Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Sept. 2005 - V ZB 106/05
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
Gegen das ihm am 8. März 2005 zugestellte Urteil des Amtsgerichts legte der Beklagte Berufung ein und stellte mit einem am 10. Mai 2005 eingegangenen Schriftsatz den Antrag, die Berufungsbegründungsfrist um einen Monat zu verlängern. Nachdem ihn das Gericht auf den verspäteten Eingang hingewiesen hatte, hat der Beklagte am 23. Mai 2005 beantragt, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Begründungsfrist zu gewähren, und dazu ausgeführt: Die Berufungsbegründungsfrist sei von einer geschulten und stets zuverlässigen Büroangestellten ordnungsgemäß im Fristenkalender notiert und durch Anbringung eines roten Zettels mit entsprechender Beschriftung auch auf dem Deckel der Akte kenntlich gemacht worden. Den
Schriftsatz mit dem Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist habe sein Prozessbevollmächtigter am 5. Mai 2005 diktiert und am Samstag, dem 7. Mai 2005, unterschrieben. Diesen habe er zusammen mit der Akte der Büroangestellten auf den Schreibtisch gelegt. Da die auf dem Zettel zur Auswahl vorgesehenen Büroanweisungen nicht ausgefüllt gewesen seien, habe es der Büroangestellten nach allgemeiner Kanzleianweisung obgelegen, die Einhaltung der Frist zu kontrollieren. Obwohl sie dieser Aufgabe bislang stets zuverlässig nachgekommen sei, habe sie dies im konkreten Fall unterlassen, weshalb der Schriftsatz verspätet eingegangen sei.
Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten, mit welcher er sein Wiedereinsetzungsgesuch weiterverfolgt.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i. V. m. §§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist aber unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.
Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Anspruchs des Beklagten, ihm den Zugang zu dem von der Zivilprozessordnung eingeräumten Instanzenzug nicht in unzumutbarer Weise zu erschweren, ist nicht geboten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind eine Partei und ihr Prozessbevollmächtigter einerseits berechtigt, Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsfristen bis zum letzten
Tag auszuschöpfen (Senatsbeschl. v. 13. Mai 2004, V ZB 62/03, NJW-RR 2004, 1217, 1218; BGH, Urt. v. 25. November 2004, VII ZR 320/03, NJW 2005, 678, 679). Machen sie von dieser Möglichkeit Gebrauch, treffen sie andererseits aber auch gesteigerte Sorgfaltspflichten (BGH, Beschl. v. 18. November 2003, XI ZB 18/03, NJOZ 2004, 290, 292). Da die Zeit eine Fehlerkorrektur nicht mehr erlaubt, muss sich der von der Partei beauftragte Rechtsanwalt in einem solchen Fall mit besonderer Sorgfalt dafür einsetzen, dass die Frist noch gewahrt werden kann (BGH, Beschl. 7. November 1979, IV ZB 157/79, NJW 1980, 457). Daran fehlte es hier schon deshalb, weil der Fristenzettel nicht, wie vorgesehen, ausgefüllt war und eine zusätzliche Fehlerquelle schuf. Damit werden die Anforderungen an das, was der Betroffene veranlasst haben muss, um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erlangen, nicht überspannt (vgl. BVerfG, NJW 1995, 249, 250).
Der Rechtssache kommt auch keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Es geht allein um die Anwendung von in der Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen auf den Einzelfall.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Klein Lemke Schmidt-Räntsch Roth
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Annotations
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.
(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.
(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.
(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)