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| Die Klage ist unbegründet. Der angegriffene Verwaltungsakt vom 12. Februar 2004 ist insoweit rechtmäßig, als das FA in ihm die Einkommensteuer nicht niedriger festgesetzt hat: Denn der Kläger unterliegt als Grenzgänger im Sinne von Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1989 mit seinen Einkünften aus unselbständiger Arbeit insgesamt der Besteuerung in der Bundesrepublik Deutschland. |
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| 1. Ungeachtet und damit ohne Rücksicht (vgl. Duden, Das Große Wörterbuch der deutschen Sprache in zehn Bänden, Band 10, 1999, Stichwort: ungeachtet) auf die generellere Bestimmung des Art. 15 DBA-Schweiz 1971/1989 (und demzufolge auch ohne Beachtung der Bestimmung des Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz 1971/1989 zu den leitenden Angestellten [vgl. hierzu: BMF-Schreiben vom 7. Juli 1997 IV C 6 - S 1301 Schz - 37/97, BStBl I 1997, 723, zu 2.], die insoweit seit dem 1. Januar 1994 den nicht leitenden Angestellten gleichgestellt sind -vgl. die Bundesrätliche Botschaft über ein Protokoll zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens mit der Bundesrepublik Deutschland vom 1. März 1993, Ziffer 2, Besonderer Teil, Artikel II, Abs. 2, Bundesblatt -BBl- Band I 1993, 1521, 1525) sind Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die ein Grenzgänger aus unselbständiger Arbeit bezieht, in dem Vertragsstaat gemäß der spezielleren Bestimmung (BFH-Urteile vom 15. September 2004 I R 67/03, BFH/NV 2005, 267 zu II. 1.; vom 26. Juli 1995 I R 80/94, BFH/NV 1996, 200 zu II. 4.) des Art. 15a Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1989 zu besteuern, in dem der Grenzgänger ansässig ist. Entsprechend dem Grundsatz: legis specialis derogat legi generali (Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 4 AO Tz. 270, mit weiteren Nachweisen) verdrängt die speziellere Bestimmung des Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1989 zur Besteuerung der Grenzgänger in deren Ansässigkeitsstaat in ihrem Anwendungsbereich die generellere Bestimmung des Art. 15 DBA-Schweiz 1971/1989 zur (grundsätzlichen) Besteuerung der übrigen Arbeitnehmer mit deren Einkünften aus unselbständiger Arbeit im Tätigkeitsstaat (BFH-Urteile vom 25. Oktober 2006 I R 18/04, BFH/NV 2007, 875, zu II. 2. a; vom 15. September 2004 I R 63/03, BFH/NV 2005, 267, zu II. 1.; vom 26. Juli 1995 I R 80/94, BFH/NV 1996, 200, zu II. 4.). |
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| Grenzgänger im Sinne des Art. 15a Abs. 1 DBA-Schweiz 1971/1989 ist jede in einem Vertragsstaat ansässige Person, die in dem anderen Vertragsstaat ihren Arbeitsort hat (bzw. ihre Arbeit ausübt -s. Art. 15a Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1989-) und von dort regelmäßig zurückkehrt (Art. 15a Abs. 2 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1989). |
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| Zum Begriff des Grenzgängers (Grenzgängerstatus) gehört, dass der Arbeitnehmer regelmäßig die Grenze zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz in beide Richtungen überquert (vgl. zur Rechtslage vor dem 1. Januar 1994: BFH-Urteil vom 21. August 1996 I R 80/95, BStBl II 1997, 134). Die Grenzgängereigenschaft eines Arbeitnehmers hängt damit nicht allein von der regelmäßigen Rückkehr nach Arbeitsende aus der Schweiz (dem Staat des Arbeitsortes im Sinne von Art. 15a Abs. 2 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1989 bzw. Art. 15a Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1989) in die Bundesrepublik Deutschland (den Wohnsitzstaat/Ansässigkeitsstaat) ab (so aber Hundt, Der Betrieb -DB- 1995, 171, zu II. 2. bb [2]; vgl. im übrigen: Kempermann, Finanz-Rundschau -FR- 1994, 564, II. 2.). Das Erfordernis der regelmäßigen Rückkehr „von dort“ (also aus dem Staat des Arbeitsortes) setzt denknotwendig voraus, dass der Arbeitnehmer sich zuvor regelmäßig „nach dort“ (also in die Schweiz) begibt (vgl. in diesem Zusammenhang: BFH-Beschluss vom 16. März 1994 I B 186/93, BStBl II 1994, 696 zu II. 2.; Züger, Die abkommensrechtlichen Grenzgängerbestimmungen in: Gassner/Lang/Lechner/Schuch/Staringer [Hrsg.], a.a.O., S. 177 [191 ff] zu II. 5.; Kolb in: Gocke Gosch Lang, Körperschaftsteuer Internationales Steuerrecht Doppelbesteuerung, Festschrift für Wassermeyer, München 2005, S. 757 [763 ff] zu II. 2. b). |
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| Hiernach bestehen an der Grenzgängereigenschaft des Klägers insoweit keine Zweifel. Der Senat geht im vorliegenden Zusammenhang (zugunsten der Kläger) davon aus, dass sich der Kläger an den Tagen, an denen er auf Geschäftsreisen in der Bundesrepublik Deutschland und in Drittstaaten/Drittländern unterwegs war, nicht in den Staat seines Arbeitsortes (die Schweiz) begeben hat. Dies war im Streitjahr an ca. 72 Arbeitstagen (im Sinne der Nr. II. 2. des Verhandlungsprotokolls zum Änderungsprotokoll vom 18. Dezember 1991, BGBl II 1993, 1889, BStBl I 1993, 929 -im folgenden: Verhandlungsprotokoll-; Hinweis im übrigen auf Art. 3 Abs. 2 DBA-Schweiz 1971/1989 in Verbindung mit Art. 319 ff OR) der Fall (Hinweis auf die Berechnung der steuerpflichtigen Arbeitstage [unter Berücksichtigung von Tagen an Wochenenden] durch das FA lt. Aufstellung zu S.4 und 5 des Tatbestandes). Ausgehend von den üblicherweise im Streitjahr bei Grenzgängern zu berücksichtigenden 240 Arbeitstagen (Hinweis auf Fach A Teil 2 Nummer 8 Grenzgängerhandbuch und damit ohne Berücksichtigung von Wochenendtagen) hat der Kläger damit die Grenze mit der Schweiz an rund 168 Arbeitstagen in beide Richtungen überquert. Er hat damit mehr als nur gelegentlich, wenn auch nicht täglich, was auch nicht erforderlich ist, die Grenze zur Schweiz in beide Richtungen überquert. Mithin ist von einem regelmäßigen Pendeln über die Grenze im Streitjahr auszugehen als einer notwendigen Voraussetzung für die Grenzgängereigenschaft des Klägers. |
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| 2. Der Grenzgängerstatus des Klägers ist auch nicht gemäß Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1989 im Hinblick auf die 60 Tage-Regelung verloren gegangen. Entgegen den Angaben in der Aufstellung der Nichtrückkehrtage (s. S. 6-8 des Tatbestandes) ist der Kläger nicht an mehr als (erforderlichen) 60 Arbeitstagen im Sinne des Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1989 nicht an seinen Wohnsitz zurückgekehrt, weil die Nichtrückkehren in Zusammenhang mit den Geschäftsreisen in die Bundesrepublik Deutschland nicht bei der Berechnung der Nichtrückkehrtage zu berücksichtigen sind und der Kläger damit an (höchstens) 33 Tagen aus beruflichen Gründen nicht an seinen Wohnsitz zurückgekehrt ist. |
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| a) Nach Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1989 entfällt die Grenzgängereigenschaft (nur) dann, wenn der Arbeitnehmer bei einer Beschäftigung während des gesamten Kalenderjahres (vgl. hierzu: Nr. II. 3. des Verhandlungsprotokolls) an mehr als 60 Arbeitstagen auf Grund seiner Arbeitsausübung nicht an seinen Wohnsitz zurückkehrt. |
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| aa) Bei der Auslegung von Bestimmungen eines Doppelbesteuerungsabkommens ist nicht nur auf deren Wortlaut (dem jedoch eine besondere Bedeutung zukommt: Henkel in: Gosch/Kroppen/Grotherr, Doppelbesteuerungsabkommen, Kommentar, Grundlagen Rn. 23-25; Art. 31 Abs. 4 des Wiener Abkommens über die Verträge vom 23. Mai 1969 , BGBl II 1985, 926 ff -WÜRV-), sondern auch auf den systematischen Zusammenhang (Henkel in: Gosch/Kroppen/Grotherr, a.a.O., Grundlagen Rn. 26- 32; Art. 31 Abs. 2 und 3 WÜRV) und den Sinn und Zweck der auszulegenden Bestimmung abzustellen (BFH-Urteile vom 23. Februar 2005 I R 13/04, BFH/NV 2005, 1241; vom 15. Juni 1973 III R 118/70, BStBl II 1973, 810; Art. 31 Abs. 1 WÜRV). |
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| Dem Wortlaut des Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1989 ist -für sich gesehen- keine Einschränkung der Gestalt zu entnehmen, dass bei der Berechnung der mehr als 60 Arbeitstage, an denen der Arbeitnehmer auf Grund seiner Arbeitsausübung nicht an seinen Wohnsitz (im Ansässigkeitsstaat) zurückgekehrt ist, die Arbeitstage nicht zu berücksichtigen sind, an denen der Arbeitnehmer seiner Arbeit im Ansässigkeitsstaat (hier: der Bundesrepublik Deutschland) nachgegangen ist. Betrachtet man den systematischen Zusammenhang des Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1989 mit der Bestimmung des Art. 15a Abs. 2 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1989, in dem zur Grenzgängereigenschaft ausgeführt wird, dass diese Person „von dort “ (vom Arbeitsort im anderen Vertragsstaat -demzufolge aus der Schweiz-) regelmäßig an ihren Wohnsitz zurückkehrt sein muss, ist jedenfalls eine Auslegung nicht ausgeschlossen, Arbeitstage in der Bundesrepublik Deutschland (dem Ansässigkeitsstaat) bei den Nichtrückkehren nicht zu berücksichtigen, weil der Arbeitnehmer an diesen Tagen nicht „von dort“ (also dem Arbeitsort bzw. dem Ort der Arbeitsausübung im anderen Vertragsstaat -der Schweiz-) an seinen Wohnsitz im Ansässigkeitsstaat nicht zurückgekehrt ist. |
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| bb) Jedenfalls gebietet der Sinn und Zweck der Grenzgängerregelung, die Arbeitstage im Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers (der Bundesrepublik Deutschland) nicht zu berücksichtigen. |
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| Sinn und Zweck der Bestimmung des Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1989, dem Tätigkeitsstaat (hier: der Schweiz) das Besteuerungsrecht zu geben, ist, dass der Staat des Arbeitsortes (Art. 15a Abs. 2 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1989) bzw. des Ortes der Arbeitsausübung (Art. 15a Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1989), der über die Berücksichtigung der Lohnzahlung als Betriebsausgaben Steuerausfälle bei der Besteuerung des Arbeitgebers von Grenzgängern hinnehmen muss, zu diesem Verzicht nur bereit ist, wenn sich der Arbeitnehmer nicht längere Zeit im Staat des Arbeitsortes aufhält. Kehrt der Arbeitnehmer auf Grund der Arbeitsausübung an mehr als 60 Arbeitstagen nach Arbeitsende nicht zurück, besteht eine besonders intensive Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Tätigkeitsstaates, weil bei einer Nichtrückkehr von dort (Art. 15a Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1989), also aus dem Tätigkeitsstaat und damit bei einem Verbleiben im Tätigkeitsstaat eine besonders enge Verbindung zum Staat des Arbeitsorts bzw. des Ortes der Arbeitsausübung (Züger in: Gassner/Lang/Lechner/Schuch/Staringer [Hrsg.], a.a.O., S. 177 ff, zu II. 4.) besteht (Mössner, Recht der Internationalen Wirtschaft -RIW- 2001, 433, 439). Der Arbeitnehmer, der in dem anderen Vertragsstaat seine Arbeit ausübt und jeweils nach Arbeitsende in den Wohnsitzstaat zurückkehrt, hat dagegen keine engeren Bindungen (BFH-Urteil vom 1. März 1963 VI 119/61 U, BStBl III 1963, 212) an den Tätigkeitsstaat, die dessen Besteuerungsrecht rechtfertigen könnten. Er bleibt in den Lebenskreis des Wohnsitzstaates, in dem er den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hat (bestehend aus seinen familiären, kulturellen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Kontakten: s. von Bornhaupt in: Kirchhof Jakob Beermann, Steuerrechtsprechung Steuergesetz Steuerreform, Festschrift für Offerhaus, Köln 1999, S. 419 zu II. 1. b) wie dort tätige Arbeitnehmer eingegliedert, dem daher das Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus unselbständiger Arbeit zukommt (BFH-Beschluss vom 16. März 1994 I B 186/93, BStBl II 1994, 696; Kamphausen/Büscher in: Struck/Kaminski/Köhler, Außensteuergesetz/Doppelbesteuerungsabkommen, Art. 15 OECD-MA Rn. 261 und 262). |
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| Angesichts dieser Zielsetzung wäre es nicht nur „seltsam“ (s. Züger in: Gassner/Lang/Lechner/Schuch/Staringer [Hrsg.], a.a.O., S. 177 [190]), sondern sinnwidrig, für die Einkünfte aus unselbständiger Arbeit eines Arbeitnehmers, der sich täglich von der Bundesrepublik Deutschland aus an seinen Arbeitsort in die Schweiz begibt und damit seine Arbeit ausschließlich in der Schweiz ausübt, dem Wohnsitzstaat (Ansässigkeitsstaat - der Bundesrepublik Deutschland-) gemäß Art. 15a Abs.1 DBA-Schweiz 1971/1989 das Besteuerungsrecht zuzuerkennen, während ein Arbeitnehmer -wie z.B. der Kläger-, der seine Beschäftigung nicht ausschließlich in der Schweiz, sondern auch in der Bundesrepublik Deutschland ausübt (wie der Kläger an rund 56 Tagen [lt. Aufstellungen zu S. 4 und 5 des Tatbestandes und die Ermittlungen des erkennenden Senats lt. Kalender, Bl. 140 und 141 der FG-Akten]), nicht der Besteuerung der Bundesrepublik Deutschland, sondern dem Besteuerungsrecht der Schweiz unterläge, obwohl er einerseits weniger intensiv in deren Arbeitsorganisation eingegliedert ist, weil er an den Arbeitstagen in der Bundesrepublik Deutschland seinen Arbeitsort in der Schweiz nicht aufsucht, und er zudem andererseits dem Lebenskreis der Bundesrepublik Deutschland mehr verhaftet ist (weil er seine Arbeitkraft auch dem Wohnsitzstaat widmet). Die durch die Arbeit in der Bundesrepublik Deutschland zum Ausdruck kommende engere persönliche und wirtschaftliche Bindung des Arbeitnehmers (von Bornhaupt in: Festschrift für Offerhaus, a.a.O., S. 419 zu II. 1.b) rechtfertigt geradewegs nicht den Wegfall von deren Besteuerungsrecht. Folgerichtig (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts -BVerfG- vom 4. Dezember 2002 2 BvR 400/98, 2 BvR 1735/00, BStBl II 2003, 534, zu C. I. 1. b) ist, dass bei einer Tätigkeit im Ansässigkeitsstaat durch die damit verbundene weniger intensive Einbindung in die Arbeitsorganisation des Tätigkeitsstaates und die engere Bindung an den Lebenskreis im Wohnsitzstaat dessen Besteuerungsrecht gestärkt wird. |
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| Auch soweit für das Besteuerungsrecht des Wohnsitzstaates hinsichtlich der Einkünfte aus unselbständiger Arbeit von Grenzgängern als Grund angeführt wird, dass der Arbeitnehmer steuerlich nach den „Bedingungen seines täglichen Lebens“ behandelt werden soll, d.h. zuhause besteuert und mit anderen Arbeitnehmern gleichbehandelt werden soll, die in unmittelbarer Nachbarschaft zum Grenzgänger wohnen, jedoch im Inland arbeiten (Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, a.a.O., MA Art. 15 Rn. 170a), sind Arbeitstage in der Bundesrepublik Deutschland nicht bei der Berechnung von Nichtrückkehrtagen zu berücksichtigen. Der Grenzgänger arbeitet an diesen Tagen genauso wie sein Nachbar (der kein Grenzgänger ist) im Inland. Demzufolge können solche Arbeitstage nicht dazu führen, dass er nicht zuhause (in der Bundesrepublik Deutschland) besteuert wird. |
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| Eine -von den zuvor dargelegten Erwägungen abweichende- Auslegung der Grenzgängerbestimmungen des DBA-Schweiz, dass eine Tätigkeit im Ansässigkeitsstaat dessen Besteuerungsrecht zum Wegfall bringen soll, kann systematisch nicht begründet werden (Sinz/Blanchard, Internationales Steuerrecht -IStR- 2003, 258, zu 2.2.1), bzw. würde zu einem widersinnigen Ergebnis führen (Kessler/Sinz/Achilles-Pujol, DBA-Kommentar, Deutschland/Frankreich, 2007, Art. 13 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit , S. 123 und 124 zu V. unter Hinweis auf den BFH-Beschluss vom 10. Dezember 2001 I B 94/01, BFH/NV 2002, 479 -gleicher Auffassung: Geiger/Hartmann/Alscher, IStR 1994, 9, 12, zu Tz. 3.3., links unten-; Kempermann, FR 1994, 564, zu II., Ziff. 2. Abs. 1 a.E.; Brandis in: Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 15a Schweiz Rn. 47 [S. 9] unter Hinweis auf die Erwägungen im Sinne eines obiter dictums [Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 6. Aufl., 2006, § 110 Rz. 10] im BFH-Urteil vom 16. Mai 2001 I R 100/00 [BStBl II 2001, 633, zu II. Abs. 5], wonach „im wesentlichen nur beruflich bedingte Übernachtungen außerhalb des Ansässigkeitsstaates infolge Reisetätigkeit oder einer mehrtägigen beruflichen Veranstaltung“ eine berücksichtigungsfähige Nichtrückkehr im Sinne des Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1989 bewirken können). |
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| 3. a) Der erkennende Senat weicht mit seiner zuvor dargelegten Auffassung, dass Geschäftsreisen in die Bundesrepublik Deutschland (in den Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers) nicht bei Berechnung der Nichtrückkehrtage im Sinne von Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1989 zu berücksichtigen sind, von einer generellen Vereinbarung zwischen der deutschen Finanzverwaltung und der Schweizerischen Eidgenössischen Steuerverwaltung ab (Locher/Meier/von Siebenthal/Kolb, Doppelbesteuerungsabkommen, Schweiz-Deutschland, B 15 a.2 Nr. 21 unter Hinweis auf eine Verlautbarung der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 16. Januar 2004; Kolb in: Gocke Gosch Lang, Körperschaftsteuer Internationales Steuerrecht Doppelbesteuerung, Festschrift für Wassermeyer, München 2005, S. 757, 765 zu II. 2. b; BMF-Schreiben vom 19. September 1994 IV C 6 - S 1301 Schz - 60/94, BStBl I 1994, 683, Tzn 13 und 14, Satz 1, bei dem es sich um eine generelle Vereinbarung der Vertragsstaaten handelt: s. Einführungsschreiben der Eidgenössischen Steuerverwaltung, Abteilung für internationales Steuerrecht und Doppelbesteuerungsabkommen zu Art. 15a BRD vom 6. September 1994 in: Locher/Meier/von Siebenthal/Kolb, a.a.O., A 3.3.10). Hieraus ergeben sich keine Bedenken. Verständigungsvereinbarungen kommt keine unmittelbare Gesetzeskraft zu (Eilers in: Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 25 MA Rn. 61), auch trotz ihrer völkerrechtlichen Qualität als Verwaltungsabkommen im Sinne des Art. 59 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes (-GG-; Jarass/Pieroth, GG, Kommentar, 9. Aufl., 2007, Art. 59 Rn. 20 ff). Sie dienen lediglich als Auslegungshilfe, wenn das in ihnen dargestellte Verhandlungsergebnis auch mit den Auslegungsregeln der allgemeinen Rechtslehre (Wassermeyer, Steuer und Wirtschaft -StuW-, 1990, 404; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 5. Aufl., 1983, Kapitel 5 mit umfangreichen Nachweisen) gewonnen werden kann (BFH-Urteil vom 21. August 1996 I R 80/95, BStBl II 1997, 134, mit weiteren Nachweisen; Hardt in: Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Schweiz Art. 26 Rn. 205 und 206, mit umfangreichen Nachweisen zur höchstrichterlichen Rechtsprechung). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zuvor dargelegten Ausführungen zu 2. Bezug genommen. |
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| b) Die zuvor dargelegten Rechtsgrundsätze gelten auch dann, wenn die sich aus den allgemeinen Grundsätzen ergebende Auslegung (wie im vorliegenden Fall durch den erkennenden Senat) im Zusammenhang mit der Praxis des anderen Vertragsstaates (hier: der Schweiz) zu Schwierigkeiten führen kann (wovon auszugehen ist; Kolb in: Gocke Gosch Lang, Körperschaftsteuer Internationales Steuerrecht Doppelbesteuerung, Festschrift für Wassermeyer, München 2005, S. 757 [S. 770, letzter Absatz]). Nur auf Grund einer gesetzlichen Regelung wäre es möglich, eine Bindungswirkung für die (Finanz)Gerichte zu erreichen (BFH-Urteil vom 9. Oktober 1985 I R 128/80, BStBl II 1988, 810; Hinweis jedoch auf die BFH-Rechtsprechung zur Bestimmung der Nr. II. 1. des Verhandlungsprotokolls, die eine -für die Finanzgerichte- verbindliche Vorgabe für die Auslegung des Art. 15a Abs 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1989 darstellt: BFH-Urteile in BFH/NV 2007, 875, zu II. 2. b aa; in BFH/NV 2005, 267 zu II. 2.; in BStBl II 2001, 633; Kolb in: Gocke Gosch Lang, Körperschaftsteuer Internationales Steuerrecht Doppelbesteuerung, Festschrift für Wassermeyer, München 2005, S. 757 [S. 770, letzter Absatz]). |
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| 4. Nach den zuvor dargelegten Erwägungen ergibt sich eine höhere Einkommensteuer als diejenige, die in dem angegriffenen Einkommensteueränderungsbescheid vom 12. Februar 2004 (danach Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers: xx.xxx EUR DM [zutreffend nach den zuvor dargelegten Erwägungen jedoch: xx.xxx EUR, Bl. 12 der ESt-Akten]) festgesetzt wurde. Der Senat ist an einer (auch unter Berücksichtigung von steuermindernden Besteuerungsgrundlagen) höheren Steuerfestsetzung wegen des im finanzgerichtlichen Verfahren zu berücksichtigenden Verböserungsverbots gehindert (Verbot der reformatio in peius -Gräber/von Groll, a.a.O., § 96 Rn. 5 mit umfangreichen Nachweisen zur höchstrichterlichen Finanzrechtsprechung-). |
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| 6. Die Revision war zuzulassen. Der Sache kommt grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) wegen der Rechtsfrage, ob Arbeitstage im Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers bei der Berechnung der Nichtrückkehrtage im Sinne von Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1989 (in Verbindung mit Nr. II. 2. des Verhandlungsprotokolls) zu berücksichtigen sind. |
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| 7. a) Im übrigen weist der erkennende Senat darauf hin, dass entgegen der -bis zur mündlichen Verhandlung- übereinstimmenden Auffassung der Beteiligten der Kläger keine in Art. 15 Abs. 4 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1989abschließend (Urteil des FG München vom 23. Juli 2003 1 K 1231/00 IStR 2004, 168) genannte Tätigkeit bzw. keine im Sinne des Art. 15 Abs. 4 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1989bestimmte Tätigkeit als leitender Angestellter (BFH-Urteil vom 21. August 2007 I R 17/07, BFH/NV 2008, 530 zu II. 2. b; BFH-Beschluss vom 12. September 2006 I B 27/06, BFH/NV 2007, 13 zu II. 4.) im Streitjahr ausgeübt hat. Nach der zutreffenden Rechtsprechung des BFH ist der Handlungsbevollmächtigte im Sinne von Art. 462 OR (in Verbindung mit Art. 721 OR [und Art. 3 Abs. 2 DBA-Schweiz 1971]; vgl. hierzu: Watter in: Basler Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Honsell Vogt Watter [Hrsg.], Obligationenrecht II, 2. Aufl., 2002, [im folgenden: BSK OR II-Bearbeiter], Art. 721 Rn. 7; Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, Schweizerisches Aktienrecht 1996 § 29 Rn. 67) kein leitender Angestellter im Sinne des Art. 15 Abs. 4 Satz 1 DBA-Schweiz (BFH-Beschluss vom 19. April 1999 I B 141/98, BFH/NV 1999, 1341, zu 2. b; Hinweis auf die deutsche arbeitsrechtliche Abgrenzung, nach der ein Handlungsbevollmächtigter im Sinne des § 54 des Handelsgesetzbuches kein leitender Angestellter ist: s. Koch in: Schaub, Arbeitsrechthandbuch, 11. Aufl., 2005, § 212 Rn. 26). Im Streitfall wurde dem Kläger mit der Verleihung der Zeichnungsberechtigung zur Kollektivunterschrift zu zweien durch den Verwaltungsrat der U-AG (Hinweis auf Art. 716a Abs. 1 Nr. 4 OR; Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, Schweizerisches Aktienrecht, 1996, § 29 Rn. 62-69, mit umfangreichen Nachweisen) lediglich eine -nicht im Schweizerischen Handelsregister eintragbare (Watter in: BSK OR I , 4. Aufl., 2007, Art. 462 Rn. 3)- Handlungsbevollmächtigung im Sinne von Art. 462 OR eingeräumt (vgl. zu den Gründen: Meier-Hayoz/Forstmoser, Schweizerisches Gesellschaftsrecht, 10. Aufl., 2007, § 9 Rn. 62-64; BSK OR II-Watter, Art. 718, Rn. 36 und 37 ). Dies entspricht auch der eigenen Einschätzung des Klägers (Hinweis auf die Angaben zu Zeile 4 und ausgeübter Beruf im Mantelbogen zur Einkommensteuererklärung für das Streitjahr, Bl. 7 der ESt-Akten). Die dem Kläger erteilte Vollmacht erstreckt sich damit auf alle Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Gewerbes wie dasjenige der U-AG (Speditions-, Umschlags- und Lagergeschäft usw, s. zu „Zweck“ lt. Handelsregisterauszug von xxx, Bl. 47 der FG-Akten) oder die Ausführung derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt. Dass der Geschäftsherr (die U-AG) etwas anderes gewollt haben könnte, ist nicht ersichtlich (vgl. in diesem Zusammenhang: BSK OR I-Watter, Art. 462 Rn. 4). Insbesondere sind keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass dem Kläger eine Organvollmacht (eines Direktors, Geschäftsführers) bzw. eine Vollmacht im Sinne einer Prokura erteilt worden ist (Vgl. hierzu: BSK OR II-Watter, Art. 721 Rn. 8). Dem Senat liegen weder die Statuten, das Organisationsreglement (bzw. allgemein: Zeichnungsrechtsregelungen wie z.B. management rules) der U-AG noch ein Beschluss des Verwaltungsrates der U-AG vor, die eine dem entsprechende Feststellung ermöglichen würden. Hiervon unberührt wurden auch keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass der Kläger im Rechtsverkehr als Inhaber einer Organvollmacht bzw. von Organkompetenzen (Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, a.a.O., Art. 37 Rn. 9 und 17; Krneta, Praxiskommentar, Verwaltungsrat, 2. Aufl., 2005 Rn. 2065 ff; Urteil des Bundesgerichts vom 12. Dezember 1991, Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts; Amtliche Sammlung, Lausanne 1875 ff -BGE- 177 II 570, jeweils zu Art. 754 OR) oder als Prokurist aufgetreten ist (BSK OR II-Watter, Art. 718 Rn. 17-21 bzw. Rn. 26-28; Meier-Hayoz/Forstmoser, Schweizerisches Gesellschaftsrecht, 10. Aufl., 2007, § 9 Rn. 20 und 21). |
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| b) Unberührt von den zuvor dargelegten Erwägungen weist der erkennende Senat darauf hin, dass er dem BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 593, BFHE 215, 237, nach dem die Tätigkeit eines in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen leitenden Angestellten für eine Schweizerische Aktiengesellschaft auch (selbst) dann im Sinne des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe d DBA-Schweiz 1971/1989 „ in der Schweiz ausgeübt wird“, wenn sie tatsächlich überwiegend außerhalb der Schweiz verrichtet wird. Die Ausführungen im an den Senat gerichteten BMF-Schreiben vom 6. Juli 2007 entsprechen u.a. den Erwägungen, die der BMF bereits im Revisionsverfahren zum Aktenzeichen I R 81/04 vorgebracht und die der BFH bei seiner Entscheidung (in BFH/NV 2007, 593, BFHE 215, 237) berücksichtigt hat. Hiervon unabhängig ist darauf hinzuweisen, dass sich der erkennende Senat in seinen Urteilen vom 5. Juni 2008 3 K 2564/08 und 3 K 2565/08 mit den Einwendungen des BMF in dessen Schreiben vom 6. Juli 2007 zu dem BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 593, BFHE 215, 237 auseinandergesetzt hat und ihnen nicht gefolgt ist. Hieran hält er fest. |
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