Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 22. Dez. 2011 - 2 B 71/10
Gericht
Gründe
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Die auf sämtliche Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.
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1. Der Kläger stand bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand Ende Dezember 2006 als Oberstleutnant (Besoldungsgruppe A 14 BBesO) im Dienst der Beklagten. Seit dem 4. August 1997 war er für die Wahrnehmung von Personalratsaufgaben freigestellt. Als freigestelltes Mitglied des Personalrats wurde er im Mai 1998 auf eine nach Besoldungsgruppe A 14 BBesO dotierte Planstelle z.b.V. versetzt. Im November 2000 beantragte er, ihn rückwirkend zum 1. Oktober 2000 in die Besoldungsgruppe A 15 BBesO einzuweisen und ihn für den Fall einer ablehnenden Entscheidung so zu stellen, wie er bei antragsgemäßer Entscheidung gestanden hätte. Antrag und Beschwerde blieben ohne Erfolg. Vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide zu verpflichten, ihn in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 BBesO einzuweisen, festzustellen, dass es rechtswidrig gewesen ist, ihn nicht spätestens zum 1. Oktober 2000 in eine solche Planstelle einzuweisen, und die Beklagte zu verpflichten, ihn dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, wie er im Falle einer Einweisung in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 BBesO zum 1. Oktober 2000 stünde. Das Verwaltungsgericht hat der Klage hinsichtlich des begehrten Schadensersatzes stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Schadensersatz, weil die Beklagte seine Einweisung in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 BBesO zum 1. Oktober 2000 zu Recht abgelehnt habe. Der Kläger habe zu diesem Zeitpunkt lediglich einen nach der Besoldungsgruppe A 14 BBesO bewerteten Dienstposten inne gehabt. Nach dem Bundesbesoldungsgesetz komme eine Einweisung eines Oberstleutnants in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 BBesO nur in Betracht, wenn er Inhaber eines herausgehobenen und somit mindestens mit der Besoldungsgruppe A 15 BBesO bewerteten Dienstpostens sei. Auch aus prozessualen Gründen könne sich der Kläger nicht auf ein rechtswidriges Handeln der Beklagten berufen. Denn die inzidente Feststellung des Verwaltungsgerichts zur Rechtmäßigkeit der Ablehnung des Antrags des Klägers, ihn zum 1. Oktober 2000 in die Besoldungsgruppe A 15 BBesO einzuweisen, sei in Rechtskraft erwachsen. Auch habe die Beklagte bei der Entscheidung über die Vergabe von zwölf Planstellen der Besoldungsgruppe A 15 BBesO an Offiziere des Dienstgrads Oberstleutnant nicht zu Lasten des Klägers gegen den Grundsatz der Bestenauslese verstoßen. Schließlich fehle es an dem für den Schadensersatzanspruch erforderlichen Verschulden der Beklagten.
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2. Ist eine Berufungsentscheidung - wie hier - auf mehrere selbstständig tragende Gründe gestützt, kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Revision nur zugelassen werden, wenn gegenüber jeder der Begründungen ein durchgreifender Revisionszulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (vgl. u.a. Beschlüsse vom 15. Juni 1990 - BVerwG 1 B 92.90 - Buchholz 11 Art. 116 GG Nr. 20, vom 20. August 1993 - BVerwG 9 B 512.93 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 320 S. 51 und vom 9. Dezember 1994 - BVerwG 11 PKH 28.94 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4 S. 4). Daran fehlt es hier.
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Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz setzt voraus, dass der Dienstherr schuldhaft eine eigene, in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis wurzelnde (quasi-vertragliche) Verbindlichkeit verletzt hat, dieser Rechtsverstoß adäquat kausal für den eingetretenen Schaden gewesen ist und der Betroffene es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (Urteile vom 25. August 1988 - BVerwG 2 C 51.86 - BVerwGE 80, 123 <124> = Buchholz 237.7 § 7 NWLBG Nr. 5, vom 28. Mai 1998 - BVerwG 2 C 29.97 - BVerwGE 107, 29 <31> = Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 40, vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <101 ff.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 28 und vom 25. Februar 2010 - BVerwG 2 C 22.09 - BVerwGE 136, 140 <143> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 45 S. 26). Diese für das Beamtenverhältnis entwickelten Grundsätze gelten auch für das Soldatenverhältnis.
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Die Ablehnung des Antrags auf Schadensersatz in Bezug auf die unterbliebene Einweisung in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 BBesO zum 1. Oktober 2000 hat das Berufungsgericht auch darauf gestützt, das Verwaltungsgericht habe den entsprechenden Feststellungsantrag rechtskräftig abgewiesen. Diese Begründung trägt die Abweisung der Klage hinsichtlich des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs selbstständig. Hinsichtlich dieser Begründung macht die Beschwerde keinen Zulassungsgrund geltend.
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Die Rechtskraft eines Urteils, durch das eine Feststellungsklage abgewiesen wird, ist identisch mit einer rechtskräftig gewordenen gegenteiligen Feststellung (Urteile vom 29. August 1966 - BVerwG 8 C 353.63 - BVerwGE 25, 7 <9> = Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 22 und vom 23. Februar 1993 - BVerwG 1 C 16.87 - Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 64 = NVwZ 1993, 781). Damit ist rechtskräftig entschieden, dass das Unterlassen der Beklagten, den Kläger zum 1. Oktober 2000 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 BBesO einzuweisen, rechtmäßig war. Die Beurteilung dieses Unterlassens als rechtmäßig ist nach § 121 Nr. 1 VwGO auch für die Klage auf Schadensersatz bindend. Die Rechtskraft eines Urteils soll gerade verhindern, dass die aus einem festgestellten Tatbestand hergeleitete Rechtsfolge, über die durch ein Urteil rechtskräftig entschieden worden ist, erneut zum Gegenstand eines Verfahrens zwischen denselben Beteiligten gemacht wird (Urteile vom 8. Dezember 1992 - BVerwG 1 C 12.92 - BVerwGE 91, 256 <258> = Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 63 und vom 10. Mai 1994 - BVerwG 9 C 501.93 - BVerwGE 96, 24 <25> = Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 68 m.w.N.; BGH, Urteil vom 17. Februar 1983 - III ZR 184/81 - NJW 1983, 2032). Danach ist bei einer rechtskräftig als rechtmäßig bewerteten Amtshandlung oder entsprechendem behördlichen Unterlassen ein Schadensersatzanspruch, der die schuldhafte Verletzung einer Verbindlichkeit der Behörde voraussetzt, ausgeschlossen.
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Die Feststellung des Oberverwaltungsgerichts, dass die Abweisung des Feststellungsantrags durch das Verwaltungsgericht als unbegründet rechtskräftig geworden ist, wird, ohne dass hiergegen eine zulässige und begründete Verfahrensrüge erhoben oder ein anderer Zulassungsgrund geltend gemacht wurde, nach Art einer Berufungsbegründung im Zusammenhang mit dem angeblichen Verfahrensmangel der unvorschriftsmäßigen Besetzung des Oberverwaltungsgerichts wegen Voreingenommenheit des Einzelrichters angegriffen. Der hier gerügte Verfahrensmangel ist nicht in der nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen Weise dargelegt.
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Ein Gericht ist nur dann nicht vorschriftsmäßig besetzt, wenn willkürliche oder manipulative Erwägungen für die Fehlerhaftigkeit des als Mangel gerügten Vorgangs bestimmend gewesen sind (Beschluss vom 25. September 1987 - BVerwG 9 CB 59.87 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 72 und vom 13. Juni 1991 - BVerwG 5 ER 614.90 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 1 VwGO Nr. 28 m.w.N.). Die Beschwerde muss die Tatsachen, aus denen sie den Mangel herleitet, in einer substantiierten Weise vortragen, die dem Revisionsgericht ohne Weiteres die Beurteilung ermöglicht (vgl. Beschlüsse vom 17. Dezember 1982 - BVerwG 8 CB 83.80 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 1 VwGO Nr. 24 S. 3 f. m.w.N. und vom 27. Juni 1995 - BVerwG 5 B 53.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 9 S. 7). Diese Voraussetzungen sind hier durch die Ausführungen unter VI. 5 und 6 der Beschwerdebegründung nicht erfüllt.
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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab.
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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.
(2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern. Sie gelten als nicht ausgebürgert, sofern sie nach dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in Deutschland genommen haben und nicht einen entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht haben.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
Legen Beamtinnen oder Beamte, deren Rechte und Pflichten aus dem Beamtenverhältnis ruhen oder die ohne Besoldung beurlaubt sind, ihr Mandat im Europäischen Parlament, im Deutschen Bundestag oder in der gesetzgebenden Körperschaft eines Landes nieder und bewerben sie sich zu diesem Zeitpunkt erneut um ein Mandat, ist die Übertragung eines anderen Amtes mit höherem Endgrundgehalt und die Übertragung eines anderen Amtes beim Wechsel der Laufbahngruppe nicht zulässig. Satz 1 gilt entsprechend für die Zeit zwischen zwei Wahlperioden.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,
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die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und - 2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.
(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
(2) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen. Die Beschwerde muß das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, einzureichen. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Wird der Beschwerde nicht abgeholfen, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß. Der Beschluß soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(6) Liegen die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluß das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.