Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Juli 2017 - XI ZB 11/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Juli 2017 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Maihold und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Derstadt und Dr. Dauber
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die klagende Bank nimmt den Beklagten nach Kündigung eines Dispositionskredits auf Rückzahlung des Saldos in Anspruch. Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 4.441,63 € nebst Zinsen verurteilt. Dagegen hat der Beklagte persönlich Berufung eingelegt und um Bestellung eines Notanwalts nachgesucht. Mit Beschluss vom 29. März 2017 hat das Landgericht - nach vorher entsprechend erteiltem Hinweis - den Antrag des Beklagten auf Beiord- nung eines Notanwalts (§ 78b ZPO) abgelehnt und die Berufung des Beklagten als unzulässig verworfen, weil diese nicht durch einen postulationsfähigen Rechtsanwalt eingelegt worden sei. Gegen diesen Beschluss, der ihm am 31. März 2017 zugestellt worden ist, hat der Beklagte am 28. April 2017 beim Bundesgerichtshof persönlich Rechtsbeschwerde eingelegt und "um die Postulationsfähigkeit als öffentlich-vereidigter Landespfleger" gebeten. Zudem hat er Prozesskostenhilfe und "die Aufhebung der Sperrverfügung des Bundesinnenministeriums" beantragt.
II.
- 2
- 1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird abgelehnt, weil die Rechtsbeschwerde des Beklagten keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 Satz 1 ZPO).
- 3
- Die statthafte Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO) ist unzulässig, weil sie nicht durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt worden ist (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Die Rechtsbeschwerde kann auch nicht mehr zulässig durch einen Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof eingelegt werden. Die Frist zur Einlegung ist am 2. Mai 2017 abgelaufen. Eine Wiedereinsetzung in die versäumte Einlegungsfrist (§ 233 ZPO) kommt nicht in Betracht.
- 4
- Einer Partei, die nicht über die finanziellen Möglichkeiten zur Einlegung oder Begründung eines Rechtsmittels verfügt, wird nur dann auf Antrag Wiedereinsetzung in eine versäumte Frist gewährt, wenn sie innerhalb der Frist ein Prozesskostenhilfegesuch bei Gericht eingereicht und alles in ihren Kräften Stehende getan hat, damit über diesen Antrag ohne Verzögerung entschieden werden kann. Diesem Erfordernis ist nur dann genügt, wenn mit dem Prozesskostenhilfeantrag auch eine Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nebst der erforderlichen Belege (§ 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO) vorgelegt wird. Ist dies nicht geschehen, war die Partei nicht ohne ihr Verschulden verhindert, die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde einzuhalten (Senatsbeschluss vom 12. Juni 2001 - XI ZR 161/01, BGHZ 148, 66, 69; BGH, Beschlüsse vom 26. März 2010 - IX ZB 272/09, juris Rn. 3, vom 23. März 2011 - XII ZB 51/11, NJW-RR 2011, 995 Rn. 9, vom 10. November 2016 - V ZA 12/16, NJW 2017, 735 Rn. 7 und vom 13. Dezember 2016 - VIII ZB 15/16, NJW-RR 2017, 691 Rn. 12).
- 5
- Danach war die Versäumung der Frist nicht unverschuldet, weil der Beklagte nicht darauf vertrauen konnte, einen ordnungsgemäßen und vollständigen Prozesskostenhilfeantrag eingereicht zu haben. Das Prozesskostenhilfegesuch des Beklagten ist zwar innerhalb der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde und damit rechtzeitig beim Bundesgerichtshof eingegangen. Der Beklagte hat jedoch innerhalb der Frist - und auch danach - keine Angaben zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht. Selbst wenn er dies noch nachholen würde, wäre der verspätete Eingang nicht unverschuldet. Die angegriffene Entscheidung enthielt eine ordnungsgemäße Rechtsmittelbelehrung , so dass der Beklagte vom Bestehen des Anwaltszwangs gewusst hat. Hatte er dafür die Mittel nicht, hätte er sich bereits ab Zustellung des angefochtenen Beschlusses bemühen müssen, hierfür Prozesskostenhilfe zu bekommen. Dazu gehören nötigenfalls Erkundigungen, auf welche Art dies geschehen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Mai 2015 - VII ZB 66/14, juris Rn. 8).
- 6
- 2. Die vom Beklagten persönlich eingelegte Rechtsbeschwerde ist unzulässig und daher auf seine Kosten (§ 97 Abs. 1 ZPO) zu verwerfen.
Vorinstanzen:
AG Montabaur, Entscheidung vom 13.12.2016 - 19 C 504/15 -
LG Koblenz, Entscheidung vom 29.03.2017 - 3 S 5/17 -
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(1) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.
(2) Gegen den Beschluss, durch den die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so müssen sich die Parteien vor diesem ebenfalls durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.
(2) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich als Beteiligte für die Nichtzulassungsbeschwerde durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
(3) Diese Vorschriften sind auf das Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter sowie auf Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, nicht anzuwenden.
(4) Ein Rechtsanwalt, der nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.
(1) Der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu stellen; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung ist bei dem für die Zwangsvollstreckung zuständigen Gericht zu stellen.
(2) Dem Antrag sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Die Erklärung und die Belege dürfen dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden; es sei denn, der Gegner hat gegen den Antragsteller nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen des Antragstellers. Dem Antragsteller ist vor der Übermittlung seiner Erklärung an den Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Er ist über die Übermittlung seiner Erklärung zu unterrichten.
(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des Verfahrens durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für die Erklärung einzuführen. Die Formulare enthalten die nach § 120a Absatz 2 Satz 4 erforderliche Belehrung.
(4) Soweit Formulare für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei ihrer bedienen.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)