Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 18. Apr. 2016 - 1 BvR 704/16

ECLI: ECLI:DE:BVerfG:2016:rk20160418.1bvr070416
published on 18/04/2016 00:00
Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 18. Apr. 2016 - 1 BvR 704/16
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Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwälten H.. wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG).

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen eine landessozialgerichtliche Entscheidung, in der dem Beschwerdeführer bei der Geltendmachung von Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem 12. Sozialgesetzbuch Eilrechtsschutz mit der Begründung verwehrt wurde, es drohe (noch) keine Wohnungslosigkeit, weil der Vermieter - nach Kündigung des Mietverhältnisses - noch keine Räumungsklage erhoben habe.

II.

2

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) nicht vorliegen. Ihr kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers geboten. Sie ist unzulässig. Der Beschwerdeführer hat die Verfassungsbeschwerde nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG) begründet.

3

1. Die geltend gemachte Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG ist nicht hinreichend dargetan.

4

Aus Art. 19 Abs. 4 GG ergeben sich für die Gerichte Anforderungen an die Auslegung und Anwendung der jeweiligen Gesetzesbestimmungen über den Eilrechtsschutz. So sind die Fachgerichte gehalten, vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, wenn sonst dem Antragsteller eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Rechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen (BVerfGE 93, 1 <13 f.>).

5

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers lässt sich nicht entnehmen, dass ihm solch gravierende Rechtsverletzungen drohen. Das Landessozialgericht hat in einer mit der Verfassungsbeschwerde nicht beanstandeten Weise ausgeführt, es drohe keine Wohnungslosigkeit. Ob Art. 19 Abs. 4 GG erst bei drohender Wohnungslosigkeit die Gewährung von Eilrechtsschutz gebietet, oder ob - wie vom Beschwerdeführer geltend gemacht - im Einzelfall auch aus anderen, der drohenden Wohnungslosigkeit vorgelagerten nennenswerten Beeinträchtigungen (vergleiche hierzu Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 19. März 2013 - L 16 AS 61/13 B ER -, juris, Rn. 30; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28. Januar 2015 - L 11 AS 261/14 B -, juris, Rn. 13; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. Juni 2015 - L 6 AS 833/15 B ER -, juris, Rn. 32 ff.) von Verfassungs wegen ein zwingendes Bedürfnis nach der Gewährung von Eilrechtsschutz entstehen kann, kann hier dahinstehen. Denn dem Vorbringen des Beschwerdeführers lässt sich nicht entnehmen, dass der drohenden Wohnungslosigkeit vorgelagerte nennenswerte Beeinträchtigungen drohen. Dass ihn - wie er in diesem Zusammenhang insbesondere geltend macht - nicht nur unerhebliche Kosten aus einer (vermeintlich zulässigen und begründeten) Räumungsklage seiner Vermieterin treffen könnten, erscheint angesichts eines mit der Verfassungsbeschwerde vorgelegten Schreibens dieser Vermieterin, in dem sie ihre Bereitschaft dokumentiert, den Ausgang des sozialgerichtlichen Hauptsacheverfahrens vor Ergreifung weiterer rechtlicher Schritte abzuwarten, nicht plausibel.

6

2. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

7

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG

(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung. (2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsb

(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung. (2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen, a) soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,b) wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angez
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(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG

(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung. (2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsb

(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung. (2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen, a) soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,b) wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angez
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published on 05/10/2016 00:00

Tenor Die Beschwerden der Antragsteller gegen die Beschlüsse des Sozialgerichts Freiburg vom 8. August 2016 werden zurückgewiesen.Außergerichtliche Kosten der Antragsteller sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.Der Antrag auf Gewährung
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(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung.

(2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen,

a)
soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,
b)
wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angezeigt ist; dies kann auch der Fall sein, wenn dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht.

(1) Anträge, die das Verfahren einleiten, sind schriftlich beim Bundesverfassungsgericht einzureichen. Sie sind zu begründen; die erforderlichen Beweismittel sind anzugeben.

(2) Der Vorsitzende oder, wenn eine Entscheidung nach § 93c in Betracht kommt, der Berichterstatter stellt den Antrag dem Antragsgegner, den übrigen Beteiligten sowie den Dritten, denen nach § 27a Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird, unverzüglich mit der Aufforderung zu, sich binnen einer zu bestimmenden Frist dazu zu äußern.

(3) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann jedem Beteiligten aufgeben, binnen einer zu bestimmenden Frist die erforderliche Zahl von Abschriften seiner Schriftsätze und der angegriffenen Entscheidungen für das Gericht und für die übrigen Beteiligten nachzureichen.

In der Begründung der Beschwerde sind das Recht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung.

(2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsbeschwerde entschieden hat, kann die Kammer alle das Verfassungsbeschwerdeverfahren betreffenden Entscheidungen erlassen. Eine einstweilige Anordnung, mit der die Anwendung eines Gesetzes ganz oder teilweise ausgesetzt wird, kann nur der Senat treffen; § 32 Abs. 7 bleibt unberührt. Der Senat entscheidet auch in den Fällen des § 32 Abs. 3.

(3) Die Entscheidungen der Kammer ergehen durch einstimmigen Beschluß. Die Annahme durch den Senat ist beschlossen, wenn mindestens drei Richter ihr zustimmen.