Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Jan. 2002 - XII ZB 155/01
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
Die Beschwerde ist begründet. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts war dem Beklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil er ohne Verschulden verhindert war, die Notfrist zur Einlegung der Berufung einzuhalten. Die Versäumung beruht nicht auf einem ihm zuzurechnenden Organisationsverschulden seiner Prozeßbevollmächtigten erster Instanz (§ 85 Abs. 2 ZPO); sie ist vielmehr auf einen Fehler des Büropersonals der Prozeßbevollmächtigten zurückzuführen, das vom Beklagten nicht zu vertreten ist. Der Beklagte hat in seinem Wiedereinsetzungsgesuch unter Glaubhaftmachung vorgetragen, daß die am 20. März 2001 abgelaufene Berufungsfristvon der in der Kanzlei seiner Prozeûbevollmächtigten tätigen Büroangestellten, Frau P., im Fristenkalender versehentlich für den 21. März 2001 notiert worden und deshalb bei der Fristenkontrolle am 20. März 2001 nicht aufgefallen sei. Der im Jahr 2001 verwandte Fristenkalender sehe für jeden Tag eine Seite des Kalenderbuchs vor, auf der unten rechts die Fristen eingetragen würden. Im Vorjahr sei erstmals in der Kanzlei der Prozeûbevollmächtigten ein Fristenkalender verwandt worden, der für jeden Tag eine Doppelseite vorgesehen habe; dabei hätten die Fristen für jeden Tag auf der zweiten (rechten) Seite eingetragen werden müssen. Vermutlich aus der Gewöhnung an diesen früheren Kalender habe die Büroangestellte P. die am 20. März 2001 ablaufende Berufungsfrist im neuen Kalender nicht auf der dem 20. März 2001 zugeordneten linken Kalenderbuchseite, sondern auf der bereits dem 21. März 2001 zugeordneten rechten Kalenderbuchseite eingetragen. Bei Frau P. handele es sich um eine geschulte und zuverlässige Bürokraft, die, wie regelmäûige Kontrollen ergeben hätten, den Fristenkalender in der Vergangenheit stets sorgfältig und fehlerlos geführt habe. Das Oberlandesgericht hat die Versagung der Wiedereinsetzung darauf gestützt, daû die Einführung eines neuen Fristenkalenders jedenfalls eine allgemeine Belehrung der Büroangestellten P. "dahin, Fristen in den in jenem neuen Kalender dafür vorgesehenen Spalten einzutragen", erfordert hätte. Eine solche Belehrung durch seine Prozeûbevollmächtigte habe der Beklagte nicht vorgetragen. Auf die Aufforderung des Oberlandesgerichts darzulegen, "wie die Umstellung des Kalendersystems zum Jahreswechsel 2000/2001 organisatorisch abgelaufen sei", habe sich der Beklagte vielmehr auf den Hinweis beschränkt, daû ein anderer Kalendervordruck bei der H.-S.-GmbH bestellt worden sei, der zudem kostengünstiger als der im Vorjahr verwandte, jedem Tag eine Doppelseite zuweisende Kalender sei.
In seiner sofortigen Beschwerde hat der Beklagte vorgetragen, seine Prozeûbevollmächtigte habe bereits im Zusammenhang mit der Bestellung des Kalenders für das Jahr 2001 die Auswahl eines sinnvollen Kalendervordrucks erörtert; sodann sei wieder ein Kalender des bereits bis 1999 in der Kanzlei verwandten Typs angeschafft worden. Die Prozeûbevollmächtigte habe die Bürokraft am 3. Januar 2001 zusätzlich darauf hingewiesen, daû nunmehr wieder ein Kalender des früheren Typs genutzt werde, deshalb nur eine Seite pro Tag zur Verfügung stehe und insofern sorgfältig auf die Eintragung von Fristen und Terminen zu achten sei. Es kann offen bleiben, ob diese Darlegungen der sofortigen Beschwerde einen neuen nachgeschobenen Vortrag darstellen oder ob es sich dabei lediglich um eine zulässige Ergänzung des bereits zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs vorgetragenen Sachverhalts handelt, die nicht als verspätet im Sinne der §§ 234 Abs. 1, 236 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen werden kann (vgl. dazu etwa Senatsbeschlüsse vom 25. März 1987 - IVb ZB 39/87 - und vom 20. Mai 1992 - XII ZB 43/92 = BGHR ZPO § 234 Abs. 1 Begründung 1 und 6 m.w.N.). Die Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs ist nämlich bereits für sich genommen geeignet, ein dem Beklagten zuzurechnendes Organisationsverschulden seiner Prozeûbevollmächtigten auszuschlieûen. Der von der Prozeûbevollmächtigten für das Jahr 2001 angeschaffte Fristenkalender ist ausweislich der zu den Akten gereichten Kalenderseiten übersichtlich. Kalender dieses Typs hatten, wie der Beklagte mit der sofortigen Beschwerde in zulässiger Weise klarstellt, auch schon vor dem Jahr 2000 regelmäûig in der Kanzlei seiner Prozeûbevollmächtigten Verwendung gefunden. Die Prozeûbevollmächtigte durfte deshalb davon ausgehen, daû eine ausgebildete Bürofachkraft ohne Mühe in der Lage ist, den einfach strukturierten Aufbau eines solchen Kalenders zu erfassen und den Kalender dementsprechend sachge-
recht zu verwenden. Einer besonderen Einweisung durch die Prozeûbevollmächtigte bedurfte es dazu nicht, erst recht nicht des vom Oberlandesgericht geforderten Hinweises auf die selbstverständliche Pflicht, die notwendigen Kalendereintragungen in den jeweils dafür vorgesehenen Spalten vorzunehmen.
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(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.
(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.
(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.
(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.
(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.