Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Jan. 2001 - XII ZB 124/00
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Antragsgegnerin zu Recht als unzulässig verworfen.I.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist war der Antragsgegnerin nicht zu gewähren, weil die Frist des § 234 Abs. 1 ZPO nicht gewahrt ist. Insoweit wird auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen. Dem steht die Auffassung der sofortigen Beschwerde, die Entscheidung über den Prozeßkostenhilfeantrag habe dem beigeordneten zweitinstanzlichenProzeßbevollmächtigten zugestellt werden müssen, nicht entgegen. Hat der erstinstanzliche Prozeßbevollmächtigte die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe beantragt, bleibt er auch nach Beiordnung eines am Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalts weiterhin Prozeßbevollmächtigter. Wird ihm der dem Antrag ganz oder teilweise stattgebende Beschluß zugestellt, setzt dies die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 ZPO in Lauf, ohne daß es darauf ankommt, ob, wann und auf welche Weise dieser Beschluß auch dem beigeordneten Rechtsanwalt zugeht, weil hierdurch keine neue Frist in Lauf gesetzt wird (vgl. Senatsbeschluß vom 16. Dezember 1992 - XII ZB 142/92 - FamRZ 1993, 694; Zöller/Greger ZPO 22. Aufl. § 234 Rdn. 7 a.E.). Denn nicht die Entscheidung über die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe als solche oder deren Zustellung setzt die Wiedereinsetzungsfrist in Lauf, sondern der tatsächliche Wegfall des bisher in der in der Armut der Partei begründeten Hindernisses zur Einlegung des Rechtsmittels, der eintritt, sobald die Partei oder ein von ihr Bevollmächtigter Kenntnis von der Bewilligung erlangt (vgl. BGHZ 30, 226, 229). Dies ist auch dann der Fall, wenn mit dem Prozeßkostenhilfegesuch - wie hier - zugleich die Beiordnung eines namentlich benannten zweitinstanzlichen Rechtsanwalts beantragt worden war. Auch wenn man mit der sofortigen Beschwerde in der Benennung eines Wahlanwalts zugleich dessen Bevollmächtigung und Bestellung für den zweiten Rechtszug sieht (vgl. BGHZ 2, 228 f.), endet das Mandat des erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, der in die vorbereitenden Maßnahmen der Partei zur Beauftragung eines Rechtsmittelanwalts einbezogen ist, erst mit der Annahme des Vertretungsauftrages durch diesen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Oktober 1992 - VI ZB 21/92 - VersR 1993, 770, 771 und vom 17. April 1978 - II ZR 34/78 - VersR 1978, 722). Die Antragsgegnerin muß sich daher die am 5. Mai 2000 erlangte Kenntnis ih-
rer erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten von der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe zurechnen lassen.
II.
Die Rüge, das Berufungsgericht habe sich mit dem weiteren Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist nicht befaßt, verhilft der sofortigen Beschwerde im Ergebnis ebenfalls nicht zum Erfolg , da auch gegen die Versäumung dieser Frist Wiedereinsetzung nicht zu gewähren ist. Der Vortrag, infolge eines Büroversehens in der Kanzlei der erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten sei die Wiedereinsetzungsfrist nicht als solche, sondern als Beschwerdefrist eingetragen und sodann auf Anweisung der Anwältin wieder gelöscht worden, nachdem Beschwerde gegen die teilweise Ablehnung von Prozeßkostenhilfe nicht habe eingelegt werden sollen, ist nicht geeignet, ein der Antragsgegnerin zuzurechnendes Verschulden an der Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist auszuräumen. Der erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, deren Verschulden die Antragsgegnerin sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß, hätte es nämlich bei Ausstellung des Empfangsbekenntnisses über die Zustellung des dem Prozeßkostenantrag (teilweise) stattgebenden Beschlusses oblegen, dafür Sorge zu tragen, daß insbesondere das Ende der Wiedereinsetzungsfrist nebst entsprechender Vorfrist im Fristenkalender und in der Handakte eingetragen und entsprechend gekennzeichnet wurde (vgl. Senatsbeschluß vom 3. Juli 1991 - XII ZB 39/91 - BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 18 = VersR 1992, 516). Der sofortigen Beschwerde und der ihr beigefügten eidesstattlichen Versicherung ist indes weder der Vortrag zu entnehmen, in der Kanzlei der erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten bestehe die allgemeine Anweisung, bei Eingang eines Prozeßkostenhilfe bewilligenden Beschlusses die zweiwöchigeWiedereinsetzungsfrist einzutragen, noch der Vortrag, die Anwältin habe eine entsprechende Einzelweisung erteilt. Darüber hinaus hätte die erstinstanzliche Prozeßbevollmächtigte der Antragsgegnerin sich nach Eingang des Beschlusses umgehend mit dem beigeordneten Anwalt in Verbindung setzen müssen, um die Übernahme des Mandats und die rechtzeitige Einlegung des Rechtsmittels zu gewährleisten. Sie durfte sich nicht darauf verlassen, daß dieser vom Oberlandesgericht benachrichtigt werde und sich sodann von sich aus an sie oder die Antragsgegnerin wenden würde (vgl. BGH, Beschluß vom 8. Februar 1994 - XI ZB 1/94 - VersR 1994, 1324 f.).
Blumenröhr Hahne Gerber
Sprick Weber-Monecke
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(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.
(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.
(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.
(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.
War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.