Bundesgerichtshof Urteil, 23. Okt. 2007 - X ZR 20/05
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger und der Beklagte zu 2, sein Sohn, streiten darum, wem eine Forderung gegen die C. bank AG aus einem Sparvertrag zusteht, den der Kläger am 22. April 1987 mit der Rechtsvorgängerin der C. bank abgeschlossen hat. Der als K. -Vorsorgeplan bezeichnete Sparvertrag ist auf den Beklagten zu 2 ausgestellt, der jedoch bis zu seinem 26. Lebensjahr von der Verfügung über das Sparguthaben ausgeschlossen sein sollte.
- 2
- Die C. bank verweigerte dem Kläger die Auszahlung des Guthabens, da dieser die Kontoauszüge nicht vorlegen konnte. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank ist diese berechtigt, an den Inhaber der Sparurkunde und der jährlich erteilten Kontoauszüge zu leisten.
- 3
- Der Kläger hat zunächst die Beklagte zu 1, seine frühere Lebensgefährtin und Mutter des Beklagten zu 2, und sodann den Beklagten zu 2 auf Herausgabe der Kontoauszüge in Anspruch genommen. Das Landgericht hat durch Teilurteil die Klage gegen die Beklagte zu 1 abgewiesen und durch Schlussurteil den Beklagten zu 2 antragsgemäß verurteilt.
- 4
- Während des Berufungsverfahrens ist über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet worden. In Unkenntnis dessen hat das Berufungsgericht die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil des Landgerichts zurückgewiesen und auf die Berufung des Beklagten zu 2 die Klage auch gegen diesen abgewiesen.
- 5
- Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 7
- Wegen der Unterbrechung des Verfahrens (§ 240 ZPO) hätte weder am 7. Januar 2005 mündlich verhandelt noch am 11. Januar 2005 ein Urteil verkündet werden dürfen; auf eine Kenntnis des Gerichts vom Unterbrechungsgrund kommt es nicht an (BGHZ 66, 59, 61). Obwohl die Prozesshandlungen der Parteien unwirksam sind (§ 249 Abs. 2 ZPO), ist das Urteil nicht nichtig, sondern mit dem gegebenen Rechtsmittel anfechtbar (BGHZ 66, 59, 61 f.). Das aufgrund einer nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers durchgeführten mündlichen Verhandlung erlassene Berufungsurteil ist zuungunsten einer Partei ergangen, die nicht nach der Vorschrift des Gesetzes vertreten war; ein solcher Verfahrensfehler begründet den absoluten Revisionsgrund des § 547 Nr. 4 ZPO (BGH, Urt. v. 5.11.1987 - VII ZR 208/87, ZIP 1988, 446; Urt. v. 21.6.1995 - VIII ZR 224/94, NJW 1995, 2563).
- 8
- Auf die Revision des Klägers sind das angefochtene Urteil daher aufzuheben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Hierfür kommt es nicht darauf an, ob die Unterbrechung des Verfahrens noch fortdauert. Denn die Aufhebung des Berufungsurteils dient gerade dazu, die Unterbrechungswirkung durchzusetzen; sie ist daher unbeschadet einer fortdau- ernden Unterbrechung des Verfahrens im Übrigen auf den Antrag des Insolvenzschuldners möglich (BGH, Urt. v. 16.1.1997 - IX ZR 220/96, NJW 1997, 1445; Beschl. v. 29.6.2005 - XII ZB 195/04, MDR 2006, 55).
Meier-Beck Asendorf
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 13.05.2004 - 14 O 233/03 -
KG Berlin, Entscheidung vom 11.01.2005 - 7 U 293/03 -
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Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.
(1) Die Unterbrechung und Aussetzung des Verfahrens hat die Wirkung, dass der Lauf einer jeden Frist aufhört und nach Beendigung der Unterbrechung oder Aussetzung die volle Frist von neuem zu laufen beginnt.
(2) Die während der Unterbrechung oder Aussetzung von einer Partei in Ansehung der Hauptsache vorgenommenen Prozesshandlungen sind der anderen Partei gegenüber ohne rechtliche Wirkung.
(3) Durch die nach dem Schluss einer mündlichen Verhandlung eintretende Unterbrechung wird die Verkündung der auf Grund dieser Verhandlung zu erlassenden Entscheidung nicht gehindert.
Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,
- 1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; - 2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist; - 3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war; - 4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat; - 5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind; - 6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.