Bundesgerichtshof Urteil, 30. März 2004 - X ZR 199/00

published on 30/03/2004 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 30. März 2004 - X ZR 199/00
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 199/00 Verkündet am:
30. März 2004
Mayer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und
die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver und Asendorf

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 5. September 2000 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte war eingetragene Inhaberin des am 24. August 1990 unter Inanspruchnahme der Priorität einer Patentanmeldung in den Vereinigten Staaten von Amerika vom 24. August 1989 angemeldeten, mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 417 928 (Streitpatents ), das während des Rechtsstreits auf die M. , Inc. in S. R. umgeschrieben worden ist. Das Streitpatent betrifft "endovascular support device and method" (Einrichtung und Verfahren zur endovaskulären Abstüt-

zung) und umfaßt neun Patentansprüche. Die im Berufungsverfahren allein im Streit stehenden Patentansprüche 1 bis 8 lauten in der Verfahrenssprache Englisch :
"1. An endovascular support device suitable for implantation within a coronary or other vessel within the human body comprising a unitary member (10) configured to provide a plurality of upper and lower peaks (12, 14), the unitary member being capable of being compressed onto the outer surface of a catheter for delivery to an affected area of a vessel and then expanded by inflation of the catheter to maintain the affected area of a vessel at a diameter larger than if the support device were not implanted , characterised in that the unitary member is of wire-like material and has no joints. 2. The device of claim 1 wherein the wire-like material is surgical stainless steel. 3. The device of claim 2 wherein the stainless steel is plated with platinum. 4. The device of claim 1, 2, or 3 wherein the number of peaks is between 3 and 10. 5. The device of claim 4, wherein the number of peaks is four. 6. The device according to any one of the preceding claims wherein said number comprises a plurality of N substantially straight segments (16) of wire-like material, each segment having first and second ends wherein the first end of the first segment is connected to the first end of a second segment, the second end of the second segment is connected to the second end of the third segment, the first rend of the third segment is connected to the first end of the fourth segment, and so on until the second end of the Nth segment is connected to the second end of the first segment, with no segment overlapping any other segment and the plurality of segments being capable of being compressed to a catheter for delivery to an affected area of a

vessel and then forcibly expanded to maintain the affected area of a vessel at a diameter larger than if the support device were not implanted. 7. The device of claim 6, wherein the value of N is between six and twenty. 8. The device of claim 6 or 7, wherein the plurality of segments of wire-like material are formed as a single unit and then bent to form the plurality of segments." In der deutschen Fassung der europäischen Patentschrift lauten diese Patentansprüche:
"1. Endovaskuläre Abstützvorrichtung, die für eine Implantation in ein Koronar- oder anderes Blutgefäß im menschlichen Körper geeignet ist, aus einem einheitlichen Bauteil (10) besteht, das so ausgelegt ist, daß es mehrere obere und untere Spitzen (12, 14) aufweist, wobei das einheitliche Bauteil auf der äußeren Oberfläche eines Katheters zusammengedrückt werden kann, um zu einem betroffenen Bereich eines Blutgefäßes befördert zu werden, und dann durch Aufpumpen des Katheters aufgeweitet werden kann, um den betroffenen Bereich eines Blutgefäßes auf einem Durchmesser zu halten, der größer ist, als wenn die Abstützvorrichtung nicht implantiert worden wäre, dadurch gekennzeichnet, daß das einheitliche Bauteil aus drahtähnlichem Material besteht und keine Fugen aufweist. 2. Vorrichtung nach Anspruch 1, wobei das drahtähnliche Material ein chirurgischer rostfreier Stahl ist. 3. Vorrichtung nach Anspruch 2, wobei der rostfreie Stahl mit Platin beschichtet ist. 4. Vorrichtung nach Anspruch 1, 2 oder 3, wobei die Anzahl der Spitzen zwischen 3 und 10 liegt.

5. Vorrichtung nach Anspruch 4, wobei die Anzahl der Spitzen vier beträgt. 6. Vorrichtung nach irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche, wobei das Bauteil mehrere, nämlich N, im wesentlichen gerade Segmente (16) aus drahtähnlichem Material aufweist, jedes Segment erste und zweite Enden besitzt, wobei das erste Ende des ersten Segments mit dem ersten Ende eines zweiten Segments verbunden ist, das zweite Ende des zweiten Segments mit dem zweiten Ende des dritten Segments verbunden ist, das erste Ende des dritten Segments mit dem ersten Ende des vierten Segments verbunden ist, und so weiter, bis das zweite Ende des Nten Segments mit dem zweiten Ende des ersten Segments verbunden ist, wobei sich kein Segment mit irgendeinem anderen Segment überschneidet und die mehreren Segmente auf einem Katheter zusammengedrückt werden können, um zu einem betroffenen Bereich eines Blutgefäßes befördert und dann gewaltsam aufgeweitet zu werden, um den betroffenen Bereich eines Blutgefäßes auf einem Durchmesser zu halten, der größer ist, als wenn die Abstützvorrichtung nicht implantiert worden wäre. 7. Vorrichtung nach Anspruch 6, wobei der Wert N zwischen sechs und zwanzig liegt. 8. Vorrichtung nach Anspruch 6 oder 7, wobei die mehreren Segmente aus drahtähnlichem Material als einzelne Einheit geformt und dann gebogen sind, um die mehreren Segmente zu bilden." Die Klägerinnen haben mit ihren vor dem Bundespatentgericht verbundenen Klagen geltend gemacht, daß das Streitpatent gegenüber dem Stand der Technik, wie ihn insbesondere die US-Patentschriften 4 733 665, 4 214 587, 4 800 882 sowie die Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung 0 177 330 und der Aufsatz von Josef Rösch u.a., Experimental Intrahepatic Portacaval Anastomosis: Use of Expandable Gianturco Stents, Radiology 1987, 481 - 485, bildeten, nicht patentfähig sei. Die Klägerin zu 2 hat zu-

dem unzulässige Erweiterung und mangelnde Ausführbarkeit geltend gemacht. Die Klägerinnen haben beantragt, das Streitpatent im Umfang seiner Patentansprüche 1 bis 7 (Klägerin zu 1) bzw. 1 bis 8 (Klägerin zu 2) mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte hat in erster Linie beantragt, die Klage abzuweisen; hilfsweise hat sie sich mit einem eingeschränkten Patentanspruch 1 verteidigt, an den die Worte "the peaks (12, 14) being rounded with a diameter of curvature greater than the diameter of the wire-like material" angefügt werden sollen.
Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang seiner Patentansprüche 1 bis 8 für nichtig erklärt.
Mit ihrer Berufung verteidigt die Beklagte das Streitpatent in seiner erteilten Fassung, hilfsweise in seiner vor dem Bundespatentgericht hilfsweise verteidigten Fassung. Sie macht außerdem einen eigenständigen erfinderischen Gehalt des Gegenstands des Patentanspruchs 6 geltend. Die Klägerinnen treten dem Rechtsmittel entgegen und verteidigen das angefochtene Urteil.
Im Auftrag des Senats hat der Sachverständige für Medizintechnik Dipl.-Ing. Dr. med. H. H. , W. , ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat. Die Beklagte hat eine schriftliche Stellungnahme von Prof. Dr. med. C. H. , , Abteilung Kardiologie, in B. N. , vorgelegt.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg; der Wechsel der Rechtsinhaberschaft am Streitpatent während des laufenden Verfahrens ist auf den Verfahrensgang ohne Einfluß (§ 99 Abs. 1 PatG i.V.m. § 265 ZPO; BGHZ 117, 144, 146 - Tauchcomputer). Das Bundespatentgericht hat zu Recht das Streitpatent in dem Umfang, in dem es angegriffen ist, für nichtig erklärt. Daß die Klägerin zu 1 Patentanspruch 8 des Streitpatents nicht angegriffen hat, steht wegen der Gestaltungswirkung der Nichtigerklärung (vgl. Benkard/Rogge, PatG, 9. Aufl. 1993, § 84 PatG Rdn. 5; Busse, PatG, 6. Aufl. 2003, § 84 PatG Rdn. 41) dem Nichtigkeitsausspruch auch hinsichtlich dieses Patentanspruchs insgesamt - und nicht nur im Verhältnis zur Klägerin zu 2 - nicht entgegen.
I. 1. Das Streitpatent betrifft, soweit es mit den Nichtigkeitsklagen angegriffen ist, eine medizinische Vorrichtung zur Behandlung der Verengung koronarer oder peripherer menschlicher Gefäße. Die Beschreibung des Streitpatents schildert eine Anzahl von Behandlungsmethoden für koronare Herzerkrankungen als bekannt, darunter die perkutane transluminale Koronarangioplastie , bei der das Lumen der betroffenen Koronararterie durch radiale hydraulische Expansion erweitert werde. In einigen Fällen restenosiere das Gefäß chronisch oder erleide einen akuten Verschluß (Beschr. Sp. 1 Z. 14 - Sp. 2 Z. 19). Zur Verminderung der Restenosegefahr seien verschiedene Vorrichtungen zum mechanischen Offenhalten des geschädigten Gefäßes vorgeschlagen worden. Derartige allgemein als Stents bezeichnete Vorrichtungen würden typischerweise in das Gefäß eingeführt, über die Läsion hinweg positioniert und dann expandiert (Beschr. Sp. 2 Z. 20 - 31). Das Streitpatent beschreibt sodann

einen Stent mit einem Rohr aus Edelstahlgeflecht, das während des Einsetzens längs einer Einführvorrichtung in gestreckter Form positioniert werde. Nach der Positionierung über der Läsion werde der Stent expandiert, wobei sich die Länge des Rohrs kontrahiere. Ein derartiger Stent könne ein selbstexpandierendes Edelstahldrahtgeflecht, aber auch ein durch Ballondilatation expandierbarer Metallzylinder sein; derartige Vorrichtungen seien aus den US-Patentschriften 4 733 665 und 4 776 337 bekannt ("Palmaz-Stent"). Auch sei eine wärmeexpandierbare Vorrichtung vorgeschlagen worden. Bei dem Palmaz-Stent habe der Edelstahlzylinder eine Anzahl von Schlitzen in seinem Umfang, was bei Expandieren zur Ausbildung eines Gitters führe. Der Zylinder werde mittels eines Ballonkatheters in den geschädigten Bereich verbracht und dann durch Inflatieren des Ballons auf die geeignete Größe expandiert (Beschr. Sp. 2 Z. 32 - Sp. 3 Z. 11). Eine andere Form von Stents offenbare die Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung 0 177 330. Diese bestehe aus einem zu einer geschlossenen Zickzackkonfiguration geformten Draht, der eine endlose Reihe von durch Biegungen verbundenen geraden Abschnitten aufweise, wobei er federnd in eine kleinere erste Gestalt zusammendrückbar sei, in der die geraden Abschnitte zur Einführung in einen Durchgang nebeneinander und nahe benachbart zueinander angeordnet seien, wobei der Stent federnd in eine zweite Gestalt expandierbar sei, in der die geraden Abschnitte gegen die Wand des Durchgangs drückten und ihn offen hielten (Beschr. Sp. 3 Z. 12 - 25). Die Beschreibung stellt weiter dar, daß bei all diesen Stents erhebliche Schwierigkeiten aufgetreten seien, die zu einem niedrigen Akzeptanzgrad geführt hätten.
2. Durch das Streitpatent soll, wie dessen Beschreibung - unter Weglassung eines Lösungselements (selektive Bemeßbarkeit gemäß der durch die Läsion diktierten anatomischen Konfiguration) - angibt, ein leicht und zuverläs-

sig implantierbarer Stent zur Verfügung gestellt werden, der das Thromboserisiko minimiert.
3. Hierzu schlägt Patentanspruch 1 des Streitpatents eine für die Implantation in ein Koronar- oder anderes Blutgefäß im menschlichen Körper geeignete endovaskuläre Abstützvorrichtung vor, die
(1)
aus einem einheitlichen Bauteil besteht, das (1.1) mehrere obere und untere Spitzen aufweist, (1.2.) zur Beförderung zu einem betroffenen Teil eines Blutgefäßes auf der äußeren Oberfläche eines Katheters zusammengedrückt und (1.3) durch Aufpumpen des Katheters aufgeweitet werden kann, (1.3.1) um den betroffenen Teil des Blutgefäßes auf einem Durchmesser zu halten, der größer ist, als wenn die Abstützvorrichtung nicht implantiert worden wäre,
(2)
aus drahtähnlichem Material besteht und
(3)
keine Verbindungen ("joints") aufweist.
Dabei besteht Einigkeit zwischen den Parteien darüber und auch der gerichtliche Sachverständige hat bestätigt, daß die Übersetzung des maßgeblichen englischen Begriffs "joints" mit "Fugen" in der - nach Art. 70 EPÜ für das Verfahren nicht maßgeblichen - deutschen Fassung des Patentanspruchs 1 irreführend ist. Der gerichtliche Sachverständige hat insoweit die Übersetzung "ist nahtlos" vorgeschlagen. Dem vermag der Senat nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht beizutreten. Danach hat sich ergeben, daß sich der auch in dem nicht angegriffenen Patentanspruch 9 des Streitpatents ver-

wendete Begriff "joints" in Patentanspruch 1 zum einen nicht notwendig und jedenfalls nicht allein auf die Fugen- oder Nahtlosigkeit des nach Patentanspruch 9 gebildeten toroidförmigen Körpers bezieht, für die in Patentanspruch 6 des Streitpatents der allgemeinere Begriff "is connected" (ist verbunden) verwendet wird, sondern die insbesondere aus den Figuren 1, 6a und 6b der Zeichnungen ersichtliche Ausgestaltung dahin betrifft, daß der unter Schutz gestellte Gegenstand überhaupt keine festen (körperlichen) Verbindungen etwa an (im Streitpatent nicht beschriebenen) Kreuzungsstellen oder sonstige Verbindungsteile aufweist. Figur 1 zeigt dies wie folgt:

Auf der anderen Seite sind - wie es schon das allgemeine Verständnis des Begriffs "joints" im Sinn von Verbindung, Nahtstelle, Fuge oder Gelenk nahelegt - die in Patentanspruch 6 angesprochenen Fälle des bloßen SichÜberschneidens von Segmenten der Vorrichtung ohne körperliche Verbindung, für die das Streitpatent den Bergiff "overlapping" verwendet, nicht von dem Begriff "joints" erfaßt. Auch der gerichtliche Sachverständige hat bestätigt, daß für solche Überschneidungen der Begriff "crossing parts" gebräuchlich war.

II. 1. Es kann dahinstehen, ob der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldeunterlagen hinausgeht , weil er jedenfalls im Sinn der Art. 52 Abs. 1, 56 EPÜ für den Fachmann , als den der Senat in Übereinstimmung mit dem gerichtlichen Sachverständigen einen anwendungsorientierten Techniker mit Kenntnissen auf dem Gebiet biomedizinischer Werkstoffe, der sich die notwendigen medizinischen Kenntnisse durch Zusammenarbeit mit einem auf dem einschlägigen Gebiet tätigen Arzt erschließt, ansieht, durch den Stand der Technik nahegelegt war. Dies füllt den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund des Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a EPÜ aus. Dabei bedarf es keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob dieser Gegenstand neu war.
2. a) Aus der im Jahr 1986 veröffentlichten europäischen Patentanmeldung 0 177 330 (Gianturco I) war ein selbstaufweitender endovaskulärer Stent aus Stahldraht bekannt, der aus Stahldraht besteht, der in einer geschlossenen Zickzack-Gestalt geformt ist, wobei die geraden Abschnitte durch spitzwinklige Biegestellen miteinander verbunden sind. Dies zeigt Figur 1 der Entgegenhaltung :

Der Stent ist federelastisch und kann in eine erste Gestalt zusammengedrückt werden, die Figur 4 der Entgegenhaltung zeigt. In dieser Gestalt wird der Stent in eine rohrförmige Patrone eingesetzt, die wiederum in den Adapter einer Hülse eingesetzt wird. Der Stent wird sodann durch die Hülse vorgeschoben und dehnt sich an Ort und Stelle durch das Zurückziehen der Hülse aus und drückt gegen die Gefäßwand (Beschreibung Seite 8 mittlerer Absatz). Die Stents hielten im Tierversuch die Gefäße, in denen sie implantiert waren, im dilatierten Zustand offen. Die Entgegenhaltung beschreibt als klinische Anwendungen des Stents die Bekämpfung des Vena-cava-superior-Syndroms, die Aufrechterhaltung der Gefäßdurchgängigkeit nach perkutaner Ballondilatation und die Korrektur einer Gefäßstenose (Seite 11 vorletzter Absatz). Den aufgeweiteten Zustand des Gefäßes zeigt z.B. Figur 6. Weder die Beschreibung noch die Zeichnungen der Entgegenhaltung enthalten einen Hinweis auf Verbindungen ("joints") im vorstehend erläuterten Sinn; der Fachmann kann der Darstellung deshalb entnehmen, daß solche Verbindungen fehlen. Anders als nach dem Streitpatent findet sich in der Entgegenhaltung kein Hinweis auf eine

Aufweitung durch Aufpumpen im Sinn einer Ballondilatation, vielmehr handelt es sich ersichtlich um selbstexpandierendes Material. Damit beschreibt diese Veröffentlichung eine Vorrichtung, die die Merkmale (1), (1.1), (1.2), (1.3.1) und (3) des Streitpatents aufweist und sich von Merkmal (2) nur durch die Verwendung von Draht und nicht von drahtähnlichem Material unterscheidet. Nicht verwirklicht ist demgegenüber das die Art und Weise der Aufweitung betreffende Merkmal (1.3).

b) Der nur wenige Monate nach der Veröffentlichung dieser europäischen Patentanmeldung erschienene Aufsatz von Rösch u.a. beschreibt die experimentelle Verwendung von solchen selbstaufweitenden Gianturco-Stents des Herstellers C. Inc., B. (Indiana), der Anmelderin der europäischen Patentanmeldung, in Gefäßen der Leber von Schweinen. Dabei wurden mehrere bereits freigesetzte und selbstexpandierte Stents weiter mit einem Angioplastieballon aufgeweitet. Die Diskussion der Versuchsergebnisse stellt die gute Eignung des Gianturco-Stents heraus und verweist auf die Bedeutung einer (zusätzlichen) Ballonaufweitung des Stents nach dessen Positionierung für das Erreichen einer guten Durchgängigkeit in bestimmten näher beschriebenen Fällen; die intrinsische Expansionsspannung des Stents habe nicht hinreichend Kraft besessen, ihm im Lebertrakt ein ausreichendes Lumen zu öffnen. Damit ist die Verwendung eines selbstaufweitenden Gianturco-Stents in einer Weise beschrieben, wie dies Merkmal (1.3) des Patentanspruchs 1 des Streitpatents vorsieht. Eine Einschränkung der Lehre dieses Patentanspruchs dahin, daß nicht mit selbstexpandierenden Stents gearbeitet werden solle, ist dem Streitpatent nicht zu entnehmen. Eine Zusammenschau der europäischen Patentanmeldung 0 177 330 und der Veröffentlichung von Rösch u.a. offenbart daher den Gegenstand des Streitpatents in vollständiger Weise. Zu einer solchen Zu-

sammenschau hatte der Fachmann auch allen Anlaß, weil der Aufsatz von Rösch u.a. die Verwendung eines Stents nach der europäischen Patentanmeldung beschreibt. Dieses Ergebnis deckt sich mit der den Senat überzeugenden und von der beklagten Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung nicht ernsthaft angegriffenen Äußerung des gerichtlichen Sachve rständigen, daß zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents keine Vorbehalte gegen eine zusammenschauende Betrachtung der verschiedenen Entwicklungen auf dem Gebiet der Stents bestanden und daß es insoweit mehrere Übersichtsveröffentlichungen gab. Auch der Aufsatz von Rösch u.a. diskutiert die Verwendung von ballonaufweitbaren Stents (Palmaz; vgl. die US-Patentschrift 4 733 665) und von selbstexpandierenden Stents (Gianturco) gemeinsam. Demnach können Vorbehalte der Fachwelt, beide Arten von Stents nebeneinander zu beurteilen, ausgeschlossen werden. Es kommt hinzu, daß nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Stents zur Aufrechterhaltung von Körperöffnungen wie der blutführenden Gefäße im Prioritätszeitpunkt des Streitpatents Gegenstand intensiver Forschungen waren, mit denen auch bis dahin nicht befriedigenden Ergebnissen entgegengewirkt werden sollte. Im Rahmen dieser Forschungen hatten die beteiligten Fachleute umfassend den bisher erzielten Ergebnissen bei allen Alternativen der Aufrechterhaltung der Größe des Lumens durch Implantate Aufmerksamkeit geschenkt. Der bereits angeführte Aufsatz von Rösch u.a. bestätigt diese Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen. Der Fachmann hatte deshalb Anlaß, die Lehren beider Entgegenhaltungen zu kombinieren, und gelangte auf diese Weise jedenfalls in naheliegender Weise zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents.

III. Einen eigenständigen erfinderischen Gehalt der Patentansprüche 2 bis 5 des Streitpatents hat die Patentinhaberin nicht geltend gemacht. Für einen solchen haben sich in der mündlichen Verhandlung auch keine Anhaltspunkte ergeben.
IV. Patentanspruch 6 des Streitpatents entspricht dem in Figur 1 dargestellten Ausführungsbeispiel. Die Ausgestaltung der Vorrichtung entspricht der in der europäischen Patentanmeldung (Fig. 1), wobei dort die Zahl der Segmente N nach Patentanspruch 6 des Streitpatents 10 beträgt. Wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, kommt es auch bei dem in Figur 1 der europäischen Patentanmeldung dargestellten Stent nicht zur Ausbildung von Verbindungen ("joints"), wie sie das Streitpatent ausschließt, wohl aber zu Überschneidungen im Sinn von Patentanspruch 6 des Streitpatents. Damit weist Patentanspruch 6 gegenüber der Zusammenschau der europäischen Patentanmeldung und des Aufsatzes von Rösch u.a. jedenfalls keinen erfinderischen Überschuß aus.
V. Für die Patentansprüche 7 und 8 des Streitpatents, die dessen Patentanspruch 6 weiter ausbilden, ist ein selbständiger erfinderischer Gehalt ebenfalls weder geltend gemacht noch erkennbar.
VI. Die hilfsweise verteidigte Fassung des Patentanspruchs fügt diesem die weitere Merkmalsgruppe hinzu
(4)
daß die Spitzen gerundet sind (4.1) mit einem Krümmungsdurchmesser, der größer ist als der Durchmesser des drahtähnlichen Materials.

Es kann dahinstehen, ob die Aufnahme dieses lediglich in den Zeichnungen offenbarten Merkmals zur Verteidigung des Streitpatents zulässig ist (vgl. zum Streitstand Busse, aaO, § 34 PatG Rdn. 248 m.w.N.; Schulte, PatG, 6. Aufl. 2001, § 34 Rdn. 281 ff.; Benkard/Schäfers, aaO, § 35 Rdn. 30; vgl. schon zur früheren Rechtslage nach § 26 PatG 1968 Sen.Beschl. v. 17.11.1987 - X ZB 15/87, GRUR 1988, 197 - Runderneuern). Jedoch besagt die zusätzlich eingefügte Merkmalsgruppe im Ergebnis, wie der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung eingehend und überzeugend erläutert hat, nicht mehr als daß der Winkel zwischen den durch die Drahtschenkel an den Spitzen gebildeten Winkeln größer als 0° sein soll. Dabei handelt es sich nicht um mehr als eine Trivialität, die erfinderische Tätigkeit nicht begründen kann. (vgl. Sen.Urt. v. 24.9.2003 - X ZR 7/00, GRUR 2004, 47 - blasenfreie Gummibahn I, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).

VII. Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 97 ZPO.
Melullis Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Asendorf
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d

(1) Die Rechtshängigkeit schließt das Recht der einen oder der anderen Partei nicht aus, die in Streit befangene Sache zu veräußern oder den geltend gemachten Anspruch abzutreten. (2) Die Veräußerung oder Abtretung hat auf den Prozess keinen Einf
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d

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Annotations

(1) Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren vor dem Patentgericht enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden, wenn die Besonderheiten des Verfahrens vor dem Patentgericht dies nicht ausschließen.

(2) Eine Anfechtung der Entscheidungen des Patentgerichts findet nur statt, soweit dieses Gesetz sie zuläßt.

(3) Für die Gewährung der Akteneinsicht an dritte Personen ist § 31 entsprechend anzuwenden. Über den Antrag entscheidet das Patentgericht. Die Einsicht in die Akten von Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents wird nicht gewährt, wenn und soweit der Patentinhaber ein entgegenstehendes schutzwürdiges Interesse dartut.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Die Rechtshängigkeit schließt das Recht der einen oder der anderen Partei nicht aus, die in Streit befangene Sache zu veräußern oder den geltend gemachten Anspruch abzutreten.

(2) Die Veräußerung oder Abtretung hat auf den Prozess keinen Einfluss. Der Rechtsnachfolger ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Gegners den Prozess als Hauptpartei an Stelle des Rechtsvorgängers zu übernehmen oder eine Hauptintervention zu erheben. Tritt der Rechtsnachfolger als Nebenintervenient auf, so ist § 69 nicht anzuwenden.

(3) Hat der Kläger veräußert oder abgetreten, so kann ihm, sofern das Urteil nach § 325 gegen den Rechtsnachfolger nicht wirksam sein würde, der Einwand entgegengesetzt werden, dass er zur Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr befugt sei.

(1) Eine Erfindung ist zur Erteilung eines Patents beim Deutschen Patent- und Markenamt anzumelden.

(2) Die Anmeldung kann auch über ein Patentinformationszentrum eingereicht werden, wenn diese Stelle durch Bekanntmachung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz im Bundesgesetzblatt dazu bestimmt ist, Patentanmeldungen entgegenzunehmen. Eine Anmeldung, die ein Staatsgeheimnis (§ 93 Strafgesetzbuch) enthalten kann, darf bei einem Patentinformationszentrum nicht eingereicht werden.

(3) Die Anmeldung muß enthalten:

1.
den Namen des Anmelders;
2.
einen Antrag auf Erteilung des Patents, in dem die Erfindung kurz und genau bezeichnet ist;
3.
einen oder mehrere Patentansprüche, in denen angegeben ist, was als patentfähig unter Schutz gestellt werden soll;
4.
eine Beschreibung der Erfindung;
5.
die Zeichnungen, auf die sich die Patentansprüche oder die Beschreibung beziehen.

(4) Die Erfindung ist in der Anmeldung so deutlich und vollständig zu offenbaren, daß ein Fachmann sie ausführen kann.

(5) Die Anmeldung darf nur eine einzige Erfindung enthalten oder eine Gruppe von Erfindungen, die untereinander in der Weise verbunden sind, daß sie eine einzige allgemeine erfinderische Idee verwirklichen.

(6) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Bestimmungen über die Form und die sonstigen Erfordernisse der Anmeldung zu erlassen. Es kann diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf das Deutsche Patent- und Markenamt übertragen.

(7) Auf Verlangen des Deutschen Patent- und Markenamts hat der Anmelder den Stand der Technik nach seinem besten Wissen vollständig und wahrheitsgemäß anzugeben und in die Beschreibung (Absatz 3) aufzunehmen.

(8) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Bestimmungen über die Hinterlegung von biologischem Material, den Zugang hierzu einschließlich des zum Zugang berechtigten Personenkreises und die erneute Hinterlegung von biologischem Material zu erlassen, sofern die Erfindung die Verwendung biologischen Materials beinhaltet oder sie solches Material betrifft, das der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist und das in der Anmeldung nicht so beschrieben werden kann, daß ein Fachmann die Erfindung danach ausführen kann (Absatz 4). Es kann diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf das Deutsche Patent- und Markenamt übertragen.

(1) Das Deutsche Patent- und Markenamt ist eine selbständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz. Es hat seinen Sitz in München.

(2) Das Deutsche Patent- und Markenamt besteht aus einem Präsidenten und weiteren Mitgliedern. Sie müssen die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz besitzen (rechtskundige Mitglieder) oder in einem Zweig der Technik sachverständig sein (technische Mitglieder). Die Mitglieder werden auf Lebenszeit berufen.

(3) Als technisches Mitglied soll in der Regel nur angestellt werden, wer im Inland an einer Universität, einer technischen oder landwirtschaftlichen Hochschule oder einer Bergakademie in einem technischen oder naturwissenschaftlichen Fach eine staatliche oder akademische Abschlußprüfung bestanden hat, danach mindestens fünf Jahre im Bereich der Naturwissenschaften oder Technik beruflich tätig war und im Besitz der erforderlichen Rechtskenntnisse ist. Abschlußprüfungen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum stehen der inländischen Abschlußprüfung nach Maßgabe des Rechts der Europäischen Gemeinschaften gleich.

(4) Wenn ein voraussichtlich zeitlich begrenztes Bedürfnis besteht, kann der Präsident des Deutschen Patent- und Markenamts Personen, welche die für die Mitglieder geforderte Vorbildung haben (Absatz 2 und 3), mit den Verrichtungen eines Mitglieds des Deutschen Patent- und Markenamts beauftragen (Hilfsmitglieder). Der Auftrag kann auf eine bestimmte Zeit oder für die Dauer des Bedürfnisses erteilt werden und ist so lange nicht widerruflich. Im übrigen gelten die Vorschriften über Mitglieder auch für die Hilfsmitglieder.

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)