Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 30. Juni 2011 - 3 B 87/10
Gericht
Gründe
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Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Hauptentschädigung, die ihr und ihrer Mutter als Erben des unmittelbar Geschädigten für festgestellte Wegnahmeschäden an Gesellschaftsanteilen und weiterem Vermögen der ehemaligen Firma ... OHG in N. gewährt worden war. Im Jahr 2003 stellte das Sächsische Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen (LROV) fest, dass Ansprüche nach dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz (EALG) bestünden. Mit Bescheid vom 16. Dezember 2008 stellte die Landesdirektion Dresden - Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen - den Betrag der gekürzten Bemessungsgrundlage der Entschädigung für den Gesellschaftsanteil des unmittelbar Geschädigten fest und teilte mit, die nach Abzug des Rückforderungsbetrages verbleibende Entschädigung werde vom Entschädigungsfonds ausgezahlt. In der Begründung des Bescheides wird die Bemessungsgrundlage auch aus den Bemessungsgrundlagen für die Anteile am Grundvermögen und am land- und forstwirtschaftlichen Vermögen berechnet. Der Beklagte, der die Bemessungsgrundlage als vollen Schadensausgleich gemäß § 349 Abs. 3 Lastenausgleichsgesetz (LAG) betrachtete, forderte daraufhin von der Klägerin die Hauptentschädigung durch zwei Rückforderungsbescheide zur Verrechnung zurück. Während des Klageverfahrens fasste die Landesdirektion Dresden Nr. 1 des Bescheides vom 16. Dezember 2008 mit Änderungsbescheid vom 2. März 2010 neu. Die gekürzte Bemessungsgrundlage der Entschädigung wurde nunmehr neben dem Gesellschaftsanteil der OHG auf die geschädigten Anteile am land- und forstwirtschaftlichen Vermögen und am Wohn- und Geschäftsgebäude gestützt. Zur Begründung heißt es, es bestehe Anlass zur Neufassung, um klarzustellen, dass sich der im Entscheidungssatz genannte Betrag aus den Teilbeträgen für alle drei verfahrensgegenständlichen Vermögenswerte ergebe, die in den Gründen zusammengerechnet worden seien. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und bestätigt, dass im Bescheid vom 16. Dezember 2008 alle drei im Schadensfeststellungsverfahren nach dem Beweissicherungs- und Feststellungsgesetz (BFG) angemeldeten Vermögenswerte zugrunde gelegt worden seien.
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Gerichtsbescheid bleibt ohne Erfolg.
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1. Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache nicht zu. Die Klägerin will im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geklärt wissen, ob bei der Auslegung des Entscheidungssatzes eines Verwaltungsakts die zur Begründung gegebenen Ausführungen des Verwaltungsakts heranzuziehen sind. Es bedarf indes keines Revisionsverfahrens, um diese Frage im Sinne des angefochtenen Urteils zu bejahen. Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist entsprechend den zu den §§ 133, 157 BGB entwickelten Regeln zu ermitteln. Dabei ist der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte (stRspr, vgl. Beschluss vom 4. Dezember 2008 - BVerwG 2 B 60.08 - juris Rn. 2 m.w.N.). Bei der Ermittlung dieses objektiven Erklärungswertes sind alle dem Empfänger bekannten oder erkennbaren Umstände heranzuziehen, insbesondere auch die Begründung des Verwaltungsakts (vgl. Urteil vom 18. Juni 1980 - BVerwG 6 C 55.79 - BVerwGE 60, 223 <228 f.> = Buchholz 448.0 § 25a WPflG Nr. 2). Sie hat einen, von der Klägerin zu Unrecht in Abrede gestellten, unmittelbaren Zusammenhang mit dem Regelungsgehalt; denn die Begründung ist die Erläuterung der Behörde, warum sie den verfügenden Teil ihres Verwaltungsakts so und nicht anders erlassen hat. Die Begründung bestimmt damit den Inhalt der getroffenen Regelung mit, sodass sie in aller Regel unverzichtbares Auslegungskriterium ist (vgl. U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 7. Auflage 2008, § 39 Rn. 26 m.w.N.). Dies gilt etwa in Fällen, in denen ein im Entscheidungssatz ausgeworfener Betrag (hier: die Bemessungsgrundlage) durch Berechnungen im Begründungsteil des Verwaltungsakts verdeutlicht wird.
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2. Die Beschwerde hat auch dann keinen Erfolg, wenn man annimmt, die Klägerin mache sinngemäß einen Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend, indem sie rügt, das Verwaltungsgericht habe den Bescheid des LROV in der Fassung des Änderungsbescheides der Landesdirektion Dresden falsch ausgelegt. Die Feststellung des Inhalts von Verwaltungsakten ist grundsätzlich Tatsachenermittlung. Für das Revisionsgericht sind die tatrichterlichen Feststellungen über den Wortlaut von Bescheiden, ihren Erklärungswert und ihre Begleitumstände bindend. Das Ergebnis dieser Feststellung ist revisionsgerichtlich nur darauf überprüfbar, ob allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Auslegungsregeln verletzt sind (Urteile vom 4. Dezember 2001 - BVerwG 4 C 2.00 - BVerwGE 115, 274 <280> = Buchholz 406.27 § 31 BBergG Nr. 2 und vom 24. März 2011 - BVerwG 3 C 23.10 - juris Rn. 11 m.w.N.). Für einen solchen Verstoß legt die Beschwerde nichts dar.
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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(1) Der Inhaber einer Bewilligung hat jährlich für die innerhalb des jeweiligen Jahres aus dem Bewilligungsfeld gewonnenen oder mitgewonnenen bergfreien Bodenschätze eine Förderabgabe zu entrichten. Gleiches gilt für den Bergwerkseigentümer. Eine Förderabgabe ist nicht zu entrichten, soweit die Bodenschätze ausschließlich aus gewinnungstechnischen Gründen gewonnen und nicht wirtschaftlich verwertet werden. Satz 3 gilt nicht für die Errichtung eines Untergrundspeichers.
(2) Die Förderabgabe beträgt zehn vom Hundert des Marktwertes, der für im Geltungsbereich dieses Gesetzes gewonnene Bodenschätze dieser Art innerhalb des Erhebungszeitraums durchschnittlich erzielt wird. Für Bodenschätze, die keinen Marktwert haben, stellt die zuständige Behörde nach Anhörung sachverständiger Stellen den für die Förderabgabe zugrunde zu legenden Wert fest.
(3) § 30 Abs. 2 gilt entsprechend.