Bundessozialgericht Beschluss, 26. Feb. 2014 - B 1 KR 45/13 B

bei uns veröffentlicht am26.02.2014

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 20. März 2013 wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auf 2693,29 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Der klagende Apotheker gab an einen Versicherten der beklagten Krankenkasse (KK) aufgrund einer nicht unterschriebenen Arzneimittelverordnung vom 18.12.2008 eine Infusionslösung ab. Die vertragsärztliche Gemeinschaftspraxis Prof. Dr. W. und Dr. H. mit Sitz im selben Haus wie der Kläger bestätigte später, dass sie dem Versicherten am selben Tag die Infusionslösung, die laut Absprache mit dem Kläger termingerecht beim Arztbesuch des Versicherten hergestellt worden sei, verabreicht habe. Außerdem legte der Kläger 2010 eine zweite von Dr. H. unterschriebene, auf den 18.12.2008 datierte Verordnung vor. Die Beklagte rechnete mit unstreitigen Forderungen des Klägers in Höhe der mit 2693,29 Euro vergüteten Verordnung vom 18.12.2008 auf. Das SG hat die Beklagte zur Zahlung dieser Summe verurteilt. Das LSG hat das SG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, der Beklagten habe ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in Höhe der insoweit wirksamen Aufrechnung zugestanden. Der Kläger habe aus der Abgabe der Infusionslösung keinen Vergütungsanspruch gegen die Beklagte, weil die ärztliche Unterschrift auf der Verordnung Wirksamkeitsvoraussetzung für den kraft Gesetzes entstehenden Vergütungsanspruch sei. § 4 Abs 1 Buchst n des im Bundesgebiet geltenden Arzneilieferungsvertrages (ALV) - der für eine ordnungsgemäß ausgestellte Verordnung die vertragsärztliche Unterschrift fordert - und § 4 Abs 2 S 2 ALV - der die Heilung fehlender Angaben in bestimmten Fällen vorsieht - seien eng auszulegen. Eine Heilung des Mangels der fehlenden vertragsärztlichen Unterschrift sei danach ausgeschlossen (Urteil vom 20.3.2013).

2

Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.

3

II. Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung.

4

1. Der Kläger legt die für eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) notwendigen Voraussetzungen nicht in der gesetzlich gebotenen Weise dar. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN).

5

a) Der Kläger wirft zwar als Fragen auf,

        

"ob § 4 Abs. 1 ALV nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung der Apotheker führt",

        

und     

        

"ob Apotheker durch die Regelung in § 4 Abs. 1 n ALV schon durch die Vertragsverhandlungen und die unterschiedliche Stärke der Vertragsparteien nicht unangemessen benachteiligt werden, auch und gerade vor dem Hintergrund, dass die Krankenkassen Retaxierungen als Einnahmequellen missbrauchen".

6

Der Senat lässt offen, ob der Kläger unter Verwendung des Begriffs der unangemessenen Benachteiligung klare Rechtsfragen formuliert hat. Jedenfalls zeigt die Beschwerdebegründung den erforderlichen Klärungsbedarf nicht hinreichend auf. Das Bedürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren fehlt, wenn ihre Beantwortung nach der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung keinem vernünftigen Zweifel unterliegt, die Frage also "geklärt ist" (BSG SozR 3-2500 § 75 Nr 8 S 34; BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6 und § 160a Nr 21 S 38; BSG Beschluss vom 21.10.2010 - B 1 KR 96/10 B - RdNr 7; BSG Beschluss vom 22.12.2010 - B 1 KR 100/10 B - Juris RdNr 7; zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung bei Rechtsfragen der Krankenhausvergütung vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 5). Deshalb hätte sich der Kläger in der Beschwerdebegründung näher damit auseinandersetzen müssen, wieso in Würdigung der ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung noch Klärungsbedarf verblieben ist. Die Beschwerdebegründung genügt diesen Anforderungen nicht.

7

Der Kläger setzt sich im Hinblick auf § 4 Abs 1 Buchst n ALV schon nicht mit dem - auch vom LSG zitierten - Urteil des BSG vom 17.12.2009 (BSGE 105, 157 = SozR 4-2500 § 129 Nr 5) auseinander, das eine nicht vom Arzt autorisierte Erhöhung der Abgabemenge betraf. Im Übrigen legt er nicht die Entscheidungserheblichkeit der geltend gemachten Rechtswidrigkeit der übrigen in § 4 Abs 1 ALV genannten Voraussetzungen dar.

8

b) Zudem wirft der Kläger die Frage auf,

        

"ob die Vielzahl an Retaxierungen und die daraus resultierenden Obliegenheitspflichten nicht ein Verstoß gegen Artikel 12 GG ist".

9

Der Kläger stellt bereits keine klar formulierte Rechtsfrage. Denn (allenfalls) aus der Verletzung von gesetzlichen oder (normen-)vertraglichen Pflichten können zwar Retaxierungen (Geltendmachung öffentlich-rechtlicher Erstattungsansprüche im Wege der Aufrechnung) als Rechtsfolgen resultieren, nicht hingegen können diese Rechtsfolgen selbst Ursachen tatbestandlicher Voraussetzungen ("Obliegenheitspflichten") sein. Aber selbst wenn man zugunsten des Klägers von einer noch hinreichend klar formulierten Rechtsfrage ausginge, fehlte es an der Darlegung der Klärungsbedürftigkeit.

10

Wer sich - wie hier der Kläger - auf die Verfassungswidrigkeit untergesetzlicher Regelungen beruft, darf sich nicht auf die Benennung angeblich verletzter Grundrechte beschränken, sondern muss unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG darlegen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (vgl BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG Beschluss vom 16.2.2009 - B 1 KR 87/08 B - Juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 20.7.2010 - B 1 KR 10/10 B - Juris RdNr 6 mwN). Hierzu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfach-gesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verletzung der konkreten Regelung des GG dargelegt werden (vgl nur BSG Beschluss vom 29.9.2011 - B 1 KR 46/11 B - RdNr 11). An alledem fehlt es. Mit dem Regelungsgehalt des Art 12 Abs 1 GG setzt sich der Kläger nicht auseinander. Selbst wenn der Kläger die im ALV aufgestellten, von den Apothekern bei der Abgabe von Arzneimitteln an Versicherte zu beachtenden Verhaltenspflichten in ihrer Gesamtschau oder einzelne Verhaltenspflichten gemeint haben sollte, deren Nichtbeachtung zu Retaxierungen führt (vgl nur BSGE 105, 157 = SozR 4-2500 § 129 Nr 5; BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr 6; s ferner BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 7; BSG Urteil vom 2.7.2013 - B 1 KR 49/12 R ), zeigt der Kläger nicht auf, woraus sich eine Verletzung des Art 12 GG hier ergeben soll. Er macht insbesondere nicht deutlich, warum den Apothekern nicht die Prüfung abverlangt werden kann, dass die Verordnung (vertragsärztlich) unterschrieben ist. Soweit er sich auf eine Verletzung des Art 12 Abs 2 GG beruft, der den Arbeitszwang zum Gegenstand hat, zeigt er schon nicht den Schutzbereich dieser Vorschrift auf.

11

c) Schließlich formuliert der Kläger - sinngemäß - die Rechtsfrage,

        

ob § 4 Abs 1 Buchst n ALV gegen Art 14 Abs 2 GG verstößt.

12

Auch insoweit wird der Kläger den vorgenannten Darlegungserfordernissen bei Geltendmachung der Verfassungswidrigkeit einer Norm nicht gerecht. Schon im Ansatz ist ein Zusammenhang zwischen der am Maßstab des Art 12 Abs 1 GG zu prüfenden normenvertraglichen Verhaltenspflicht der Apotheker nach § 4 Abs 1 Buchst n ALV und der Gemeinwohlbindung des Eigentums nicht nachvollziehbar dargelegt und wird auch durch die weitere Begründung nicht erhellt.

13

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 3, § 47 GKG.

Urteilsbesprechung zu Bundessozialgericht Beschluss, 26. Feb. 2014 - B 1 KR 45/13 B

Urteilsbesprechungen zu Bundessozialgericht Beschluss, 26. Feb. 2014 - B 1 KR 45/13 B

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn
Bundessozialgericht Beschluss, 26. Feb. 2014 - B 1 KR 45/13 B zitiert 12 §§.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160a


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 169


Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfu

Allgemeine Lotsverordnung - LotsO 1987 | § 4 Ermächtigung der Aufsichtsbehörden zum Erlaß von Lotsverordnungen


Die Ermächtigungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 des Gesetzes über das Seelotswesen werden auf die Aufsichtsbehörden übertragen, soweit die folgenden Vorschriften nicht bereits Regelungen treffen.

Referenzen - Urteile

Bundessozialgericht Beschluss, 26. Feb. 2014 - B 1 KR 45/13 B zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Bundessozialgericht Beschluss, 26. Feb. 2014 - B 1 KR 45/13 B zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Urteil, 02. Juli 2013 - B 1 KR 49/12 R

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Bundessozialgericht Beschluss, 22. Dez. 2010 - B 1 KR 100/10 B

bei uns veröffentlicht am 22.12.2010

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Bundessozialgericht Beschluss, 20. Juli 2010 - B 1 KR 10/10 B

bei uns veröffentlicht am 20.07.2010

Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 9. Dezember 2009 wird als unzulässig verworfen.
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundessozialgericht Beschluss, 26. Feb. 2014 - B 1 KR 45/13 B.

Sozialgericht Nürnberg Endurteil, 27. Jan. 2016 - S 11 KR 349/13

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Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Der Streitwert wird auf 4.677,83 Euro festgesetzt. Tatbestand Zwischen den Beteiligten ist die wegen Aufrechnung vorenth

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bei uns veröffentlicht am 05.10.2015

Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 5. März 2015 wird als unzulässig verworfen.

Referenzen

Die Ermächtigungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 des Gesetzes über das Seelotswesen werden auf die Aufsichtsbehörden übertragen, soweit die folgenden Vorschriften nicht bereits Regelungen treffen.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfung ohne mündliche Verhandlung erfolgt durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Die Ermächtigungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 des Gesetzes über das Seelotswesen werden auf die Aufsichtsbehörden übertragen, soweit die folgenden Vorschriften nicht bereits Regelungen treffen.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 27. Juli 2010 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Die 1945 geborene, bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin ist mit ihrem Begehren, 12 557,62 Euro Kosten der am 23.10.2003 wegen Lebermetastasen durchgeführten laserinduzierten Thermotherapie (LITT) erstattet zu erhalten, bei der Beklagten und dem LSG ohne Erfolg geblieben. Das LSG hat das der Klage stattgebende SG-Urteil aufgehoben und zur Begründung ua ausgeführt, die Klägerin habe keinen Naturalleistungsanspruch auf die ambulante Behandlung mit der neuen Methode LITT gehabt. Der Bundesausschuss habe nämlich die Methode zum Zeitpunkt der Behandlung nicht positiv empfohlen, wie von § 135 Abs 1 SGB V vorausgesetzt, und die Voraussetzungen eines Systemversagens seien nicht erfüllt gewesen(Hinweis auf BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12). Auch sei eine grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungsrechts (vgl BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5) nicht in Betracht gekommen, da der Klägerin im Behandlungszeitpunkt eine Standardtherapie zur Verfügung gestanden habe, nämlich die auch für sie vorgesehene und dann von ihr nicht in Anspruch genommene Teilresektion der betroffenen Leberlappen (Urteil vom 27.7.2010).

2

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil und beruft sich auf Divergenz und grundsätzliche Bedeutung.

3

II. Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 Satz 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der geltend gemachten Revisionszulassungsgründe nach § 160 Abs 2 Nr 2 und Nr 1 SGG.

4

1. Wer eine Rechtsprechungsdivergenz entsprechend den gesetzlichen Anforderungen darlegen will, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze in der Entscheidung des Berufungsgerichts einerseits und in dem herangezogenen höchstrichterlichen Urteil andererseits gegenüberstellen und dazu ausführen, weshalb beide miteinander unvereinbar seien sollen (vgl zB BSG Beschluss vom 28.7.2009 - B 1 KR 31/09 B - RdNr 4; BSG Beschluss vom 28.6.2010 - B 1 KR 26/10 B - RdNr 4 mwN). Erforderlich ist, dass das LSG bewusst einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt hat und nicht etwa lediglich fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl zB BSG Beschluss vom 15.1.2007 - B 1 KR 149/06 B - RdNr 4; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 44 f mwN). An der Darlegung eines vom LSG bewusst abweichend von höchstrichterlicher Rechtsprechung aufgestellten Rechtssatzes fehlt es. Die Klägerin deutet im Kern lediglich an, dass das LSG vermeintlich das Recht in Form der vom LSG selbst herangezogenen Entscheidungen des BVerfG und des BSG nicht zutreffend angewendet habe.

5

2. Die Klägerin legt auch den Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nicht hinreichend dar. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwieweit diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 1 ff; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Die Klägerin richtet ihr Beschwerdevorbringen an diesen Anforderungen nicht aus.

6

           

Die Klägerin formuliert mit folgendem Vorbringen schon keine klare Rechtsfrage:

        

"ob die Behandlungsmethode LITT, bei der es sich um eine 'neue Behandlungsmethode' nach § 92 Abs. 2 SGB V i.V.m. § 135 SGB V handelt und es sich dabei auch um eine allgemein anerkannte wissenschaftliche Behandlungsmethode für die Spezifik der Tumorerkrankung, wie sie bei der Beschwerdeführerin gegeben ist, handelt, die Kostentragungspflicht nur deshalb verneint wird, weil diese Methode als 'nicht anerkannte Methode' in die Anlage B der RL zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden … ausgewiesen wird und dies deshalb, weil die vom BMBF geforderte Vergleichsstudie zu LITT objektiv nicht erbringbar ist, auch nicht für die Zukunft."

7

Zudem legt die Klägerin auch die Klärungsbedürftigkeit der allenfalls angedeuteten Rechtsfrage nicht hinreichend dar. Das Bedürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren fehlt nämlich, wenn ihre Beantwortung nach der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung keinem vernünftigen Zweifel unterliegt, die Frage also "geklärt ist" (vgl zB BSG Beschluss vom 21.10.2010 - B 1 KR 96/10 B - RdNr 7 mwN). Eine Rechtsfrage, über die bereits höchstrichterlich entschieden worden ist, kann dennoch klärungsbedürftig sein, wenn der Rechtsprechung in nicht geringfügigem Umfang widersprochen wird und gegen sie nicht von vornherein abwegige Einwendungen vorgebracht werden (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 13 S 19 mwN), was im Rahmen der Beschwerdebegründung ebenfalls darzulegen ist. Daran fehlt es. Die Klägerin legt nicht dar, dass trotz der auch vom LSG zitierten BSG-Rechtsprechung (BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12)noch Klärungsbedarf verblieben ist, der eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt, weil von einer Entscheidung der Rechtssache im Revisionsverfahren in einer die Interessen der Allgemeinheit berührenden Weise die Wahrung, Sicherung oder Herstellung von Rechtseinheit oder die Fortbildung des Rechts erwartet werden kann.

8

           

Nichts anderes gilt im Ergebnis, soweit die Klägerin die Frage formuliert,

        

"ob der Bundesausschuss vom 18. Oktober 2005, der die LITT als Nr 43 als 'nicht anerkannte Methode' in der Anlage B der RL zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-RL) ausweist, rückwirkend zum Nachteil der Beschwerdeführerin anzuwenden, zulässig ist oder nicht, nachdem der Beschluss des BVerfG vom 6. Dezember 2005 (Az: 1 BvR 347/98) in seinem Leitsatz auf das Recht abstellt, dass ein gesetzlich Krankenversicherter bei einer lebensbedrohlichen Erkrankung einen Anspruch auf eine allgemein anerkannte medizinische Behandlungsmethode hat".

9

Es bedarf keiner Vertiefung, ob die Klägerin damit eine Rechtsfrage klar formuliert hat. Jedenfalls legt sie nicht dar, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich ist. Insbesondere setzt sie sich nicht damit auseinander, dass das LSG in den Gründen seiner Entscheidung gerade nicht auf die am 13.1.2006 in Kraft getretenen Richtlinien abgehoben, sondern darauf verwiesen hat, dass weder die gesetzlichen Voraussetzungen des § 135 Abs 1 SGB V erfüllt sind noch ein Fall grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts gegeben ist, weil für die Klägerin eine allgemeinem Standard entsprechende Behandlungsmethode verfügbar gewesen sei.

10

3. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbs 2 SGG).

11

4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Die Ermächtigungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 des Gesetzes über das Seelotswesen werden auf die Aufsichtsbehörden übertragen, soweit die folgenden Vorschriften nicht bereits Regelungen treffen.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 9. Dezember 2009 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Der 1941 geborene, bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Kläger ist mit seinem Begehren, die Beklagte möge ihm wegen einer erektilen Dysfunktion nach einer operativen Entfernung der Prostata wegen eines Harnblasenkarzinoms die bisher entstandenen Kosten für das Medikament Viagra erstatten und für die Zukunft mit einem Arzneimittel mit dem Wirkstoff Sildenafil nach ärztlicher Verordnung versorgen, in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das LSG hat im Wesentlichen ausgeführt: Die geltend gemachten Ansprüche seien nicht gegeben, da Arzneimittel zur Steigerung der Potenz nach § 34 Abs 1 Satz 8 SGB V von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ausgeschlossen seien. Nach der Rechtsprechung des BSG verstoße dieser Ausschluss nicht gegen Art 2 Abs 1 und 2 GG (BSGE 94, 302 = SozR 4-2500 § 34 Nr 2; BSG Urteil vom 18.7.2006 - B 1 KR 10/05 R - USK 2006-139). Art 3 GG sei entgegen der Ansicht des Klägers nicht etwa verletzt, weil Behandlungen bei psychischen Störungen und Inkontinenz von der Leistungspflicht der KKn umfasst seien, die Wiederherstellung der Erektionsfähigkeit durch Medikamente nach einer Prostataoperation aber nicht. Den sachlichen Grund für die unterschiedliche Behandlung, der auch für die in § 34 Abs 1 Satz 8 SGB V aufgeführten Regelbeispiele gelte, habe der Gesetzgeber in § 34 Abs 1 Satz 7 SGB V genannt. Ausnahmen von dem Leistungsausschluss lasse das Gesetz nicht zu. Aus der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zum Anspruch auf Beihilfe zu den Kosten der medikamentösen Behandlung der erektilen Dysfunktion könne der Kläger schon wegen der Unterschiede der beiden Systeme der Krankheitsvorsorge nichts für sich herleiten; außerdem habe das BVerwG einen solchen Anspruch im Rahmen der Beihilfe ebenfalls ausgeschlossen (Urteil vom 9.12.2009).

2

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG. Er beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.

3

II. Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbs 2 iVm § 169 Satz 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen an die Darlegung des geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).

4

Wer sich auf diesen Zulassungsgrund beruft, muss gemäß § 160a Abs 2 Satz 3 SGG eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist(vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; s auch BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Eine Rechtsfrage ist grundsätzlich nicht mehr klärungsbedürftig, wenn sie bereits von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden worden ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17; BSG SozR 1500 § 160 Nr 51 S 52 mwN). In diesem Fall muss deshalb dargetan werden, dass für die Frage zB mit Blick auf einschlägige Kritik im Schrifttum oder bei den Instanzgerichten - erneut Klärungsbedarf entstanden ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f). Dem entspricht das Beschwerdevorbringen nicht.

5

Der Kläger formuliert lediglich sinngemäß die Rechtsfrage, ob "die streitgegenständliche gesetzliche Regelung, die neu in das SGB V eingeführt worden ist (…), die bestimmte Arzneimittel von der Versorgung generell ausschließt, ohne dass für einen begründeten Ausnahmefall eine Ausnahmeregelung vorgesehen ist bzw. von der Rechtsprechung zugelassen wird", verfassungswidrig ist. Der Senat lässt offen, ob er damit hinreichend klar eine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage formuliert, denn er erfüllt jedenfalls nicht die Darlegungsanforderungen für die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage.

6

Wer sich auf die Verfassungswidrigkeit einer Regelung beruft, darf sich nämlich nicht auf die Benennung angeblich verletzter Rechtsgrundsätze beschränken, sondern muss unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG darlegen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; zB BSG Beschlüsse vom 4.4.2006 - B 12 RA 16/05 B und vom 16.2.2009 - B 1 KR 87/08 B). Hierzu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verletzung der konkreten Regelung des GG dargelegt werden. An alledem fehlt es. Dem umfangreichen, jedoch wenig geordneten Vorbringen des Klägers ist noch sinngemäß zu entnehmen, dass er sich wohl auf eine Verletzung von Art 2 Abs 1 und 2 GG sowie Art 3 Abs 1 GG beruft. Er berücksichtigt allerdings nicht in ausreichendem Maße die hierzu bereits ergangene Rechtsprechung des BVerfG und des BSG.

7

Dies betrifft zum einen den Vortrag des Klägers, die Behandlung seiner erektilen Dysfunktion sei keine "life-style"-Behandlung, sondern wegen der Prostata-Operation die Behandlung einer Krankheit. Er legt nicht dar, weshalb dies die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage begründet, obwohl nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats der Leistungsausschluss gemäß § 34 Abs 1 Satz 7 bis 9 SGB V nicht gegen Art 2 Abs 1 und 2 GG verstößt(vgl BSGE 94, 302 = SozR 4-2500 § 34 Nr 2 RdNr 25 - Viagra; BSG Urteil vom 18.7.2006 - B 1 KR 10/05 R - USK 2006-139). Er geht nicht hinreichend darauf ein, dass aus diesen Bestimmungen des GG zwar eine objektiv-rechtliche Pflicht des Staates folgt, das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit zu schützen (vgl BVerfGE 85, 191, 212; 88, 203, 251; 90, 145, 195), darüber hinaus verfassungsrechtlich grundsätzlich jedoch nur geboten ist, eine medizinische Versorgung für alle Bürger bereit zu halten. Auch setzt er sich nicht damit auseinander, dass der Gesetzgeber seinen weiten Gestaltungsspielraum nicht verletzt, wenn er angesichts der beschränkten finanziellen Leistungsfähigkeit der GKV Leistungen aus dem Leistungskatalog herausnimmt, die - wie hier - in erster Linie einer Steigerung der Lebensqualität jenseits lebensbedrohlicher Zustände dienen (vgl Senat BSGE 94, 302 = SozR 4-2500 § 34 Nr 2 RdNr 25 - Viagra; vgl auch zum Ganzen BSG Urteil vom 18.7.2006 - B 1 KR 10/05 R - USK 2006-139).

8

Auch soweit sich der Kläger auf eine Verletzung von Art 3 GG beruft, berücksichtigt er die bereits vorliegende Rechtsprechung des BVerfG und des BSG ebenfalls nicht in ausreichendem Maße. Dies gilt zunächst für den geltend gemachten Verstoß gegen den Gleichheitssatz wegen der unterschiedlichen Behandlung einer durch eine Prostataoperation eingetretenen Inkontinenz und einer auf dieser Krankheit beruhenden erektilen Dysfunktion. Er geht weder auf das in dem LSG-Urteil genannte sachliche Differenzierungskriterium für die Ungleichbehandlung beider Fallkonstellationen ein noch auf die umfangreiche Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu Art 3 GG (vgl etwa BVerfGE 117, 316, 325 ff = SozR 4-2500 § 27a Nr 3 RdNr 29 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 7 RdNr 11 ff mwN). Auch befasst er sich gar nicht mit den bereits vom LSG zitierten Entscheidungen des BSG, in denen ein Verstoß des Ausschlusses von Arzneimitteln zur überwiegenden Behandlung der erektilen Dysfunktion nach § 34 Abs 1 Satz 7 bis 9 SGB V gegen Verfassungsrecht verneint wird.

9

Soweit sich der Kläger des Weiteren darauf beruft, Beihilfeberechtigten stehe im Unterschied zu Versicherten der GKV ein Anspruch auf die streitige Versorgung zu, bestand Anlass für eine Auseinandersetzung damit, dass die Ungleichbehandlung der GKV-Versicherten gegenüber auf andere Weise abgesicherten Personen Folge der Entscheidung des Gesetzgebers für unterschiedliche Sicherungssysteme gegen Krankheit ist. Denn das BVerfG hat dem Gesetzgeber grundsätzlich zugestanden, Versicherungspflicht und Versicherungsberechtigung in der GKV in bestimmter Weise festzulegen (BVerfGE 18, 38, 45 f; 18, 257, 265 ff; 18, 366 = SozR Nr 54, 55, 56 zu Art 3 GG). Auch das BSG hat wiederholt betont, dass es im Ermessen des Gesetzgebers liegt, sich für verschiedene Leistungssysteme zu entscheiden, in denen sich der Gleichheitssatz dann den Eigenarten der Systeme entsprechend unterschiedlich auswirkt (BSGE 38, 149, 150 = SozR 2200 § 1267 Nr 3 S 10; BSGE 41, 157, 158 f = SozR 5420 § 2 Nr 2 S 2; BSGE 47, 259, 260 f = SozR 3100 § 40a Nr 6 S 16 f). Auch hiermit setzt sich der Kläger nicht auseinander.

10

Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbs 2 SGG).

11

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 2. Februar 2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Der Kläger und der Beigeladene tragen die Kosten des Rechtsstreits.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 17,49 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Aufrechnung wegen Nichtberücksichtigung von Arzneimittelrabattverträgen.

2

Der klagende Apotheker gab am 2.10.2007 an eine Versicherte der beklagten Krankenkasse (KK) das in der ärztlichen Verordnung vom 1.10.2007 mit der Maßgabe "aut idem" bezeichnete Arzneimittel Junizac 150 mg ab (Apothekenabgabepreis: 19,79 Euro). Die Beklagte hatte für dieses Arzneimittel mit dessen Hersteller keinen Rabattvertrag nach § 130a Abs 8 SGB V geschlossen, hingegen für andere mit dem abgegebenen Arzneimittel nach Wirkstoff, Wirkstärke, Darreichungsform, Packungsgröße und Indikationsbereich austauschbare Arzneimittel. Die Beklage vergütete dem Kläger unter Abzug des Apothekerrabatts zunächst 17,49 Euro, machte sodann einen Erstattungsanspruch geltend und rechnete diesen Betrag gegen einen anderen Vergütungsanspruch des Klägers auf. Das SG hat unter Zulassung der Sprungrevision die Beklagte zur Zahlung von 17,49 Euro verurteilt. Die Beklagte habe einen Erstattungsanspruch nur in Höhe des Differenzbetrages zwischen dem Rabattvertragsarzneimittel und dem tatsächlich abgegebenen Arzneimittel. Da die Beklagte den Inhalt der Rabattverträge nicht mitteile, sei die Ermittlung des Differenzbetrages nicht möglich. Der Ausschluss jeglicher Vergütung (Retaxierung auf Null) habe weder im Gesetz noch in den Rahmenverträgen eine Grundlage (Urteil vom 2.2.2012).

3

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 129 Abs 1 S 3 SGB V und des § 4 Abs 2 S 2 und Abs 4 des Rahmenvertrages über die Arzneimittelversorgung. Sie habe wirksam mit einem Erstattungsanspruch aufgerechnet. Der Kläger habe infolge Verstoßes gegen die genannten Vorschriften keinen Vergütungsanspruch erworben.

4

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 2. Februar 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

5

Der Kläger und der Beigeladene beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie halten das SG-Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Sprungrevision der beklagten KK ist begründet. Das SG-Urteil ist aufzuheben und die Klage abzuweisen. Das SG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, an den klagenden Apotheker 17,49 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Der zulässig mittels der echten Leistungsklage geltend gemachte Vergütungsanspruch des Klägers für die Abgabe von Arzneimitteln an Versicherte der Beklagten (dazu 1.) ist durch Aufrechnung mit einem Erstattungsanspruch der Beklagten erloschen (dazu 2.).

8

1. Nach § 129 SGB V(idF durch Art 1 Nr 95 des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - vom 26.3.2007, BGBl I 378 mit Wirkung vom 1.4.2007) geben die Apotheker nach Maßgabe der ergänzenden Rahmenvereinbarung und Landesverträge (§ 129 Abs 2 und Abs 5 S 1 SGB V, vgl auch § 2 Abs 2 S 3 SGB V) vertragsärztlich verordnete Arzneimittel an Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ab. Diese Vorschrift begründet im Zusammenspiel mit den konkretisierenden vertraglichen Vereinbarungen eine öffentlich-rechtliche Leistungsberechtigung und -verpflichtung für die Apotheker, vertragsärztlich verordnete Arzneimittel an die Versicherten abzugeben. Die Apotheker erwerben im Gegenzug für die Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Leistungspflicht einen durch Normenverträge näher ausgestalteten gesetzlichen Anspruch auf Vergütung gegen die KKn, der schon in § 129 SGB V vorausgesetzt wird(stRspr, vgl zB BSG SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 13; ausführlich BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr 6, RdNr 12 f; BSGE 105, 157 = SozR 4-2500 § 129 Nr 5, RdNr 15). Die entsprechende Anwendung von Grundsätzen des Kaufvertragsrechts (vgl §§ 433 ff BGB iVm § 69 S 4 SGB V, jetzt § 69 Abs 1 S 3 SGB V)scheidet aus.

9

Der Vergütungsanspruch des Klägers, gegenüber dem die Beklagte am 20.2.2009 aufrechnete, erfüllte die dargelegten Voraussetzungen. Dies ergibt sich aus den dem Gesamtzusammenhang der Entscheidungsgründe des SG zu entnehmenden unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen aufgrund des zulässig vom SG zugrunde gelegten übereinstimmenden Beteiligtenvortrags (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 17; § 163 SGG).

10

2. Der in Höhe von 17,49 Euro entstandene streitgegenständliche Vergütungsanspruch des Klägers erlosch dadurch, dass die Beklagte analog § 387 BGB in gleicher Höhe mit einem eigenen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gegen ihn aufrechnete.

11

a) Die Anwendbarkeit der §§ 387 ff BGB folgt aus § 69 S 4 SGB V(jetzt § 69 Abs 1 S 3 SGB V). In Einklang mit der Rechtsprechung des 3. Senats des BSG (BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 1 RdNr 16) geht der erkennende Senat davon aus, dass das Recht zur Rechnungs- und Taxberichtigung und die damit verbundene Möglichkeit zur Aufrechnung gegen spätere Zahlungsansprüche aus Arzneilieferungen umfassend ist. Es betrifft nicht nur die Korrektur von sog Abrechnungsfehlern. Taxberichtigungen/Retaxierungen sind grundsätzlich auch dann möglich, wenn sich nachträglich herausstellt, dass es zB an einer ordnungsgemäßen ärztlichen Verordnung mangelt, ein Medikament - wie hier - nicht vom Leistungskatalog der GKV erfasst wird oder unter Verstoß gegen die Bestimmungen des Arzneilieferungsvertrages (ALV) abgegeben worden ist (vgl zB BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr 6 - fehlende Genehmigung der KK vor Abgabe des Importarzneimittels; BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 2 - Überschreitung der einmonatigen Frist zur Vorlage eines Kassenrezepts). Entsprechendes gilt bei sonstigen Verstößen gegen die Vorgaben des § 129 SGB V und die sie konkretisierenden Bestimmungen des RV. Ein Ausschluss der Aufrechnungsbefugnis ergibt sich weder aus dem Gesetz noch aus den Rahmenverträgen.

12

Insbesondere schließen die in § 11 RV geregelten "Vertragsmaßnahmen" (Verwarnung, Vertragsstrafe bis zu 25 000 Euro, Ausschluss des Apothekenleiters/der Apothekenleiterin von der Versorgung der Versicherten bis zur Dauer von zwei Jahren) einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch nicht aus. Sie regeln vertraglich vereinbarte Sanktionen, die an ein rechtswidriges und schuldhaftes Fehlverhalten des Apothekers anknüpfen. Sie haben aber nicht die Rückabwicklung von rechtswidrigen Vermögensverschiebungen zum Gegenstand. Weder wollen noch könnten sie nach Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch ausschließen, weil die Vorschrift dann gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen würde (zu einer gegen KKn gerichteten Ausschlussfrist vgl BSGE 112, 156 = SozR 4-2500 § 114 Nr 1, RdNr 35).

13

Die Beklagte konnte mit einer Gegenforderung aus öffentlich-rechtlicher Erstattung gegen die Hauptforderung aufrechnen (vgl allgemein zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zB BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 10 f mwN; zur Aufrechnung mit diesem zB BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 7 RdNr 11; BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr 6, RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15). Auch die sich aus der fehlgeschlagenen, aber intendierten Leistungserbringung für nach dem SGB V Versicherte ergebenden Rückabwicklungsbeziehungen zwischen KKn und Apothekern sind spiegelbildlich zu den Leistungsbeziehungen öffentlich-rechtlicher Natur. Der Vergütungsanspruch des Klägers und der von der Beklagten nach den Feststellungen des SG - und dem übereinstimmenden Beteiligtenvortrag - gemäß den rahmenvertraglichen Bestimmungen von der Beklagten formell ordnungsgemäß geltend gemachte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch erfüllte die Voraussetzungen der Gegenseitigkeit und der Gleichartigkeit. Der geltend gemachte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch der Beklagten war auch fällig und der Vergütungsanspruch des Klägers erfüllbar.

14

Die Beklagte hatte einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gegen den Kläger, weil sie ihm ohne Rechtsgrund 17,49 Euro aufgrund der Lieferung des Arzneimittels Junizac 150 mg (100 Filmtabletten N3) gezahlt hatte. Der vom Kläger hierfür geltend gemachte Vergütungsanspruch war nicht entstanden (dazu b). Der Kläger hatte auch keinen Anspruch auf Wertersatz oder zumindest auf Erstattung der Kosten der Warenbeschaffung (dazu c). Sowohl der sich dem Grunde und der Höhe nach ergebende öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch als solcher als auch seine Geltendmachung im Aufrechnungswege stehen in Einklang mit höherrangigem Recht (dazu d).

15

b) Der Kläger erwarb keinen Vergütungsanspruch, weil er zur Abgabe des Arzneimittels Junizac 150 mg (100 Filmtabletten N3) an die Versicherte nicht berechtigt war. Er erfüllte damit nicht seine öffentlich-rechtliche Leistungspflicht, sondern missachtete das Substitutionsgebot für "aut idem" verordnete Rabattarzneimittel. Dieses Substitutionsgebot beruht auf § 129 Abs 1 S 3 SGB V und dem ergänzenden Vertragsrecht(dazu aa). Seine Voraussetzungen waren erfüllt (dazu bb). Die Verletzung des Substitutionsgebots schließt einen Vergütungsanspruch aus (dazu cc).

16

aa) Die Apotheken sind bei der Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte nach Maßgabe des Rahmenvertrages nach § 129 Abs 2 SGB V zur Abgabe eines preisgünstigen Arzneimittels ua in den Fällen verpflichtet, in denen der verordnende Arzt die Ersetzung des Arzneimittels durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel nicht ausgeschlossen hat(§ 129 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst b SGB V). In den Fällen der Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel haben die Apotheken ein Arzneimittel abzugeben, das mit dem verordneten in Wirkstärke und Packungsgröße identisch sowie für den gleichen Indikationsbereich zugelassen ist und ferner die gleiche oder eine austauschbare Darreichungsform besitzt (S 2). Dabei ist die Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel vorzunehmen, für das eine Vereinbarung nach § 130a Abs 8 SGB V mit Wirkung für die KK besteht, soweit hierzu in ergänzenden Verträgen auf Landesebene nach § 129 Abs 5 SGB V nichts anderes vereinbart ist(S 3).

17

Der Rahmenvertrag nach § 129 Abs 2 SGB V regelt Ergänzungen zum Substitutionsgebot gemäß § 129 Abs 1 S 3 SGB V. Maßgebend ist hier der auf Bundesebene zwischen den Spitzenverbänden der KKn einschließlich der Ersatzkassen und dem beigeladenen Deutschen Apothekerverband eV (DAV) geschlossene "Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung" (RV) idF vom 23.3.2007. Der RV ist als Normenvertrag für den Kläger nach § 129 Abs 3 Nr 1 SGB V verbindlich, weil sein Landesverband ein Mitgliedsverband des Beigeladenen ist. Die Verbindlichkeit des RV ergibt sich für die Beklagte unmittelbar aus dem Gesetz. § 4 Abs 2 S 2 RV sieht vor, dass die Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel vorzunehmen ist, für das eine Vereinbarung nach § 130a Abs 8 SGB V (Rabattvertrag) besteht und für das die Voraussetzungen nach § 4 Abs 4 RV gegeben sind, soweit in den ergänzenden Verträgen nach § 129 Abs 5 SGB V nichts anderes vereinbart ist. § 4 Abs 4 S 1 und 2 RV bestimmen: Die Apotheke hat ein wirkstoffgleiches Fertigarzneimittel abzugeben, für das ein Rabattvertrag nach § 130a Abs 8 SGB V (rabattbegünstigtes Arzneimittel) besteht, wenn (a) bei unter dem Produktnamen verordneten Fertigarzneimitteln der Vertragsarzt die Ersetzung nicht ausgeschlossen hat, (b) die Angaben zu dem rabattbegünstigten Arzneimittel nach § 4 Abs 5 RV vollständig und bis zu dem vereinbarten Stichtag mitgeteilt wurden, (c) die Voraussetzungen für die Auswahl nach § 4 Abs 3 S 2 RV vorliegen, (d) das rabattbegünstigte Arzneimittel im Zeitpunkt der Vorlage der Verordnung verfügbar ist. Hat die KK für mehrere Arzneimittel, die die Voraussetzungen nach § 4 Abs 4 S 1 RV erfüllen, Rabattverträge geschlossen, ist die Apotheke in der Auswahl unter diesen Arzneimitteln frei. Die Voraussetzungen für die Auswahl liegen nach § 4 Abs 3 S 2 RV nur vor, wenn die Rabattvertragsarzneimittel mit dem verordneten Arzneimittel in Wirkstärke und Packungsgröße identisch sowie für den gleichen Indikationsbereich zugelassen sind, ferner die gleiche oder eine austauschbare Darreichungsform besitzen und das Arzneimittel einer Gruppe wirkstoffgleicher Arzneimittel zuzuordnen ist, für die der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) Hinweise zur Austauschbarkeit nach § 129 Abs 1a SGB V gegeben hat.

18

Der für den Kläger und die Beklagte geltende, hier anzuwendende ergänzende Vertrag auf Landesebene enthält nichts Abweichendes zum Substitutionsgebot. Nach § 129 Abs 5 S 1 SGB V können die Landesverbände der KKn und die Verbände der Ersatzkassen mit der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Organisation der Apotheker auf Landesebene ergänzende Verträge schließen. Maßgeblich ist hier der ab 1.7.2005 geltende ALV, geschlossen ua zwischen dem Verband der Angestellten-Krankenkassen eV (einschließlich ihrer Landesvertretungen; VdAK) und dem Beigeladenen, handelnd für die Landesapothekerverbände. Der Kläger ist als Mitglied des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein eV nach § 2 Abs 2 ALV, die Beklagte als Mitgliedskasse des vertragsschließenden VdAK nach § 2 Abs 1 ALV an diesen Landesvertrag gebunden(zum zwischenzeitlichen Wechsel der Abschlussbefugnis vom VdAK auf den Verband der Ersatzkassen vgl BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr 6, RdNr 14). Die Regelungen zur "Unterstützung von Rabattverträgen gemäß § 130a Absatz 8 SGB V durch Apotheken" in Anlage 8 ALV dienten lediglich dazu, den im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht gesetzlich geregelten Vorrang der Rabattvertragsarzneimittel ohne Offenlegung des Inhalts der Rabattverträge durch Belohnung eines entsprechenden Abgabeverhaltens der Apotheker herbeizuführen(vgl § 4 Anlage 8 ALV).

19

bb) Der Kläger durfte nach den Feststellungen des SG der Versicherten aufgrund der vertragsärztlichen Verordnung nicht das Arzneimittel Junizac abgeben, da die dargelegten Voraussetzungen des Substitutionsgebots erfüllt waren. Im Zeitpunkt der Abgabe erfüllten fünf andere Rabattvertragsarzneimittel die Voraussetzungen für die Ersetzung des nur dem Produktnamen nach verordneten Arzneimittels, wie der Kläger in seiner Klageschrift im Übrigen selbst vorgetragen hat. Soweit er mit seinen Ausführungen in der Revisionserwiderung zur Nichtnachprüfbarkeit der von der Beklagten behaupteten Rabattverträge konkludent eine Verfahrensrüge erhoben haben sollte, ist diese schon wegen § 161 Abs 4 SGG unbeachtlich. Hiernach kann die Sprungrevision nicht auf Mängel des Verfahrens gestützt werden.

20

cc) Der Verstoß des Klägers gegen das Substitutionsgebot schließt jegliche Vergütung für die Abgabe des Arzneimittels aus. Dies folgt schon aus den allgemeinen Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs für Apotheker (dazu (1). Es widerspräche auch dem Gesetzeszweck des Substitutionsgebots (dazu (2). Schließlich ließe die Annahme einer Vergütungspflicht außer Acht, dass eine Arzneimittelabgabe unter Verstoß gegen das Substitutionsgebot keinen Anspruch der Versicherten erfüllt (dazu (3).

21

(1) Nach der Rechtsprechung des erkennenden 1. Senats und des 3. Senats des BSG besteht ein Vergütungsanspruch des Apothekers gegen die KK bei Abgabe vertragsärztlich verordneter Arzneimittel an deren Versicherte lediglich als Pendant zur Lieferberechtigung und -verpflichtung des Apothekers (vgl BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr 6, RdNr 13; BSGE 105, 157 = SozR 4-2500 § 129 Nr 5, RdNr 16). Fehlt es an einer Lieferberechtigung und -verpflichtung, kann aus einer dennoch erfolgten Abgabe von Arzneimitteln an Versicherte einer KK kein Vergütungsanspruch des Apothekers gegen die KK erwachsen. Das gesetzesergänzende Normenvertragsrecht regelt, welcher Vertragspartner oder Vertragsunterworfene welche Risiken trägt. Den Apotheker trifft die Pflicht, ordnungsgemäß vertragsärztlich verordnete Arzneimittel nur im Rahmen seiner Lieferberechtigung an Versicherte abzugeben. Verletzt er diese Pflicht, ist dies sein Risiko: Die KK muss für nicht veranlasste, pflichtwidrige Arzneimittelabgaben nichts zahlen.

22

(2) Eine Vergütungspflicht für unter Verletzung des Substitutionsgebots abgegebene Arzneimittel würde dem Zweck der Regelung widersprechen. Der Gesetzgeber fügte dieses Gebot in das SGB V ein (vgl § 129 Abs 1 S 3 SGB V idF durch Art 1 Nr 95 Buchst a Doppelbuchst bb GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378), um die Wirksamkeit von Rabattverträgen nach § 130a Abs 8 SGB V zu erhöhen. Nach den Gesetzesmaterialien sollte grundsätzlich die Apotheke bei wirkstoffgleichen Arzneimitteln eine Ersetzung durch Präparate vornehmen, für die Vereinbarungen über Preisnachlässe auf den Abgabepreis mit dem pharmazeutischen Unternehmer nach § 130a Abs 8 SGB V gelten. Damit - so die Begründung - wird die Wirksamkeit solcher Vereinbarungen verbessert (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 142 zu Nummer 95 (§ 129), zu Buchst a, zu Doppelbuchst cc). Die Annahme einer Vergütungspflicht für unter Verletzung des Substitutionsgebots abgegebene Arzneimittel würde diese Zielsetzung konterkarieren.

23

(3) Wie fernliegend es ist, eine Vergütungspflicht der KKn für unter Verletzung des Substitutionsgebots abgegebene Arzneimittel anzunehmen, wird schließlich daran deutlich, dass Versicherte keinen Anspruch auf eine Arzneimittelabgabe unter Verstoß gegen das Substitutionsgebot haben. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats hat dagegen ein Apotheker, der bei der Abgabe einzelimportierter Fertigarzneimittel an Versicherte gegen Vertragspflichten verstößt, selbst dann keinen Anspruch auf Vergütung gegen die KK, wenn der Versicherte das Mittel zur Behandlung einer lebensbedrohlichen, regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheit beanspruchen kann (vgl BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr 6, RdNr 17 ff und LS 2). Für einen Vergütungsanspruch des vertragswidrig handelnden Apothekers genügt es dementsprechend nicht, dass ein Versicherter letztlich das abgegebene Arzneimittel beanspruchen könnte. Nur ganz besondere Risikoabwägungen können es rechtfertigen, Leistungserbringern einen Vergütungsanspruch zuzuerkennen, obwohl sie mit ihrer Leistung keinen Anspruch eines Versicherten erfüllen (vgl hierzu zB BSG GesR 2007, 276, RdNr 55; BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 33; BSGE 101, 33 = SozR 4-2500 § 109 Nr 9; BSGE 105, 157 = SozR 4-2500 § 129 Nr 5, RdNr 23; BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr 6, RdNr 20). Für solche Erwägungen liegt hier nichts vor.

24

Versicherte, denen ein Vertragsarzt ein Arzneimittel nur unter seiner Wirkstoffbezeichnung oder unter seinem Produktnamen verordnet, ohne dessen Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel auszuschließen, haben nach Maßgabe des dargelegten Gesetzes- und Vertragsrechts lediglich Anspruch auf Verschaffung eines entsprechenden Rabattvertragsarzneimittels unter Achtung des Substitutionsgebots. Dies folgt aus dem dargelegten Wortlaut des § 129 Abs 1 S 3 SGB V und seinem Regelungszusammenhang mit den Ansprüchen Versicherter(vgl allgemein zum Zusammenspiel von Leistungs- und Leistungserbringungsrecht zB BSGE 98, 277 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4, RdNr 20 f). Die Entwicklungsgeschichte zeigt die Begrenzung besonders prägnant: Nach § 129 Abs 1 S 5 SGB V(eingefügt durch Art 1 Nr 15 Buchst a Doppelbuchst cc Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung - Arzneimittelmarktneuordnungs-gesetz - AMNOG - vom 22.12.2010, BGBl I 2262, mit Wirkung vom 1.1.2011) können Versicherte inzwischen - abweichend von § 129 Abs 1 S 3 und 4 SGB V - gegen Kostenerstattung ein anderes Arzneimittel erhalten, wenn die Voraussetzungen nach § 129 Abs 1 S 2 SGB V erfüllt sind. Die Regelung gestattet Versicherten im Zusammenspiel mit den ebenfalls eingefügten Bestimmungen des § 13 Abs 2 S 11(vgl Art 1 Nr 1 AMNOG) und § 129 Abs 1 S 6 SGB V(vgl Art 1 Nr 15 Buchst a Doppelbuchst cc AMNOG) vor allem, sich nunmehr durch spontan gewillkürte Wahl im medizinisch austauschbaren "aut idem"-Bereich vom Naturalleistungsbezug als Regelfall zu lösen und stattdessen selbst für den Einzelfall eines Arzneimittels Kostenerstattung zu wählen (vgl Hauck, GesR 2011, 69, 73). Die Regelung wäre überflüssig gewesen, wenn Versicherte entgegen § 129 Abs 1 S 3 SGB V Anspruch auf ein vertraglich nicht rabattiertes Arzneimittel gehabt hätten und die ärztliche Verordnung ohne Beachtung des § 129 Abs 1 S 3 SGB V Grundlage für die Abgabe eines derartigen Arzneimittels hätte sein können. Die Beschränkung des Sachleistungsanspruchs der Versicherten unter den dargelegten Voraussetzungen auf vom Apotheker ausgewählte Rabattvertragsarzneimittel entspricht schließlich dem Regelungszweck des § 129 Abs 1 S 3 SGB V, Arzneimittelkosten in der GKV ohne Qualitätsverlust einzusparen. Dies harmoniert in besonderer Weise mit der Verwirklichung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 2 Abs 1 S 1, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 SGB V) und der Sicherung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität (§ 71 S 1 SGB V).

25

c) Der dem Grunde nach bestehende öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch der Beklagten erfasst den vollen Betrag der rechtsgrundlos gezahlten Vergütung. Er ist der Höhe nach nicht auf den Betrag beschränkt, der sich - nach Abzug des Apothekerrabatts - aus der Differenz der von der Beklagten gezahlten Vergütung für das abgegebene Arzneimittel Junizac 150 mg N3 und einem Rabattvertragsarzneimittel ergibt. Die dargelegten Grenzen eines Vergütungsanspruchs stehen der Anwendung der Regelungen über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen entgegen (§§ 812 ff BGB iVm § 69 S 4 SGB V idF durch Art 1 Nr 40a GKV-WSG) .

26

§ 69 S 4 SGB V schließt nicht schon grundsätzlich eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung(§§ 812 ff BGB) im Leistungserbringungsrecht aus. Ihr Anwendungsbereich ist indes nicht eröffnet, wenn sie gesetzliche und (normen)vertragliche Regelungen, die das Leistungs- und Leistungserbringungsgeschehen in der GKV steuern, zu unterlaufen drohen. Diese Regelungen können ihre Steuerungsfunktion nur erfüllen, wenn sie vollständig beachtet werden. Auf die Schwere des Verstoßes kommt es dabei nicht an. So liegt es hier. Die Anwendung bereicherungsrechtlicher Grundsätze zugunsten des Leistungserbringers würde den oben aufgezeigten Zweck des Substitutionsgebots missachten (vgl entsprechend 1. Senat des BSG zB BSGE 86, 66, 75 = SozR 3-2500 § 13 Nr 21 S 97; BSGE 89, 39, 44 = SozR 3-2500 § 13 Nr 25 S 121; BSGE 97, 6 = SozR 4-2500 § 13 Nr 9, RdNr 24 zu Ansprüchen aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder der ungerechtfertigten Bereicherung; vgl zu ersteren auch BSGE 109, 133 = SozR 4-1750 § 68 Nr 1, RdNr 21; 6. Senat des BSG, zB BSG Urteil vom 26.1.2000 - B 6 KA 59/98 R - Juris RdNr 26; BSGE 80, 1, 4 = SozR 3-5545 § 19 Nr 2 S 9; BSGE 79, 239, 249 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 14 S 57 f; 3. Senat des BSG BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 7 RdNr 29, zur Vergütung von Krankenhausleistungen außerhalb des Versorgungsauftrags des Krankenhauses; BSGE 94, 213 RdNr 26 = SozR 4-5570 § 30 Nr 1 RdNr 23 mwN, zu einem rechtswidrig importierten Arzneimittel).

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d) § 129 Abs 1 S 3 SGB V und § 4 Abs 2 S 2 RV verstoßen in der vorgenommenen Auslegung nicht gegen höherrangiges Recht. Insbesondere ist die darin liegende Berufsausübungsregelung für Apotheker wie den Kläger gerechtfertigt. Die Regelung, die Apothekern abverlangt, das dargelegte Substitutionsgebot zu beachten, ist als Berufsausübungsregelung an Art 12 Abs 1 GG zu messen (vgl zB zu Preisregelungen für Apotheker BVerfGE 114, 196 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9, RdNr 129 ff; s auch BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 7 RdNr 15). Die damit verbundene Belastung ist für Apotheker spürbar, aber gering: Sie dürfen vertragsärztlich verordnete Arzneimittel nur unter zusätzlicher Achtung des Substitutionsgebots an Versicherte abgeben. Dies entspricht den von ihnen zu fordernden und zu erwartenden professionellen Fähigkeiten. Sie müssen hierzu die ihnen zur Verfügung stehenden, durch Softwareprogramme abrufbaren Daten über Rabattverträge nutzen, um die Ersetzungsvoraussetzungen zu prüfen und Rabattvertragsarzneimittel auszuwählen.

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Diese Berufsausübungsregelung ist - wie verfassungsrechtlich geboten - durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt. Sie dient - wie dargelegt - in geeigneter Weise und nach vertretbarer Einschätzung des Gesetzgebers in erforderlichem Umfang der Sicherung der finanziellen Stabilität der GKV. Das Substitutionsgebot ist auch verhältnismäßig. Die Sicherung der finanziellen Stabilität der GKV ist ein Gemeinwohlbelang sogar von überragender Bedeutung (vgl BVerfGE 114, 196 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9, RdNr 233; BVerfGE 68, 193, 218 = SozR 5495 Art 5 Nr 1 S 3). Das Gebot, Rabattvertragsarzneimittel abzugeben, kann nur dann seinen Zweck sicher erfüllen, wenn es zugleich umfassend verbietet, nicht rabattierte Arzneimittel abzugeben. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass das Gesetz dessen strikte Einhaltung einfordert und bei insoweit fehlerhafter Abgabe einen Vergütungsanspruch vollständig ausschließt.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 1 und 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Teils 1 SGG iVm §§ 63 Abs 2, 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.