Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 20. Feb. 2017 - 2 BvR 63/15

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2017:rk20170220.2bvr006315
bei uns veröffentlicht am20.02.2017

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Rechtsanwalts O… wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, in der dieses ohne eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof davon ausgegangen ist, dass das Ziel einer effektiven Zuwanderungskontrolle als zwingender Grund des Allgemeininteresses eine Beschränkung der Stillhalteklausel des Art. 13 des Assoziationsratsbeschlusses 1/80 rechtfertigen könne. Der Beschwerdeführer rügt, das Bundesverwaltungsgericht habe ihn seinem gesetzlichen Richter entzogen, da es das Unionsrecht fortentwickelt habe, wozu ausschließlich der Europäische Gerichtshof befugt gewesen sei. Im Übrigen sei die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts auch in der Sache verfehlt.

II.

2

Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>). Sie ist jedenfalls unbegründet.

3

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts verletzt den Beschwerdeführer nicht in seinem grundrechtsgleichen Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, da die Vorlagepflicht aus Art. 267 Abs. 3 AEUV weder wegen des Fehlens einer expliziten Begründung für die Nichtvorlage (1.) noch der Sache nach (2.) unhaltbar gehandhabt worden ist.

4

1. Eine Verletzung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG liegt nicht schon darin, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht explizit begründet hat, warum es von einer Vorlage abgesehen hat. Zwar kann eine fehlende Begründung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf einen Entzug des gesetzlichen Richters hindeuten (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. März 2014 - 1 BvR 2083/11 -, juris, Rn. 30; vgl. aber BVerfGE 135, 155 <234>, wonach allein eine fehlende Begründung bei materieller Vertretbarkeit nicht ausreicht). Dies entspricht auch der bei der Auslegung des Grundgesetzes zu berücksichtigenden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. BVerfGE 111, 307), der prüft, ob die unterlassene Vorlage an den Europäischen Gerichtshof durch nationale Höchstgerichte einen Verstoß gegen Art. 6 EMRK darstellt (EGMR, Entscheidung vom 10. April 2012 - 4832/04 - Vergauwen u.a. - und EGMR, Entscheidung vom 8. April 2014 - 17120/09 - Dhahbi). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat hierbei insbesondere das Erfordernis einer Begründung der Nichtvorlage anhand der vom Europäischen Gerichtshof anerkannten Fallgruppen, in denen eine Vorlage entbehrlich ist, angenommen. Einen Verstoß gegen Art. 6 EMRK hat er in einem Fall festgestellt, in dem sich das nationale Gericht mit dem ausdrücklichen Vorlagebegehren des Klägers nicht auseinandergesetzt und sich darüber hinaus in dem Urteil mit keinem Wort mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs befasst hatte (EGMR, Entscheidung vom 8. April 2014 - 17120/09 - Dhahbi, Rn. 33).

5

Vorliegend ergibt sich aus diesen Maßstäben keine Verletzung des gesetzlichen Richters. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich ausführlich mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auseinandergesetzt und diese ausgewertet. Jedenfalls solange der Verfahrensbeteiligte keine konkrete Vorlagefrage formuliert hat und sich das Fachgericht mit dem Unionsrecht auseinandersetzt, stellt allein die Unterlassung einer ausdrücklichen Begründung der Nichtvorlage für sich genommen keinen Verstoß gegen den gesetzlichen Richter dar. Dass sich eine derartige Begründung im vorliegenden Fall zur Klarstellung des vom Revisionsgericht eingenommenen Rechtsstandpunkts angeboten hätte, ändert daran nichts.

6

2. Es liegt auch keine unhaltbare Handhabung der Vorlagepflicht vor.

7

a) Das Bundesverfassungsgericht beanstandet die Auslegung und Anwendung von Normen, die die gerichtliche Zuständigkeitsverteilung regeln, nur, wenn sie bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheinen und offensichtlich unhaltbar sind. Dies gilt auch für die unionsrechtliche Zuständigkeitsvorschrift des Art. 267 Abs. 3 AEUV. Daher stellt nicht jede Verletzung der unionsrechtlichen Vorlagepflicht zugleich einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Durch die zurückgenommene verfassungsrechtliche Prüfung behalten die Fachgerichte bei der Auslegung und Anwendung von Unionsrecht einen Spielraum eigener Einschätzung und Beurteilung, der demjenigen bei der Handhabung einfachrechtlicher Bestimmungen der deutschen Rechtsordnung entspricht. Das Bundesverfassungsgericht wacht allein über die Einhaltung der Grenzen dieses Spielraums; ein "oberstes Vorlagenkontrollgericht" ist es nicht (vgl. hierzu und zum Folgenden BVerfGE 135, 155 <230 ff., Rn. 176 ff.> m.w.N.).

8

Die Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV wird offensichtlich unhaltbar gehandhabt, wenn ein letztinstanzliches Hauptsachegericht eine Vorlage trotz der - seiner Auffassung nach bestehenden - Entscheidungserheblichkeit der unionsrechtlichen Frage überhaupt nicht in Erwägung zieht, obwohl es selbst Zweifel hinsichtlich der richtigen Beantwortung der Frage hegt und das Unionsrecht somit eigenständig fortbildet (grundsätzliche Verkennung der Vorlagepflicht). Gleiches gilt in den Fällen, in denen das letztinstanzliche Hauptsachegericht in seiner Entscheidung bewusst von der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu entscheidungserheblichen Fragen abweicht und gleichwohl nicht oder nicht neuerlich vorlegt (bewusstes Abweichen ohne Vorlagebereitschaft). Liegt schließlich zu einer entscheidungserheblichen Frage des Unionsrechts einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs noch nicht vor oder hat eine vorliegende Rechtsprechung die entscheidungserhebliche Frage möglicherweise noch nicht erschöpfend beantwortet oder erscheint eine Fortentwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht nur als entfernte Möglichkeit (Unvollständigkeit der Rechtsprechung), wird Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt, wenn das letztinstanzliche Hauptsachegericht den ihm in solchen Fällen notwendig zukommenden Beurteilungsrahmen in unvertretbarer Weise überschreitet. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Fachgerichte das Vorliegen eines "acte clair" oder eines "acte éclairé" willkürlich bejahen (zu den drei Fallgruppen vgl. BVerfGE 82, 159 <195 f.>; 126, 286 <316 f.>; 128, 157 <187 f.>; 129, 78 <106 f.>).

9

b) Vorliegend sind die Voraussetzungen keiner der drei Fallgruppen erfüllt. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Vorlagepflicht nicht grundsätzlich verkannt. Vielmehr ist es nach Auswertung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs davon ausgegangen, dass dieser nunmehr auch zwingende Gründe des Allgemeininteresses als Rechtfertigungsgründe bei Abweichungen von der Stand-Still-Klausel anerkennt, und es hat das Vorliegen solcher zwingender Gründe festgestellt. Es hat die Rechtslage damit als geklärt angesehen und gerade keine eigenständige Fortentwicklung des Unionsrechts bei zweifelhafter Rechtslage angenommen. Auch ein bewusstes Abweichen ohne Vorlagebereitschaft liegt nicht vor.

10

Die Voraussetzungen der dritten Fallgruppe sind ebenfalls nicht erfüllt, denn das Bundesverwaltungsgericht hat den ihm bei der Frage, ob die Rechtsprechung unvollständig ist beziehungsweise ein "acte clair" oder "acte eclairé" vorliegt, zustehenden Beurteilungsspielraum nicht unvertretbar ausgefüllt. Zwar sprach Einiges dafür, den Europäischen Gerichtshof zur Präzisierung des Begriffs der "zwingenden Gründe des Allgemeininteresses" anzurufen (vgl. Vorlagebeschluss des VG Darmstadt vom 1. Dezember 2015 - 5 K 1261/15.DA -, juris, Rn. 64 ff. und Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 16. September 2015 - 11 S 1711/15 -, juris, Rn. 8). Denn diesen Rechtfertigungsgrund hatte der Europäische Gerichtshof im Assoziationsrecht erst in seiner jüngeren Rechtsprechung entwickelt und insbesondere die Verhinderung rechtswidriger Einreise und rechtswidrigen Aufenthalts sowie die Bekämpfung von Zwangsheiraten und die Förderung der Integration erörtert (vgl. EuGH, Urteil vom 7. November 2013 - C-225/12 - Demir, und EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - C-138/13 - Dogan). Diese Rechtfertigungsgründe waren präziser konturiert als die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelte Fallgruppe der wirksamen Steuerung der Migration, die zur Rechtfertigung von Zuzugsbeschränkungen türkischer Staatsangehöriger vielfach angeführt werden könnte.

11

Die Handhabung der Vorlagepflicht durch das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch den fachgerichtlichen Wertungsrahmen im Ergebnis gleichwohl noch nicht überschritten. Denn es ist davon ausgegangen, dass die zwingenden Gründe des Allgemeininteresses parallel zum Recht der Grundfreiheiten zu bestimmen sind, in denen eine derartige ungeschriebene Einschränkungsmöglichkeit seit langem anerkannt ist und grundsätzlich weit ausgelegt wird (vgl. schon EuGH, Urteil vom 20. Februar 1979 - C-120/78 - Cassis de Dijon, Rn. 8). Dieses Verständnis der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs wird auch in der Literatur vertreten (vgl. Thym, ZAR 2014, S. 301 <303>). Dass das Bundesverwaltungsgericht den Verweis des Beschwerdeführers auf Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG (Freizügigkeitsrichtlinie) nicht zum Anlass für eine Vorlage genommen hat, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn die Vorschrift stellt durch einen besonders intensiven Ausweisungsschutz nur eine besonders schützenswerte Gruppe von Unionsbürgern besser und wirkt zudem nur gegenüber dem schwerstmöglichen aufenthaltsrechtlichen Eingriff, der Ausweisung. Dies ist auf die Wiedereinführung einer formalen Voraussetzung für den legalen Aufenthalt türkischer Staatsangehöriger nicht übertragbar.

12

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

13

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Urteilsbesprechung zu Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 20. Feb. 2017 - 2 BvR 63/15

Urteilsbesprechungen zu Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 20. Feb. 2017 - 2 BvR 63/15

Referenzen - Gesetze

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 101


(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 93d


(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung. (2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsb

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 93a


(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung. (2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen, a) soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,b) wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angez

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 90


(1) Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwer
Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 20. Feb. 2017 - 2 BvR 63/15 zitiert 4 §§.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 101


(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 93d


(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung. (2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsb

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 93a


(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung. (2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen, a) soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,b) wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angez

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 90


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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 16. Sept. 2015 - 11 S 1711/15

bei uns veröffentlicht am 16.09.2015

Tenor Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 21. Juli 2015 - 6 K 2543/15 - mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.Die aufschiebende Wirkung des von der Antragstellerin gegen die Verfü

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(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung.

(2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen,

a)
soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,
b)
wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angezeigt ist; dies kann auch der Fall sein, wenn dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht.

(1) Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben.

(2) Ist gegen die Verletzung der Rechtsweg zulässig, so kann die Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden. Das Bundesverfassungsgericht kann jedoch über eine vor Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde.

(3) Das Recht, eine Verfassungsbeschwerde an das Landesverfassungsgericht nach dem Recht der Landesverfassung zu erheben, bleibt unberührt.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 21. Juli 2015 - 6 K 2543/15 - mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.

Die aufschiebende Wirkung des von der Antragstellerin gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 8. April 2015 eingelegten Widerspruchs wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde hat Erfolg.
Die Antragstellerin ist türkische Staatsangehörige. Sie erstrebt den Ehegattennachzug zu ihrem ordnungsgemäß als Arbeitnehmer beschäftigten türkischen Ehemann.
1. Nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand geht der Senat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zugunsten der Antragstellerin davon aus, dass sie nicht unerlaubt eingereist ist und den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 30 Abs. 1 AufenthG nach der Einreise stellen konnte. Dieser Antrag hatte nach vorläufiger Einschätzung des Senats jedenfalls die mit § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG identische Rechtsfolge des § 21 Abs. 3 Satz 1 AuslG 1965 ausgelöst. Folge hiervon ist, dass der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthaft ist (vgl. § 21 Abs. 3 Satz 2 AuslG 1965).
Dieses ergibt sich aus den folgenden Überlegungen: Nach § 5 Abs. 1 AuslG 1965 konnte die Aufenthaltserlaubnis vor oder nach der Einreise eingeholt und erteilt werden. Nach den Vorgaben des § 5 Abs. 2 AuslG und der auf dieser Grundlage erlassenen Verordnung zur Durchführung des Ausländergesetzes (DVAuslG) war zu entscheiden, ob die Aufenthaltserlaubnis nach der Einreise oder vor der Einreise (in der Form des sog. Sichtvermerks) einzuholen war. Auf der Grundlage der DVAuslG i.d.F. v. 25.06.1975 (BGBl. I, S. 1542) mussten türkische Staatsangehörige gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 DVAuslG die Aufenthaltserlaubnis nur dann in der Form des Sichtvermerks vor der Einreise einholen, wenn sie eine Erwerbstätigkeit ausüben wollten. Da die Türkei in der Anlage zur DVAuslG nicht aufgeführt war, mussten türkische Staatsangehörige im Übrigen, namentlich für den Zweck des Familiennachzugs nicht im Besitz eines Sichtvermerks sein (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 2 DVAuslG). Erst durch Art. 1 der 11. VO zur Änderung der DVAuslG vom 01.07.1980 (BGBl. I., S. 782) wurde mit Wirkung vom 06.10.1980 die Türkei aus der Anlage gestrichen mit der Folge, dass generell ein Sichtvermerk einzuholen war. Diese Verschlechterung der Rechtsstellung von türkischen Arbeitnehmern – der Ehemann der Antragstellerin ist ein solcher – dürfte mit Art. 7 ARB 2/76 und der hierin enthaltenen Stand-Stillklausel nicht zu vereinbaren sein. Zwar wurde der ARB 2/76 durch den ARB 1/80 abgelöst, der an sich bereits am 01.07.1980 in Kraft getreten ist, allerdings ist dessen in Art. 13 enthaltene Stand-Stillklausel gem. Art. 16 Abs. 1 ARB 1/80 erst zum 01.12.1980 in Kraft getreten mit der Folge, dass die Änderungen der 11. Änderungsverordnung nicht erfasst würden (vgl. auch EuGH, Urteil vom 06.06.1995 – C-434/93, Bozkurt – InfAuslR 1995, 262). Allerdings kann die formale Ablösung des ARB 2/76 nicht so verstanden werden, dass auch dessen Art. 7 nicht mehr anzuwenden wäre. Denn Folge einer Nichtanwendung wäre, dass sich der Status der Arbeitnehmer verschlechtern könnte, weil dann alle bis zum Inkrafttreten des Art. 13 ARB 1/80 am 01.12.1980 eingetretenen negativen Änderungen des Aufenthaltsrechts sowie der sozialen und wirtschaftlichen Rechte wirksam geworden wären. Dass solches vom Assoziationsrat beabsichtigt war, lässt sich aus dem Beschluss 1/80 nicht entnehmen und würde den Zielen der Assoziation grundlegend widersprechen (vgl. hierzu noch im Folgenden; so auch Senatsbeschluss vom 21.07.2014 - 11 S 1009/14 - juris).
In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist hinreichend geklärt, dass von den Stand-Stillklauseln (vgl. auch Art. 41 Abs. 1 ZProt/EWG-Türkei) auch die formellen wie materiellen Einreisemodalitäten erfasst werden (vgl. etwa Urteil vom 21.10.2003 – C-317/01, Abatay – InfAuslR 2004, 32; vom 19.02.2009 – C-228/06, Soysal – InfAuslR 2009, 135; vgl. weiter Urteil vom 17.09.2009 – C-242/06, Sahin – InfAuslR 2009, 413; Urteil vom 29.04.2010 – C-92/07, Kommission/Niederlande – InfAuslR 2010, 270). Geklärt ist zudem, dass es nicht darauf ankommt, ob der Arbeitnehmer auch bereits eine Verfestigungsstufe nach Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 erreicht hat, sofern der Aufenthalt ordnungsgemäß ist (vgl. auch Urteil vom 07.11.2013 – C-225/12, Demir – InfAuslR 2014, 1), was aber im vorliegenden Fall mit Rücksicht auf die Rechtsposition des Ehemanns der Antragstellerin, der seit Jahren als Arbeitnehmer tätig ist, letztlich nicht erheblich ist.
Im Falle des Familiennachzugs zu einem sich ordnungsgemäß in einem Mitgliedstaat aufhaltenden Arbeitnehmers ist auf die Stand-Stillklausel des Art. 7 ARB 2/76 abzustellen, obwohl der Fragenkomplex des Familiennachzugs und die eigenen Rechte der Familienmitglieder noch nicht Regelungsgegenstand des ARB 2/76 waren. Der Familiennachzug wurde vielmehr erst mit dem ARB 1/80 geregelt (dort in Art. 7). Der Familiennachzug zu einem Arbeitnehmer (wie auch zu einem selbstständig Niedergelassenen) ist aber integraler Bestandteil der Arbeitnehmerfreizügigkeit (wie auch der Niederlassungsfreiheit). Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stellt die Erstreckung des unionsrechtlichen Freizügigkeitsrechts auf die Familienangehörigen einen integralen Bestandteil aller Personenfreizügigkeiten dar; andernfalls wäre jedenfalls faktisch die Freizügigkeit nicht unerheblich beeinträchtigt (vgl. Urteil vom 03.07.1974 – Rs 9/74, Casagrande – FamRZ 1974, 477; vom 13.02.1985 – Rs 267/84, Diatta – NJW 1985, 2087; v. 18.5.1989 – Rs 249/86, Kommission/Deutschland – NVwZ 1989, 745). Zwar genießen türkische Staatsangehörige – ob Arbeitnehmer oder Selbstständige – nach der Assoziation unmittelbar zunächst keine Freizügigkeit, andererseits hat der Europäische Gerichtshof regelmäßig die türkischen Arbeitnehmer (und auch für die Selbstständigen kann nichts anderes gelten), wenn ihnen tatsächlich von einem Mitgliedstaat der Zuzug erlaubt worden ist, mit Rücksicht auf Art. 12 und Art. 13 des Assoziationsabkommens regelmäßig in ihrer Rechtsstellung weitgehend nach den Grundsätzen der Arbeitnehmerfreizügigkeit (oder der Niederlassungsfreiheit) behandelt und weitgehende Parallelen zu den unionsrechtlichen Grundsätzen hergestellt (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 10.02.2000 – C-340/97, Nazli – InfAuslR 2000, 161). Dass es sich um ein originäres Recht des Arbeitnehmers bzw. des Niedergelassenen handelt, hat der Europäische Gerichtshof nunmehr ausdrücklich auch für die Assoziation klargestellt (vgl. EuGH, Urteil vom 10.07.2014 – C-138/13, Dogan II – InfAuslR 2014, 322). Eine Annäherung hat er lediglich in Bezug auf die wesentlich weitergehenden Grundsätze der Unionsbürgerschaft abgelehnt (EuGH, Urteil vom 08.12.2011 – C-371/08, Ziebell - InfAuslR 2012, 43). Auch das Bundesverwaltungsgericht geht mittlerweile davon aus, dass insoweit auf die Person des Arbeitnehmers abzustellen ist (vgl. Urteil vom 06.11.2014 – 1 C 4.14 – InfAuslR 2015, 93). Dieses rechtfertigt es, Erschwerungen des Familiennachzugs ebenfalls als von der Stand-Stillklausel des Art. 7 ARB 2/76 erfasst anzusehen und nicht erst nach der des Art. 13 ARB 1/80 mit der Folge, dass die Einführung der Sichtvermerkspflicht zum 06.10.1980 hieran zu messen ist (so auch Senatsbeschluss vom 21.07.2015 - 11 S 1009/14 - juris; offen gelassen noch im BVerwG, Urteil vom 06.11.2014 – 1 C 4.14 – a.a.O.). Zur Klarstellung ist darauf hinzuweisen, dass insoweit das unionsrechtliche Visumsregime nicht zwingend tangiert ist, weil es hier allein nach § 6 Abs. 3 AufenthG um die Ausstellung eines nationalen Visums geht (vgl. aber auch EuGH, Urteil vom 19.02.2009 – C-228/06, Soysal – InfAuslR 2009, 135, Rdn. 53 ff.).
Allerdings hat der Europäische Gerichtshof in seiner jüngsten Rechtsprechung eine Einschränkung des Stand-Still und demzufolge Einschränkungen zu Lasten der Arbeitnehmer und Niedergelassenen zugelassen, wenn sie durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt und geeignet sind, die Erreichung des angestrebten legitimen Ziel zu erreichen, und nicht über das zu dessen Erreichung Erforderliche hinausgehen, also verhältnismäßig sind (vgl. Urteil vom 10.07.2014 – C-138/13, Dogan II – InfAuslR 2014, 322 im Anschluss an das Urteil vom 07.11.2013 – C-225/12, Demir – InfAuslR 2014, 1).
Bei der Beurteilung, ob ein zwingender Grund des Allgemeininteresses vorliegt und ob eine nationale Maßnahme verhältnismäßig ist, darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass es sich bei der Assoziation um einen auf den Beitritt der Türkei gerichteten Vertrag mit der Türkei handelt, der gerade im wirtschaftlichen Bereich die Bewegungsfreiheit der Arbeitnehmer, Selbstständigen und Dienstleistungserbringer regeln und hier gegenüber sonstigen Drittstaatsangehörigen Privilegierungen begründen soll. Nach Art. 36 ZProt/EWG-Türkei ist die Assoziation auf die schrittweise Herstellung der Freizügigkeit angelegt. Die Regelungen des Art. 7 ARB 2/76, des Art. 13 ARB 1/80 (wie auch des Art. 41 Abs. 1 ZProt/EWG-Türkei) haben ersichtlich auch das Ziel, ein Verschlechterungsverbot in Bezug auf Migrationsbewegungen von Arbeitnehmern und Selbstständigen zu begründen. Dies hat der Gerichtshof in der Soysal-Entscheidung (vom 19.02.2009 – C-228/06 – InfAuslR 2009, 135 und Urteil vom 21.10.2003 – C-317/01, Abatay – InfAuslR 2004, 32, Rdn. 100 mit dem ausdrücklichen Hinweis auf den „Geist und die Zielsetzung der Assoziation“) in Bezug auf türkische Fernfahrer ausdrücklich anerkannt. In dieser Entscheidung hatte der Europäische Gerichtshof im Übrigen gerade in Bezug auf eine bislang bestehende Visumfreiheit der Einreise den Aspekt der Migrationssteuerung im Rahmen der Assoziation verworfen. Türkische Staatsangehörige sind hiernach nicht nur „einfache" Drittstaatsangehörige im Sinne des Art. 79 Abs. 1 AEUV, sondern genießen aufgrund des Beitrittsprozesses erhebliche Privilegien. Daher setzt das Assoziierungsabkommen den Mitgliedstaaten – aber auch der EU – im Bereich der Migrationssteuerung türkischer Arbeitnehmer, Selbstständiger und Dienstleistungserbringer sehr enge Grenzen. Denn das Ziel des Assoziierungsabkommens, eine Angleichung der wirtschaftlichen Verhältnisse und eine schrittweise Herstellung der Freizügigkeit, ist nur schwer erreichbar, wenn der wirtschaftliche Austausch der EU mit der Türkei durch Behinderung der Wanderungsbewegungen Selbstständiger, Dienstleistungserbringer oder Arbeitnehmer und ihrer Familienangehöriger unterbunden oder – wie im Falle der Einführung einer generellen Sichtvermerkspflicht - mehr als nur unwesentlich erschwert wird. Dass Zuzugsbeschränkungen in Bezug auf den Nachzug von Familienangehörigen erhebliche Auswirkungen auf die im Bundesgebiet wirtschaftlich aktiven türkischen Staatsangehörigen haben, hat der Gerichtshof in der Rechtssache Dogan II hinreichend deutlich gemacht. Vor diesem Hintergrund greift das Verständnis des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 06.11.2014 (1 C 4.14 – InfAuslR 201593), mit dem es die Beseitigung der unter der Geltung des Ausländergesetzes 1965 und teilweise noch des Ausländergesetzes 1990 bestehenden Privilegierung von unter 16 Jahre alten Kindern, gebilligt hat, zu kurz. Auch wenn die im Jahre 1980 eingeführten verschärften Einreisevoraussetzungen für einen auf Dauer angelegten Aufenthalt zum Zwecke des Familiennachzugs angesichts der damaligen hohen Zahlen illegaler Zuwanderung zu Daueraufenthalten (vgl. in diesem Zusammenhang BR-Drucks. 385/80) zunächst politisch verständlich erscheinen. Gleichwohl dürfte dieses verschärfte Einreiseregime grundsätzlich den Zwecken der Assoziation widersprechen und daher keinen (verhältnismäßigen) zwingenden Grund des Allgemeininteresses ausmachen. Aus diesem Grund hält der Senat an seiner im Beschluss vom 21.07.2014 (11 S 1009/14 - juris) vertretenen Auffassung, wonach das 1980 eingeführte verschärfte Visumsregime mit Art. 7 ARB 2/76 vereinbar sein dürfte, nicht fest. Denn wenn, worauf bereits oben hingewiesen wurde, die Assoziation auf den Beitritt der Türkei, jedenfalls aber auf eine weitere und engere wirtschaftliche Verflechtung und zur Erfüllung dieses Zwecks auch auf Förderung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Selbstständigen und Dienstleistungserbringer angelegt ist, würde eine weitere Verschärfung des Einreiseregimes die Assoziation in ihrem Kern treffen und stünde nicht in Einklang mit deren Geist, wie ihn der Europäische Gerichtshof in bislang ständiger Rechtsprechung verstanden und ausdrücklich betont hat (vgl. wiederum Urteil vom 19.02.2009 – C-228/06 Soysal – InfAuslR 2009, 135 und Urteil vom 21.10.2003 – C-317/01, Abatay – InfAuslR 2004, 32). Sollten hier noch durchgreifende Zweifel bestehen, so wäre insbesondere im Hinblick auf dessen vorgenannter Rechtsprechung im Hauptsacheverfahren eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshofs zu richten, um zu klären, ob der Gerichtshof seine Absage an eine Migrationssteuerung durch verschärfte Einreisevoraussetzungen aufgibt.
Vor diesem Hintergrund kann nach vorläufiger Beurteilung die ablehnende Entscheidung der Antragsgegnerin keinen Bestand haben. Insbesondere steht nach dem Vorgesagten der Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnis weder § 5 Abs. 1 Nr. 2 noch § 5 Abs. 2 AufenthG entgegen. Da die Antragstellerin ein Zertifikat über Deutschkenntnisse der Stufe A1 des Goethe-Instituts Straßburg vom 25.02.2014 vorgelegt hat (vgl. aber zum Erfordernis ausreichender Sprachkenntnisse und Stand-Still OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30.01.2015 – OVG 7 B 22.14 – InfAuslR 2015, 177) und nach Aktenlage keine durchgreifenden Bedenken dagegen bestehen, dass der Lebensunterhalt durch die Beschäftigung des Ehemanns und Kindergeldzahlungen ausreichend gesichert ist, jedenfalls keine ergänzenden Sozialleistungen bezogen werden, ist der Antragstellerin der weitere Aufenthalt bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu ermöglichen.
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Der Vollständigkeit halber bemerkt der Senat, dass auch dann, wenn man wegen der nicht abschließend geklärten Rechtsfrage, ob die Visumspflicht für die Einreise zum Ehegattennachzug mit Art. 7 ARB 2/67 vereinbar ist, den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht für statthaft halten sollte, der Antragstellerin angesichts dieser Streitfrage im Hinblick darauf, dass sie in einer familiären Lebensgemeinschaft mit ihrem Ehemann und zumindest einem minderjährigen Kind lebt, der weitere Aufenthalt durch Erlass einer einstweiligen Anordnung zu ermöglichen wäre (vgl. zum Antragsziel Senatsbeschluss vom 14.09.2011 - 11 S 2438/11 - InfAuslR 2011, 441).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren findet ihre Grundlage in § 63 Abs. 2, § 47 sowie § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG.
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Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung.

(2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsbeschwerde entschieden hat, kann die Kammer alle das Verfassungsbeschwerdeverfahren betreffenden Entscheidungen erlassen. Eine einstweilige Anordnung, mit der die Anwendung eines Gesetzes ganz oder teilweise ausgesetzt wird, kann nur der Senat treffen; § 32 Abs. 7 bleibt unberührt. Der Senat entscheidet auch in den Fällen des § 32 Abs. 3.

(3) Die Entscheidungen der Kammer ergehen durch einstimmigen Beschluß. Die Annahme durch den Senat ist beschlossen, wenn mindestens drei Richter ihr zustimmen.