Bundesverwaltungsgericht Urteil, 22. März 2016 - 1 C 10/15
Gericht
Tatbestand
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Die Kläger, iranische Staatsangehörige, reisten im Mai 2011 in die Bundesrepublik Deutschland ein. In ihren iranischen Reisepässen befanden sich spanische Schengen-Visa. Zur Begründung ihrer Asylanträge gaben die Kläger an, dass sie in ihrem Heimatland politisch verfolgt worden seien.
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Am 27. Mai 2011 bat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) Spanien um Übernahme des Asylverfahrens nach der Dublin II-Verordnung. Die spanischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 13. Juni 2011 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylanträge gemäß Art. 9 Abs. 2 Dublin II-VO. Mit Bescheid vom 17. Juni 2011 stellte das Bundesamt fest, dass die Asylanträge der Kläger unzulässig sind und ordnete deren Abschiebung nach Spanien an.
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Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 28. Juni 2011 nahmen die Kläger ihre Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigte gemäß Art. 16a Abs. 1 GG sowie auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG zurück und beantragten nur noch die Feststellung subsidiären Schutzes.
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Mit Bescheid vom 30. Juni 2011 stellte daraufhin das Bundesamt die Asylverfahren der Kläger ein (Ziffer 1 des Bescheids) und ordnete die Abschiebung nach Spanien an (Ziffer 2 des Bescheids). Das Verwaltungsgericht gewährte vorläufigen Rechtsschutz und hob mit Urteil vom 16. Mai 2012 die Ziffer 2 des Bundesamtsbescheids auf. Durch die Rücknahme der Asylanträge mit ex tunc-Wirkung sei die Zuständigkeit Spaniens für die Bearbeitung der Asylanträge rückwirkend wieder entfallen, da der Anwendungsbereich der Dublin II-VO nur Asylanträge, nicht dagegen den sogenannten subsidiären Schutz umfasse.
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Mit Urteil vom 21. Mai 2015 hat der Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen. Die Abschiebungsanordnung in Ziffer 2 des Bundesamtsbescheids sei rechtmäßig. Unabhängig von der Frage, ob unter einem Asylantrag im Sinne von Art. 2 Buchst. c der Dublin II-VO lediglich der Antrag auf Flüchtlingsschutz oder auch der auf subsidiären internationalen Schutz zu verstehen sei, sei im vorliegenden Fall die Zuständigkeit Spaniens mit dessen Zustimmung begründet worden, und diese sei durch die Rücknahme der Asylanträge nicht wieder entfallen. Die Erteilung der Zustimmung entfalte für die Zuständigkeitsbestimmung gleichsam konstitutive Wirkung. Die Zustimmung beende das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats; der Hauptzweck der Dublin II-VO, d.h. die Ermittlung des für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, sei damit erreicht. Dem Asylantragsteller sei es verwehrt, gegen eine durch Zustimmung des ersuchten Mitgliedstaats begründete Zuständigkeit vorzugehen. Denn nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteil vom 10. Dezember 2013 - C-394/12 [ECLI:EU:C:2013:813], Abdullahi -) könne der Antragsteller dem nur insoweit entgegentreten, als er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend mache, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellten, dass er tatsächlich Gefahr laufe, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausgesetzt zu werden. Das Dublin-Verfahren diene vorrangig der Klärung der Zuständigkeitsfrage mit dem Ziel einer zügigen Bearbeitung der Asylanträge; subjektive Rechte des Antragstellers auf Prüfung seines Asylantrags durch einen bestimmten Mitgliedstaat würden nicht begründet. Die durch die Zustimmung begründete Zuständigkeit Spaniens sei durch die Rücknahme der Asylanträge auch nicht wieder entfallen.
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Die Kläger wenden sich mit ihrer Revision gegen die Rechtsauslegung des Berufungsgerichts. Sie machen geltend, das Berufungsgericht habe Bundesrecht verletzt, weil es den Begriff des "Asylantrags" entgegen dem Wortlaut des § 27a AsylVfG (jetzt: AsylG) nicht unionsrechtlich, sondern nach nationalem Recht ausgelegt habe und somit zu einem Ergebnis gelangt sei, das nicht im Einklang mit der Dublin II-Verordnung stehe. Aus Art. 2 Buchst. c Dublin II-VO ergebe sich, dass die Dublin II-Verordnung nur auf Anträge anwendbar gewesen sei, mit denen die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begehrt, nicht aber auf solche, mit denen unionsrechtlicher subsidiärer Schutz begehrt werde. Denn nach Art. 2 Buchst. c Dublin II-VO sei von der Legaldefinition des "Asylantrags" nicht mehr auszugehen, wenn der Drittstaatsangehörige "ausdrücklich um einen anderweitigen Schutz (ersucht) habe, der gesondert beantragt werden kann". Die Zustimmungserklärung des Mitgliedstaats Spanien habe sich entsprechend dem Regelungsmechanismus der Dublin II-Verordnung daher nur auf die Prüfung der "Asylanträge" im Sinne der Dublin II-Verordnung gerichtet. Infolge der Rücknahme der Asylanträge der Kläger sei die Dublin II-Verordnung im Zeitpunkt der Behördenentscheidung mangels "Asylantrags" im Sinne von Art. 2 Buchst. c Satz 1 Dublin II-VO nicht anwendbar gewesen, so dass das Berufungsgericht für die Begründung der Anwendbarkeit der Dublin II-Verordnung auch nicht auf deren Hauptzweck habe abstellen dürfen. Die Beklagte habe zudem das hier zugrunde liegende Recht, die Dublin-Regeln, außer Kraft gesetzt.
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Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.
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Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hat sich am Verfahren beteiligt.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Kläger ist unbegründet. Das Urteil des Berufungsgerichts steht im Einklang mit revisiblem Recht. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die angefochtene Abschiebungsandrohung (Ziffer 2 des Bundesamtsbescheids vom 30. Juni 2011) rechtmäßig ist (1.) und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) (2.).
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Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens ist das Asylgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1789), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. März 2016 (BGBl. I S. 390, 394). Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Rechtsänderungen, die nach der Berufungsentscheidung eintreten, zu berücksichtigen, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie seinerseits zu berücksichtigen hätte (BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 - 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251 Rn. 19). Da es sich vorliegend um eine asylrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Berufungsgericht nach § 77 Abs. 1 AsylG regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen hat, müsste es - wenn es jetzt entschiede - die neue Rechtslage zugrunde legen, soweit nicht hiervon - wie im vorliegenden Fall in Bezug auf die maßgebliche Dublin-Verordnung - eine Abweichung aus Gründen des materiellen Rechts geboten ist.
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1. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Abschiebungsanordnung ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG (jetzt: AsylG) findet. Ihr Erlass setzt voraus, dass der Antragsteller in den sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG) oder in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylG) abgeschoben werden kann. Durch den Verweis auf § 26a AsylG und § 27a AsylG kennzeichnet § 34a Abs. 1 AsylG die Voraussetzungen, die für den Erlass einer Abschiebungsanordnung vorliegen müssen. § 27a AsylG sieht einen Ausschluss vom Zugang zu einer inhaltlichen Überprüfung eines Asylantrags u.a. für diejenigen Antragsteller vor, für die ein anderer Staat aufgrund von unionsrechtlichen Vorschriften zuständig ist. Hierbei bestimmt die Dublin-Verordnung die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats.
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Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass für die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit im vorliegenden Fall weiterhin die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl. L 050 S. 1) - Dublin II-VO - maßgeblich ist. Dies ergibt sich aus der Übergangsregelung in Art. 49 Abs. 2 der am 19. Juli 2013 in Kraft getretenen Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 S. 31) - Dublin III-VO -. Danach ist die Dublin III-VO erst auf Anträge zur Erlangung internationalen Schutzes anwendbar, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden. Seit diesem Zeitpunkt gilt sie außerdem - ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung - für alle Gesuche um Aufnahme und Wiederaufnahme von Antragstellern. Hier wurden der Asylantrag und das Aufnahmegesuch vor diesem Stichtag gestellt.
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Entgegen der Auffassung der Kläger konnte die kurzzeitige faktische Nichtanwendung der Dublin-Regeln im September/Oktober 2015 nicht zu einer für das Gericht normativ beachtlichen Außerkraftsetzung der Dublin-Verordnung führen, da diese verbindlich ist und unmittelbar in jedem EU-Mitgliedstaat gilt (Art. 288 Abs. 2 AEUV).
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1.1 Nach den in der Dublin II-Verordnung festgelegten Kriterien obliegt Spanien die Prüfung der klägerischen Anträge. Die originäre Zuständigkeit Spaniens ergibt sich aus Art. 9 Abs. 2 Dublin II-VO. Die Zuständigkeit ist nicht nachträglich auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen, und zwar weder wegen Überschreitens der sogenannten Überstellungsfrist (Art. 19 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 Dublin II-VO <1.1.1>) noch durch die Rücknahme der klägerischen Asylanträge und die Beschränkung ihrer Anträge auf die Gewährung subsidiären Schutzes (1.1.2).
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Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO wird der Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats werden in der in Kapitel III der Verordnung niedergelegten Reihenfolge geprüft (vgl. Art. 5 Abs. 1 Dublin II-VO). Maßgeblich hierfür ist die Situation, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt (sogenannte Versteinerungsregel; vgl. EuGH, Urteil vom 6. Juni 2013 - C-648/11 [ECLI:EU:C:2013:367], MA u.a. - Rn. 45; Filzwieser/Liebminger, Dublin II-Verordnung, 2. Aufl. 2007, Art. 5 Anm. K4). Nach Art. 9 Abs. 2 Dublin II-VO bestimmt sich die Zuständigkeit eines Staats aufgrund eines von ihm ausgestellten Visums, wenn der Asylbewerber eines der in Art. 2 Buchst. k Dublin II-VO genannten Visa besitzt. Ausweislich der Behördenakte verfügen die Kläger über spanische Schengen-Visa, die nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz - AufenthG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 11. März 2016 (BGBl. I S. 394) für die Durchreise oder für Kurzaufenthalte bis zu drei Monaten im Hoheitsgebiet der Schengen-Staaten erteilt werden. Spanien ist daher nach Art. 9 Abs. 2 Dublin II-VO als der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Mitgliedstaat anzusehen.
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1.1.1 Die Zuständigkeit ist nicht nachträglich auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen. Ein Übergang der Zuständigkeit ist zunächst nicht deswegen gegeben, weil die Überstellung nach Spanien nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten erfolgt ist. Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Dublin II-VO bestimmt, dass die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab der Annahme des Antrags auf Aufnahme oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf erfolgt, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Mit "Entscheidung über den Rechtsbehelf" ist nicht die gerichtliche Entscheidung in dem zugehörigen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemeint, mit der die Durchführung der Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat ausgesetzt wird, sondern die Entscheidung, mit der das Gericht "über die Rechtmäßigkeit des Verfahrens" entscheidet und die der Durchführung des Überstellungsverfahrens nicht mehr entgegenstehen kann (vgl. zur entsprechenden Frist in Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Dublin II-VO: EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 - C-19/08 [ECLI:EU:C:2009:41], Petrosian u.a. - Rn. 53; BVerwG, Beschluss vom 7. Dezember 2015 - 1 B 66.15 - juris Rn. 9). Wird die aufschiebende Wirkung - wie hier durch Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 27. Oktober 2011 - gewährt, so beginnt die Überstellungsfrist erst mit der Entscheidung in der Hauptsache zu laufen, da erst ab diesem Zeitpunkt die erforderlichen organisatorischen Maßnahmen zur Überstellung getroffen werden können (so auch Hailbronner, AuslR, Stand November 2015, § 27a AsylVfG Rn. 49).
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1.1.2 Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die Zuständigkeit Spaniens auch nicht durch die Rücknahme der klägerischen Asylanträge und die Beschränkung der Anträge auf die Gewährung subsidiären Schutzes wieder entfallen ist.
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1.1.2.1 Zwar weisen die Kläger zu Recht darauf hin, dass der Begriff "Asylantrag" im Sinne von Art. 2 Buchst. c Dublin II-VO nur Anträge bezeichnet, mit denen die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begehrt wird, und auf den unionsrechtlichen subsidiären Schutz beschränkte Anträge nicht mit einschließt. Dass die Dublin II-VO nicht für Personen gilt, die ausschließlich subsidiären Schutz beantragen, bestätigt der Bericht der Kommission der Europäischen Gemeinschaft zur Bewertung des Dublin-Systems vom 6. Juni 2007 (KOM <2007> 299 endg. 2.3.1). Hierin wird u.a. ausgeführt, dass im Zeitpunkt der Annahme der Verordnung ein subsidiäres Schutzkonzept noch nicht Teil des gemeinschaftsrechtlichen Besitzstandes war. Erst mit der Annahme der Richtlinie 2004/83/EG des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes vom 29. April 2004 (ABl. L 304 S. 12, ber. ABl. L 204 S. 24) - sogenannte Qualifikationsrichtlinie - wurde das Konzept des subsidiären Rechtsschutzes zu einem Bestandteil des EU-Rechtsrahmens im Asylbereich.
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1.1.2.2 Entgegen der Annahme der Kläger führt die Rücknahme der Asylanträge aber nicht dazu, dass die Anwendbarkeit der Dublin II-VO nachträglich entfällt mit der Folge, dass nicht Spanien, sondern die Bundesrepublik Deutschland für die Prüfung des subsidiären Schutzanspruchs zuständig wäre. Denn im Zeitpunkt der Rücknahme der Asylanträge durch die Kläger mit Schriftsatz vom 28. Juni 2011 war die Annahme des Übernahmegesuchs durch Spanien (13. Juni 2011) bereits erfolgt und das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats damit abgeschlossen. Denn mit der Zustimmung steht der für die Prüfung des Asylantrags zuständige Mitgliedstaat fest (vgl. auch: Hailbronner, AuslR, Stand November 2015, § 27a AsylVfG Rn. 59; Bergmann, ZAR 2015, 81 <88>).
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Für eine auch nach Rücknahme des auf den Flüchtlingsschutz gerichteten Begehrens beachtliche Wirkung der Zustimmung zur Übernahme seitens des ersuchten Mitgliedstaats spricht auch Folgendes: Zwar bestimmen allein die Kriterien des Kapitels III der Dublin II-Verordnung die Zuständigkeit für die Prüfung des Asylantrags. An diese im Zeitpunkt einer Asylantragstellung bestehende Zuständigkeit eines Staats knüpfen die Verpflichtungen zur Aufnahme oder Wiederaufnahme des Asylbewerbers an (Art. 16 Abs. 1 Dublin II-VO; Hermann, Das Dublin System, 2008, S. 54 f.). Art. 16 Dublin II-VO ist erst dann anzuwenden, wenn die Zuständigkeit anlässlich der ersten Asylantragstellung in einem Mitgliedstaat (Art. 4 Abs. 2 Dublin II-VO) nach den Kriterien des Kapitels III oder IV, entweder durch Nichteinleitung eines Aufnahmeverfahrens (wegen angenommener eigener Zuständigkeit oder Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO) durch den Mitgliedstaat des ersten Asylantrags oder durch Zustimmung des ersuchten Mitgliedstaats zu einem Aufnahmeersuchen nach Art. 17 und 18 Dublin II-VO anerkannt worden ist. Die Feststellung der Zuständigkeit zur Prüfung des Asylantrags im Sinne des Art. 16 Abs. 1 Dublin II-VO bedingt somit einen Akt eines Mitgliedstaats (vgl. in diesem Sinne auch: Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung, 3. Aufl. 2010, Art. 16 Anm. K2). Die ausschließliche Zuständigkeit eines Mitgliedstaats wird durch die Zustimmungserklärung zur Übernahme eines Asylbewerbers begründet.
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Auch systematische Gründe sprechen für die konstitutive Wirkung der Zuständigkeitserklärung. So sieht Art. 18 Abs. 7 Dublin II-VO vor, dass das Einverständnis des ersuchten Mitgliedstaats mit einer Aufnahme fingiert wird, wenn innerhalb einer bestimmten Frist keine Antwort erteilt wird. Bei Verstreichenlassen der in Art. 18 Abs. 7 Dublin II-VO genannten Frist wird der ersuchte Mitgliedstaat daher ex lege zuständig (Zuständigkeit infolge Verfristung, vgl. Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung, 3. Aufl. 2010, Art. 18 Anm. K16). Die Zustimmungsfiktion begründet somit die Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedstaats, ohne dass es darauf ankommt, ob die Voraussetzungen der Zuständigkeitskriterien des Kapitels III der Dublin II-VO erfüllt sind. Entsprechendes muss für die innerhalb der Frist erteilte Zustimmung des ersuchten Mitgliedstaats gelten. Denn die Zuständigkeitsbestimmungen dienen in ihrer Gesamtheit dem Ziel, eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zu ermöglichen, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten und das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Asylanträge nicht zu gefährden (4. Erwägungsgrund der Dublin II-VO).
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Aufgrund des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 3. Mai 2012 - C-620/10 [ECLI:EU:C:2012:265], Kastrati u.a. - ist es als geklärt anzusehen, dass es in den Fällen einer Asylantragsrücknahme für die Anwendbarkeit der Zuständigkeitsbestimmungen der Dublin II-VO maßgeblich darauf ankommt, wann der für die Prüfung des Antrags zuständige Mitgliedstaat der Aufnahme zugestimmt hat. Die Folgen einer Rücknahme des Asylantrags sind in der Dublin II-VO nur für die Fälle geregelt, in denen einer von mehreren Anträgen zurückgenommen wird (vgl. Art. 4 Abs. 5 und Art. 16 Satz 1 Buchst. d und Abs. 4 Dublin II-VO), nicht aber für Sachverhalte wie den vorliegenden, in denen der Asylbewerber den Antrag zurückgenommen hat, ohne in zumindest einem anderen Mitgliedstaat auch einen solchen Antrag gestellt zu haben. Für die Fälle der Rücknahme eines einzigen im Unionsgebiet gestellten Asylantrags hat der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 3. Mai 2012 -C-620/10 - (Rn. 47) entschieden, dass die Dublin II-VO nicht mehr anzuwenden ist, wenn die Rücknahme des Asylantrags erfolgt, bevor der für die Prüfung dieses Antrags zuständige Mitgliedstaat der Aufnahme des Antragstellers zugestimmt hat. Zur Begründung führt der Gerichtshof aus, dass in diesem Fall der Hauptzweck der Verordnung, d.h. die Ermittlung des für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten, nicht mehr erreicht werden kann (EuGH, Urteil vom 3. Mai 2012 - C-620/10 - Rn. 42). In diesem Fall ist es Sache des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet der Antrag gestellt wurde, die durch die Rücknahme veranlassten Entscheidungen zu treffen und insbesondere die Antragsprüfung einzustellen (EuGH, Urteil vom 3. Mai 2012 - C-620/10 - Rn. 48). Das Berufungsgericht hat dem Abstellen auf den Zeitpunkt der Rücknahme bzw. Beschränkung des Antrags zu Recht - im Umkehrschluss - die Entscheidung entnommen, dass in Fällen wie den vorliegenden, in denen die Rücknahme des Asylantrags nach Zustimmung zur Übernahme erfolgt, die Dublin II-VO weiter Anwendung findet. Wegen der Zweistufigkeit des Verfahrens - Klärung der unionsrechtlichen Zuständigkeit und sodann Durchführung des Verfahrens - steht mit der Zustimmung zur Übernahme der für die Prüfung des Asylantrags zuständige Mitgliedstaat fest und das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ist abgeschlossen. Die nachträgliche Rücknahme des Asylantrags kann der Erfüllung des Hauptzwecks der Dublin II-Verordnung, der Ermittlung des zuständigen Mitgliedstaats, nicht mehr entgegenstehen.
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1.2 Das Berufungsgericht nimmt ferner zu Recht an, dass die Anwendbarkeit der Dublin II-VO im Falle der Rücknahme des (einzigen) Asylantrags nicht davon abhängt, ob man der Antragsrücknahme ex tunc- oder ex nunc-Wirkung beimisst. Denn eine - wirksame - Rücknahme des Asylantrags führt nicht ipso jure zum Abschluss des Asylverfahrens. Vielmehr ist dies erst dann der Fall, wenn die zuständige mitgliedstaatliche Behörde eine abschließende Entscheidung getroffen hat. Für den Fall der Rücknahme des Asylantrags bestimmt Art. 19 der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (ABl. L 326, S. 13), dass, soweit die Mitgliedstaaten in den nationalen Rechtsvorschriften die Möglichkeit einer ausdrücklichen Rücknahme vorsehen, sichergestellt werden muss, dass die Asylbehörde im Fall der ausdrücklichen Rücknahme eines Asylantrags die Entscheidung trifft, entweder die Antragsprüfung einzustellen oder den Antrag abzulehnen. Hat aber die zuständige Asylbehörde im Fall der Rücknahme des Asylantrags noch eine verfahrensbeendende Entscheidung herbeizuführen, setzt dies voraus, dass trotz Rücknahmeerklärung des Asylbewerbers noch die zuständige Asylbehörde nach den Vorgaben der Dublin II-VO bestimmt werden kann. Diese Auslegung deckt sich auch mit dem Ziel der Dublin II-VO, die Zuständigkeiten eines Mitgliedstaats möglichst rasch allein anhand objektiver Kriterien zu begründen und dem Asylbewerber insoweit jeden Einfluss durch die Stellung mehrere Anträge zu nehmen.
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1.3. Ob - wie die Beklagte vorträgt - eine wirksame Rücknahme der Asylanträge nicht vorliegt, da die Kläger ihr ursprüngliches Schutzbegehren inhaltlich unverändert aufrechterhalten haben bzw. Anhaltspunkte für eine rechtsmissbräuchliche Antragsrücknahme vorliegen, kann hier offenbleiben. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, hat die Rücknahme oder Beschränkung der Asylanträge auch dann, wenn sie nach der Zuständigkeitserklärung durch einen anderen Mitgliedstaat noch wirksam gegenüber dem ersuchenden Mitgliedstaat erklärt werden kann, die Anwendbarkeit der Dublin II-VO unberührt gelassen, da das Zuständigkeitsbestimmungsverfahren zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen war.
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2. Schließlich nimmt das Berufungsgericht zutreffend an, dass es den Klägern auch sonst verwehrt ist, gegen eine Überstellung nach Spanien vorzugehen.
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Durch die allgemeinen Zuständigkeitskriterien der Dublin-Verordnung werden dem Einzelnen keine Rechtspositionen des Gemeinschaftsrechts verliehen. Das Dublin-Verfahren dient der Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats mit dem Ziel, durch eine zwischen den Mitgliedstaaten verbindlich vereinbarte Zuständigkeitsregelung unkontrollierte Weiterwanderungsbewegungen innerhalb der EU zu vermeiden und mehrfache oder sukzessive Asylanträge auszuschließen. Die Zuständigkeitsregelungen sind als zwischen den Mitgliedstaaten wirkende Organisationsvorschriften konzipiert, die einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedstaats dienen. Ein allgemeines individualschützendes Recht auf Prüfung des Asylantrags durch einen bestimmten Mitgliedstaat besteht nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2015 - 1 C 32.14 - juris Rn. 20; Bergmann, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl. 2016, § 34a AsylG Rn. 22).
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Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seinem Urteil in der Rechtssache "Abdullahi" entschieden, dass in einer Situation wie der vorliegenden, in der der ersuchte Mitgliedstaat der Aufnahme des Asylbewerbers zugestimmt hat, der Betroffene der Entscheidung, den Asylantrag nicht zu prüfen und den Asylbewerber in einen anderen Mitgliedstaat zu überstellen, nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausgesetzt zu werden (EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 - C-394/12 - Rn. 60). Derartige systemische Mängel sind im vorliegenden Fall für Spanien weder gerichtlich festgestellt noch von den Verfahrensbeteiligten vorgetragen worden.
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3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG; Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.
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Annotations
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn
- 1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war, - 2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder - 3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.
(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.
(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.
(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn
- 1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war, - 2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder - 3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.
(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.
(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.
(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.
(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.
(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.