Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Nov. 2005 - V ZB 84/05
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Gläubigerin betreibt aus einer notariellen Urkunde die Zwangsversteigerung in das eingangs bezeichnete Grundvermögen des Schuldners. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners ließ die Gläubigerin die gegen ihn erteilte Vollstreckungsklausel auf den InsoIvenzverwalter umschreiben. Der Titel und die umgeschriebene Klausel wurden dem Insolvenzverwalter zugestellt. Sodann ordnete das Amtsgericht die Zwangsversteigerung an. Auch dieser Beschluss wurde dem Insolvenzverwalter zugestellt. Das Insolvenzverfahren wurde alsdann mangels Masse eingestellt. Der Schuldner hat gegen die Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens gegen ihn Erinnerung eingelegt. Er beanstandet, dass der Titel nicht erneut gegen ihn umgeschrieben worden sei.
- 2
- Das Amtsgericht hat die Erinnerung zurückgewiesen und den Versteigerungstermin durchgeführt, allerdings die Entscheidung über den Zuschlag vertagt. Das Landgericht - Einzelrichterin - hat die sofortige Beschwerde des Schuldners zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.
II.
- 3
- Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
- 4
- 1. Die angefochtene Einzelrichterentscheidung ist unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen. Hat der Einzelrichter in einer Sache, der er – wovon hier der Sache nach auszugehen ist - rechtsgrundsätzliche Bedeutung beimisst, über eine Beschwerde entschieden und die Rechtsbeschwerde zugelassen, so ist die Zulassung zwar wirksam. Jedoch unterliegt die Entscheidung auf die Rechtsbeschwerde wegen fehlerhafter Besetzung des Gerichts zwingend der Aufhebung von Amts wegen. In solchen Fällen darf der Einzelrichter die Entscheidung über die Zulassung nicht selbst treffen; vielmehr muss er das Verfahren gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer übertragen. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 154, 200, 202 f.; BGH, Beschlüsse vom 10. April 2003, VII ZB 17/02, MDR 2003, 949; vom 11. September 2003, XII ZB 188/02, NJW 2003, 3712; vom 23. November 2003, VI ZB 42/04, WuM 2005, 13).
- 5
- 2. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die Rechtsfrage, deretwegen das Landgericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, inzwischen geklärt ist. Mit Beschluss vom 14. April 2005 (V ZB 25/05, WM 2005, 1324) hat der Senat entschieden, dass, wenn nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Versteigerung eines zur Masse gehörenden Grundstücks angeordnet und der Titel gegen den Insolvenzverwalter umgeschrieben und diesem zugestellt wurde, eine erneute Umschreibung auf den Schuldner und eine Zustellung an ihn nicht mehr erforderlich sind, sofern der Insolvenzverwalter das Grundstück aus der Masse freigibt. Dies ergibt sich aus dem in § 80 Abs. 2 Satz 2 InsO zum Ausdruck gekommenen Gedanken, dass eine wirksam eingeleitete Vollstreckung von einem Wechsel der Verwaltungs- und Verfügungsberechtigung zwischen Verwalter und Schuldner, sei es durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sei es durch Freigabe von Gegenständen aus der Insolvenzmasse, unberührt bleibt. Der Schuldner ist nach Freigabe des Grundstücks durch den Insolvenzverwalter nicht dessen Rechtsnachfolger, war vielmehr vor der Freigabe Eigentümer und bleibt es auch nach der Freigabe.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Zoll Stresemann
Vorinstanzen:
AG Pinneberg, Entscheidung vom 15.02.2005 - 70 K 114/02 -
LG Itzehoe, Entscheidung vom 04.04.2005 - 4 T 89/05 -
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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
Das Beschwerdegericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, wenn
- 1.
die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder - 2.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.
(2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt.