Bundesgerichtshof Urteil, 12. Okt. 2011 - 2 StR 202/11

published on 12/10/2011 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 12. Okt. 2011 - 2 StR 202/11
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 202/11
vom
12. Oktober 2011
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter schwerer sexueller Nötigung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Oktober
2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl,
Prof. Dr. Schmitt,
Prof. Dr. Krehl,
Dr. Eschelbach,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte und
Justizangestellte
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 12. Januar 2011 aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Kammer des Landgerichts Darmstadt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter schwerer sexueller Nötigung in zwei Fällen, jeweils begangen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und acht Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.

2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
3
Der Angeklagte wusste, dass eine junge attraktive Frau nicht freiwillig Interesse an ihm zeigen würde und nahm sich deshalb vor, eine Frau zu entführen , um mit ihr an einem abgelegenen Ort sexuelle Handlungen vornehmen zu können.
4
1. Auf der Suche nach einem geeigneten Tatopfer hielt sich der Angeklagte am 26. Juni 2010 gegen 23.15 Uhr auf dem Parkplatz hinter der Stadthalle in G. auf. Er hatte zur Überwindung des erwarteten Widerstandes ein Pfefferspray bei sich, war mit einer blonden Frauenperücke verkleidet und hatte die amtlichen Kennzeichen seines Pkw durch alte, bereits abgemeldete Kennzeichen ersetzt. Der Angeklagte beschloss entsprechend seinem Tatplan die Zeugin B. , die als Bedienung bei einem Abiturball tätig gewesen war, "mit Gewalt in sein Auto zu ziehen, um dann mit ihr an einem abgeschiedenen Ort gegen ihren Willen gewaltsam körperliche Zärtlichkeiten auszutauschen, sie insbesondere nachhaltig - auch mit der Zunge zu küssen, ihren gesamten Körper - einschließlich der Geschlechtsteile - zu streicheln und von ihr gleichsam berührt und geküsst zu werden (`mit ihr zu schmusen`). Gegebenenfalls sollte es dann - allerdings nur auf freiwilliger Basis - auch zur Durchführung des Geschlechtsverkehrs kommen" (UA 5).
5
Der Angeklagte fuhr mit seinem Pkw langsam an die Zeugin heran, die ihm den Rücken zuwendete. Er stieg aus, öffnete die hintere Fahrzeugtür und näherte sich der Zeugin. Als er sie erreicht hatte, packte er sie von hinten im Schulterbereich und sprühte ihr das Pfefferspray ins Gesicht, traf dabei jedoch auch sich selbst, weil er die Sprayflasche verkehrt hielt. Noch während des Sprühens drückte er die Zeugin auf den Boden und versuchte, sie rückwärts in sein Auto zu ziehen. Da die Zeugin sich jedoch heftig wehrte und laut schrie, wodurch Sicherheitsmitarbeiter der Stadthalle auf das Geschehen aufmerksam wurden, ließ der Angeklagte von ihr ab. Er konnte mit seinem Pkw unerkannt vom Parkplatz fliehen.
6
2. Nach diesem gescheiterten Versuch wollte der Angeklagte sein Vorhaben nunmehr erfolgreich umsetzen. Um nicht entdeckt zu werden, montierte er auf einem Parkplatz die Kennzeichen eines anderen Pkw ab und brachte sie an seinem Fahrzeug an. Außerdem führte er erneut das Pfefferspray sowie Klebeband mit sich, um dieses Mal mögliche Hilfeschreie des Opfers zu unterbinden. In den frühen Morgenstunden des 29. Juni 2010 parkte der Angeklagte, der von der Straße aus die Nebenklägerin beim Joggen wahrgenommen hatte, sein Fahrzeug an einem von der Straße nicht einsehbaren Radweg. Mit dem Pfefferspray und dem Klebeband ausgerüstet lief er der Nebenklägerin entgegen. Als er sich auf gleicher Höhe mit ihr befand, packte er sie, warf sie zu Boden und besprühte sie mit dem Pfefferspray. Da die Nebenklägerin jedoch ihr Gesicht abgewendet hatte, drang das Spray nicht in ihre Augen. Sie konnte sich von dem Angeklagten losreißen und weglaufen, wurde jedoch von ihm nach wenigen Metern wieder eingeholt. Er packte die sich heftig wehrende Nebenklägerin von hinten, zog an ihren Haaren und schlug ihr ins Gesicht. Außerdem forderte er sie auf, ruhig zu bleiben. Die Nebenklägerin rief dennoch laut um Hilfe. Der Versuch des Angeklagten, dies mit dem Klebeband zu unterbinden, misslang aufgrund des Widerstandes der Nebenklägerin. Er konnte sie jedoch erneut zu Boden reißen, wo er weiter auf sie einschlug. Der Nebenklägerin gelang es dennoch, sich loszureißen und schreiend in Richtung Hauptstraße zu laufen, wo sie auf einen Zeugen traf. Als der Angeklagte dies realisierte, ließ er aus Angst vor Entdeckung von seinem Vorhaben ab und verließ den Tatort mit seinem Pkw.

II.

7
Der Angeklagte hat das äußere Tatgeschehen eingeräumt und sich dahingehend geäußert, er habe mit der Geschädigten nur "schmusen und sie streicheln und küssen wollen. Eine Vergewaltigung, d.h. den Geschlechtsverkehr gegen den Willen der Geschädigten durchzuführen, habe er nicht vorgehabt. Er hätte jedoch auch nichts dagegen einzuwenden gehabt, wenn es dazu auf freiwilliger Basis gekommen wäre" (UA 8/9).
8
Das Landgericht hat das Tatgeschehen unter Berufung auf diese geständige Einlassung des Angeklagten rechtlich in beiden Fällen als versuchte schwere sexuelle Nötigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung gewertet. Ein "weitergehendes sexuelles Interesse als das, welches der Angeklagte selbst eingestanden habe", vermochte die Kammer nicht festzustellen. Aus der Tatsituation ergäben sich keine ausreichenden objektiven Anhaltspunkte dafür, dass auch die gewaltsame Durchführung des Geschlechtsverkehrs von seinem Tatwillen umfasst gewesen sei. Ein solcher Rückschluss wäre nach Ansicht der Kammer "rein spekulativ" gewesen und "sei mit dem Grundsatz in dubio pro reo nicht vereinbar". Das Landgericht, das in beiden Fällen von der Verwirklichung des § 177 Abs. 4 StGB ausgegangen ist (UA S. 14, 17), hat im Fall 1 unter Annahme eines minderschweren Falles (§ 177 Abs. 5 StGB) eine Einzelstrafe von einem Jahr und acht Monaten, im Fall 2 bei Anwendung des Normalstrafrahmens eine solche von drei Jahren und 10 Monaten für tat- und schuldangemessen erachtet.

III.

9
1. Zutreffend weist der Generalbundesanwalt darauf hin, dass das Landgericht , das in beiden ausgeurteilten Fällen rechtlich zutreffend von der Verwirklichung des § 177 Abs. 4 StGB ausgegangen ist, den Angeklagten wegen versuchter besonders schwerer sexueller Nötigung hätte schuldig sprechen müssen.
10
2. Darüber hinaus begegnet das Urteil durchgreifenden rechtlichen Bedenken , soweit das Landgericht eine versuchte besonders schwere Vergewaltigung verneint hat. Die Revision rügt insoweit zu Recht die fehlerhafte Anwendung des Zweifelssatzes bei der Beweiswürdigung des Landgerichts. Der Grundsatz in dubio pro reo ist keine Beweisregel, sondern eine Entscheidungsregel (BGH NStZ-RR 2009, 90). Auf einzelne Elemente der Beweiswürdigung ist er grundsätzlich nicht anwendbar (BGH NJW 2005, 2322, 2324; MeyerGoßner StPO § 261 Rn. 26 mwN). Er besagt nichts darüber, wie der Tatrichter die Beweise zu würdigen hat, sondern kommt erst bei der abschließenden Gesamtwürdigung zum Tragen (BGH NStZ 2010, 102, 103).
11
Dies hat das Landgericht verkannt. In den Urteilsgründen fehlt es als Grundlage für eine Anwendung des Zweifelssatzes an einer umfassenden Gesamtwürdigung aller Beweisanzeichen, insbesondere an einer erschöpfenden Auseinandersetzung mit der - zudem nicht durchgängig einheitlichen - Einlassung des Angeklagten sowie mit dem objektiven Tatgeschehen, das nach der Lebenserfahrung in hohem Maße dafür sprach, dass der Angeklagte mit Gewalt auch den Geschlechtsverkehr mit den Geschädigten erzwingen wollte.
12
Darüber hinaus ist die Begründung, mit der die Kammer die entsprechende Einlassung des Angeklagten, zu seinen sexuellen Absichten nicht als Schutzbehauptung wertet, lückenhaft und widersprüchlich. Die Kammer hat in den Feststellungen (UA 5) die Einlassung des Angeklagten übernommen, er habe die Zeugin B. mit Gewalt in sein Auto ziehen wollen, um "gegen ihren Willen gewaltsam" sexuelle Handlungen durchzuführen, ohne sich mit dem Widerspruch auseinanderzusetzen, der darin liegt, dass der Angeklagte die so erzwungenen Handlungen als "körperliche Zärtlichkeiten" und "schmusen" bezeichnet hat.
13
Darüber hinaus findet in den Feststellungen keine erkennbare Stütze, dass es die Kammer mit Rücksicht auf die Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten für nachvollziehbar hält, er sei aufgrund "seiner männlichen Ausstrahlung sowie sexuellen Erfahrung und der damit verbundenen positiven Wirkung auf die jeweilige Geschädigte" davon überzeugt gewesen, dass die Geschädigten "nach der anfänglich gewaltsamen Durchführung der sexuellen Handlungen sodann freiwillig zu mehr bereit" (UA 10) sein würden. Diese Überlegung steht zudem im Widerspruch zu der im Urteil wiedergegebenen Einschätzung des Angeklagten und der von ihm selbst angegebenen Motivation für die geplanten Entführungen, junge, attraktive Frauen würden nicht freiwillig ein sexuelles Interesse an ihm zeigen.
14
3. Das Urteil beruht auf den aufgezeigten Rechtsfehlern. Eine denkbare Verschärfung des Schuldspruchs kann sich auch auf den Strafausspruch ausgewirkt haben. Zwar differenziert § 177 Abs. 4 StGB beim Strafrahmen nicht zwischen der besonders schweren sexuellen Nötigung und der besonders schweren Vergewaltigung. Der Senat kann jedoch nicht ausschließen, dass das Landgericht bei Annahme einer versuchten besonders schweren Vergewaltigung den Unrechtsgehalt der geplanten Taten gravierender und das Geständnis des Angeklagten als weniger gewichtig gewertet hätte. Dies hätte dazu führen können, dass das Landgericht einen - nach den objektiven Tatumständen ohnehin eher fern liegenden - minderschweren Fall im Fall 1 der Urteilsgründe verneint sowie - insbesondere im Fall 1 - höhere Einzelstrafen und eine höhere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte.

Fischer Appl Schmitt Krehl Eschelbach
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Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freihei
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Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freihei
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published on 25/10/2017 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 495/12 vom 25. Oktober 2017 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Diebstahls u.a. ECLI:DE:BGH:2017:251017U2STR495.12.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. Oktobe
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Annotations

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.