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| A. Gegenstand des Klageverfahrens hinsichtlich des Streitjahres 2000 ist der Einkommensteueränderungsbescheid vom 7. November 2002, dessen Änderung, die auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gestützt wurde, den Streitpunkt des vorliegenden Verfahrens nicht berührt. Dieser Bescheid wurde Gegenstand des Einspruchsverfahrens (Hinweis auf § 365 Abs. 3 Satz 1 AO), das gegen den ursprünglichen Einkommensteuerbescheid vom 5. Juli 2002 vom Kläger anhängig gemacht wurde. |
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| Der erkennende Senat folgt damit nicht der im Aktenvermerk vom 24. Juli 2002 (Bl. 37 der ESt-Akten) von der zuständigen Veranlagungssachbearbeiterin dargelegten Rechtsauffassung, gegen den vorgenannten Bescheid sei vom Kläger (lediglich) ein Antrag auf „schlichte“ Änderung (nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a AO, vgl. hierzu: BFH-Urteil vom 20. Dezember 2006 X R 30/05, BStBl II 2007, 503) gestellt worden. |
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| Außerprozessuale Verfahrenserklärungen sind entsprechend § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auszulegen. Dies gilt insbesondere für Erklärungen rechtsunkundiger Personen. Entscheidend ist, wie das FA als Erklärungsempfänger den objektiven Erklärungswert des Schreibens verstehen musste (BFH-Urteil vom 28. Juni 1988 IV R 12/86, BStBl II 1988, 530). Dabei ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH bei auslegungsfähigen Rechtsbehelfen grundsätzlich davon auszugehen, der Steuerpflichtige habe denjenigen Rechtsbehelf einlegen wollen, der seinem materiell-rechtlichen Begehren am ehesten zum Erfolg verhilft (BFH-Urteile vom 31. Oktober 2000 VIII R 47/98, BFH/NV 2001, 589; vom 8. Mai 2008 VI R 12/05, juris). Auch die unrichtige Bezeichnung des Einspruchs allein schadet nach § 357 Abs. 1 Satz 4 AO nicht. Lässt deshalb die Äußerung eines Steuerpflichtigen ungewiss, ob er ein Rechtsmittel einlegen will, so ist im Allgemeinen die Erklärung als Rechtsmittel zu betrachten, um zugunsten des Steuerpflichtigen den Eintritt der Rechtskraft aufzuhalten (BFH-Urteile vom 26. Oktober 2004 IX R 23/04, BFH/NV 2005, 325; vom 27. Februar 2003 V R 87/01, BStBl II 2003, 505). |
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| Nach diesen Rechtsgrundsätzen könnte allenfalls wegen der Darlegungen des Klägers in dessen Schreiben vom 15. Juli 2002 („Ich habe zu obigem Steuerbescheid einige Fragen und würde gerne selbst vorbeikommen“) zweifelhaft sein, ob diesem Schreiben der unbedingte Wille des Klägers zur Einspruchseinlegung zu entnehmen sein kann (Dumke in: Schwarz, Abgabenordnung, § 357 Rn. 24d, mit weiteren Nachweisen). In dem -nach dem Telefonat mit der zuständigen Veranlagungssachbearbeiterin- beim FA am 24. Juli 2002 eingereichten Schreiben erklärt der Kläger, dass er den Einspruch ruhen lasse („wegen der Anwendung des § 32b EStG“), bis er einen neuen Bescheid vom FA erhalten habe. Aus diesem Schreiben wird der Wille des Klägers zur Einspruchseinlegung deutlich. Selbst wenn insoweit Zweifel bestünden, ob der Kläger bereits gegen den ursprünglichen Bescheid vom 5. Juli 2002 oder erst gegen einen zukünftig ergehenden Bescheid Einspruch einlegen wollte, ist diese Erklärung als Rechtsmittel zu betrachten, um zugunsten des Klägers den Eintritt der Rechtskraft aufzuhalten (BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 325 zu II. 1.). Im übrigen berücksichtigt der erkennende Senat dabei, dass nur bei dieser Annahme der Kläger die Möglichkeit zur Aussetzung der Vollziehung erhält (BFH-Urteil in BStBl II 2003, 505 zu II. 2.; von Groll in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, Finanzgerichtsordnung-Abgabenordnung, § 172 AO Rn. 101 ff. mit weiteren Nachweisen). |
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| Die Klage ist zum überwiegenden Teil (hinsichtlich des Streitjahres 2001) begründet (siehe nachfolgend zu II.), zum geringeren Teil (hinsichtlich des Streitjahres 2000) unbegründet (siehe nachfolgend zu I.). |
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| I. Der angegriffene Einkommensteueränderungsbescheid vom 7. November 2002 (für 2000) ist insoweit rechtmäßig, als das FA in ihm die Einkommensteuer nicht niedriger festgesetzt hat: Denn der Kläger unterliegt für dieses Streitjahr als Grenzgänger im Sinne von Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1992 mit seinen (gesamten) Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit für die F der Einkommensteuer. |
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| 1. Ungeachtet und damit ohne Rücksicht (vgl. Duden, Das Große Wörterbuch der deutschen Sprache in zehn Bänden, Band 10, 1999, Stichwort: ungeachtet) auf die generellere Bestimmung des Art. 15 DBA-Schweiz 1971/1992 (und demzufolge auch ohne Beachtung der Bestimmung des Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz 1971/1992 zu den leitenden Angestellten [vgl. hierzu: Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen -BMF-vom 7. Juli 1997 IV C 6 - S 1301 -37/97, BStBl I 1997, 713, zu 2.; vom 30. September 2008 IV B 2 - S 1301 - CHE/0710015, Deutsches Steuerrecht -DStR- 2008, 2018 zu 2], die insoweit seit dem 1. Januar 1994 den nicht leitenden Angestellten gleichgestellt sind -vgl. die Bundesrätliche Botschaft über ein Protokoll zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens mit der Bundesrepublik Deutschland vom 1. März 1993, Ziffer 2, Besonderer Teil, Artikel II, Abs. 2, Bundesblatt -BBl- Band I 1993, 1521, 1525) sind Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die ein Grenzgänger aus unselbständiger Arbeit bezieht, in dem Vertragsstaat gemäß der spezielleren Bestimmung (BFH-Urteile vom 15. September 2004 I R 67/03, BFH/NV 2005, 267 zu II. 1., vom 26. Juli 1995 I R 80/94, BFH/NV 1996, 200 zu II. 4.) des Art. 15a Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1992 zu besteuern, in dem der Grenzgänger ansässig ist. Entsprechend dem Grundsatz: lex specialis derogat legi generali (Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 4 AO Tz. 270, mit weiteren Nachweisen) verdrängt die speziellere Bestimmung des Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1992 zur Besteuerung der Grenzgänger in deren Ansässigkeitsstaat die generellere Regelung des Art. 15 DBA-Schweiz 1971/1992 über die Besteuerung der übrigen Arbeitnehmer mit deren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Tätigkeitsstaat (BFH-Urteile vom 25. Oktober 2006 I R 18/04, BFH/NV 2007, 875, zu II. 2. a; vom 15. September 2004 I R 63/03, BFH/NV 2005, 267, zu II. 1.; vom 26. Juli 1995 I R 80/94, BFH/NV 1996, 200, zu II. 4.). |
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| 2. Gemäß Art. 15a Abs. 2 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1992 ist Grenzgänger im Sinne des Art. 15a Abs. 1 DBA-Schweiz 1971/1992 jede in einem Vertragsstaat ansässige Person, die in dem anderen Vertragsstaat ihren Arbeitsort hat (bzw. ihre Arbeit ausübt -s. Art. 15a Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992-) und von dort regelmäßig zurückkehrt (Hinweis in diesem Zusammenhang auf das BMF-Schreiben vom 19. September 1994 IV C 6 - S 1301 Schz - 60/94, BStBl I 1994, 683, zu Tz. 10). |
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| a) Grenzgänger im Sinne des Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1992 ist, wer als Arbeitnehmer regelmäßig die Grenze zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz in beide Richtungen überquert (BFH-Urteil vom 21. August 1996 I R 80/96, BStBl II 1997, 31, zur [insoweit noch heute maßgeblichen] Rechtslage vor 1. Januar 1994 im Anwendungsbereich des Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz 1971; Hinweis auf das Senatsurteil vom 5. Juni 2008 3 K 2565/08, nicht rechtskräftig -BFH-Az.: I R 68/08-, juris zu 1.; Züger in: Die abkommensrechtlichen Grenzgängerbestimmungen in: Gassner/Lang/ Lechner/Schuch/Staringer [Hrsg.], Arbeitnehmer im Recht der Doppelbesteuerung, Wien, 2003, zu II. 4. Abs. 3, jeweils mit weiteren Nachweisen). |
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| b) Insoweit erfüllt der Kläger die Voraussetzungen für die Annahme, er sei im Streitjahr 2000 Grenzgänger im Sinne von Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1992 gewesen. Der Kläger hat in ausreichendem Maße im genannten Zeitraum die Grenze zur Schweiz in beide Richtungen überquert. |
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| Der erkennende Senat geht mit der Finanzverwaltung davon aus, dass der Kläger an (geschätzten) 240 Arbeitstagen (Hinweis auf die Verwaltungsanweisung zu Fach 2 Teil 2 Nummer 8 des Grenzgängerhandbuches in Verbindung mit Nr. II. 2. des Verhandlungsprotokolls zum Änderungsprotokoll vom 18. Dezember 1991 [BGBl II 1993, 1889, BStBl I 1993, 289]) -Änderungsprotokoll- seinen Arbeitsort in T (Kanton R/Schweiz; vgl. in diesem Zusammenhang: Fissenewert, Der Betrieb -DB- Beilage 6 zu Heft 39/2006 zu IV.) aufzusuchen hatte. Geht man zugunsten des Klägers davon aus, dass er im Streitjahr 2000 an sämtlichen, vom FA ermittelten „abwesenden Tagen“ (von 69 -s. die Aufstellung S. 6 des Tatbestandes-), die er auf Geschäftsreisen verbracht hat, nicht die Grenze zur Schweiz überquert hat, verbleiben gleichwohl noch 171 Arbeitstage, an denen er -der Kläger- über die Grenze in beide Richtungen gependelt ist. Er hat damit nicht nur gelegentlich, wenn auch nicht täglich, was auch nicht erforderlich ist, die Grenze zur Schweiz in beide Richtungen überschritten (vgl. hierzu die Erklärung der Fachabteilung des österreichischen Bundesministeriums der Finanzen -öBMF- vom 3. Dezember 1993, Abs. 1, Steuer und Wirtschaft International -SWI- 1994, 5). Mithin ist von einem regelmäßigen Pendeln über die Grenze zur Schweiz auszugehen. Eine notwendige Voraussetzung für die Grenzgängereigenschaft des Klägers ist damit gegeben. |
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| 3. Die Grenzgängereigenschaft des Klägers ist für das Streitjahr 2000 auch nicht unter Berücksichtigung der Bestimmung des Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992 entfallen. |
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| Kehrt ein in der Bundesrepublik Deutschland ansässiger Arbeitnehmer, der in der Schweiz seinen Arbeitsort hat (bzw. dort seine Arbeit ausübt), nicht jeweils nach Arbeitsende an seinen Wohnsitz zurück, entfällt die Grenzgängereigenschaft nur dann, wenn der Arbeitnehmer bei einer Beschäftigung während des gesamten Kalenderjahres an mehr als 60 Arbeitstagen (aufgrund seiner Arbeitsausübung) nicht an seinen Wohnsitz zurückkehrt (Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992 in Verbindung mit Nr. II. 2. und 3. des Änderungsprotokolls). |
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| a) Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 5. Juni 2008 3 K 142/07 (nicht rechtskräftig, Revision eingelegt: BFH-Az.: I R 66/08, juris; ebenso in den Senatsurteilen vom 28. August 2008 3 K 3005/08, 3 K 122/07, 3 K 199/07, jeweils nicht rechtskräftig, weil jeweils Revision eingelegt wurde, BFH-Az.: I R 89/08, I R 91/08, I R 86/08) entschieden, dass Arbeitstage in der Bundesrepublik Deutschland eines im Inland ansässigen Arbeitnehmers einer Schweizerischen Kapitalgesellschaft nicht als für den Grenzgängerstatus schädliche Nichtrückkehrtage anzusetzen sind. Hieran hält er fest. |
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| b) Danach waren der 8., 9. und 10. Februar (Geschäftsreise nach K 2), der 22. und 23. Mai (Geschäftsreise nach K 4) bzw. der 20. und 21 September 2000 (Geschäftsreise nach K 6) nicht als für den Grenzgängerstatus des Klägers schädliche Nichtrückkehrtage im Sinne des Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992 anzusetzen. |
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| c) Infolgedessen unterliegt der Kläger im Streitjahr 2000 mit seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gemäß Art. 15a Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1992 der Besteuerung in der Bundesrepublik Deutschland, weil er an (höchstens) 58 Arbeitstagen (= 65 Nichtrückkehrtage lt. der ansonsten zutreffenden Berechnung des Klägers [S. 6 des Tatbestandes] ./. 7 Arbeitstage [in Zusammenhang mit einer Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland]) -und damit nicht wie erforderlich- an mehr als 60 Arbeitstagen auf Grund seiner Arbeitsausübung nicht an seinen Wohnsitz (in X/Markgräflerland) zurückgekehrt ist (Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992). |
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| 4. a) Der erkennende Senat weicht mit seiner Auffassung, dass Geschäftsreisen in die Bundesrepublik Deutschland (und damit in den Ansässigkeitsstaat des Klägers) bei der Berechnung der Nichtrückkehrtage im Sinne von Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992 nicht anzusetzen sind, von einer generellen Vereinbarung zwischen der deutschen Finanzverwaltung und der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) ab (Hinweis auf: Locher/Meier/von Siebenthal/Kolb, Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz-Deutschland, Band 6, B 15 a.2 Nr. 31; Mitteilung der EStV vom 26. Januar 2004, abgedruckt in: Locher/Meier/von Siebenthal/Kolb, a.a.O., Band 6, B 15 a.2 Nr. 21; Kolb in: Gocke Gosch Lang, Körperschaftsteuer Internationales Steuerrecht Doppelbesteuerung, Festschrift für Wassermeyer, München, 2005, S. 757, 765 zu II. 2. b; BMF-Schreiben in BStBl I 1994, 683, zu Tzn. 13 und 14, wobei es sich bei diesem BMF-Schreiben um eine generelle Vereinbarung mit der ESTV handelt). Hieraus ergeben sich keine Bedenken. (Generellen) Verständigungsvereinbarungen kommt keine unmittelbare Gesetzeskraft zu (Eilers in: Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerungsabkommen, Art. 25 MA Rn. 61), auch trotz ihrer völkerrechtlichen Qualität als Verwaltungsabkommen im Sinne von Art. 59 Abs. 2 Satz 2 GG (Jarass/Pieroth, GG, Kommentar, 9. Aufl., 2007, Art. 59 Rn. 20 ff.). Sie dienen lediglich als Auslegungshilfe, wenn das in ihnen dargestellte Verhandlungsergebnis auch mit den Auslegungsregeln der allgemeinen Rechtslehre (Wassermeyer, Steuer und Wirtschaft -StuW- 1990, 404; Larenz, a.a.O., Kapitel 5 mit umfangreichen Nachweisen; Hinweis im übrigen auf Art. 31-33 WÜRV) gewonnen werden kann (vgl. insbesondere auch zur Bedeutung einer [schlichten, übereinstimmenden und hier nicht vorliegenden] tatsächlichen Übung der Vertragsparteien eines völkerrechtlichen Vertrages: BFH-Urteil vom 17. Oktober 2007 I R 5/06, BFH/NV 2008, 869, zu II. 1. b ee; Hinweis im übrigen auf die BFH-Urteile vom 21. August 1996 I R 80/95, BStBl II 1997, 134; vom 10. Juni 1996 I R 4/96, BStBl II 1997, 15, jeweils mit weiteren Nachweisen; Hardt in: Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Schweiz Art. 26 Rn. 205 und 206, mit umfangreichen Nachweisen zur Rechtsprechung des BFH). Hiervon kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zuvor zu 3. dargelegten Erwägungen Bezug genommen. |
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| b) Gegen diese Erwägungen kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, dass die vom erkennenden Senat vorgenommene Auslegung des Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992 nicht mit der Praxis des anderen Vertragsstaates (der Schweiz) übereinstimme, und sie deshalb zu Schwierigkeiten bei der Rechtsanwendung führen dürften (vgl. hierzu: Kolb in: Gocke Gosch Lang, Körperschaftsteuer Internationales Steuerrecht Doppelbesteuerung, Festschrift für Wassermeyer, München, 2005, S. 757 [S. 770, letzter Absatz]). Nur auf Grund einer gesetzlichen Regelung wäre es möglich, eine Bindungswirkung für die (Finanz)Gerichte zu erreichen (BFH-Urteil vom 9. Oktober 1985 I R 128/80, BStBl II 1988, 810). Im übrigen steht es dem Kläger frei, die Einleitung eines Verständigungsverfahrens zu beantragen (BFH-Urteil vom 31. März 2004 I R 88/03, BStBl II 2004, 936, zu II.3. b), bzw. einen Antrag auf Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen beim FA zu stellen (§§ 163, 227 AO), soweit die vorliegende Entscheidung von der durch eine generelle Verständigungsvereinbarung festgelegten Praxis bzw. einer sonstigen Verwaltungsanweisung der Finanzverwaltung abweicht. |
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| 5. Ausgehend von der zuvor dargelegten Rechtsauffassung ergibt sich eine höhere Einkommensteuer als diejenige, die in dem angegriffenen Einkommensteueränderungsbescheid vom 7. November 2002 vom FA festgesetzt wurde (Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers danach: xx.xxx DM [zutreffend jedoch: xxx.xxx DM -Zeile 18 der Anlage N-Gre, Bl. 19 der ESt-Akten-]. Der erkennende Senat ist an einer (auch unter Berücksichtigung von steuermindernden Tatsachen sich ergebenden) höheren Steuerfestsetzung jedoch wegen des -im finanzgerichtlichen Verfahren zu berücksichtigenden- Verböserungsverbots gehindert (Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 6. Aufl., 2006, § 96 Rn. 5 mit umfangreichen Nachweisen zur höchstrichterlichen Finanzrechtsprechung). |
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| II. Im Streitjahr 2001 unterlag der Kläger mit seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit von der F bzw. der M weder als Grenzgänger im Sinne des Art. 15a DBA Schweiz 1971/1992 der Besteuerung im Inland (siehe nachfolgend zu 1.) noch als leitender Angestellter im Sinne des Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz 1971 (siehe nachfolgend zu 2.). Die Einkommensteuer ist deshalb auf 0 DM (EUR) festzusetzen. |
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| 1. Der Kläger ist im Streitjahr 2001 (schon deshalb) nicht als Grenzgänger zu beurteilen, weil er die für den Wegfall der Grenzgängereigenschaft erforderlichen schädlichen 60 Nichtrückkehrtage überschritten hat (Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992). |
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| a) Kehrt ein in der Bundesrepublik Deutschland ansässiger und in der Schweiz arbeitender Arbeitnehmer nicht jeweils nach Arbeitsende an seinen Wohnsitz zurück, entfällt die Grenzgängereigenschaft nur dann, wenn der Arbeitnehmer bei einer Beschäftigung während des gesamten Kalenderjahres an mehr als 60 Tagen auf Grund seiner Arbeitsausübung nicht an seinen Wohnsitz zurückkehrt (Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992). |
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| b) Der Kläger ist im Streitjahr 2001 an 65 zu berücksichtigenden Arbeitstagen (= 71 Nichtrückkehrtage [lt. der ansonsten zutreffenden Berechnung des Klägers lt. der Aufstellung zu S. 7 und 8 des Tatbestandes] ./. 5 Arbeitstage [in Zusammenhang mit einer Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland]) aus beruflichen Gründen nicht an seinen Wohnsitz in X/Markgräflerland zurückgekehrt. Demzufolge ist eine Grenzgängereigenschaft nicht gegeben. |
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| 2. Die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit wegen seiner Tätigkeit für die F bzw. die M sind nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchstabe d DBA-Schweiz 1971/1992 in Verbindung mit Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz 1971/1992 in der Bundesrepublik Deutschland von der Besteuerung freizustellen und unterliegen lediglich dem Progressionsvorbehalt (§ 32b Abs. 1 Nr. 3 Alternative 1 EStG; vgl. hierzu: Probst in: Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaft steuer, § 32b Rn. 82a-85 mit umfangreichen Nachweisen). |
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| a) Nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchstabe d DBA-Schweiz 1971/1992 werden bei einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Person aus der Schweiz stammende Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen im Sinne des Art. 15 DBA-Schweiz 1971/1992, soweit sie nicht unter Art. 17 DBA-Schweiz 1971 fallen, von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen, wenn sie in der Schweiz besteuert werden können (siehe nachfolgend zu aa), wenn die Arbeit in der Schweiz ausgeübt wird (siehe nachfolgend zu bb-cc), und die Schweiz von ihrem Besteuerungsrecht tatsächlich Gebrauch gemacht hat (siehe nachfolgend zu dd). |
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| aa) Gemäß Art. 15 Abs. 4 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1992 (vorbehaltlich des hier nicht einschlägigen Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1992 -siehe zuvor zu 1.-) können in der Schweiz besteuert werden die Einkünfte einer natürlichen Person, die in Deutschland ansässig, aber als Vorstandsmitglied, Direktor, Geschäftsführer oder Prokurist einer in dem anderen Vertragsstaat ansässigen Kapitalgesellschaft tätig ist, sofern die Tätigkeit nicht so abgegrenzt ist, dass sie lediglich Aufgaben außerhalb dieses anderen Staates (hier: der Schweiz) umfasst. Besteuert der andere Staat diese Einkünfte nicht, so können sie in der Bundesrepublik Deutschland besteuert werden (Art. 15 Abs. 4 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992). |
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| bb) Im Streitfall war der Kläger als Prokurist im Sinne des Art. 458 Abs. OR der in Z/CH ansässigen F bzw. der in T/CH ansässigen M tätig. Er hat damit eine Tätigkeit im Sinne des Art. 15 Abs. 4 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1992 ausgeübt. |
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| Der Kläger hatte im Streitjahr 2001 die Stellung eines Kollektivprokuristen bei den vorgenannten Gesellschaften. Wegen der Beschränkung der Vertretungsmacht des Klägers durch die Kollektivklausel (Watter in: Honsell Vogt Wiegand [Hrsg.], Basler Kommentar, Obligationenrecht, I 4. Aufl., 2007, Art. 460 Rn. 7-11; Krneta, Praxiskommentar, Verwaltungsrat, 2. Aufl., 2005, Rn. 1973 ff.) bestehen keine Bedenken hinsichtlich seiner Stellung als leitender Angestellter im Sinne des Art. 15 Abs. 4 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1992. Insoweit verweist der Senat auf sein Urteil vom 5. Juni 2008 3 K 2565/08 (juris, zu 2. a bb und cc der Entscheidungsgründe, nicht rechtskräftig BFH-Az.: I R 68/08; ebenso: Gerichtsbescheid des erkennenden Senats vom 16. Januar 2009 3 K 115/07 vorläufig nicht rechtskräftig, zu II. der Entscheidungsgründe). An seinen a.a.O. dargelegten Erwägungen hält er weiterhin fest. |
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| cc) Gegen ein Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Einkünfte des Klägers aus seiner Tätigkeit als Prokurist der F bzw. der M in Drittstaaten und in der Bundesrepublik Deutschland bestehen auch insoweit keine Bedenken, als die Tätigkeit des Klägers im Streitjahr 2001 nicht so abgegrenzt gewesen sein durfte, dass sie lediglich Aufgaben außerhalb der Schweiz umfasste. Wo der Kläger als Prokurist und damit als leitender Angestellter seine Tätigkeit (tatsächlich) ausgeübt hat, ist nach der Rechtsprechung des BFH (grundsätzlich) ohne Belang; Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz 1971/1992 enthält für seinen Anwendungsbereich eine Fiktion des Tätigkeits-ortes (BFH-Urteil in BFHE 215, 237; BFH/NV 2007, 593; in diesem Sinne auch schon Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 19. Februar 1988 3 K 257/85 -rechtskräftig- EFG 1988, 403). |
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| Die Voraussetzungen dieser Fiktion sind im Streitjahr 2001 erfüllt. Der Kläger hat entsprechend der Fiktion des Art. 15 Abs. 4 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1992 seine Tätigkeit als Kollektivprokurist in der Schweiz (dem Sitz seiner Arbeitgeberinnen -der F und der M-) ausgeübt. Gegen diese Fiktion des Tätigkeitsortes könnte mit Erfolg nur eingewandt werden, dass die Tätigkeit des Klägers lediglich Aufgaben außerhalb der Schweiz umfasst habe. Dies ist jedoch nicht der Fall. Der Kläger hat lediglich, wenn er sich auf Geschäftsreisen in Drittstaaten und der Bundesrepublik Deutschland befand (demzufolge an 52 Arbeitstagen von insgesamt 240 [geschätzten] Arbeitstagen -s. Aufstellung zu S. 8 des Tatbestandes-), außerhalb der Schweiz gearbeitet, ansonsten aber am Sitz der F bzw. der M in der Schweiz in Z bzw. in T und in K 1 im Kanton Wallis. Er hat damit eine Arbeit verrichtet, die nicht nur im Ausland sich auswirkende Aufgaben umfasste (Heger in: juris Praxisreport Steuerecht -jurisPR-SteuerR- 12/2007 Anm. 1). |
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| dd) Das (ausschließliche) Besteuerungsrecht der Schweiz bleibt im Streitfall auch insoweit bestehen, als hierfür Voraussetzung ist, dass die Schweiz das Besteuerungsrecht auch tatsächlich ausgeübt haben muss (Art. 15 Abs. 4 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992): Denn die Besteuerungszuordnung für die Einkünfte aus unselbständiger Arbeit eines in Art. 15 Abs. 4 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1992 bezeichneten leitenden Angestellten zugunsten der Schweiz steht unter dem Vorbehalt, dass die Schweiz als der Staat, in dem der Arbeitgeber (in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft) ansässig ist, die Einkünfte des leitenden Angestellten auch tatsächlich besteuert hat. Nur die tatsächliche [effektive] Doppelbesteuerung soll beseitigt werden durch den Wegfall des Besteuerungsrechts des Ansässigkeitsstaates des Arbeitnehmers (BFH-Urteil vom 17. Oktober 2007 I R 96/06, Internationales Steuerrecht -IStR- 2008, 262). Die Beseitigung der bloß virtuellen Doppelbesteuerung genügt daher nicht (vgl. hierzu das inzwischen überholte BFH-Urteil vom 17. Dezember 2003 I R 14/02, BStBl II 2004, 260), um das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland als Ansässigkeitsstaat zu verhindern (Holthaus, Internationale Wirtschafts-Briefe -IWB- Fach 10 International Gr. 2 S. 1751 zu II. 2. a; Debatin, DB 1972, 2030, 2035; Hangartner, Die Aktiengesellschaft -AG- 1971, 325 [326]; Brandis in: Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 15 Schweiz Rn. 107; Kempermann in: Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz, Art. 15 Rn. 85 a.E.; Verfügung der Oberfinanzdirektion K 4 vom 13. April 2006 S 1301 A - 55 - St III 1a, Steuer-Eildienst -StEd- 2006, 540, zu C.). |
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| Im Streitfall verbleibt es hiernach beim (ausschließlichen) Besteuerungsrecht der Schweiz. Diese hat nach der Quellensteuerabrechnung des Steueramtes des Kantons R vom 20. Februar 2002 den vom Kläger aus seiner Tätigkeit für die F bzw. für die M erzielten Bruttolohn von 190.780 CHF (Hinweis auf den Lohnausweis für das Streitjahr, Bl. 116 der ESt-Akten) insgesamt der Schweizerischen Quellensteuer in Höhe von xx.xxx CHF unterworfen (einschließlich der von den Arbeitgeberinnen des Klägers einbehaltenen und an die zuständige Steuerbehörde abgeführten Quellensteuer in Höhe von x.xxx CHF [Bl. 126 und 127 der ESt-Akten]). |
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| ee) Der erkennende Senat ist den Einwendungen des BMF in dessen Schreiben vom 6. Juli 2007 gegen das BFH-Urteil in BFHE 215, 237, BFH/NV 2007, 593 nicht gefolgt (Hinweis u.a. auf das Senatsurteil vom 5. Juni 2008 3 K 2565/08 (juris, nicht rechtskräftig -BFH-Az.: I R 68/08). Hieran hält er fest. Er verweist zusätzlich auf das -an den erkennenden Senat gerichtete -Schreiben der ESTV vom 10. September 2008. |
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| III. Eines besonderen Beschlusses zur Wiederaufnahme des Klageverfahrens, nachdem mit FG-Beschluss vom 7. Dezember 2005 11 K 658/04 dessen Ruhen angeordnet worden war, bedurfte es nicht. Denn im vorgenannten Beschluss wurde als Endzeitpunkt der Verfahrensruhe ein bestimmtes Ereignis angegeben (das Ergehen von abschließenden Entscheidungen in den beim BFH anhängig gewesenen Revisionsverfahren zu den Aktenzeichen I R 18/04 und I R 81/04). Dieses Ereignis ist inzwischen eingetreten und zwar im Oktober 2006 (Hinweis auf die BFH-Urteile vom 26. Oktober 2006 in BFH/NV 2007, 593 und BFH/NV 2007, 875). Damit ist das Ruhen des Klageverfahrens automatisch weggefallen. |
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| V. Die Revisionszulassung wegen des Streitjahres 2000 beruht darauf, dass der Rechtssache insoweit wegen der Nichtberücksichtigung der Arbeitstage des Klägers in der Bundesrepublik Deutschland bei der Berechnung der Nichtrückkehrtage im Sinne des Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992 grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zukommt. Wegen des Streitjahres 2001 war die Revision nicht zuzulassen. Die Entscheidung beruht insoweit auf in ständiger Rechtsprechung vom BFH vertretenen Rechtsgrundsätzen (Hinweis auf das Senatsurteil vom 5. Juni 2008 3 K 2564/08 [zuvor: 3 K 121/07] -nicht rechtskräftig, Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt-). |
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| VI. Der erkennende Senat hält es für zweckmäßig, ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu entscheiden (§ 90a Abs. 1 FGO). |
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