Bundesgerichtshof Urteil, 21. Sept. 2011 - 2 StR 286/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitsichführen einer Waffe zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Seine auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision ist nicht begründet.
I.
- 2
- 1. Nach den Urteilsfeststellungen wurden anlässlich einer Durchsuchungsmaßnahme in der Wohnung des Angeklagten mehrere, an verschiedenen Stellen deponierte Tüten mit Amphetamin sichergestellt. Zwei Tüten (Feuchtgewicht 482g und 18g) waren in der Küche im Kühlschrank gelagert. Eine weitere Tüte, in der sich wiederum mehrere kleinere Plastiktüten befanden (Gesamtfeuchtgewicht 47g), lag im Wohnzimmer unterhalb der Tischplatte. In einer ebenfalls im Wohnzimmer befindlichen Schrankwand verwahrte der Angeklagte weitere Tütchen mit Amphetamin auf (Gesamtfeuchtgewicht 78g). In einer Schublade dieser Schrankwand lagerte er eine in braunem Packpapier eingepackte, voll funktionsfähige doppelläufige Einzelladerschrotflinte, deren Lauf und Kolben er auf eine Länge von 50 cm gekürzt hatte. In derselben Schublade lag zudem griffbereit eine Plastiktüte mit 24 Schuss passender Munition unterschiedlicher Schrotkörnung.
- 3
- Die Amphetamine hatte der Angeklagte außerhalb seiner Wohnung erworben. Er beabsichtigte, diese in der Wohnung lediglich zu verwahren, zu portionieren und sodann außerhalb der Wohnung gewinnbringend zu veräußern. Die Einlassung des Angeklagten, er habe die Waffe bei Ein- und Verkauf von Betäubungsmitteln nicht mitgeführt, hat die Kammer für unwiderlegt gehalten. Zugunsten des Angeklagten hat das Landgericht zudem einen Eigenkonsum an Amphetamin im wöchentlichen Grammbereich berücksichtigt.
- 4
- 2. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen einer Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitsichführen einer Waffe gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG verurteilt. Zwar habe der Angeklagte die Schrotflinte nicht bei den jeweiligen Ankaufs- und Verkaufshandlungen mitgeführt. Ausreichend sei jedoch, dass ihm diese in seiner Wohnung zur Verfügung gestanden habe, in der er die Amphetamine portionierte und vorrätig hielt.
II.
- 5
- Die getroffenen Feststellungen tragen im Ergebnis die Verurteilung wegen einer Tat nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG.
- 6
- 1. Das Landgericht hat die an unterschiedlichen Stellen in der Wohnung deponierten Betäubungsmittel offensichtlich als eine einheitliche Gesamtmenge behandelt und nicht zwischen den einzelnen Amphetaminvorräten differenziert. Es hat die Bewaffnung auf diese Gesamtmenge bezogen und eine einheitliche Tat des bewaffneten Handeltreibens ausgeurteilt. Dies hält rechtlicher Nachprüfung (noch) stand.
- 7
- a) Die Annahme einer einheitlichen Tat im Sinne einer Bewertungseinheit setzt allerdings voraus, dass sämtliche in der Wohnung sichergestellten Amphetamine Gegenstand ein und desselben Güterumsatzes waren, etwa indem der Angeklagte sie gleichzeitig zum Zwecke gewinnbringender Weiterveräußerung erworben hätte (vgl. BGHSt 43, 252, 261; BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 27, 45; § 29 Bewertungseinheit 1 sowie die Nachweise bei Körner BtMG 6. Aufl. § 29 Rn. 847). Der bloße gleichzeitige Besitz verschiedener zum Handeltreiben bestimmter Mengen von Betäubungsmitteln, die angesichts einer Aufbewahrung an verschiedenen Orten wie hier nicht als ein Vorrat im tatsächlichen Sinne anzusehen sind, würde hingegen nicht genügen, die Annahme einer Bewertungseinheit zu begründen (vgl. BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 9, 10; BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Fortsetzungszusammenhang 2, 4; BGH NJW 2003, 300, 301).
- 8
- b) Konkrete, eindeutige Feststellungen zu einem einheitlichen Erwerb der sichergestellten Amphetamine hat das Landgericht zwar nicht getroffen. Es hat im Rahmen der Einlassung des Angeklagten einerseits ausgeführt, er habe bei "dem Einkaufsgeschäft" keine Waffe mitgeführt (UA S. 8). Es hat andererseits aber auch festgehalten (UA S. 6, 10), der Angeklagte habe die Amphetamine "jeweils außerhalb seiner Wohnung" erworben und die Schrotflinte bei den "jeweiligen Ankaufs- und Verkaufshandlungen" nicht mitgeführt. Ungeachtet dessen aber drängt es sich nach den im Übrigen getroffenen Feststellungen auf, dass der Angeklagte die in seiner Wohnung sichergestellten Amphetamine im Rahmen eines einheitlichen Ankaufgeschäfts erlangt hat. Hierfür sprechen insbesondere die Portionierungsgrößen der Betäubungsmittel. Während die weitaus größere Teilmenge im Kühlschrank lediglich auf zwei Plastiktüten aufgeteilt war, waren die im Wohnzimmer - neben mehreren Feinwaagen, etwa 5.000 Verpackungstüten und einer "Schuldnerliste" – verwahrten Amphetamine offensichtlich bereits vom Angeklagten in abgabeübliche Kleinmengen portioniert worden. Es ist nach alledem davon auszugehen, dass die im Wohnzimmer aufgefundenen Betäubungsmittelportionen dem in der Küche gelagerten Amphetaminvorrat entnommen waren und es sich insoweit um einen einheitlichen Gesamtvorrat handelte.
- 9
- 2. Mit der Annahme einer einheitlichen Gesamtmenge und damit einer einzigen Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge reicht es für die Verwirklichung des Mitsichführens einer Schusswaffe gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG aus, wenn wie hier bezüglich der im Wohnzimmer gelagerten Betäubungsmittel jedenfalls hinsichtlich einzelner Teilmengen festgestellt ist, dass der Täter sich der Waffe jederzeit ohne nennenswerten Zeitaufwand bedienen kann (vgl. BGHSt 43, 8, 10; BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 1, 5; BGH NStZ 2007, 533; Körner aaO § 30a Rn. 68 mwN). Auf die bei Annahme unterschiedlicher Mengen bedeutsame Frage, ob auch hinsichtlich der im Kühlschrank verwahrten Teilmenge das Merkmal des Mitsichführens der im Wohnzimmer gelagerten Waffe gegeben wäre, kommt es nicht an.
III.
- 10
- Die Erwägungen der Strafkammer zur Strafzumessung sind im Ergebnis revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Dass die Strafkammer im Strafrahmen des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG auch Art und Menge der Betäubungsmittel strafschärfend berücksichtigt hat, begegnet - auch wenn hinsichtlich einer allerdings rechtlich nicht selbstständigen Teilmenge möglicherweise das Merkmal des Mitsichführens einer Waffe nicht gegeben wäre - keinen rechtlichen Bedenken.
moreResultsText
Annotations
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
(2) Ebenso wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.
(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft, - 2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt, - 3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein, - 4.
(weggefallen) - 5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt, - 6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel - a)
verschreibt, - b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
- 6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt, - 6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht, - 7.
entgegen § 13 Absatz 2 - a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke, - b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
- 8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt, - 9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen, - 10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet, - 11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt, - 12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind, - 13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt, - 14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt, - 2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.
(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.
(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
(2) Ebenso wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.
(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.