Bundesgerichtshof Urteil, 27. März 2013 - 2 StR 384/12

published on 27/03/2013 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 27. März 2013 - 2 StR 384/12
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 384/12
vom
27. März 2013
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 27. März
2013, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Schmitt,
Dr. Berger,
Prof. Dr. Krehl,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Bad Kreuznach vom 16. März 2012 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorgenannte Urteil im Ausspruch über die Maßregel mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 4. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen unter Einbeziehung von Einzelstrafen aus einer früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sieben Monaten verurteilt. Hierbei hat es Einzelstrafen von zwei Jahren und einem Jahr und sechs Monaten festgesetzt und in die Gesamtstrafe vier Einzelstrafen in Höhe von zweimal drei Monaten, einmal sechs Monaten und einmal neun Monaten aus früheren Verurteilungen einbezogen. Außerdem hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet sowie ihn im Adhäsionsverfahren verurteilt, an eine der beiden Geschädigten ein Schmerzensgeld in Höhe von 35.000 Euro zuzüglich Zinsen zu zahlen. Die umfassend eingelegte , auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des Maßregelausspruchs; im Übrigen ist sie unbegründet. Die wirksam auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft ist in vollem Umfang begründet.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts infizierte sich der heute 30-jährige, an Politoxikomanie leidende Angeklagte im Jahr 2001 oder 2002 mit dem HI-Virus. Dies wurde anlässlich einer Inhaftierung festgestellt und ihm vor seiner Entlassung im Jahr 2002 mitgeteilt. Im Rahmen eines weiteren Aufenthalts in einer Haftanstalt wurde er im Jahr 2003 umfassend über die Risiken der Infektion und die von ihm einzuhaltenden Sicherheitsmaßregeln aufgeklärt. Ihm war daher bekannt, dass bei ungeschützten Sexualkontakten die Gefahr einer Infektion des jeweiligen Sexualpartners bestand. Nicht geklärt werden konnte, ob er Kenntnis davon hatte, dass das bei Analverkehr bestehende Infektionsrisiko vielfach höher ist als bei vaginalem Geschlechtsverkehr.
3
Der Angeklagte kümmerte sich nach seiner Haftentlassung nicht weiter um seine Infektion und setzte auch die insoweit in der Haft begonnene Therapie nicht fort. In der Folgezeit hatte er mit mehreren Frauen ungeschützten vaginalen und analen Geschlechtsverkehr.
4
Zwischen August 2008 und November 2010 hatte der Angeklagte eine intime Beziehung zu der damals 18 bis 20 Jahre alten Nebenklägerin S. . Es kam regelmäßig zu ungeschütztem Geschlechtsverkehr, häufig auch zu Analverkehr. Der Angeklagte klärte die Nebenklägerin nicht über seine Infektion auf. Er nahm eine von ihm für möglich gehaltene Infektion der Nebenklägerin billigend in Kauf. Bei einem der Sexualkontakte in der vorgenannten Zeit infizierte sich die Nebenklägerin. Sie ist hierdurch, obgleich sie bislang noch keine Dauertherapie benötigt, psychisch stark belastet.
5
In der Woche vor dem 11. November 2010 kam es zwischen dem Angeklagten und der damals 23 Jahre alten Zeugin H. mehrfach zu ungeschütztem vaginalen, oralen und analen Geschlechtsverkehr. Hierbei infizierte sich die Zeugin mit dem HI-Virus. Der Angeklagte klärte sie über seine Infektion nicht auf und nahm ihre Infektion billigend in Kauf.
6
Das Landgericht hat zugunsten des Angeklagten angenommen, dass beide Infektionen in einem drogeninduzierten Rauschzustand verursacht wurden , durch welchen die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten jeweils erheblich vermindert war.
7
2. Die Revision des Angeklagten ist unbegründet, soweit sie sich gegen den Schuld- und Strafausspruch richtet.
8
a) Die Beweiswürdigung weist weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Soweit das Landgericht dem Sachverständigen Dr. K. darin gefolgt ist, dass die Infektionen beider Geschädigter dem Angeklagten zuzurechnen sind, begegnet dies keinen Bedenken. Schon aufgrund der Identität der Virenstämme ist danach mit einer "an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit" von einer Verursachung durch den Angeklagten auszugehen. Diese Wahrscheinlichkeit wurde hier noch durch den häufigen bzw. mehrmaligen Vollzug des Analverkehrs gesteigert, der ein besonders hohes Infektionsrisiko birgt. Andere Geschlechtspartner der Geschädigten wiesen nach den Feststellungen des Landgerichts keine HI-Infektion auf. Die Annahme der Ursächlichkeit des Angeklagten ist daher rechtsfehlerfrei. Eine zur Verurteilung hinreichende Überzeugung des Tatrichters setzt nicht den Ausschluss jeder theoretischen Möglichkeit eines abweichenden Verlaufs voraus.
9
Auch die Annahme des bedingten Vorsatzes ist rechtsfehlerfrei. Dass das Landgericht dem Angeklagten aufgrund rechtsfehlerfreier Erwägungen seine Einlassung nicht geglaubt hat, er habe bereits nach dem ersten Sexualkontakt mit der Nebenklägerin S. geglaubt, nun sei es "zu spät" – was entgegen seiner Einlassung gerade für seine Kenntnis und daher seinen Vorsatz gesprochen hätte – nötigt entgegen der Annahme der Revision nicht dazu anzunehmen, der Angeklagte habe beim ersten Sexualkontakt keinen (bedingten ) Vorsatz gehabt. Dies hat der Tatrichter aufgrund der Aussagen der Zeugen , die den Angeklagten aufgeklärt und belehrt hatten, als widerlegt angesehen. Die unklare und an sich widersprüchliche Erwägung, der Angeklagte habe "gedankenlos gehandelt und die Infektion damit billigend in Kauf genommen" (UA S. 13), beruht ersichtlich nur auf fehlerhafter Formulierung.
10
b) Die Strafzumessung weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Keinen Bedenken begegnet insbesondere, dass das Landgericht die Voraussetzungen des § 46a Nr. 2 StGB als nicht gegeben angesehen hat. Soweit die Revision die Anwendung des § 46a Nr. 1 StGB vermisst, hätte auch eine solche Prüfung hier ersichtlich nicht zu einer Strafmilderung führen können. Denn das bloße Anerkenntnis einer Schmerzensgeldzahlung führte hier offenkundig nicht zu einem umfassenden Ausgleich mit dem Tatopfer. Ein "kommunikativer Prozess" der Versöhnung ist nicht ersichtlich; ob der mittellose Angeklagte jemals Leistungen erbringen wird, ist mindestens fraglich. Die Zumessung der Gesamtstrafe ist nicht zu beanstanden.
11
3. Keinen Bestand kann aber der Maßregelausspruch haben. Dies beruht zwar nicht, wie die Revision rügt, auf einem angeblichen Vorrang des § 35 BtMG gegenüber § 64 StGB. Nach ständiger Rechtsprechung ist vielmehr gerade umgekehrt für § 35 BtMG kein Raum, wenn die Voraussetzungen des § 64 StGB gegeben sind.
12
Die Anordnung ist aber rechtsfehlerhaft, weil – wie auch die Staatanwaltschaft unter dem Gesichtspunkt des § 301 StPO zutreffend rügt – ein symptomatischer Zusammenhang zwischen dem Hang des Angeklagten zu Rauschmitteln und den Taten weder festgestellt noch vom Landgericht näher geprüft worden ist. Eine nähere Erörterung eines solchen Zusammenhangs, welcher der Natur der Sache nach nicht nahelag, war auch nicht deshalb entbehrlich, weil das Landgericht "zu Gunsten" des Angeklagten angenommen hat, seine Steuerungsfähigkeit sei aufgrund akuten Drogenrausches bei allen möglichen Infektionsgelegenheiten erheblich vermindert gewesen.
13
Überdies hat das Landgericht im Anschluss an den Sachverständigen angenommen, die erforderliche Therapiedauer liege bei "zweieinhalb Jahren". Da die Höchstfrist der Unterbringung gemäß § 67d Abs. 1 S. 1 StGB auf zwei Jahre beschränkt ist, ist damit eine hinreichend konkrete Erfolgsmöglichkeit nicht dargetan; die Anordnung war vielmehr unzulässig (vgl. BGH, Beschluss vom 17. April 2012 – 3 StR 65/12, NJW 2012, 2292). Auf die rechtsfehlerhafte Bezugnahme des Landgerichts auf den seit geraumer Zeit nicht mehr geltenden "§ 64 Abs. 2" alter Fassung und auf den seit nunmehr 18 Jahren für verfassungswidrig erklärten Maßstab der "Aussichtslosigkeit" einer Therapie kommt es daher nicht mehr an.
14
4. Die Revision der Staatsanwaltschaft, die sich zu Lasten des Angeklagten nur gegen den Strafausspruch wendet, ist in diesem Umfang begründet.
Die Annahme minderschwerer Fälle, zu der das Landgericht jeweils unter Einbeziehung des vertypten Milderungsgrunds gemäß § 21 StGB gelangt ist, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
15
Das Landgericht hat sich der Annahme des Sachverständigen angeschlossen , es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es mit beiden Geschädigten (auch) dann zum Sexualverkehr gekommen sei, wenn die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten wegen Drogenkonsums erheblich vermindert gewesen sei. Diese pauschale Annahme reicht, wie auch der Generalbundesanwalt zutreffend hervorgehoben hat, angesichts der Umstände der Einzelfälle nicht aus. Es fehlt an jeglichen konkretisierenden Feststellungen außer den Einlassungen des Angeklagten, er habe vor dem ersten Geschlechtsverkehr mit der Zeugin S. "Extacy konsumiert", habe seine Infektion dauerhaft "verdrängt", habe "nicht daran gedacht" oder gedacht, jetzt sei es "schon zu spät" (UA S. 8/9). Beim ersten Verkehr mit der Zeugin H. sei er "sauer gewesen" (UA S. 9). Diese Einlassungen hat das Landgericht gerade nicht geglaubt (UA S. 9/10). Es war daher im Einzelnen zu erläutern, wieso gleichwohl eine erhebliche Verminderung von Steuerungsfähigkeit angenommen wurde und welche konkrete Ausprägung dieser Zustand beim Angeklagten gehabt haben könnte. Eine Annahme "zu Gunsten", also unter Anwendung des Zweifelssatzes , würde eine abgeschlossene Beweiswürdigung voraussetzen, die für das Revisionsgericht nachprüfbar dargelegt werden muss. Die Anwendung des Zweifelssatzes kann eine sachgerechte Beweiswürdigung nicht ersetzen, sondern setzt sie ihrerseits voraus.
16
Soweit das Landgericht angenommen hat, es lägen "außergewöhnliche Tatumstände" vor (UA S. 14), erschließt sich diese Bewertung auch im Übrigen aus den Urteilsfeststellungen nicht.
17
5. Im Umfang der Aufhebung verweist der Senat die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurück. Dies gilt auch im Hinblick auf die Maßregelanordnung. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass aufgrund neuer Feststellungen die rechtsfehlerfreie Anordnung einer Maßregel möglich und geboten ist.
Fischer Schmitt Berger Krehl Ott
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Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich

Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.
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Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich

Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.
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published on 17/04/2012 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 65/12 vom 17. April 2012 Nachschlagewerk: ja BGHSt: nein Veröffentlichung: ja ___________________________________ StGB § 64 Satz 2, § 67d Abs. 1 Satz 1 und 3, § 67 Abs. 2 Satz 2 und 3 Eine hinreichend
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published on 23/05/2013 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 109/13 vom 23. Mai 2013 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen gefährlicher Körperverletzung u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 23. Mai 2013, an der teilgenommen
published on 25/03/2014 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 S t R 1 1 / 1 4 vom 25. März 2014 in der Strafsache gegen wegen Totschlags u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 25. März 2014
published on 10/04/2014 00:00

Nachschlagewerk: ja BGHSt : nein Veröffentlichung : ja StGB § 64 Satz 2 Therapiedauer und konkrete Erfolgsaussicht. BGH, Urteil vom 10. April 2014 5 StR 37/14 LG Braunschweig IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 5 StR 37/14 vom 10. April 2014 in der S
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Annotations

Hat der Täter

1.
in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder
2.
in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt,
so kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern oder, wenn keine höhere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu dreihundertsechzig Tagessätzen verwirkt ist, von Strafe absehen.

(1) Ist jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren verurteilt worden und ergibt sich aus den Urteilsgründen oder steht sonst fest, daß er die Tat auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat, so kann die Vollstreckungsbehörde mit Zustimmung des Gerichts des ersten Rechtszuges die Vollstreckung der Strafe, eines Strafrestes oder der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für längstens zwei Jahre zurückstellen, wenn der Verurteilte sich wegen seiner Abhängigkeit in einer seiner Rehabilitation dienenden Behandlung befindet oder zusagt, sich einer solchen zu unterziehen, und deren Beginn gewährleistet ist. Als Behandlung gilt auch der Aufenthalt in einer staatlich anerkannten Einrichtung, die dazu dient, die Abhängigkeit zu beheben oder einer erneuten Abhängigkeit entgegenzuwirken.

(2) Gegen die Verweigerung der Zustimmung durch das Gericht des ersten Rechtszuges steht der Vollstreckungsbehörde die Beschwerde nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Buches der Strafprozeßordnung zu. Der Verurteilte kann die Verweigerung dieser Zustimmung nur zusammen mit der Ablehnung der Zurückstellung durch die Vollstreckungsbehörde nach den §§ 23 bis 30 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz anfechten. Das Oberlandesgericht entscheidet in diesem Falle auch über die Verweigerung der Zustimmung; es kann die Zustimmung selbst erteilen.

(3) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn

1.
auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt worden ist oder
2.
auf eine Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren erkannt worden ist und ein zu vollstreckender Rest der Freiheitsstrafe oder der Gesamtfreiheitsstrafe zwei Jahre nicht übersteigt
und im übrigen die Voraussetzungen des Absatzes 1 für den ihrer Bedeutung nach überwiegenden Teil der abgeurteilten Straftaten erfüllt sind.

(4) Der Verurteilte ist verpflichtet, zu Zeitpunkten, die die Vollstreckungsbehörde festsetzt, den Nachweis über die Aufnahme und über die Fortführung der Behandlung zu erbringen; die behandelnden Personen oder Einrichtungen teilen der Vollstreckungsbehörde einen Abbruch der Behandlung mit.

(5) Die Vollstreckungsbehörde widerruft die Zurückstellung der Vollstreckung, wenn die Behandlung nicht begonnen oder nicht fortgeführt wird und nicht zu erwarten ist, daß der Verurteilte eine Behandlung derselben Art alsbald beginnt oder wieder aufnimmt, oder wenn der Verurteilte den nach Absatz 4 geforderten Nachweis nicht erbringt. Von dem Widerruf kann abgesehen werden, wenn der Verurteilte nachträglich nachweist, daß er sich in Behandlung befindet. Ein Widerruf nach Satz 1 steht einer erneuten Zurückstellung der Vollstreckung nicht entgegen.

(6) Die Zurückstellung der Vollstreckung wird auch widerrufen, wenn

1.
bei nachträglicher Bildung einer Gesamtstrafe nicht auch deren Vollstreckung nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 3 zurückgestellt wird oder
2.
eine weitere gegen den Verurteilten erkannte Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung zu vollstrecken ist.

(7) Hat die Vollstreckungsbehörde die Zurückstellung widerrufen, so ist sie befugt, zur Vollstreckung der Freiheitsstrafe oder der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt einen Haftbefehl zu erlassen. Gegen den Widerruf kann die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszuges herbeigeführt werden. Der Fortgang der Vollstreckung wird durch die Anrufung des Gerichts nicht gehemmt. § 462 der Strafprozeßordnung gilt entsprechend.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Ist jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren verurteilt worden und ergibt sich aus den Urteilsgründen oder steht sonst fest, daß er die Tat auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat, so kann die Vollstreckungsbehörde mit Zustimmung des Gerichts des ersten Rechtszuges die Vollstreckung der Strafe, eines Strafrestes oder der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für längstens zwei Jahre zurückstellen, wenn der Verurteilte sich wegen seiner Abhängigkeit in einer seiner Rehabilitation dienenden Behandlung befindet oder zusagt, sich einer solchen zu unterziehen, und deren Beginn gewährleistet ist. Als Behandlung gilt auch der Aufenthalt in einer staatlich anerkannten Einrichtung, die dazu dient, die Abhängigkeit zu beheben oder einer erneuten Abhängigkeit entgegenzuwirken.

(2) Gegen die Verweigerung der Zustimmung durch das Gericht des ersten Rechtszuges steht der Vollstreckungsbehörde die Beschwerde nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Buches der Strafprozeßordnung zu. Der Verurteilte kann die Verweigerung dieser Zustimmung nur zusammen mit der Ablehnung der Zurückstellung durch die Vollstreckungsbehörde nach den §§ 23 bis 30 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz anfechten. Das Oberlandesgericht entscheidet in diesem Falle auch über die Verweigerung der Zustimmung; es kann die Zustimmung selbst erteilen.

(3) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn

1.
auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt worden ist oder
2.
auf eine Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren erkannt worden ist und ein zu vollstreckender Rest der Freiheitsstrafe oder der Gesamtfreiheitsstrafe zwei Jahre nicht übersteigt
und im übrigen die Voraussetzungen des Absatzes 1 für den ihrer Bedeutung nach überwiegenden Teil der abgeurteilten Straftaten erfüllt sind.

(4) Der Verurteilte ist verpflichtet, zu Zeitpunkten, die die Vollstreckungsbehörde festsetzt, den Nachweis über die Aufnahme und über die Fortführung der Behandlung zu erbringen; die behandelnden Personen oder Einrichtungen teilen der Vollstreckungsbehörde einen Abbruch der Behandlung mit.

(5) Die Vollstreckungsbehörde widerruft die Zurückstellung der Vollstreckung, wenn die Behandlung nicht begonnen oder nicht fortgeführt wird und nicht zu erwarten ist, daß der Verurteilte eine Behandlung derselben Art alsbald beginnt oder wieder aufnimmt, oder wenn der Verurteilte den nach Absatz 4 geforderten Nachweis nicht erbringt. Von dem Widerruf kann abgesehen werden, wenn der Verurteilte nachträglich nachweist, daß er sich in Behandlung befindet. Ein Widerruf nach Satz 1 steht einer erneuten Zurückstellung der Vollstreckung nicht entgegen.

(6) Die Zurückstellung der Vollstreckung wird auch widerrufen, wenn

1.
bei nachträglicher Bildung einer Gesamtstrafe nicht auch deren Vollstreckung nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 3 zurückgestellt wird oder
2.
eine weitere gegen den Verurteilten erkannte Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung zu vollstrecken ist.

(7) Hat die Vollstreckungsbehörde die Zurückstellung widerrufen, so ist sie befugt, zur Vollstreckung der Freiheitsstrafe oder der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt einen Haftbefehl zu erlassen. Gegen den Widerruf kann die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszuges herbeigeführt werden. Der Fortgang der Vollstreckung wird durch die Anrufung des Gerichts nicht gehemmt. § 462 der Strafprozeßordnung gilt entsprechend.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.

(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Gleiches gilt, wenn das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung feststellt, dass die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Absatz 1 Nummer 1 angeboten worden ist; eine solche Frist hat das Gericht, wenn keine ausreichende Betreuung angeboten wird, unter Angabe der anzubietenden Maßnahmen bei der Prüfung der Aussetzung der Vollstreckung festzusetzen. Mit der Aussetzung nach Satz 1 oder 2 tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(4) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(5) Das Gericht erklärt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt, wenn die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 nicht mehr vorliegen. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt. Dauert die Unterbringung sechs Jahre, ist ihre Fortdauer in der Regel nicht mehr verhältnismäßig, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder in die Gefahr einer schweren körperlichen oder seelischen Schädigung gebracht werden. Sind zehn Jahre der Unterbringung vollzogen, gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt der Führungsaufsicht an, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.