Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 02. Sept. 2015 - 2 K 146/10
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
Tatbestand
- 1
Streitig ist die Rechtmäßigkeit von auf Art. 31 Zollkodex (ZK) beruhenden Nacherhebungsbescheiden, die der Beklagte nach einer bei der Klägerin durchgeführten Zollprüfung erlassen hat.
- 2
Die Klägerin führte hauptsächlich Textilien Z Ursprungs ein. Die Klägerin erhielt ihre Waren im Wesentlichen von folgenden Unternehmen:
- 3
C
D
E
F
G
H
I
J
K
L
M
- 4
Die Überführung der streitbefangenen Importe erfolgte im Normalverfahren durch die Fa. N mit Sitz in Y. In den Zollwertanmeldungen meldete die Klägerin die jeweiligen Lieferfirmen als Verkäufer und sich als Käufer sowie die in US $ ausgewiesenen Rechnungspreise als Zollwert an. Die Zollanmeldungen wurden regelmäßig angenommen und die Zollwerte anhand der Eingangsrechnungen gem. Art. 29 ZK ermittelt.
- 5
Der Beklagte (das Hauptzollamt –HZA-) führte aufgrund der Prüfungsanordnung vom 9. Januar 2009 bei der Klägerin für den Zeitraum 1. April 2006 bis 31. Dezember 2008 eine Zollprüfung durch. Der Prüfungsbericht erging am 16. Juni 2009. Der Prüfungsbeamte hielt darin folgende Ergebnisse fest:
- 6
Die Klägerin handelte ihre Einkaufspreise mit den Lieferfirmen nach ihren Angaben frei aus. Lieferbedingung war CIF bzw. CFR X bzw. W. Die Waren wurden von dort nach Y befördert. Von Y aus gelangten die Waren ganz überwiegend an die Abnehmer in V, in geringem Umfang auch an in U ansässige Abnehmer der Klägerin. Die Klägerin gab an, dass die Mitgesellschafterin O, eine Z Staatsbürgerin, die Bestellungen vorgenommen habe. Da auch auf der Abnehmerseite nahezu ausnahmslos Z tätig gewesen seien, habe sie auch mit diesen die Bedingungen ausgehandelt. Der Geschäftsführer der Klägerin, Herr P, verfüge nicht über Z Sprachkenntnisse. Schriftliche Unterlagen würden nicht existieren, da zwischen der Gesellschafterin und den handelnden Personen in Z bzw. auf der Abnehmerseite ein großes Vertrauensverhältnis herrsche. Bei den angemeldeten Zollwerten handele es sich um die tatsächlich gezahlten Preise.
- 7
Nach Auffassung des Prüfers waren die Zollwerte je Maßeinheit (Stück, kg, Paar) insbesondere bei eingeführten Textilien verglichen mit den durch die Zollverwaltung für Waren der jeweiligen Unterpositionen ermittelten Durchschnittspreisen aus der Z außergewöhnlich niedrig. Die Unterfakturierungen gegenüber den Durchschnittspreisen betrugen überwiegend zwischen 50 und 95% der Durchschnittspreise. Der Prüfer hatte die Klägerin deshalb während der Prüfung vergeblich aufgefordert, die Erklärung zu den Zollwerten durch geeignete Unterlagen zu belegen.
- 8
Das HZA folgte den Feststellungen des Prüfungsberichts. Es teilte der Klägerin mit, dass eine Bemessung der angemeldeten Zollwerte nach Art. 29 Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften vom 12. Oktober 1992 (ZK) wegen bestehender, nicht ausgeräumter Zweifel an den Transaktionswerten ausscheide und die Zollwerte wegen fehlender Unterlagen nicht nach Art. 30 ZK sondern nach der Schlussmethode gem. Art. 31 ZK zu ermitteln seien.
- 9
Das HZA übersandte der Klägerin die Einfuhrabgabenbescheide vom 25. Juni 2009, mit denen es Bezug nehmend auf den der Klägerin übersandten Prüfungsbericht rund 1.071 T€ Zoll nacherhob. Wegen der Einzelheiten der Abgabenberechnung wird auf die Anlagen zu den Bescheiden mit den Aktenzeichen AT/S/00/000034/06/2009/7350, AT/S/00/000030/06/2009/7350 und AT/S/00/000027/06/2009/7350 verwiesen.
- 10
Zur Begründung der nach erfolglosem Vorverfahren fristgerecht erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, die von ihr angemeldeten Zollwerte seien zutreffend nach Art. 29 ZK ermittelt worden. Zum Nachweis reichte die Klägerin zwei gleichlautende eidesstattliche Versicherungen von 2 der 10 Lieferanten ein. Im Übrigen gäbe es auch bei der Fa. Q vergleichbare Textilien zu extrem günstigen Preisen. Die vom HZA ermittelten Preise könnten gegenüber den Richtwerten des HZA auch deshalb so niedrig sein, weil die Qualität möglicherweise voneinander abweiche. Es sei nicht erkennbar, ob die Richtwerttabellen dies berücksichtigen würden. Bei einem Teil der eingeführten Waren handele es sich zudem um veraltete Vorjahresware. Die Ware sei jedoch immer erst bestellt worden, wenn ein Abnehmer für die konkrete Ware vorhanden gewesen sei.
- 11
Ferner trägt die Klägerin vor, sie habe mit ihren Lieferanten in langjährigen Geschäftsbeziehungen gestanden und auf Grund des Vertrauensverhältnisses ein großzügiges Zahlungsziel gehabt. Auf Grund dieses Verhältnisses seien auch die Waren in den Rechnungen nur knapp festgehalten worden. Aus dem gleichen Grunde gäbe es auch keine schriftlichen Kaufverträge.
- 12
Die vom HZA behaupteten Zweifel an den Lieferantenrechnungen habe das HZA nicht belegt. Das HZA habe auch nicht dargelegt, wie die Werte der Risikoanalyse der Zentralstelle Risikoanalyse Zoll in T (ZORA) ermittelt worden seien. Schließlich habe das HZA zu keinem Zeitpunkt eine Beschau vorgenommen bzw. Warenproben entnommen. Dieses Fehlverhalten könne nun nicht zu Lasten der Klägerin gehen.
- 13
Im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 24. Oktober 2010 wurde der Klägerin aufgegeben, die Wareneingangsrechnungen im Original vorzulegen. Im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 10. Juli 2013 wurde die Sache vertagt und im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 4. September 2013 wurde der Klägerin nach Anhörung des Geschäftsführers der Klägerin aufgegeben, die Ausgangsrechnungen vorzulegen und Zahlungsnachweise zu den Eingangs- und den Ausgangsrechnungen vorzulegen.
- 14
Die Klägerin beantragt,
den Einfuhrabgabenbescheid des Beklagten mit dem Aktenzeichen AT/S/00/000034/06/2009/7350 vom 25.06.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2010 aufzuheben, soweit in diesem Bescheid Einfuhrabgaben ZOLL EU in Höhe von mehr als 29.898,53 € festgesetzt worden sind,
den Einfuhrabgabenbescheid des Beklagten mit dem Aktenzeichen AT/S/00/000030/06/2009/7350 vom 25.06.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2010 aufzuheben, soweit in diesem Bescheid Einfuhrabgaben ZOLL EU in Höhe von mehr als 74.640,35 € festgesetzt worden sind und
den Einfuhrabgabenbescheid des Beklagten mit dem Aktenzeichen AT/S/00/000027/06/2009/7350 vom 25.06.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2010 aufzuheben, soweit in diesem Bescheid Einfuhrabgaben ZOLL EU in Höhe von mehr als 77.677,57 € festgesetzt worden sind.
- 15
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
- 16
Zur Begründung führt das HZA aus: Nach Art. 181a der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ZKDVO) dürfe es bei begründeten Zweifeln an der Richtigkeit oder Genauigkeit des angemeldeten Wertes zusätzliche Auskünfte und die Vorlage ergänzender Unterlagen verlangen. Hier lägen begründete Zweifel vor, weil die Einkaufspreise der Klägerin nicht auf Grund nachprüfbarer Unterlagen nachvollziehbar seien, eine anderweitige Feststellung der Richtigkeit der Zollwerte auf Grund der Buchhaltung der Klägerin ausgeschlossen sei und keine verwertbaren Belege für die Weiterverkäufe aufgefunden worden seien.
- 17
Für die Zollwertermittlung habe Art. 29 ZK nicht mehr angewandt werden können. Mangels nötiger Angaben sei auch eine Zollwertermittlung nach Art. 30 ZK ausgeschieden, so dass der Zollwert nur nach Art. 31 habe ermittelt werden können.
- 18
Die Abweichung von den Richtwerten sei erheblich, zumal bei diesen schon ein Abschlag von 30% vorgenommen worden sei. Bspw. betrügen die Richtwerte für Damen- sowie für Kinderjacken im Prüfungszeitraum für Z Waren jeweils 7,38 €. Die Klägerin habe für diese Stückpreise von 0,73 bzw. 1,09 US $ (damaliger Kurs etwa 1,35) erklärt. Derartige Preise seien aufklärungsbedürftig.
- 19
Die Vorlage der Rechnungen habe ergeben, dass
1.
Rechnungsbeträge ganz überwiegend nicht an den Rechnungsaussteller gezahlt wurden,
2.
diese mit erheblichem zeitlichen Verzug von weit mehr als einem Jahr bezahlt wurden, und zwar im Einzelfall bis zu 20 Monate,
3.
bei zahlreichen Rechnungen keine Zahlung mehr nachgewiesen werden könne,
4.
Rechnungen bar bzw. per Scheck bezahlt worden sein sollen, so dass die Zahlung nicht nachvollziehbar/prüfbar sei,
5.
die Waren z.T. bis zu 10 Monate gelagert worden seien,
6.
die Klägerin für zahlreiche Rechnungen, die den Einfuhrabgabenbescheiden zu Grunde liegen, keine Zahlungsnachweise und Verkaufsrechnungen vorgelegt habe,
7.
für weitere Rechnungen zwar Verkaufsrechnungen benannt wurden, diese aber nicht mehr auffindbar waren und deshalb nicht vorgelegt werden konnten,
8.
keine Verkaufsrechnung der Klägerin die nach § 14 Abs. 4 Nr. 6, 7 und 8 Umsatzsteuergesetz (UStG) notwendigen Angaben enthielt und
9.
die Rechnungen keine Angaben wie Artikelbezeichnung oder andere eindeutige Identifikationsmerkmale enthalten, die geeignet wären, die Nämlichkeit der angekauften Waren und der verkauften Waren zu überprüfen.
Entscheidungsgründe
- 20
Die Klage ist unbegründet.
- 21
Das HZA hat die Klägerin mit seinen Einfuhrabgabenbescheiden vom 25. Juni 2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2010 zu Recht für den darin festgesetzten Zoll in Anspruch genommen. Die Klägerin wird dadurch nicht in ihren Rechten verletzt, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
- 22
Der Zollwert eingeführter Waren ist nach Art. 29 Zollkodex (ZK) der Transaktionswert, d.h. der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft tatsächlich gezahlte oder zu zahlende - und ggf. gemäß Art. 32 und 33 ZK zu berichtigende - Preis. Nur wenn der Zollwert nicht nach der Transaktionswert-Methode und auch nicht nach einer der in Art. 30 ZK beschriebenen Folgemethoden ermittelt werden kann, ist er nach der sog. Schlussmethode gemäß Art. 31 ZK zu ermitteln, die das HZA im Streitfall herangezogen hat. Die Zollbehörden müssen nach Art. 181a Abs. 1 ZKDVO den Zollwert eingeführter Waren nicht nach dem angegebenen Transaktionswert ermitteln, sondern können eine der Folgemethoden und ggf. die Schlussmethode anwenden, wenn sie - nach Durchführung des Verfahrens gemäß Abs. 2 der Vorschrift - wegen begründeter Zweifel nicht überzeugt sind, dass der angemeldete Wert dem gezahlten oder zu zahlenden Preis entspricht (BFH-Beschluss v. 28. Juli 2010 VII B 270/09, BFH/NV 2010, 2312).
- 23
Im Streitfall musste das HZA die angemeldeten Zollwerte nicht auf der Grundlage des Transaktionswerts ermitteln, weil es zu Recht wegen begründeter Zweifel nicht davon überzeugt sein durfte, dass die angemeldeten Werte den gezahlten oder zu zahlenden Preisen entsprachen.
- 24
Die von der Klägerin angemeldeten Zollwerte betrugen ganz überwiegend nur Bruchteile der durch die Zollverwaltung für Waren der jeweiligen Unterpositionen ermittelten Durchschnittspreise aus der Z, ohne dass für die angemeldeten Preise eine bezogen auf jede Zollwertanmeldung plausible Erklärung gegeben werden konnte.
- 25
Hinzu kommt, dass weder während der Zollprüfung (Art. 78 Abs. 2 ZK in Verbindung mit §§ 193 ff. Abgabenordnung –AO-) noch im Einspruchs- oder im Klageverfahren bezogen auf jede einzelne Einfuhr substantiiert Umstände ermittelt werden konnten, die den angemeldeten Zollwert als zutreffend erscheinen lassen konnten.
- 26
Vielmehr war selbst die Feststellung der bloßen Plausibilität der angemeldeten Zollwerte auf Grund der Geschäftsunterlagen der Klägerin nicht möglich. Die von der Klägerin angemeldeten Zollwerte beruhten auf Rechnungspreisen in Rechnungen, die nur sehr rudimentäre Angaben zu den Waren sowohl hinsichtlich der Menge als auch der Qualität enthielten. Aus der Buchhaltung der Klägerin, die weder über Aufzeichnungen des Warenein- und - ausgangs (§§ 143 f. AO) noch schriftliche Verträge über den An- und Verkauf der gehandelten Waren verfügte, war kein durchschnittlicher Aufschlagssatz der Klägerin zu ermitteln. Damit war auch nicht feststellbar, ob die von ihr angemeldeten Zollwerte plausibel sein konnten. Zudem konnte auf Grund der der Klägerin nach ihren Angaben eingeräumten langfristigen Zahlungsziele (z.T. von mehr als einem Jahr) auch nichts anderes ermittelt werden.
- 27
Das HZA hat auch die Voraussetzungen des Art. 181a Abs. 2 ZKDVO eingehalten, denn es hat der Klägerin während der Zollprüfung einen Berichtsentwurf übersandt, aus dem sich bereits die vom HZA festgestellten Mängel ergaben, bspw., dass die Eingangsrechnungen z.T. nahezu ausschließlich die Frachtkosten ausmachten. Es stand der Klägerin frei, diese Mängel durch Vorlage weiterer Unterlagen auszuräumen. Stattdessen verwies der damalige Bevollmächtigte mit Schreiben vom 17. Juni 2009 darauf, dass solche Mängel von Seiten der Klägerin nicht festgestellt werden könnten und dass sie in der Gesamtheit ihrer Geschäftsbeziehungen einen Gewinn erzielt habe. Es wäre aber angezeigt gewesen, zu jeder einzelnen Sendung weitere Nachweise über die tatsächliche Warenbeschaffenheit zu erbringen. Zudem hat das HZA mit dem angefochtenen Bescheid eine schriftliche, mit Gründen versehene Entscheidung im Sinne des Art. 181a Abs. 2 Satz 3 ZKDVO erlassen.
- 28
Dementsprechend war das HZA berechtigt, die Zollwerte nach Art. 31 ZK zu ermitteln. Eine Ermittlung des Preises nach den Folgemethoden des Art. 30 ZK war nämlich nicht möglich. Der Transaktionswert gleicher Waren (Art. 30 Abs. 2 Buchst. a ZK in Verbindung mit Art. 150 ZKDVO und Anhang 23 ZKDVO) oder gleichartiger Waren (Art. 30 Abs. 2 Buchst. b ZK in Verbindung mit Art. 151 ZKDVO und Anhang 23 ZKDVO) war im Streitfall schon mangels nachvollziehbarer Angaben zu Art und Qualität der jeweils eingeführten Waren nicht ermittelbar. Ebenso wenig lagen Werte für die Ermittlung des Zollwerts nach Art. 30 Abs. 2 Buchst. c ZK, Art. 152 ZKDVO (deduktive Methode) oder nach Art. 30 Abs. 2 Buchst. d ZK, Art. 153 ZKDVO (additive Methode) vor.
- 29
Im Rahmen der Bestimmung des Zollwerts nach Art. 31 Abs. 1 ZK sind die vom HZA angenommenen Zollwerte nicht zu beanstanden. Bei dieser Zollwertermittlung ist unter Ausschluss der in Art. 31 Abs. 2 ZK genannten Methoden eine zweckmäßige Methode zu wählen, die sich an den Leitlinien und Allgemeinen Regeln des Übereinkommens zur Durchführung des Artikels VII des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens von 1994, dem Artikel VII dieses Abkommens und dem Kapitel 3 des ZK orientiert. Hierbei konnte das HZA die von ihm angenommenen Zollwerte den statistisch aus ATLAS bzw. ZORA ermittelten Durchschnittspreisen für Waren der gleichen Unterposition im gleichen Zeitraum aus der Z entnehmen, da andere verwertbare Angaben nicht vorlagen. Zudem hatte die Klägerin in Einzelfällen auch Preise angemeldet, die den Durchschnittspreisen auch in etwa entsprachen und damit deren grundsätzliche Richtigkeit bestätigten. Der Senat folgt der Auffassung des Bundesfinanzhofs, wonach die Berücksichtigung der ZORA-Werte keinen Bedenken begegnet (BFH-Urteil vom 12. Juli 2011 VII R 65/10, BFH/NV 2011, 2138).
- 30
Insbesondere gab es nach der aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung des Senats (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) keinen Anlass, die so ermittelten Durchschnittswerte im Hinblick auf die behauptete mindere Qualität (veraltete, fehlerhafte Waren) oder die behaupteten Umstände des Erwerbs der von der Klägerin eingeführten Waren zu kürzen. Diese Umstände hat die Klägerin nur behauptet, aber weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Nachvollziehbare Belege haben, wie bereits dargelegt, nicht vorgelegen. Die von der Klägerin vorgelegten Erklärungen ihrer Lieferanten konnten ihren Vortrag nicht bestätigen: Für die niedrigen Verkaufspreise wurde in keinem einzigen Fall der Erwerb von Waren minderer Qualität von veralteter Ware angegeben, obwohl die Klägerin diesen Umstand in ihren Schriftsätzen wiederholt besonders hervorgehoben hat. Da die Klägerin in Einzelfällen auch als Zollwert Preise angemeldet hatte, die den vom Beklagten ermittelten Durchschnittswerten entsprachen, haben die behaupteten wertmindernden Faktoren keineswegs durchgehend vorgelegen.
- 31
Soweit die Klägerin geltend macht, das HZA habe keine Beschau vorgenommen, weshalb dieser Umstand der Klägerin nicht zum Nachteil gereichen dürfe, verkennt die Klägerin, dass die unterbliebene Beschau auf das von der Klägerin beschrittene Verfahren zurückzuführen ist und sie es unterlassen hat, für eine spätere zollrechtliche Überprüfung Warenproben vorzuhalten.
- 32
Der vom vormaligen Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 3. Juli 2009 vorgelegten Erklärungen der Lieferanten können nicht bestimmte, genau benannte Einfuhren oder Lieferungen zugeordnet werden. Sie sind völlig pauschal abgefasst. Sie bestätigen auch nur, dass die Preise der Waren und Lieferungen korrekt seien, nicht aber, dass die in den Rechnungen angegebenen Preise den zu zahlenden Preis im Sinne des Art. 29 ZK darstellten.
- 33
Die beiden Erklärungen sind zudem wortgleich, was die Annahme rechtfertigt, dass die Versicherungen auf Anforderung der Klägerin und aus Gefälligkeit abgegeben worden sind.
- 34
Obwohl der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 26. November 2014 zugesagt hatte, die von ihm dort benannten Zeugen in der nächsten mündlichen Verhandlung zu stellen, sind diese nicht in der mündlichen Verhandlung am 2. September 2015 erschienen.
- 35
Eine Zeugenvernehmung per Videokonferenz kam nicht in Betracht. Am Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt sind die technischen Möglichkeiten hierfür nicht vorhanden. Das Gericht hat mit Ladungsverfügung des Vertreters der Vorsitzenden vom 21. Mai 2015 zur mündlichen Verhandlung ohne die Möglichkeit der Video-Konferenz geladen. Den Beteiligten war darin aufgegeben worden, Auslandszeugen zu stellen. Auf diese Ladung hat sich die Klägerin rügelos eingelassen, sodass sie durch die Verhandlung ohne Video-Konferenz nicht beschwert ist. Zwar hat der Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung am 2. September 2015 beantragt, die benannten Zeugen per Video-Konferenz über Skype zu vernehmen und zugesichert, dass diese dort vor Ort für eine solche Konferenz mit Dolmetscher zur Verfügung stünden. Der Senat ist dem jedoch nicht näher getreten, weil er der Auffassung ist, dass eine Video-Konferenz über Skype hinsichtlich der Sicherheit und Stabilität nicht die Voraussetzungen der im Gesetz geregelten Video-Konferenz (§ 91a Abs. 1 FGO) erfüllt, sodass das vorgebrachte Begehren schon aus diesem Grund abzulehnen war (so auch FG Nürnberg, Urteil vom 29. Januar 2014, Aktenzeichen 3 K 861/13, Rn. 25, juris).
- 36
Im Übrigen hatte das Gericht auch keinen Anlass, die von der Klägerin angebotenen Beweise zu erheben, da die Klägerin keine substantiierten Beweisthemen benannt hat, sondern nur pauschal behauptet hat, die Preise entsprächen den tatsächlich vereinbarten Preisen. Die Klägerin hat aber gerade nicht zu der hier entscheidungserheblichen Frage vorgetragen, welche Ware in welcher Menge und Qualität wann und von wem zu welchem Preis von ihr gekauft und wann bezahlt worden ist. Sie hat vielmehr eingeräumt, dass sie hierzu keine konkreten Angaben machen kann.
- 37
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
moreResultsText
Annotations
(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
(1) Das Gericht kann den Beteiligten, ihren Bevollmächtigten und Beiständen auf Antrag oder von Amts wegen gestatten, sich während einer mündlichen Verhandlung an einem anderen Ort aufzuhalten und dort Verfahrenshandlungen vorzunehmen. Die Verhandlung wird zeitgleich in Bild und Ton an diesen Ort und in das Sitzungszimmer übertragen.
(2) Das Gericht kann auf Antrag gestatten, dass sich ein Zeuge, ein Sachverständiger oder ein Beteiligter während einer Vernehmung an einem anderen Ort aufhält. Die Vernehmung wird zeitgleich in Bild und Ton an diesen Ort und in das Sitzungszimmer übertragen. Ist Beteiligten, Bevollmächtigten und Beiständen nach Absatz 1 Satz 1 gestattet worden, sich an einem anderen Ort aufzuhalten, so wird die Vernehmung auch an diesen Ort übertragen.
(3) Die Übertragung wird nicht aufgezeichnet. Entscheidungen nach Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 sind unanfechtbar.
(4) Die Absätze 1 und 3 gelten entsprechend für Erörterungstermine (§ 79 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1).
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.