Bundesgerichtshof Urteil, 06. Okt. 2011 - III ZR 34/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten als ihren ehemaligen Rechtsanwalt geltend, weil dieser ihr zustehende Ansprüche gegen den Notar B. pflichtwidrig habe verjähren lassen.
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- Die Klägerin war Eigentümerin eines 3.731 m² großen Grundstücks. Dieses verkaufte sie am 11. November 1993 an die H. Grundstücksgesellschaft in Gründung zu einem Preis von 1.010.000 DM. Der Kaufvertrag, dessen § 10 eine Belastungsvollmacht zugunsten der Käuferin zum Gegenstand hatte, wurde von dem Notar B. beurkundet. Für die Käuferin trat derZeuge H. als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer auf.
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- Am 16. November 1993 teilte der Zeuge H. der Klägerin mit, dass zur Beschleunigung der Vertragsabwicklung noch eine Abtretung erforderlich sei, die einen weiteren Notartermin notwendig mache, der für den 19. November 1993 vorgesehen sei. Anwesend war neben der Klägerin auch der Zeuge H. . In dem Termin beurkundete der Notar B. zum einen die Erklärung der Klägerin zur Bestellung einer verzinslichen Eigentümerbriefgrundschuld in Höhe von 4 Mio. DM nebst Zwangsvollstreckungsunterwerfung und beglaubigte zum anderen anschließend die Unterschrift der Klägerin unter einer ihr vorgelegten schriftlichen Erklärung, der zufolge sie die Grundschuld an die Grundstückskäuferin abtrat und sich mit der Aushändigung des Grundschuldbriefs an diese einverstanden erklärte.
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- Die Grundschuld und die Abtretung wurden auf Antrag des Notars B. vom 22. November 1993 am 5. Januar 1994 im Grundbuch eingetragen. Im Folgenden wurde die Grundschuld aufgeteilt. In Höhe eines Teilbetrags von 900.000 DM trat die H. Grundstücksgesellschaft mbH die Grundschuld an einen Rechtsanwalt ab, der sie ein weiteres Mal abtrat. Auf Betreiben des letzten (dritten) (Teil-)Grundschuldzessionars wurde das Grundstück zwangsversteigert. Der Zeuge H. und die Grundstückskäuferin waren vermögenslos. Zahlungen auf den Kaufpreis des Grundstücks erhielt die Klägerin nicht.
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- Bereits vor Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens hatte die Klägerin den Beklagten als Rechtsanwalt unter anderem mit der Prüfung und gegebenenfalls Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Notar B. beauftragt. Er forderte sodann den Notar zur Stellungnahme auf. Mit Schreiben vom 3. März 1998 teilte der Haftpflichtversicherer des Notars dem Beklagten mit, keine Pflichtverletzung zu sehen und verwies zugleich auf die Subsidiarität der Notarhaftung nach § 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO. In einem persönlichen Gespräch am 21. Januar 2003 wies der Beklagte die Klägerin schließlich darauf hin, dass Ansprüche gegen den Notar verjährt seien.
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- Die Klägerin hat Klage erhoben wegen eines Schadensersatzanspruchs in Höhe von 291.753,15 € nebst Zinsen seit Klagezustellung. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
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- Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen.
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- Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie ihren Klageanspruch weiter verfolgt.
Entscheidungsgründe:
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- Die Revision der Klägerin hat Erfolg.
I.
- 10
- Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten verneint. Es habe kein Amtshaftungsanspruch gegen den Notar aus § 19 Abs. 1 BNotO bestanden. Nach dem Ergebnis der Beweisauf- nahme über den Verlauf des Beurkundungstermins habe die Klägerin nicht den Beweis führen können, dass sie nicht hinreichend über die Gefahren der Beurkundung der Grundschuld und die Beglaubigung der Abtretungserklärung aufgeklärt worden sei. Auch unter dem Gesichtspunkt einer ungesicherten Vorleistung seitens der Klägerin an die Käuferin des Grundstücks durch die genannte Beurkundung und Beglaubigung liege kein Pflichtenverstoß des Notars vor. Eine Belehrungspflicht wegen ungesicherter Vorleistungen erscheine bereits deshalb zweifelhaft, weil eine solche Pflicht nur entstehen könne, wenn Hauptleistungspflichten betroffen seien; dies sei vorliegend hinsichtlich der Grundschuldbestellung und der Abtretung nicht der Fall gewesen. Das könne jedoch dahingestellt bleiben, denn der Beklagte wende gegen die Annahme einer doppelten Belehrungspflicht erheblich ein, dass es Sicherungsmöglichkeiten, die der Notar zur Vermeidung des Risikos der ungesicherten Vorleistung hätte vorschlagen können und die zudem von der Vertragspartnerin der Klägerin, der Käuferin des Grundstücks, akzeptiert worden wären, nicht gegeben habe. Hierzu habe die insoweit darlegungsbelastete Klägerin nichts vorgetragen. Gebe es aber keine Sicherungsmöglichkeit zur Vermeidung einer ungesicherten Vorleistung, so könne der Notar in dieser Hinsicht nicht belehren. Insoweit scheide eine Pflichtverletzung des Notars aus.
II.
- 11
- Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Revision der Klägerin führt deshalb zur Aufhebung des angefochtenen Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht.
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- Zum derzeitigen Zeitpunkt kann ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten wegen Pflichtverletzung aus dem Anwaltsvertrag nicht verneint werden. Der Klägerin stand ein Schadensersatzanspruch nach § 19 Abs. 1 BNotO gegen den Notar zu, den der Beklagte unter Verstoß gegen seine Pflichten aus dem Anwaltsvertrag hat verjähren lassen.
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- 1. Im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichts hat der Notar seine Amtspflichten bei der Beurkundung der Eigentümergrundschuld und der Beglaubigung der Unterschrift unter der Abtretungserklärung verletzt.
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- a) Nach § 17 Abs. 1 BeurkG soll der Notar den Willen der Beteiligten erforschen , den Sachverhalt klären, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts belehren und die Erklärung klar und unzweideutig in der Niederschrift wiedergeben. Dabei soll er darauf achten, dass Irrtümer und Zweifel vermieden sowie unerfahrene und ungewandte Beteiligte nicht benachteiligt werden.
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- Diese Belehrungspflicht gilt nicht nur für die Bestellung der Grundschuld, sondern auch für die Beglaubigung der Unterschrift unter die Abtretungserklärung der Eigentümergrundschuld an die Grundstückskäuferin, weil der Notar es nach den Feststellungen des Berufungsgerichts übernommen hatte, den Text der Abtretungserklärung zu formulieren (vgl. Senatsurteil vom 11. November 2004 - III ZR 63/04, NJW-RR 2005, 1003, 1004).
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- Zur rechtlichen Tragweite im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG gehört es auch, dass in dem Fall, dass eine Vertragspartei bei einem gegenseitigen Vertrag eine ungesicherte Vorleistung erbringt, in zweifacher Hinsicht vom Notar zu belehren ist. Der Notar hat zum einen über die Folgen zu belehren, die im Fall der Leistungsunfähigkeit des durch die Vorleistung Begünstigten eintreten (erste Pflicht), und zum anderen Wege aufzeigen, wie diese Risiken vermieden werden können (zweite Pflicht) (Senatsurteil vom 24. Januar 2008 - III ZR 156/07, NJW 2008, 1319 Rn. 10 mwN). Ist ein gesicherter Leistungsaustausch zwischen den Urkundsbeteiligten beabsichtigt, ist dieser nicht gewährleistet , wenn dem einen Vertragsteil nach der rechtlichen Anlage des Geschäfts angesonnen wird, seine Leistung zu erbringen, ohne dass sichergestellt ist, dass er die Gegenleistung des anderen Vertragsteils erhält. Verwirklicht sich das darin liegende Risiko, ist der rechtliche Erfolg des Geschäfts ein anderer als er von den Parteien gewollt war (Senatsurteil aaO mwN).
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- b) Zwar beschränkt sich die Belehrungspflicht nach § 17 Abs. 1 BeurkG grundsätzlich auf das konkret zu beurkundende Geschäft, hier also auf die Grundschuldbestellung nebst anschließender Beglaubigung der Abtretungserklärung. Dabei handelt es sich auf den ersten Blick nicht um ein Austauschgeschäft. Im vorliegenden Fall darf jedoch der unmittelbare Zusammenhang mit dem knapp eine Woche zuvor geschlossenen Grundstückskaufvertrag nicht außer Acht gelassen werden. Die Abtretung der Eigentümergrundschuld selbst ist ausweislich der Abtretungserklärung ohne Gegenleistung erfolgt. Ersichtlich handelt es sich hier aber um eine Maßnahme zum Vollzug des bereits geschlossenen Grundstückskaufvertrags. Dieser war noch nicht abgewickelt, sondern der Notar war nach § 13 des notariellen Grundstückskaufvertrags mit der Abwicklung des Vertrags beauftragt und stand auch insoweit noch in einem Pflichtenverhältnis zu den Urkundsbeteiligten des Grundstückskaufvertrags und hier insbesondere zur Klägerin. Der Zusammenhang mit dem Kaufvertrag war dem beurkundeten Notar bekannt. In einem solchen Fall sind jedoch auch hinsichtlich der nachfolgenden Beurkundung die Belehrungspflichten nach § 17 Abs. 1 BeurkG zur Tragweite des Geschäfts unter Berücksichtigung des zuvor geschlossenen Grundstückkaufvertrags zu beurteilen (vgl. BGH, Urteil vom 15. April 1999 - IX ZR 93/98, NJW 1999, 2188, 2189). Erbringt deshalb infolge der später vorgenommenen Beurkundung eine der Parteien des Grundstückkaufvertrags eine ungesicherte Vorleistung, so trifft den Notar anlässlich dieser nachfolgenden Amtshandlung die doppelte Belehrungspflicht hinsichtlich der daraus entstehenden Risiken und bezüglich der Frage einer möglichen Absicherung (vgl. BGH, Urteil vom 15. April 1999 aaO).
- 18
- c) Im vorliegenden Fall hat die Klägerin mit der Bestellung der Eigentümergrundschuld und deren Abtretung eine ungesicherte Vorleistung hinsichtlich des Grundstückskaufvertrags erbracht. Im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich hier auch nicht nur um eine bloße Nebenpflicht aus dem Grundstückskaufvertrag, der neben der (Haupt-)Verpflichtung zur Übertragung des Grundstücks keine besondere Bedeutung zukommt. Die Bestellung einer den Grundstückswert ausschöpfenden Grundschuld zugunsten des Gläubigers kommt der Übereignung des Grundstücks nahe, weil sich der Erwerber den wirtschaftlichen Wert des Grundstücks bereits jetzt zu Nutzen macht und diesen in sein Vermögen überführt (vgl. BGH, Urteil vom 15. April 1999 aaO). Im vorliegenden Fall betrug der Kaufpreis 1.010.000 DM für das Grundstück, während die Eigentümergrundschuld in Höhe von 4 Mio. DM bestellt wurde. Diese Vorleistung war ungesichert, weil die Kaufpreiszahlung an die Klägerin durch den Grundstückskäufer nicht gesichert war. Letztlich hat sich das darin liegende Risiko, das Grundstück infolge der Vollstreckung aus der abgetretenen Eigentümergrundschuld ohne Erhalt des Kaufpreises zu verlieren, verwirklicht. Demgemäß geht auch die Gegenrüge des Beklagten fehl, die Beurkundung der Eigentümergrundschuld und die Beglaubigung der Unterschrift unter der Abtretungserklärung beträfen keine Austauschgeschäfte, so dass deshalb keine ungesicherte Vorleistung vorliege.
- 19
- d) Da hier eine ungesicherte Vorleistung seitens der Klägerin erfolgte, war der Notar gehalten, die Klägerin anlässlich der Beurkundung der Grundschuldbestellung und der Beglaubigung der Unterschrift unter die Abtretung der Eigentümergrundschuld hinsichtlich der daraus folgenden Risiken zu belehren. Das Berufungsgericht ist aufgrund der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gekommen , dass eine hinreichende Belehrung über die Risiken der Beurkundung der Grundschuldbestellung und der Beglaubigung der Abtretung erfolgt sei, weil der Klägerin der entgegenstehende Beweis nicht gelungen sei. Dies genügt jedoch nicht, um eine Pflichtverletzung des Notars zu verneinen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Notar den zweiten Teil der geschuldeten Belehrung, die Pflicht zum Aufzeigen von Wegen, wie das Risiko vermieden werden kann, nicht erfüllt. Der Notar hat in seiner persönlichen Vernehmung als Zeuge vor dem Berufungsgericht eine solche Belehrung auch nicht wiedergegeben. Dass eine solche erfolgt sei, wird auch vom Beklagten nicht behauptet.
- 20
- Diese Pflicht entfiel entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht deshalb, weil es keine Sicherungsmöglichkeiten gegeben und die Klägerin keine solchen aufgezeigt habe. Im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich aus den Umständen des hier konkret vorliegenden Sachverhalts unmittelbar, dass hinreichende Sicherungsmöglichkeiten zu Gebote standen, auf die der Notar hätte hinweisen müssen. Der Vollzug der Eintragung der Eigentümergrundschuld einschließlich deren Abtretung an die Grundstückskäuferin hätte unschwer davon abhängig gemacht werden können, dass die Kaufpreiszahlung sichergestellt worden wäre. Der Notar hätte die Antragstellung hinsichtlich des grundbuchmäßigen Vollzugs der Grundschuldbe- stellung und der Abtretung von der Hinterlegung des Grundstückskaufpreises auf ein Notaranderkonto bei ihm abhängig machen können.
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- Die Gegenrüge des Beklagten, die Klägerin habe erst im Revisionsverfahren andere Möglichkeiten zur Vermeidung der Risiken aus der Bestellung der Grundschuld und deren Abtretung geltend gemacht und könne damit nicht mehr gehört werden, greift nicht durch. Der Sachverhalt, aus dem sich die Pflicht zur Belehrung über die ungesicherte Vorleistung und zur Aufzeichnung von Wegen zur Vermeidung einer solchen ungesicherten Vorleistung ergibt, ist unstreitig. Die Frage, welche Sicherungsmöglichkeiten es gibt, ist auch und vor allem eine - gegebenenfalls auch vom Revisionsgericht zu beantwortende - Rechtsfrage, bei deren Beantwortung zu prüfen ist, ob ausgehend von dem Vertragswillen der Parteien das materielle Recht eine Möglichkeit vorsieht, die ungesicherte Vorleistung zu vermeiden.
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- e) Ohne Erfolg bleibt auch die Gegenrüge des Beklagten, eine Aufklärung über die Wege zur Vermeidung einer ungesicherten Vorleistung liege darin , dass der Notar anlässlich der Beurkundung des Kaufvertrags hinreichend über die Gefahren einer ungesicherten Vorleistung aufgeklärt habe. In diesem Stadium unangemessen beraten worden zu sein, mache die Klägerin jedoch selbst nicht geltend. Im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten liegt in der Belehrung über die Risiken aus dem Kaufvertrag keine hinreichende Belehrung hinsichtlich der hier mit der Grundschuldbestellung und deren Abtretung eingegangenen ungesicherten Vorleistung der Klägerin. Im Kaufvertrag ist unter § 10 eine Belastungsvollmacht vereinbart. Hierin hat die Klägerin die Grundstückskäuferin bevollmächtigt und ermächtigt, ausschließlich zur Finanzierung des Kaufpreises und der Erwerbskosten etc. das Grundstück schon vor Eigentumsumschreibung auf den Käufer mit Grundpfandrechten in beliebiger Höhe einschließlich dinglicher Unterwerfungsklausel zu belasten. Zugleich ist auch vereinbart, dass die Klägerin wegen der Finanzierung des Grundstücks durch die Käuferin keinerlei persönliche schuldrechtliche Verpflichtung zu übernehmen und keine Kosten zu tragen habe. Zudem durfte die Käuferin nur gegenüber dem Urkundsnotar von dieser Vollmacht Gebrauch machen. Insofern handelt es sich um eine übliche Belastungsvollmacht, um die Finanzierung des Kaufpreises zu erleichtern. Zweck der Vereinbarung ist die Durchführung des Vertrages und nicht, die Klägerin zu einer ungesicherten Vorleistung zu veranlassen. Da die Vollmacht darauf gerichtet war, dass die Grundstücksbelastung nur zur Finanzierung des Kaufpreises erfolgen durfte, war auch gewährleistet, dass die Auszahlung der mit den voreingetragenen Rechten gesicherten Darlehensvaluta nicht zu anderen Zwecken an die Käuferin erfolgen durfte. Der Regelungsinhalt des § 10 des Kaufvertrages weicht deshalb von der nachfolgenden Beurkundung der Grundschuld und deren Abtretung an die Käuferin ab. Hierbei ging es gerade nicht um die Finanzierung des Kaufvertrags. Vielmehr hat die Klägerin mit dieser mehr als den Wert des Grundstücks ausschöpfenden Belastung und der Abtretung der Grundschuld an die Käuferin den Wert ihres Grundstücks hingegeben, ohne die Sicherheit zu haben, dass der Kaufpreis gezahlt wird. Die Belehrung über die möglichen Risiken der Belastung des Grundstücks mit Voreintragung durch den Käufer zur Finanzierung des Kaufpreises ist nicht vergleichbar mit einer Belehrung über die Risiken aufgrund der Bestellung der Eigentümergrundschuld und deren Abtretung an die Käuferin. Eine Belehrung darüber, wie die Risiken der ungesicherten Vorleistung durch Bestellung einer Eigentümergrundschuld und deren Abtretung an die Käuferin vermieden werden könnten, war aber auch nach dem eigenen Vortrag des Beklagten nicht Gegenstand der Erörterung bei dem Notar.
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- f) Ohne Erfolg bleibt auch die Gegenrüge des Beklagten, ein Schadensersatzanspruch gegen den Notar scheitere unbeschadet der Frage der ordnungsgemäßen Belehrung daran, dass die Klägerin sich über eine Belehrung des Notars über anderweitige Sicherungsmöglichkeiten hinweggesetzt hätte. Der Zeuge H. als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer hätte sich auf eine anderweitige Sicherungsmöglichkeit nicht eingelassen. Der Beklagte verkennt, dass die Bestellung der Grundschuld und die Beglaubigung der Abtretungserklärung einseitige Geschäfte waren, an denen der Zeuge H. nicht formell beteiligt und zu deren Wirksamkeit seine Zustimmung nicht erforderlich war. Dass sich die Klägerin auch nach ordnungsgemäßer Belehrung durch den Notar über eine mögliche Sicherheit durch eine Verknüpfung der Grundschuldbestellung und deren Abtretung mit der Kaufpreiszahlung so wie geschehen verhalten hätte, lässt sich den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entnehmen.
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- 2. Da ein Schadensersatzanspruch der Klägerin derzeit nicht verneint werden kann, ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden , da hinsichtlich der weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs Feststellungen durch das Berufungsgericht erforderlich sind. Das Berufungsgericht wird sich in diesem Zusammenhang auch mit den weiteren Gegenrügen des Beklagten auseinanderzusetzen haben, mit de- nen sich zu befassen der Senat beim derzeitigen Verfahrensstand keine Veranlassung sieht.
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 20.11.2008 - 33 O 134/06 -
KG Berlin, Entscheidung vom 17.09.2010 - 9 U 5/09 -
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Annotations
(1) Verletzt der Notar vorsätzlich oder fahrlässig die ihm anderen gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er diesen den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Notar nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn die Verletzten nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermögen; das gilt jedoch nicht bei Amtsgeschäften der in §§ 23, 24 bezeichneten Art im Verhältnis zwischen dem Notar und seinen Auftraggebern. Im übrigen sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Schadensersatzpflicht im Fall einer von einem Beamten begangenen Amtspflichtverletzung entsprechend anwendbar. Eine Haftung des Staates an Stelle des Notars besteht nicht.
(2) Hat ein Notarassessor bei selbständiger Erledigung eines Geschäfts der in §§ 23, 24 bezeichneten Art eine Amtspflichtverletzung begangen, so haftet er in entsprechender Anwendung des Absatzes 1. Hatte ihm der Notar das Geschäft zur selbständigen Erledigung überlassen, so haftet er neben dem Assessor gesamtschuldnerisch; im Verhältnis zwischen dem Notar und dem Assessor ist der Assessor allein verpflichtet. Durch das Dienstverhältnis des Assessors zum Staat (§ 7 Abs. 3) wird eine Haftung des Staates nicht begründet. Ist der Assessor als Notarvertretung des Notars tätig gewesen, so bestimmt sich die Haftung nach § 46.
(3) Für Schadensersatzansprüche nach Absatz 1 und 2 sind die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes ausschließlich zuständig.
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.