Bundessozialgericht Beschluss, 25. Okt. 2012 - B 9 SB 14/12 B

published on 25/10/2012 00:00
Bundessozialgericht Beschluss, 25. Okt. 2012 - B 9 SB 14/12 B
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Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. Januar 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Die 1949 geborene Klägerin beansprucht noch die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50 für die Zeit vom 1.3.2004 bis 17.1.2007.

2

Im Januar 2007 beantragte die Klägerin nach § 44 SGB X die Überprüfung der Feststellung ihres GdB in dem bindenden Bescheid des beklagten Landes vom 11.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.3.2002. Zeitgleich stellte sie einen Verschlimmerungsantrag nach § 48 SGB X, machte als weitere Erkrankungen "Leber-CA und Bandscheibenvorfall mit Operation 2005" geltend und gab als behandelnde Ärztin die Allgemeinmedizinerin S. an. Von dieser holte der Beklagte einen Befundbericht ein, dem verschiedene Facharztberichte beigefügt waren. Auf der Grundlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme stellte er nach § 48 SGB X mit Bescheid vom 23.7.2007 ab 18.1.2007 einen GdB von 100 fest. Der Überprüfungsantrag blieb mit der Begründung erfolglos (Bescheid vom 24.7.2007; Widerspruchsbescheid vom 28.11.2007), dass durch den Bescheid vom 11.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.3.2002 der GdB mit 20 richtig festgestellt worden sei. Das hiergegen gerichtete Klageverfahren vor dem Sozialgericht Freiburg (SG) ruht (S 10 SB 6260/07).

3

Am 26.7.2007 beantragte die Klägerin erneut nach § 48 SGB X eine Überprüfung des Bescheides vom 11.12.2001, weil sich die diesem Bescheid zugrundeliegenden Verhältnisse wesentlich geändert hätten. Daraufhin zog das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald - Versorgungsamt - für die Zeit ab 2001 einen Befundbericht der die Klägerin behandelnden Ärztin für Allgemeinmedizin S. nebst diversen Arztbriefen bei und stellte auf der Grundlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme mit Bescheid vom 29.1.2009 - unter Aufhebung des Bescheides vom 11.12.2001 - für die Zeit vom 1.3.2004 bis 17.1.2007 einen GdB von 30 fest. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 22.9.2009).

4

Das von der Klägerin angerufene SG hat nach Auswertung einer in einem Rentenverfahren abgegebenen Stellungnahme der Ärztin S. vom 28.6.2007 die Klage abgewiesen (Urteil vom 28.1.2011). Im anschließenden Berufungsverfahren hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) die Berufung der Klägerin durch Urteil vom 27.1.2012 ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen. Diese Entscheidung hat es im Wesentlichen wie folgt begründet:

5

Sowohl der Beklagte als auch das SG hätten es zu Recht abgelehnt, bei der Klägerin für den streitigen Zeitraum vom 1.3.2004 bis 17.1.2007 einen GdB von mehr als 30, nämlich in Höhe von 50, festzustellen. Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren, in dem die Klägerin mit Schriftsatz vom 14.2.2011 beantragt habe, bei der Ärztin für Allgemeinmedizin S. einen Befundbericht über ihren Gesundheitszustand in der Zeit vom 1.3.2004 bis 17.1.2007 einzuholen, sei eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt. Denn die Einholung eines solchen Befundberichtes sei nicht erforderlich, weil bereits ein Bericht vorliege, der unter dem 7.8.2008 - und damit zeitnah zu dem hier streitigen Zeitraum - erstattet worden sei. Der Beweisantrag sei somit abzulehnen, weil die Beweiserhebung offenkundig nicht erforderlich sei. Eine für die wiederholende Beweisaufnahme unter Beweis gestellte Tatsachengrundlage, die von der vorhergehenden Beweisaufnahme abweiche und durch den aktenkundigen Bericht vom 7.8.2008 nicht beantwortet worden sei, sei von der Klägerin weder konkretisiert dargelegt worden noch für den Senat ersichtlich. Ob die Klägerin wegen der von ihr geltend gemachten Beschwerden (degenerative Veränderungen der Wirbelsäulenabschnitte, operierter Bandscheibenschaden, Fibromyalgiesyndrom und Harninkontinenz) fachärztlich behandelt worden sei, entziehe sich der Kenntnis des Senats. Die Klägerin habe es versäumt, hierzu Stellung zu nehmen. Mit Verfügung vom 31.3.2011 sei sie erfolglos gebeten worden, entsprechende Angaben zu machen.

6

Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin als Verfahrensmangel ua eine Verletzung des § 103 SGG geltend. Das LSG sei ohne hinreichende Begründung dem von ihr gestellten Antrag auf Einholung eines Befundberichtes der behandelnden Hausärztin S. betreffend die Zeit vom 1.3.2004 bis 17.1.2007 nicht gefolgt.

7

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil des LSG vom 27.1.2012 ist unter Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) ergangen.

8

Das LSG ist dem von der Klägerin mit Schriftsatz vom 14.2.2011 gestellten Beweisantrag, bei der behandelnden Hausärztin S. für die Zeit vom 1.3.2004 bis 17.1.2007 einen Befundbericht über den Gesundheitszustand der Klägerin, insbesondere im Hinblick auf das Fibromyalgiesyndrom sowie das Ausmaß und den Umfang der Harninkontinenz, einzuholen, ohne hinreichende Begründung, dh ohne hinreichenden Grund (BSG SozR 1500 § 160 Nr 5), nicht gefolgt (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG).

9

Das LSG ist davon ausgegangen, dass die Bewertung des GdB eine umfassende Feststellung aller vorliegenden, nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen erfordert (zur Feststellung des GdB s nur Urteil des BSG vom 30.9.2009 - B 9 SB 4/08 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 10 RdNr 18). Auf dieser Grundlage hätte es sich gedrängt fühlen müssen, den beantragten Beweis zu erheben (BSG SozR 1500 § 160 Nr 5, 49). Es bestand zwingende Veranlassung, dem Beweisantrag zu folgen. Hierfür sind folgende Gründe maßgeblich:

10

Die Klägerin hat gegenüber dem LSG ua mit Schriftsatz vom 14.2.2011 geltend gemacht, bei ihr liege für den streitigen Zeitraum vom 1.3.2004 bis 17.1.2007 im Hinblick auf die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäulenabschnitte, den operierten Bandscheibenschaden, das Fibromyalgiesyndrom und die bestehende Harninkontinenz ein höherer GdB als 30, nämlich in Höhe von 50, vor. Hierzu sei die behandelnde Hausärztin S. im Rahmen einer Befundberichtanforderung zu befragen. Eine entsprechende fachärztliche Beurteilung lag dazu weder in Form eines aktuellen Befundberichtes noch in Form eines Gutachtens vor. Schon im Hinblick darauf lag eine diesbezügliche Aufklärung des Sachverhalts für den streitigen Zeitraum nahe. Hinsichtlich des Schreibens der Klägerin vom 14.2.2011 ist das LSG in seinem Urteil selbst von einem offenen Beweisantrag ausgegangen. Entgegen der Ansicht des LSG war die Einholung eines neuen Arztberichtes nicht deshalb überflüssig, weil bereits ein Befundbericht der Ärztin S. vom 7.8.2008 vorlag. Zwar werden in diesem Bericht ab Oktober 2001 ein Bandscheibenvorfall, ab Juni 2003 HWS-Beschwerden mit ausgeprägtem Myogelosen und Paraesthesien in beiden Händen, ab Januar 2001 bestehende Miktionsbeschwerden bei Zustand nach Hysterektomie mit teilweiser Inkontinenz angegeben und auch eine bestehende Fibromyalgie erwähnt. Insbesondere betreffend Fibromyalgie und Inkontinenz wird insoweit jedoch nicht deutlich, ab wann und mit welchem Schweregrad diese Leiden bei der Klägerin vorgelegen haben. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem am 28.6.2007 in dem Rentenverfahren S 13 R 2973/06 erstatteten Befundbericht dieser Ärztin.

11

Aus diesen ärztlichen Unterlagen hat das SG in seinem Urteil vom 28.1.2011, auf das sich das LSG in seiner Entscheidung vom 27.1.2012 bezieht, gefolgert, dass die Fibromyalgie für den hier streitigen Zeitraum nicht zu berücksichtigen sei, weil diese erst seit April 2007 ärztlich dokumentiert werde. Allein im Hinblick darauf, dass die bereits vorliegenden Befunde für den streitigen Zeitraum keine genaueren Angaben enthalten, durfte das LSG nicht davon ausgehen, dass eine Beweiserhebung über den damaligen Gesundheitszustand der Klägerin offenkundig überflüssig ist. Denn es ist möglich, dass die Ärztin S. auf gezielte Nachfrage hin nähere Angaben machen kann. Insofern kommt die Beurteilung des LSG unter den gegebenen Umständen einer vorweggenommenen Beweiswürdigung gleich.

12

Insgesamt ergibt sich die Notwendigkeit der Einholung eines erneuten Befundberichtes bei der Hausärztin S., verbunden mit einer detaillierten Befragung dazu, ab wann seinerzeit insbesondere eine Fibromyalgie und eine Harninkontinenz mit welchem Schweregrad und welchen Auswirkungen bei der Klägerin vorlagen. Diese Ärztin hätte auch nach fachärztlichen Behandlungen im streitigen Zeitraum gefragt werden können.

13

Auf der Verletzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG)kann das angefochtene Urteil iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG beruhen, denn es ist nicht auszuschließen, dass bei Durchführung der beantragten Beweisaufnahme der Rechtsstreit einer anderen, für die Klägerin günstigeren, Lösung hätte zugeführt werden können.

14

Da die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen, macht der Senat von der ihm durch § 160a Abs 5 SGG eröffneten Möglichkeit Gebrauch, das angefochtene Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

15

Das LSG wird auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu befinden haben.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder
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published on 24/04/2014 00:00

Tenor Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. August 2013 aufgehoben.
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Annotations

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.