Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Nov. 2011 - V ZB 328/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- 1. Durch Urteil des Landgerichts Berlin vom 23. Juli 2009 wurde die Klage der Klägerin auf Rückzahlung geminderten Grundstückskaufpreises abgewiesen. Ihr wurden die Verfahrenskosten auferlegt. Mit dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 29. Juli 2009 hat das Landgericht die dem Beklagten von der Klägerin zu erstattenden Kosten antragsgemäß auf 5.426,40 € festgesetzt. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin hat das Kammergericht den Erstattungsbetrag um die Hälfte der vorprozessualen Geschäftsgebühr - das sind 1.404,68 € - gekürzt. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.
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- 2. Das Rechtsmittel ist begründet.
- 3
- a) Das Beschwerdegericht ist der Ansicht, im vorliegenden Fall sei Absatz 4 der Vorbemerkung 3 VV RVG noch in der Auslegung zugrunde zu legen, die der Bundesgerichtshof vor dem Inkrafttreten von § 15a RVG vertreten hat (Beschluss vom 22. Januar 2008 - VIII ZB 57/07, NJW 2008, 1323, 1324). Danach ergab sich aus dieser Norm die Verpflichtung zur hälftigen Anrechnung der vorprozessualen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr. § 15a RVG habe daran nichts geändert.
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- b) Gestützt auf die Gesetzesmaterialien zu dieser Vorschrift (Beschlussempfehlung zur BRAO-Novelle 2009 in BT-Drucks 16/12717 S. 58) versteht der Bundesgerichtshof § 15a RVG nicht als Änderung, sondern als eine Klarstellung der bestehenden Rechtslage im Wege der legislativen Interpretation (Beschlüsse vom 2. September 2009 - II ZB 35/07, NJW 2009, 3101, 3102; vom 11. März 2010 - IX ZB 82/08, AGS 2010, 159; vom 29. April 2010 - V ZB 38/10 [Senat], FamRZ 2010, 1248; vom 7. Juli 2010 - XII ZB 79/10, AGS 2010, 460 und vom 10. August 2010 - VIII ZB 15/10, VersR 2011, 283, 284), und zwar dahin , dass es auch bisher schon keine Anrechnung gab. Veranlassung, diese Rechtsprechung in Frage zu stellen, bietet auch die Entscheidung des Beschwerdegerichts nicht.
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- 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens sind nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht zu erheben, weil die Beschwerdeentscheidung keinen Gesichtspunkt auf- zeigt, der eine erneute Befassung des Bundesgerichtshofs mit dieser Frage rechtfertigte. Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
LG Berlin, Entscheidung vom 29.07.2009 - 33 O 146/08 -
KG Berlin, Entscheidung vom 25.10.2010 - 2 W 157/09 -
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Annotations
(1) Sieht dieses Gesetz die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr vor, kann der Rechtsanwalt beide Gebühren fordern, jedoch nicht mehr als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren.
(2) Sind mehrere Gebühren teilweise auf dieselbe Gebühr anzurechnen, so ist der anzurechnende Betrag für jede anzurechnende Gebühr gesondert zu ermitteln. Bei Wertgebühren darf der Gesamtbetrag der Anrechnung jedoch denjenigen Anrechnungsbetrag nicht übersteigen, der sich ergeben würde, wenn eine Gebühr anzurechnen wäre, die sich aus dem Gesamtbetrag der betroffenen Wertteile nach dem höchsten für die Anrechnungen einschlägigen Gebührensatz berechnet. Bei Betragsrahmengebühren darf der Gesamtbetrag der Anrechnung den für die Anrechnung bestimmten Höchstbetrag nicht übersteigen.
(3) Ein Dritter kann sich auf die Anrechnung nur berufen, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.
(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.