Bundesgerichtshof Urteil, 28. Okt. 2008 - 5 StR 312/08
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte – in der Hauptverhandlung beschränkte – Revision der Staatsanwaltschaft wendet sich mit der Sachrüge gegen die Strafzumessung. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg.
- 2
- Der Strafausspruch kann nicht aufrecht erhalten bleiben. Zwar ist die Strafzumessung grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters; sie unterliegt nur einer begrenzten revisionsgerichtlichen Nachprüfung. Ein Eingriff des Revisionsgerichts ist aber dann möglich, wenn die Strafzumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind (BGHSt 29, 319, 320). Das ist hier der Fall.
- 3
- 1. Die Begründung, mit welcher das Landgericht eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit (Steuerungsfähigkeit) des Angeklagten zur Tatzeit angenommen und deshalb bei der Festsetzung der Strafe den nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 249 Abs. 1 StGB zugrunde gelegt hat, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 4
- Das Landgericht hat bei dem Angeklagten wegen des getrunkenen Alkohols die Voraussetzungen des § 21 StGB bejaht und ausgeführt, die festgestellte Blutalkoholkonzentration von 1,9 Promille liege „nahe an dem Wert von 2,0 Promille, ab dem eine Verminderung der Schuldfähigkeit regelmäßig anzunehmen ist“ und die „sonstigen Erkenntnisse aus der Hauptverhandlung ergäben kein anderes Bild“. Damit wird die Annahme erheblich verminderter Schuldfähigkeit jedoch nicht ausreichend begründet. Auch sonst ist aus den Feststellungen ein tragfähiger Anhalt für eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten nicht ersichtlich (vgl. zudem BGHSt 43, 66; 49, 239).
- 5
- 2. Zudem ist die Auffassung der Strafkammer, die Verurteilung vom 2. März 2006 sei bei der Strafzumessung nicht zu berücksichtigen, da sie bei Begehung der hiesigen Tat noch nicht rechtskräftig war, nicht rechtsfehlerfrei begründet. Auch von nicht rechtskräftigen Verurteilungen kann eine Warnfunktion ausgehen, so dass diese bei der Strafzumessung gegebenenfalls strafschärfend berücksichtigt werden können (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 2; BGH, Urteil vom 27. Juli 1994 – 3 StR 149/94; Schäfer /Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung 4. Aufl. Rdn. 362 ff.). Dies gilt insbesondere für die Frage einer Strafaussetzung zur Bewährung.
- 6
- Von einer nachträglichen Gesamtstrafbildung in Bezug auf sämtliche Vorverurteilungen hat das Landgericht wegen einer dem entgegenstehenden Zäsurwirkung der ersten Vorverurteilung zutreffend abgesehen.
moreResultsText
Annotations
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:
- 1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. - 2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze. - 3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sich im Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre, im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate, im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate, im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.
(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.
(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.