderung von mit den Steuerfestsetzungen sowie Anrechnungen von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen verbundenen Verwaltungsakten sowie,
2.
wenn die Steuerfestsetzungen sowie Anrechnungen von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen mit Nebenbestimmungen nach § 120 versehen oder verbunden werden, soweit dies durch eine Verwaltungsanweisung des Bundesministeriums der Finanzen oder der obersten Landesfinanzbehörden allgemein angeordnet ist.
Ein Anlass zur Bearbeitung durch Amtsträger liegt insbesondere vor, soweit der Steuerpflichtige in einem dafür vorgesehenen Abschnitt oder Datenfeld der Steuererklärung Angaben im Sinne des § 150 Absatz 7 gemacht hat. Bei vollständig automationsgestütztem Erlass eines Verwaltungsakts gilt die Willensbildung über seinen Erlass und über seine Bekanntgabe im Zeitpunkt des Abschlusses der maschinellen Verarbeitung als abgeschlossen.

(5) Die für die Steuerfestsetzung geltenden Vorschriften sind auf die Festsetzung einer Steuervergütung sinngemäß anzuwenden.

(1)1Das Kindergeld nach § 62 wird von den Familienkassen durch Bescheid festgesetzt und ausgezahlt.2Die Auszahlung von festgesetztem Kindergeld erfolgt rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist.3Der Anspruch auf Kindergeld nach § 62 bleibt von dieser Auszahlungsbeschränkung unberührt.

(2)1Soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten, ist die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern.2Ist die Änderung einer Kindergeldfestsetzung nur wegen einer Anhebung der in § 66 Absatz 1 genannten Kindergeldbeträge erforderlich, kann von der Erteilung eines schriftlichen Änderungsbescheides abgesehen werden.

(3)1Materielle Fehler der letzten Festsetzung können durch Aufhebung oder Änderung der Festsetzung mit Wirkung ab dem auf die Bekanntgabe der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung folgenden Monat beseitigt werden.2Bei der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung nach Satz 1 ist § 176 der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden; dies gilt nicht für Monate, die nach der Verkündung der maßgeblichen Entscheidung eines obersten Bundesgerichts beginnen.

(4) (weggefallen)

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.

(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.