Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Aug. 2009 - VIII ZR 153/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Beklagte ist vom Amtsgericht zur Räumung und Herausgabe der von ihm gemieteten Wohnung verurteilt worden. Seine Berufung hat das Landgericht mit Urteil vom 4. Februar 2009 zurückgewiesen. Die Anträge des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen das am 6. Februar 2009 zugestellte Urteil des Berufungsgerichts und für einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem vorgenannten Urteil hat der Senat mit Beschluss vom 12. Mai 2009 (VIII ZA 1/09) zurückgewiesen. Der Beschluss ist dem Beklagten am 19. Mai 2009 zugestellt worden. Eine am 19. Mai 2009 erhobene Anhörungsrüge hat der Senat mit Beschluss vom 27. Mai 2009 als unzulässig verworfen.
- 2
- Am 16. Juni 2009 hat der Beklagte durch den beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt Dr. Nassall Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und gegen die Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs hat er vorgetragen und an Eides Statt versichert, er sei bislang außerstande gewesen, die Kosten für die Einlegung des Rechtsmittels aufzubringen. Es sei ihm nunmehr am 15. Juni 2009 gelungen, von einem Bekannten ein Darlehen in Höhe der einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Prozessbevollmächtigten vorzuschießenden Verfahrensgebühr zu erlangen; die Darlehenssumme habe Rechtsanwalt Dr. Nassall am 16. Juni 2009 erhalten.
- 3
- Rechtsanwalt Dr. Nassall hat am 10. Juli 2009 das Mandat niedergelegt. Der Beklagte beantragt, ihm gemäß § 78b ZPO einen Notanwalt für die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde beizuordnen und ihm für einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts zu bewilligen.
II.
- 4
- 1. Der Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ist abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung aussichtslos erscheint (§ 78b Abs. 1 ZPO). Zur Begründung wird auf den Beschluss des Senats vom 12. Mai 2009 (VIII ZA 1/09) Bezug genommen.
- 5
- 2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht innerhalb der Monatsfrist gemäß § 544 Abs. 1 Satz 2 ZPO eingelegt wurde. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann dem Beklagten nicht bewilligt werden, weil der Beklagte die Frist des § 234 Abs. 1 ZPO für die Anbringung des Gesuchs auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die damit zu verbindende Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde versäumt hat.
- 6
- Eine Partei ist bei noch laufendem Prozesskostenhilfeverfahren schuldlos verhindert, die Rechtsmittelfrist einzuhalten, wenn sie Anlass hat, auf die Bewilligung der Prozesskostenhilfe zu vertrauen. Dieses Hindernis entfällt mit der Entscheidung über das Gesuch. Wird die beantragte Prozesskostenhilfe wie im vorliegenden Fall nach dem Ablauf der Rechtsmittelfrist verweigert, bleibt der Partei nach der Bekanntgabe der Entscheidung noch eine Zeit von höchstens drei bis vier Tagen für die Überlegung, ob sie das Rechtsmittel auf eigene Kosten durchführen will. Dann beginnt die zweiwöchige Frist des § 234 Abs. 1 ZPO für das Wiedereinsetzungsgesuch und die damit zu verbindende Einlegung des Rechtsmittels (st. Rspr. des Bundesgerichtshofs seit BGHZ 4, 55, 57 f.; zuletzt etwa Beschluss vom 19. Juli 2007 - IX ZB 86/07, MDR 2008, 99; Beschluss vom 3. Juli 2008 - III ZA 8/08, juris, Tz. 14; Senatsbeschluss vom 20. Januar 2009 - VIII ZA 21/08, WuM 2009, 186, Tz. 6).
- 7
- Dies gilt auch dann, wenn das Gericht nicht die Mittellosigkeit der Partei, sondern - wie hier - die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung verneint hat (Senatsbeschluss vom 20. Januar 2009, aaO, Tz. 7). Die bloße Mittellosigkeit entschuldigt die Versäumung der Rechtsmittelfrist nicht, sondern die Fristnachsicht wird nur dann und so lange gewährt, wie ein - in seinem Ausgang auch von den Aussichten der Rechtsverfolgung abhängendes - Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe läuft und die Partei annehmen darf, es werde Erfolg haben. Das der Fristwahrung entgegenstehende Hindernis besteht nicht schlechthin in der Mittellosigkeit der Partei, sondern in der noch fehlenden Entscheidung über das Gesuch. Dieses Hindernis entfällt mit der Bekanntgabe der insoweit ergehenden Entscheidung des Gerichts und dem Ablauf der für den Fall der Ablehnung dann sich noch anschließenden kurzen Überlegungsfrist (Senatsbeschluss, aaO, m.w.N.). Die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 ZPO begann danach wenige Tage nach der am 19. Mai 2009 erfolgten Zustellung des Beschlusses vom 12. Mai 2009 und war daher bei Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde und der Anbringung des Wiedereinsetzungsgesuchs am 16. Juni 2009 bereits abgelaufen.
- 8
- Die von dem Beklagten gegen den Senatsbeschluss vom 12. Mai 2009, mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe für eine Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen worden ist, erhobene Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO hat den Beginn und den Ablauf der zweiwöchigen Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 ZPO schon deswegen nicht beeinflusst, weil die Rüge unzulässig war.
- 9
- 3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts für einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist gegenstandslos, nachdem das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde durch deren Verwerfung rechtskräftig abgeschlossen ist. Ball Hermanns Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Schneider
AG München, Entscheidung vom 23.03.2007 - 413 C 2847/06 -
LG München I, Entscheidung vom 04.02.2009 - 14 S 5866/07 -
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(1) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.
(2) Gegen den Beschluss, durch den die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.
(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.
(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn
- 1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.
(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.
(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.
(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.