Bundesgerichtshof Beschluss, 26. März 2009 - StB 20/08

published on 26/03/2009 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 26. März 2009 - StB 20/08
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
___________
StB 20/08
vom
26. März 2009
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
______________________________
KWKG § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c
AWG § 35
1. Hat der Bundesgerichtshof über die sofortige Beschwerde des Generalbundesanwalts
gegen einen die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnenden
Beschluss des erstinstanzlich zuständigen Senats eines Oberlandesgerichts
zu entscheiden, so hat er das Bestehen eines hinreichenden
Tatverdachts in vollem Umfang eigenständig zu prüfen (Aufgabe von
BGHSt 35, 39).
2. Zu den Voraussetzungen, unter denen eine Straftat nach § 19 Abs. 1
KWKG die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland
im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c KWKG erheblich gefährdet.
3. Es verstößt nicht gegen Art. 25 GG, dass § 35 AWG den Geltungsbereich
materiellen deutschen Strafrechts auf Taten erstreckt, die von
deutschen Staatsbürgern im Ausland begangen werden.
BGH, Beschl. vom 26. März 2009 - StB 20/08 - OLG Frankfurt am Main
in dem Strafverfahren
gegen
wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. März 2009 gemäß
§§ 199, 203, 210 Abs. 2, § 304 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2, § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
StPO beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde des Generalbundesanwalts wird
a) der Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 6. August 2008 aufgehoben, soweit das Oberlandesgericht die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt hat;
b) das Verfahren vorläufig eingestellt, soweit dem Angeklagten zur Last gelegt wird, gewerbsmäßig handelnd ein Handels- oder Vermittlungsgeschäft in Bezug auf in Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste (Anlage AL) erfasste Güter (V. - Ferngläser), welche unmittelbar oder mittelbar für Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Iran oder zur Verwendung im Iran bestimmt sind, abgeschlossen, und dadurch gegen § 34 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b, Abs. 6 Nr. 2 AWG, § 69 o Abs. 2, § 70 a Abs. 2 Nr. 3 AWV verstoßen zu haben. Im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
c) im Übrigen das Hauptverfahren eröffnet und die Anklage des Generalbundesanwalts vom 17. Mai 2008 zur Hauptverhandlung vor der zuständigen Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main zugelassen. 2. Die Kosten der zurückgenommenen Beschwerde des Generalbundesanwalts gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 6. August 2008, soweit mit diesem der gegen den Angeklagten bestehende Haftbefehl aufgehoben worden ist, und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Gründe:

1
Der Generalbundesanwalt hat dem Angeklagten mit der zum Oberlandesgericht Frankfurt am Main erhobenen Anklage vorgeworfen, in einem Fall gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und in zwei Fällen gegen das Außenwirtschaftsgesetz verstoßen zu haben. Das Oberlandesgericht hat mit Beschluss vom 6. August 2008 die Eröffnung des Hauptverfahrens aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen abgelehnt, eine Kosten- und Auslagenentscheidung getroffen sowie ausgesprochen, dass der Angeklagte für die erlittene Untersuchungshaft zu entschädigen sei. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Generalbundesanwalt mit seiner sofortigen Beschwerde. Das Oberlandesgericht hat daneben den gegen den Angeklagten bestehenden Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 7. März 2008 (1 BGs 44/2008) aufgehoben. Seine gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde hat der Generalbundesanwalt zurückgenommen. Im Übrigen beanstandet er weiterhin den angefochtenen Beschluss und beantragt,
2
a) diesen aufzuheben;
3
b) das Verfahren in Bezug auf die Tat 3 der Anklageschrift (V. - Ferngläser) gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO vorläufig einzustellen;
4
c) im Übrigen seine Anklage unter Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main zur Hauptverhandlung zuzulassen.
5
Das Rechtsmittel hat mit der Maßgabe Erfolg, dass das Landgericht Frankfurt am Main zur Durchführung des Hauptverfahrens zuständig ist.

I.

6
1. Mit der Anklageschrift sind dem in Frankfurt am Main wohnhaften Angeklagten folgende Straftaten zur Last gelegt worden:
7
a) Er betrieb ein Einzelhandelsunternehmen und vermittelte als Handelsvertreter Veräußerungsgeschäfte über Industriemaschinen, Zubehör und Rohmaterialien vorwiegend mit iranischen Kunden. Im Rahmen dieser Tätigkeit unterhielt er Kontakte zu dem in Teheran (Iran) ansässigen Unternehmen K. Co. Ltd. (im Folgenden: K. ), das sich mit der Beschaffung von nuklearrelevanten und militärischen Gütern für den Iran befasst und sich zur Umgehung der insoweit geltenden Handelsbeschränkungen mehrerer Tarnfirmen mit Sitz etwa in Dubai und den Vereinigten Arabischen Emiraten bedient. Ansprechpartner des Angeklagten waren die Direktorin von K. , Dr. N. , sowie der Mitarbeiter Ka. .
8
aa) Im April 2007 erhielt der Angeklagte von Ka. für eine der Tarnfirmen von K. eine Anfrage zur Lieferung zweier Hochgeschwindigkeitskameras , die zur Entwicklung von Atomsprengköpfen benötigt werden. Er ging zutreffend davon aus, dass die Kameras für das iranische Atomwaffenprogramm bestimmt waren, und fragte bei dem russischen Hersteller, der in Moskau ansässigen B. Company, nach der Ware an. Als Kaufinteressenten benannte er eine Universität im Nahen Osten. Kurze Zeit später traf er mit dem Hersteller eine unwiderrufliche Kaufvereinbarung, in der für ihn eine Provision von 30.630 € vereinbart wurde, und sandte an die Tarnfirma von K. ein entsprechendes verbindliches Angebot. Daraufhin wurde einem seiner iranischen Geldkonten eine Spesenvorauszahlung in Höhe von 3.297,50 € gutgeschrieben. Im Juni 2007 reiste der Angeklagte nach Moskau, um dort die Details des Vertragsschlusses persönlich zu klären. Während eines Aufenthalts im Iran ab dem 21. August 2007 gelang es ihm, die noch offenen Einzelheiten , insbesondere die Übermittlung einer geeigneten Endverbleibserklärung an den Verkäufer, zu regeln. Die Auslieferung der Kameras an den Endkunden im Iran erfolgte bis spätestens 1. November 2007.
9
bb) Im Mai 2006 erhielt der Angeklagte von K. eine Anfrage über die Lieferung verschiedener Produkte des US-amerikanischen Herstellers L. . Als Endkunde sollte eine Tarnfirma in den Vereinigten Arabischen Emiraten vorgeschoben werden. Zur Verschleierung des Endbestimmungslandes schaltete der Angeklagte die in Mannheim ansässige St. GmbH ein. Diese holte ein Angebot des Herstellers ein und bot die Ware dem Angeklagten an. Im März 2007 bat der Angeklagte die St. GmbH um ein erweitertes Angebot. Dieses umfasste Zählrohre für strahlungsfeste Detektoren, die zum Schutz gegen atomare Detonationswirkungen besonders konstruiert oder geändert sind. Nach den Herstellerangaben sind die Geräte speziell für den Einsatz im Nuklearbereich ausgelegt und können zu militärischen Zwecken verwendet werden. Empfänger sollte nunmehr eine Tarnfirma in Dubai sein. Die St. GmbH bot dem Angeklagten die gewünschten Artikel an; dieser leitete das Angebot an Ka. weiter und schloss mit der St. GmbH eine unwiderrufliche Kaufvereinbarung ab. Auf Veranlassung von K. wurde der Kaufpreis in Höhe von 87.245,40 € im April 2007 in drei Raten an die St. GmbH überwiesen. Ende Mai 2007 stellte die St. GmbH beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (im Folgenden: BAFA) einen Ausfuhrgenehmigungsantrag. Dieses forderte ein Endverbleibszertifikat und ein detailliertes Kundenprofil an. Der Angeklagte vereinbarte daraufhin mit Ka. , entsprechende Dokumente aus Dubai zu beschaffen bzw. selbst zu erstellen, um auf diese Weise über den wahren Empfänger zu täuschen. Im Juli 2007 erhielt die St. GmbH eine Endverbleibserklärung aus Dubai und leitete diese an das BAFA weiter. In der Folgezeit überlegten der Angeklagte und Ka. weiter, welcher Verwendungszweck dem BAFA plausibel vermittelt werden könnte. Der Angeklagte schlug vor, einen Einsatz in der Landwirtschaft oder der Medizin vorzuspiegeln. Ka. übermittelte sodann zwei Formulierungsvorschläge , auf deren Grundlage der Mitarbeiter F. der St. GmbH dem BAFA mitteilte, die Ware könne zwar in Nuklearanlagen eingesetzt werden, geplant sei aber eine Verwendung in der Zementindustrie. Der Angeklagte reiste am 20. August 2007 in den Iran, um die Angelegenheit mit seinem Auftraggeber zu besprechen. Das BAFA warf weitere Fragen zum Endverbleib der Ware auf, die F. dem Angeklagten per E-Mail zuleitete. Dieser erörterte die Problematik mit den Verantwortlichen bei K. und versuchte vergeblich , F. telefonisch zu erreichen. Einer weiteren Mitarbeiterin der St. GmbH erklärte er, er benötige dringend eine Aussage zur Situation des Detektoren-Geschäfts, da sein Auftraggeber ihm ein Ultimatum gesetzt habe. In der Folgezeit versuchte der Angeklagte mehrfach, seine Ansprechpartner bei der St. GmbH zu erreichen. Trotz seiner Bemühungen gelang es ihm nicht, das Problem zu lösen. Nach seiner Rückkehr aus dem Iran teilte der Angeklagte F. mit, sein Auftraggeber trete von dem Geschäft zurück. In der Folgezeit bemühte er sich erfolglos um die Rückerstattung des bereits geleisteten Kaufpreises sowie um die Ausfuhr der Ware in den Iran über die Slowakei.
10
cc) Im Mai 2007 fragte eine Tarnfirma von K. bei dem Angeklagten nach 20 nachtsichttauglichen Ferngläsern des Schweizer Herstellers V. an. Der Angeklagte bemühte sich in der Folgezeit darum, die Lieferung der Ware nach Iran zu veranlassen. Das Geschäft scheiterte schließlich, weil die Schweizer Genehmigungsbehörde SECO die ihr übermittelte Endverbleibserklärung als nicht ausreichend bewertete.
11
b) In der Anklageschrift des Generalbundesanwalts sind diese Sachverhalte rechtlich wie folgt gewürdigt:
12
aa) Im Fall I. 1. a) aa) (B. -Kameras) habe der Angeklagte gewerbsmäßig handelnd die Entwicklung von Atomwaffen gefördert, § 19 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, § 17 Abs. 2 KWKG. Einen hinreichenden Tatverdacht dahin, dass die Handlung des Angeklagten die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich gefährdet und dieser deshalb den Qualifikationstatbestand des § 19 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c KWKG verwirklicht habe, hat der Generalbundesanwalt nicht angenommen.
13
bb) Durch die Tat I. 1. a) bb) (L. -Detektoren) habe der Angeklagte gewerbsmäßig handelnd entgegen § 69 o Abs. 9 AWV ohne die erforderliche Genehmigung Maklerdienstleistungen im Zusammenhang mit dem Verkauf und der Ausfuhr von Gütern im Sinne von Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 des Rates vom 19. April 2007 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (im Folgenden: Iranembargo-VO) nach Iran oder ihrer Herstellung und Verwendung im Iran erbracht; dadurch habe er einer Rechtsverordnung zuwidergehandelt , die der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme diene, § 34 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b, Abs. 6 Nr. 2 AWG, § 69 o Abs. 9, § 70 a Abs. 2 Nr. 9 AWV. Einen hinreichenden Tatverdacht, das Handeln des Angeklagten sei geeignet gewesen, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden, so dass er die Voraussetzungen des Qualifikationstatbestandes nach § 34 Abs. 6 Nr. 4 Buchst. c AWG erfüllt habe, hat der Generalbundesanwalt nicht bejaht.
14
cc) Im Fall I. 1. a) cc) (V. -Ferngläser) habe der Angeklagte gewerbsmäßig handelnd entgegen § 69 o Abs. 2 AWV ein Handels- oder Vermittlungsgeschäft in Bezug auf in Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste (Anlage AL) erfasste Güter abgeschlossen, welche unmittelbar oder mittelbar für Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Iran oder zur Verwendung im Iran bestimmt sind; mithin habe er einer Rechtsverordnung zuwidergehandelt, die der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der gemeinsamen Außen- oder Sicherheitspolitik beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme diene, § 34 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b, Abs. 6 Nr. 2 AWG, § 69 o Abs. 2, § 70 a Abs. 2 Nr. 3 AWV. Ein Verstoß gegen den Qualifikationstatbestand nach § 34 Abs. 6 Nr. 4 Buchst. c AWG wird dem Angeklagten auch insoweit nicht zur Last gelegt.
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2. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnenden Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
16
Das Ermittlungsergebnis belege im Fall I. 1. a) aa) (B. -Kameras) nicht, dass der Iran im Zeitraum von April bis November 2007 Maßnahmen ergriffen habe, um die technologischen Voraussetzungen für die Herstellung von Atomwaffen zu schaffen. Aus einem vom Director of National Intelligence herausgegebenen National Intelligence Estimate vom November 2007 ergebe sich, dass es nach Einschätzung der US-amerikanischen Geheimdienste eher unwahrscheinlich sei, dass der Iran im genannten Tatzeitraum Atomwaffen entwickelt habe. Auf die dem entgegen stehenden "überaus vagen" Ausführungen in ei- nem Behördenzeugnis des Bundesnachrichtendienstes (im Folgenden: BND) vom Mai 2008 könne eine Verurteilung des Angeklagten keinesfalls gestützt werden. Die für eine Verurteilung des Angeklagten notwendige Überzeugung vom Bestehen eines iranischen Atomwaffenprogramms lasse sich auch nicht aus der diesbezüglichen Besorgnis der internationalen Staatengemeinschaft gewinnen. Selbst wenn der Iran im Tatzeitraum Atomwaffen entwickelt habe, sei nicht ausreichend belegt, dass der Angeklagte dies gefördert habe; denn der konkrete Verwendungszweck der Kameras sei unklar. Nach dem Ermittlungsergebnis werde sich auch nicht nachweisen lassen, dass der Angeklagte vorsätzlich gehandelt habe. Eine versuchte Tat komme nicht in Betracht, weil es keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme gebe, der Angeklagte habe sich vorgestellt, mit der Vermittlung der Hochgeschwindigkeitskameras die Entwicklung von Atomwaffen durch den Iran zu fördern.
17
Im Fall I. 1. a) bb) (L. -Detektoren) sei der Verstoß gegen den Genehmigungsvorbehalt des Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Iranembargo-VO bis zum 21. August 2007 nicht strafbar gewesen. Nach diesem Zeitpunkt habe der Angeklagte keine Tätigkeiten mehr entfaltet, die auf den Abschluss eines Kaufvertrages über die Zählrohre gerichtet gewesen seien. Es lasse sich auch nicht feststellen , dass der Angeklagte bei der Organisation des Transfers der Zählrohre vermittelnd tätig geworden sei oder den Transfer der Zählrohre beinhaltende Transaktionen ausgehandelt oder organisiert habe. Der Senat müsse deshalb der Frage nicht weiter nachgehen, ob die in § 69 o Abs. 9 AWV enthaltene Erstreckung deutscher Strafvorschriften auf Auslandstaten wegen eines Verstoßes gegen Art. 25 GG verfassungswidrig sei. Die Tätigkeiten des Angeklagten seien auch nicht wegen eines Verstoßes gegen die Verordnung (EG) Nr. 1334/2000 des Rates vom 22. Juni 2000 (im Folgenden: Dual-Use-Verordnung) strafbar. Es lasse sich nicht beurteilen, ob die Zählrohre unter den Anhang I dieser Verordnung fielen. Unabhängig hiervon habe der Angeklagte mit den Verantwortlichen der St. GmbH nicht verabredet, die Zählrohre ohne Genehmigung auszuführen; die Beteiligten hätten sich vielmehr intensiv um die Erteilung einer solchen Genehmigung bemüht. Schließlich seien die besonderen Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG nicht feststellbar; deren Vorliegen lasse sich in der Regel nur aufgrund einer vom Generalbundesanwalt nicht eingeholten Stellungnahme des Auswärtigen Amtes beurteilen.
18
Im Fall I. 1. a) cc) (V. -Ferngläser) reiche die vorliegende Auskunft des BAFA nicht aus, um beurteilen zu können, ob die Ferngläser von Teil I Abschnitt A Position 0005 der Ausfuhrliste erfasst seien; auf diese Auskunft könne eine Verurteilung deshalb keinesfalls gestützt werden. Die Strafbarkeit des Angeklagten nach § 34 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b AWG, § 69 o Abs. 2, § 70 a Abs. 2 Nr. 3 AWV scheide aus, da diese erst ab dem 22. August 2007 in Betracht komme und der Angeklagte nach diesem Zeitpunkt kein Handels- oder Vermittlungsgeschäft abgeschlossen habe. Die Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG könnten auch bei dieser Tat nicht festgestellt werden.
19
3. Nach Einlegung des Rechtsmittels durch den Generalbundesanwalt mit Schriftsatz vom 13. August 2008 hat der BND unter dem 29. August 2008 ein weiteres Behördenzeugnis erstattet. Der Senat hat mit Beschluss vom 1. Oktober 2008 angeordnet, dass eine Stellungnahme des Auswärtigen Amtes dazu eingeholt werden soll, ob die dem Angeklagten vorgeworfenen Taten konkrete nachteilige Auswirkungen auf die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland hatten, haben konnten, derzeit haben, oder ob solche Auswirkungen in der Zukunft zu erwarten sind. Eine entsprechende, die konkreten Umstände des vorliegenden Falles berücksichtigende Äußerung war zuvor nicht eingeholt worden. Die ersuchte Stellungnahme des Auswärtigen Amtes ist unter dem 11. Februar 2009 erstellt worden und am 17. Februar 2009 beim Bundesgerichtshof eingegangen.

II.

20
Die gemäß § 210 Abs. 2, § 304 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 StPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde des Generalbundesanwalts führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses im noch angegriffenen Umfang, zur vorläufigen Einstellung des Verfahrens bezüglich der Tat I. 1. a) cc) (V. -Ferngläser) und hinsichtlich der weiteren angeklagten Taten zur Eröffnung des Hauptverfahrens und Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung vor der zuständigen Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main.
21
1. Der Senat hat das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt, soweit dem Angeklagten hinsichtlich der Tat I. 1. a) cc) (V. -Ferngläser) vorgeworfen worden ist, sich wegen eines gewerbsmäßig begangenen Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz (§ 34 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b, Abs. 6 Nr. 2 AWG, § 69 o Abs. 2, § 70 a Abs. 2 Nr. 3 AWV) strafbar gemacht zu haben. Die insoweit zu erwartende Rechtsfolge - möglicherweise nur ein Bußgeld wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 33 Abs. 1 AWG i. V. m. § 70 Abs. 1 Nr. 6, § 40 Abs. 1 AWV - fällt neben der Strafe, die der Angeklagte im Falle der Verurteilung wegen der anderen angeklagten Taten - diese sind jeweils mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bedroht - zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht.
22
2. Bezüglich der verbleibenden angeklagten Taten liegen die Voraussetzungen für die Eröffnung des Hauptverfahrens vor. Das Oberlandesgericht hat - jeweils teilweise - zum einen überspannte Anforderungen an den für die Zulassung der Anklage erforderlichen Tatverdacht gestellt und die zu dessen Klärung erforderliche weitere Aufklärung (§ 202 StPO) unterlassen sowie zum anderen das Ergebnis der Ermittlungen unzutreffend gewürdigt. Im Einzelnen:
23
a) Gemäß § 203 StPO beschließt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens , wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig ist. Ein hinreichender Tatverdacht ist - wie das Oberlandesgericht zu Beginn seiner Ausführungen zutreffend dargelegt hat - zu bejahen, wenn bei vorläufiger Tatbewertung auf Grundlage des Ermittlungsergebnisses die Verurteilung in einer Hauptverhandlung mit vollgültigen Beweismitteln wahrscheinlich ist (vgl. BGHR StPO § 210 Abs. 2 Prüfungsmaßstab 2 m. w. N.). Das Oberlandesgericht hat bei der weiteren Begründung seiner Entscheidung sodann jedoch mehrfach darauf abgestellt, aus den vorliegenden Beweismitteln lasse sich die für eine Verurteilung des Angeklagten ausreichende Überzeugung nicht gewinnen. Dies deutet darauf hin, dass es in der Sache einen unzutreffenden Prüfungsmaßstab angelegt hat. Der hinreichende Tatverdacht setzt eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Verurteilung voraus; damit wird ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit vorausgesetzt , als dies beim dringenden Tatverdacht im Sinne des § 112 Abs. 1 Satz 1 oder § 126 a StPO der Fall ist (vgl. BGHR aaO). Erst recht ist zur Eröffnung des Hauptverfahrens nicht die für eine Verurteilung notwendige volle richterliche Überzeugung erforderlich.
24
b) Die Überprüfung eines Beschlusses des erstinstanzlich tätig werdenden Oberlandesgerichts, mit dem dieses die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnt, durch den Bundesgerichtshof ist indes nicht nur darauf beschränkt, ob das Oberlandesgericht seiner Bewertung des hinreichenden Tatverdachts den zutreffenden Prüfungsmaßstab zugrunde gelegt hat und sich seine Beurteilung auf dieser Grundlage als rechtlich vertretbar erweist. Eine derart eingeschränkte Kontrolle entspräche zwar der bisherigen Rechtsprechung des Senats (BGHSt 35, 39). An dieser hält der Senat jedoch nicht länger fest. Der Bundesgerichtshof hat als Beschwerdegericht das Wahrscheinlichkeitsurteil des Oberlandesgerichts und dessen rechtliche Bewertung vielmehr in vollem Umfang nachzuprü- fen und die Voraussetzungen der Eröffnung selbstständig zu würdigen. Dies ergibt sich aus Folgendem:
25
Nach der Einfügung des § 122 Abs. 2 Satz 2 GVG ist mittlerweile nicht mehr gewährleistet, dass die Besetzung des Strafsenats des Oberlandesgerichts bei der Entscheidung über die Zulassung der Anklage mit derjenigen in der Hauptverhandlung identisch ist. Gerade auf die Identität der Besetzung bei der Eröffnungsentscheidung und in der Hauptverhandlung, wie sie nach damaliger Gerichtsverfassung vorgesehen war, ist in der Entscheidung BGHSt 35, 39, 40 ff. jedoch maßgebend abgehoben worden (so bereits BGHR aaO).
26
Soweit zur Begründung der früheren Auffassung weiter darauf abgestellt worden ist, dass die Beweiswürdigung in einem Urteil des Oberlandesgerichts lediglich mit der Revision - und damit nur in begrenztem Umfang - überprüft werden könne, rechtfertigt dies eine vergleichbar eingeschränkte Nachprüfung einer Nichteröffnungsentscheidung ebenfalls nicht. Zum einen besteht kein Anlass , Beschlüsse eines Oberlandesgerichts, mit denen die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, anders zu behandeln als entsprechende Entscheidungen eines Landgerichts; dessen Urteil kann ebenfalls allein mit dem Rechtsmittel der Revision angefochten werden. Zum anderen sind die unterschiedlichen Funktionen von Beschwerde- und Revisionsverfahren zu beachten. Die Beschwerde stellt sowohl die Tatsachengrundlage der angefochtenen Entscheidung als auch die Rechtsanwendung zur Nachprüfung des Beschwerdegerichts (vgl. Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. Vor § 304 Rdn. 3). Demgegenüber ist die Revision auf die rechtliche Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung beschränkt (vgl. Kuckein in KK 6. Aufl. Vor § 333 Rdn. 1). Mit diesem unterschiedlichen Charakter von Beschwerde und Revision verbunden sind jeweils verschiedene Erkenntnismöglichkeiten von Beschwerde- und Revisionsgericht. Die Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens beruht auf einer vorläufigen Bewertung des aktenkundigen Ermittlungsergebnisses; diese kann vom Beschwerdegericht in gleicher Weise wie vom Erstgericht vorgenommen werden. Das tatgerichtliche Urteil ergeht auf der Grundlage der aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung geschöpften Überzeugung des Tatrichters. Die Würdigung der Beweise ist allein seine Aufgabe; die in der Hauptverhandlung durchgeführte Beweisaufnahme ist im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht zu rekonstruieren (vgl. Schoreit in KK 6. Aufl. § 261 Rdn. 51 ff.). Die tatsächlichen Erkenntnismöglichkeiten des Revisionsgerichts bleiben demnach hinter denjenigen des Tatgerichts deutlich zurück.
27
c) Die nach diesen Vorgaben vorzunehmende Bewertung ergibt, dass der Angeklagte hinreichend verdächtig ist, sich im Fall I. 1. a) aa) (B. - Kameras) nach § 19 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, § 17 Abs. 2 KWKG strafbar gemacht zu haben; denn das Ermittlungsergebnis liefert ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte gewerbsmäßig handelnd die Entwicklung von Atomwaffen im Iran gefördert hat. Der Senat hat insoweit bereits in seiner in dieser Sache ergangenen Haftfortdauerentscheidung vom 26. Juni 2008 (AK 10/08) einen dringenden Tatverdacht bejaht. Es besteht bei erneuter vorläufiger Beurteilung des Ermittlungsergebnisses kein Anlass, nunmehr einen hinreichenden Tatverdacht zu verneinen.
28
aa) Das Entwickeln von Kriegswaffen setzt im Allgemeinen eine Tätigkeit voraus, die nach dem Vorliegen konkreter militärischer, technischer und wirtschaftlicher Forderungen darauf abzielt, eine Kriegswaffe zu schaffen, die es bisher entweder überhaupt oder zumindest nicht mit ihren spezifischen Eigenschaften gegeben hat (vgl. Pathe/Wagner in Bieneck, Handbuch des Außenwirtschaftsrechts , 2. Aufl. § 44 Rdn. 117; Heinrich in MünchKomm-StGB § 19 KWKG Rdn. 7). Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. BGH, Beschl. vom 26. Juni 2008 - AK 10/08) ist es indes nicht erforderlich, dass die Tätigkeit auf die Schaffung einer bislang mit ihren spezifischen Eigenschaften noch nicht existenten Kriegswaffe abzielt (so aber LG Stuttgart NStZ 1997, 290 zu § 20 Abs. 1 Nr. 1 KWKG). Eine derart enge Auslegung des Tatbestandsmerkmals widerspricht auch bei "konventionellen" Kriegswaffen - insbesondere vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Verankerung der Kriegswaffenkontrolle in Art. 26 Abs. 2 GG - dem Regelungsziel des Kriegswaffenkontrollgesetzes (vgl. hierzu Holthausen NJW 1991, 203) und wird dem Umstand nicht gerecht, dass im Bereich der Kriegswaffenproduktion mittlerweile nicht das "Erfinden" völlig neuer Waffen, sondern das Erlangen der technologischen Voraussetzungen für eine Eigenproduktion bereits bekannter Kriegswaffen im Vordergrund steht (vgl. OLG Düsseldorf NStZ 2000, 378, 379; Holthausen NStZ 1997, 290; ders. wistra 1998, 209; Pietsch NStZ 2001, 234). Dies gilt in besonderem Maße für die Entwicklung von Atomwaffen; gerade in diesem Bereich würde der Tatbestand seine intendierte Bedeutung verlieren, wollte man die Beteiligung an einem "Nachentwickeln" derartiger Waffen durch Staaten oder Organisationen, die noch nicht im Besitz atomarer Sprengköpfe sind, aus dem Bereich der Strafbarkeit herausnehmen (vgl. Heinrich aaO § 19 KWKG Rdn. 7). Unter den Begriff des "Entwickelns" von Atomwaffen im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 KWKG fallen deshalb sämtliche Maßnahmen zur Schaffung der technologischen Voraussetzungen für eine eigene atomare Kampfstoffproduktion einschließlich der Planung und Errichtung von Produktionsanlagen (vgl. OLG Düsseldorf aaO).
29
Nach diesen Maßstäben machen es die vorliegenden Beweismittel bei vorläufiger Bewertung wahrscheinlich, dass zur Tatzeit im Iran Atomwaffen entwickelt wurden. Hierfür sprechen insbesondere bereits die Erkenntnisse, die der BND in der Stellungnahme vom Mai 2008 aufgezeigt hat. Bei dieser Äußerung handelt es sich um ein Behördenzeugnis und nicht um ein Behördengutachten , denn Aufgabe des BND ist es in diesem Zusammenhang, den Beweisstoff durch die Bekundung von ihm festgestellter Tatsachen darzulegen, und nicht auf der Basis bereits vorhandenen Tatsachenmaterials oder angestellter Untersuchungen als Sachverständiger Bewertungen abzugeben (vgl. MeyerGoßner aaO § 256 Rdn. 5 f.). Der BND hat nachvollziehbar dargelegt, nach seiner Einschätzung seien im Iran Entwicklungsarbeiten an Kernwaffen auch nach 2003 zu erkennen. Dies wird u. a. mit Erkenntnissen über Beschaffungsaktivitäten des Iran unter Beteiligung einschlägig bekannter Institutionen bezüglich solcher Güter begründet, die der Entwicklung von Kernwaffen dienen können. Der Wertung des Oberlandesgerichts, diese Aussagen seien "überaus vage" , ist vor diesem Hintergrund nicht zu folgen. Dies gilt erst recht, nachdem der BND seine Erkenntnis in einem weiteren - allerdings erst nach der angefochtenen Entscheidung erstellten - Zeugnis vom 28. August 2008 spezifiziert und durch die Darlegung weiterer Indizien ergänzt hat. So hat er etwa auf die Entwicklung eines neuen Trägerraketensystems und die Gemeinsamkeiten der Beschaffungsbemühungen des Iran und denjenigen von Ländern mit bereits bekannten Atomwaffenprogrammen - wie z. B. Pakistan und Nordkorea - hingewiesen.
30
Die Bedeutung dieser jedenfalls bei einer Gesamtschau gewichtigen Indizien wird durch die sonstigen Beweismittel nicht derart relativiert, dass der hinreichende Tatverdacht entfällt. Insbesondere der vom Oberlandesgericht zur Begründung seiner Auffassung herangezogene US-amerikanische National Intelligence Estimate vom November 2007 macht aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Beschwerdebegründung vom 13. August 2008 zutreffend ausgeführten Gründen (S. 3 ff.) die Verurteilung des Angeklagten nicht unwahrscheinlich. Dasselbe gilt für die aktenkundigen Äußerungen der Internationalen Atomenergiebehörde.
31
Der Senat weist allerdings erneut ausdrücklich darauf hin, dass für den hier zu beurteilenden hinreichenden Tatverdacht die Wahrscheinlichkeit der Verurteilung maßgebend ist. Ob sich eine die Verurteilung des Angeklagten tragende Überzeugung dahin gewinnen lässt, dass der Iran im Tatzeitraum Atomwaffen entwickelt hat, kann demgegenüber erst aufgrund einer Bewertung der in der Hauptverhandlung durchzuführenden Beweisaufnahme entschieden werden. In deren Rahmen wird es unumgänglich sein, über die Einführung der Behördenzeugnisse des BND hinaus auch den in diesem Zusammenhang vom Generalbundesanwalt angebotenen Zeugenbeweis zu erheben. Daneben wird es in besonderem Maße erforderlich sein, die sonstigen erreichbaren Beweismittel zur Aufklärung dieser Frage zu nutzen; denn es darf nicht verkannt werden , dass es sich bei den Behördenzeugnissen des BND nur um sekundäre Beweismittel handelt, welche die unmittelbaren Quellen der dort wiedergegebenen Erkenntnisse und Bewertungen nicht bzw. nicht vollständig offen legen und daher einer vorsichtigen Beweiswürdigung unter Heranziehung der weiteren zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten bedürfen.
32
bb) Bei dem Tatbestand des Förderns i. S. d. § 19 Abs. 1 Nr. 2 KWKG handelt es sich um eine zur Täterschaft erhobene selbstständige Form der Beihilfe. Er umfasst diejenigen Hilfeleistungen, die unter § 27 Abs. 1 StGB subsumiert werden können, und damit jede Handlung, welche die Rechtsgutsverletzung des Haupttäters ermöglicht oder verstärkt oder ihre Durchführung erleichtert (vgl. Steindorf in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, KWKG § 19 Rdn. 5 m. w. N.; Pathe/Wagner aaO § 44 Rdn. 121 ff.; Holthausen NJW 1991, 203, 204).
33
Das Ergebnis der Ermittlungen macht es wahrscheinlich, dass der Angeklagte durch das Vermitteln des Verkaufs und der Lieferung der Hochgeschwindigkeitskameras in den Iran die dortige Entwicklung von Atomwaffen in diesem Sinne gefördert hat. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts besteht insbesondere eine ausreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Kameras eine militärische Verwendung finden sollten. Hierfür sprechen vor allem deren spezifische, gerade für die Entwicklung von Kernwaffen erforderliche Eigenschaften , die konkreten, in hohem Maße aufwändigen und konspirativen Umstände der Abwicklung des Geschäfts sowie die sonstigen ermittelten Beschaffungsaktivitäten des "Einkäufers" K. .
34
cc) Das Ermittlungsergebnis belegt schließlich in einem für die Eröffnung des Hauptverfahrens ausreichendem Maße den Vorsatz des Angeklagten. Diesem waren nach seiner eigenen Einlassung die Verwendungsmöglichkeiten der Kameras im militärischen Bereich bekannt. Er handelte bewusst unter Verstoß gegen das Iran-Embargo und trug wesentlich dazu bei, dass die Kameras in einem aufwändigen Verfahren auf konspirative Weise in den Iran gelangten. Außerdem hielt er sich regelmäßig im Iran auf. Diese und die weiteren, vom Generalbundesanwalt in seiner Anklageschrift (S. 37 ff.) aufgeführten Gesichtspunkte machen es wahrscheinlich, dass er die Entwicklung von Atomwaffen im Iran und den Umstand, diese durch die Vermittlung der Lieferung der Kameras zu fördern, jeweils zumindest für möglich hielt und billigend in Kauf nahm.
35
dd) Ein hinreichender Tatverdacht dahin, dass der Angeklagte den in der Anklageschrift nicht aufgeführten Qualifikationstatbestand des § 19 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c KWKG verwirklicht hat, besteht auch unter Berücksichtigung des Ergebnisses der vom Senat im Zwischenverfahren veranlassten Beweiserhebung nicht.
36
§ 19 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c KWKG setzt voraus, dass durch die Handlung des Täters die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich gefährdet werden. Der Tatbestand ist - im Gegensatz etwa zu § 34 Abs. 2 Nr. 3, § 34 Abs. 6 Nr. 4 Buchst. c AWG, bei denen es sich um abstraktkonkrete Gefährdungsdelikte handelt (s. u. II. 2. d) cc)) - vom Gesetzgeber, nachdem ursprünglich sogar ein Verletzungsdelikt vorgesehen war (BTDrucks. 11/4609 S. 4, 9), als konkretes Gefährdungsdelikt ausgestaltet worden (vgl. BTDrucks. 11/7221 S. 11). Daher genügt eine lediglich potentielle Rechtsgutsgefährdung nicht. Notwendig ist vielmehr, dass für das betroffene Schutzgut eine konkret riskante Situation entsteht, bei der das Umschlagen in eine Verletzung unmittelbar bevorsteht und deren Ausbleiben nur vom Zufall abhängt (vgl. Pathe/Wagner aaO § 44 Rdn. 128; Steindorf aaO KWKG § 19 Rdn. 13; Heinrich aaO § 19 KWKG Rdn. 19). Diese Feststellung bereitet bereits bei der Gefährdung von Individualrechtsgütern im Einzelfall regelmäßig Schwierigkeiten. Bei dem hier in Rede stehenden, ein Rechtsgut der Allgemeinheit schützenden und sprachlich weit gefassten Tatbestandsmerkmal ist sie in der Regel erst recht schwer und kaum mit ausreichender Sicherheit zu treffen (für § 19 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ebenso Steindorf aaO KWKG § 19 Rdn. 11). Dies gilt insbesondere dann, wenn nicht aus einer tatsächlich eingetretenen Störung auf eine konkrete Gefährdung geschlossen werden kann (vgl. Heinrich aaO § 19 KWKG Rdn. 19).
37
Im Übrigen hat der Senat für das Tatbestandsmerkmal "Eignung zur Gefährdung der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland" (vgl. etwa § 34 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 6 Nr. 4 Buchst. c AWG), das sich von dem hier relevanten allerdings durch den erforderlichen Grad der Intensität des Angriffs auf das geschützte Rechtsgut unterscheidet, bereits darauf hingewiesen, dass dieses sprachlich sehr weit gefasst und seine Verwendung deshalb mit Blick auf das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG in hohem Maße problematisch ist. Sowohl der verfassungsrechtliche Kontext als auch Überlegungen auf der Ebene des einfachen Gesetzes machen deshalb eine einschränkende Auslegung notwendig (vgl. BGH, Beschl. vom 13. Januar 2009 - AK 20/08, zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen). Diese Grundsätze gelten im Rahmen des § 19 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c KWKG entsprechend. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Norm muss die Gefährdung auch hier "erheblich" sein. Die Annahme des Tatbestandsmerkmals führt zu einer deutlichen Verschärfung der angedrohten Sanktion. Während der Grundtatbestand des § 19 Abs. 1 KWKG Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren vorsieht, reicht der Strafrahmen des § 19 Abs. 2 KWKG von zwei bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe. Das Rechtsgut der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland steht schließlich in einer Reihe mit den besonders gewichtigen Schutzgütern der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und dem friedlichen Zusammenleben der Völker (§ 19 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a und b KWKG).
38
Hieraus folgt, dass eine erhebliche Gefährdung der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland nur dann vorliegt, wenn anhand konkreter tatsächlicher Umstände festzustellen ist, dass die Bundesrepublik Deutschland durch die Tat in eine Lage gebracht werden kann, die es ihr unmöglich macht oder ernsthaft erschwert, ihre Interessen an gedeihlichen Beziehungen zu anderen Staaten zu wahren. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn aufgrund der Tat Akte starker diplomatischer Missbilligung, eine feindselige Kampagne der führenden Medien eines wichtigen Landes der Völkergemeinschaft oder eine Verurteilung der Bundesrepublik Deutschland in inter- bzw. supranationalen Gremien nahe liegend zu erwarten sind. Demgegenüber reicht nicht jede mögliche negative Reaktion eines fremden Staates, wie z. B. eine bloße Demarche, für sich allein bereits aus (vgl. BGH, Beschl. vom 13. Januar 2009 - AK 20/08, zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen m. w. N.).
39
In diesem Sinne kann eine Gefährdung der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zum Beispiel dann in Betracht kommen, wenn Atomwaffen oder zu deren Entwicklung bzw. Herstellung geeignete Güter unter Verletzung von völkerrechtlichen Verträgen oder Embargo-Vereinbarungen vom Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland aus in andere Staaten, insbesondere einen militärischen Gegner eines Bündnispartners der Bundesrepublik Deutschland gelangen. Gleiches kann etwa gelten, wenn Waffen ausgeführt werden, hinsichtlich derer sich die Bundesrepublik Deutschland im Wege der internationalen Zusammenarbeit der Durchführung einer gemeinsamen Exportkontrolle unterworfen hat, da ein illegaler Export der Bundesrepublik Deutschland in diesen Fällen als Vollzugsdefizit angelastet werden könnte (vgl. Heinrich aaO § 19 KWKG Rdn. 23).
40
Nach diesen Maßstäben machen es auch die vom Auswärtigen Amt in seiner Stellungnahme vom 11. Februar 2009 mitgeteilten tatsächlichen Umstände nicht wahrscheinlich, dass in der Hauptverhandlung die dargelegten Tatbestandsvoraussetzungen nachgewiesen werden könnten. Das Auswärtige Amt hat keine durch die vorliegende Tat ausgelöste Reaktion eines fremden Staates oder eines inter- bzw. supranationalen Gremiums mitgeteilt. Die von ihm dargelegten Tatsachen reichen auch im Übrigen nicht aus, um von einer durch die Handlung des Angeklagten verursachten Situation auszugehen, bei der das Umschlagen in eine Verletzung in dem beschriebenen Sinn unmittelbar bevorsteht und deren Ausbleiben nur vom Zufall abhängt. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der aufgezeigten besonderen Aktivitäten der Bundesrepublik Deutschland zur Befriedung der im Nahen und Mittleren Osten bestehenden Konflikte und der besonderen Rolle, die das Empfängerland Iran in der Staatengemeinschaft einnimmt. Soweit das Auswärtige Amt zwei nicht den vorliegenden Fall betreffende kritische Zeitungsartikel - einen amerikanischen aus dem Jahre 2008 und einen israelischen aus dem Jahre 2007 - anführt, kommt diesen vereinzelten Pressemeldungen hier keine wesentliche Bedeutung zu (vgl. Bieneck in Wolffgang/Simonsen, AWG § 34 Rdn. 63). Von besonderem Belang ist demgegenüber, dass die Kameras aus Russland in den Iran gelangten , ohne dass die deutschen Exportkontrollbehörden mit diesem Vorgang in irgendeiner Weise befasst waren. Der Angeklagte beging wesentliche Tatbeiträge wie das Aushandeln der Einzelheiten des Vertrages oder das Beschaffen einer geeigneten Endverbleibsbescheinigung in Russland bzw. im Iran und damit im Ausland. Allein der Umstand, dass er sich als deutscher Staatsbürger an dem Verbringen der Kameras in den Iran beteiligte und einen Teil seiner Aktivitäten von deutschem Staatsgebiet aus entfaltete, reicht vor dem Hintergrund der Gesetzessystematik bei sachgerechter Bewertung der sonstigen Umstände deshalb nicht aus, um einen hinreichenden Tatverdacht bezüglich des Qualifikationstatbestandes anzunehmen.
41
d) Im Fall I. 1. a) bb) (L. -Detektoren) besteht ein hinreichender Tatverdacht für eine Straftat nach § 34 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b, Abs. 6 Nr. 2 AWG, § 69 o Abs. 9 Satz 1, § 70 a Abs. 2 Nr. 9 AWV.
42
aa) Nach § 69 o Abs. 9 AWV bedürfen Maklerdienstleistungen im Zusammenhang mit dem Verkauf und der Ausfuhr von Gütern im Sinne von Anhang II der Iranembargo-VO nach Iran oder ihrer Herstellung und Verwendung im Iran, die innerhalb oder außerhalb des Wirtschaftsgebiets von Gebietsansässigen erbracht werden, der Genehmigung. Dieser Genehmigungsvorbehalt entspricht demjenigen in Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Iranembargo-VO. Gemäß § 70 a Abs. 2 Nr. 9 AWV wird nach § 34 Abs. 4 Nr. 1 AWG u. a. bestraft, wer ohne Genehmigung nach § 69 o Abs. 9 Satz 1 Maklerdienstleistungen erbringt. Die § 69 o Abs. 9, § 70 a Abs. 2 Nr. 9 AWV wurden am 21. August 2007 im Bundesanzeiger veröffentlicht. Hieraus folgt, dass ein hinreichender Verdacht für eine Strafbarkeit nach diesen strafbegründenden Vorschriften nur dann bejaht werden kann, wenn der Angeklagte durch nach diesem Zeitpunkt begangene Handlungen wahrscheinlich gegen den Genehmigungsvorbehalt verstoßen hat. Hierzu gilt:
43
Das Ermittlungsergebnis macht es wahrscheinlich, dass die Zählrohre für nukleare Zwecke konstruiert waren und somit den in Anhang II Nr. IIA0.006 der Iranembargo-VO aufgeführten nuklearen Nachweissystemen unterfielen.
44
Es bestehen ebenfalls ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte nach dem 21. August 2007 ohne die erforderliche Genehmigung Maklerdienstleistungen im Sinne der genannten Vorschriften erbrachte. Nach Art. 1 Buchst. f der Iranembargo-VO sind als Maklerdienstleistungen Tätigkeiten von Personen, Einrichtungen und Partnerschaften anzusehen, die als Vermittler beim Kauf, beim Verkauf oder bei der Organisation des Transfers von Gütern und Technologien tätig sind oder die Transaktionen aushandeln oder organisieren, die den Transfer von Gütern und Technologien beinhalten.
45
Die wesentlichen vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien waren zwar bereits vor dem 21. August 2007 getroffen. Es besteht jedoch eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Angeklagte, der am 20. August 2007 in den Iran gereist war, noch in der Zeit danach als Vermittler bei der Organisation des Transfers der Güter tätig war, indem er mit der St. GmbH einerseits und den iranischen Auftraggebern andererseits dessen Modalitäten besprach und insbesondere über eine ausreichende Endverbleibserklärung verhandelte. Dem Oberlandesgericht ist dahin zuzustimmen, dass der Inhalt der als Beweismittel vorgelegten E-Mails sowie der Telefonate, die der Angeklagte aus dem Iran führte, isoliert betrachtet eher geringe Rückschlüsse auf eine Maklertätigkeit des Angeklagten während seines Aufenthalts im Iran zulässt. Die vom Angeklagten von dort aus entfalteten Bemühungen sind jedoch bei verständiger Würdigung des Gesamtgeschehens als Fortsetzung der bereits zuvor begonnenen, langwierigen und intensiven Tätigkeiten zu sehen, die der Vorlage einer den Anforderungen des BAFA genügenden Endverbleibserklärung dienten. Die Problematik, dem BAFA eine plausible Endverwendung der Detektoren vorzutäuschen, war für die beabsichtigte Ausfuhr der Güter von zentraler Bedeutung und damit wesentlicher Bestandteil der vom Angeklagten als Vermittler für die Ausfuhr der Ware in den Iran noch zu leistenden Tätigkeiten. Vor diesem Hintergrund belegen die in der Anklageschrift aufgeführten Beweismittel bei einer Gesamtschau noch ausreichend die Wahrscheinlichkeit, dass der Angeklagte auch nach dem 21. August 2007 Maklerdienstleistungen erbrachte. Ob sich insoweit eine die Verurteilung tragende Überzeugung gewinnen lässt, bleibt der Bewertung des Ergebnisses der in der Hauptverhandlung durchzuführenden Beweisaufnahme vorbehalten.
46
bb) Der wahrscheinlichen Strafbarkeit des Angeklagten steht nicht entgegen , dass er seine Tätigkeiten nach dem 21. August 2007 nicht in der Bundesrepublik Deutschland sondern im Iran erbrachte. Zum einen erstreckt § 69 o Abs. 9 AWV den durch § 70 a Abs. 2 Nr. 9 AWV strafbewehrten Genehmigungsvorbehalt ausdrücklich auf Maklerdienstleistungen, die außerhalb des Wirtschaftsgebiets, mithin des Geltungsbereichs des Außenwirtschaftsgesetzes4 Abs. 1 Nr. 1 AWG), von Gebietsansässigen erbracht werden. Als natürliche Person mit Wohnsitz in Frankfurt am Main ist der Angeklagte Gebietsansässiger (§ 4 Abs. 1 Nr. 5 AWG). Zum anderen bestimmt § 35 AWG, dass § 34 AWG, unabhängig vom Recht des Tatorts, auch im Ausland gilt, wenn der Täter - wie der Angeklagte - Deutscher ist.
47
Diese Erstreckung des Geltungsbereichs des materiellen deutschen Strafrechts auf Auslandstaten verstößt nicht gegen Art. 25 GG (aA Pottmeyer NStZ 1992, 57). Nach dieser Grundgesetznorm sind die allgemeinen Regeln des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts und gegenüber Vorschriften der einfachen Gesetze vorrangig. Als allgemeine Regeln in diesem Sinne sind u. a. das Prinzip der territorialen Souveränität und das völkerrechtliche Interventionsverbot zu qualifizieren. Aus diesen ergibt sich, dass es jedem Staat grundsätz- lich untersagt ist, sich in Angelegenheiten einzumischen, die der inneren Jurisdiktion eines anderen Staates unterliegen. Von dieser Regel ist indes dann eine Ausnahme zu machen, wenn für die Erstreckung der Strafbarkeit auf Auslandssachverhalte ein legitimierender Anknüpfungspunkt vorliegt (vgl. BGHSt 27, 30, 32 ff.; 34, 334, 336). Eine derartige Legitimation für die Strafbarkeitserstreckung auf Taten im Ausland ist dann gegeben, wenn sie von einem der Prinzipien des internationalen Strafrechts gedeckt ist. Nach der Staatenpraxis ist es grundsätzlich zulässig, den sachlichen Anwendungsbereich einer Rechtsnorm über den durch das eigene Hoheitsgebiet markierten räumlichen Geltungsbereich hinaus auf Auslandssachverhalte zu erstrecken, sofern zwischen dem normierenden Staat und dem von ihm normierten Auslandssachverhalt eine "echte Verknüpfung" gegeben ist. Diese Voraussetzung wird allgemein angenommen, wenn der den Auslandssachverhalt regelnde Normtatbestand zugleich einen mit diesem substantiell hinreichend verknüpften Inlandssachverhalt betrifft (vgl. Holthausen NJW 1992, 214). Eine derartige ausreichende Verknüpfung der Auslandserstreckung mit einem Inlandssachverhalt ist im Außenwirtschaftsrecht aufgrund der in Rede stehenden Schutzgüter der äußeren Sicherheit und der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland gegeben (vgl. Bieneck aaO § 35 Rdn. 10). Darüber hinaus greift bei § 35 AWG auch das Personalitätsprinzip ein, wonach jeder Staat über seine Staatsangehörigen die Personalhoheit ausübt. Diese verleiht ihm die Kompetenz, sie zu einem bestimmten Verhalten zu verpflichten, und zwar grundsätzlich auch dann, wenn sie sich in fremdem Hoheitsgebiet aufhalten (vgl. Holthausen NJW 1992, 214, 215). Die bei der Regelung von Auslandssachverhalten entstehende Kollision von Territorialitätsprinzip und Personalitätsprinzip ist - jedenfalls im hier relevanten Bereich des Außenwirtschaftsstrafrechts - in dem Sinne zu lösen, dass die Staatsangehörigkeit des Normadressaten als ausreichende Verknüpfung zu dem normierten Auslandstatbestand anzusehen ist (vgl. Diemer in Erbs/Kohlhaas, Straf- rechtliche Nebengesetze, AWG § 35 Rdn. 2; allg. BGH NJW 1969, 1542; NJW 1951, 769 f.; jeweils zu § 3 StGB aF; Eser in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. Vorbem §§ 3-7 Rdn. 6; vgl. auch § 5 Nr. 3 Buchst. a, Nr. 5 Buchst. b, Nr. 8, 9, 12, 13 StGB).
48
cc) Mit der Anklageschrift des Generalbundesanwalts ist davon auszugehen , dass ein hinreichender Tatverdacht für eine Erfüllung des Qualifkationstatbestands nach § 34 Abs. 6 Nr. 4 Buchst. c AWG nicht besteht; denn es ist nach dem Ermittlungsergebnis nicht wahrscheinlich, dass die Handlungen des Angeklagten geeignet waren, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden. Bei diesem abstrakt-konkreten Gefährdungsdelikt ist - anders als etwa bei § 19 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c KWKG (s. o. II. 2. c) dd)) - der tatsächliche Eintritt einer Gefährdung nicht erforderlich. Vielmehr genügt es, wenn die Tathandlung nach den objektiven Umständen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefährdung bewirken kann (vgl. Diemer aaO § 34 Rdn. 14, 35; Bieneck aaO § 34 Rdn. 62 ff.; Friedrich in Hocke /Berwald/Maurer/Friedrich, Außenwirtschaftsrecht, AWG § 34 Rdn. 57; vgl. im Übrigen zu diesem Tatbestandsmerkmal ausführlich BGH, Beschl. vom 13. Januar 2009 - AK 20/08, zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen).
49
Dies ist aufgrund einer Gesamtschau der konkreten Einzelfallumstände zu entscheiden. Ein wichtiges Indiz hierbei ist, ob staatlichen deutschen Stellen ein Vorwurf daraus gemacht werden kann, dass es zu dem Verstoß gegen die außenwirtschaftsrechtlichen Bestimmungen kommen konnte; denn in diesen Fällen liegt es deutlich näher, dass die Bundesrepublik Deutschland negativen Reaktionen anderer Staaten oder internationaler Organisationen ausgesetzt ist, als bei Fallgestaltungen, in denen den staatlichen Organen kein Fehlverhalten anzulasten ist. Erst recht gilt dies, wenn diese durch ihr Eingreifen eine verbotene oder ohne die erforderliche Genehmigung geplante Lieferung eines Wirt- schaftsgutes sogar verhindert haben. Daneben werden regelmäßig die sonstigen Umstände wie etwa Art und Menge der Ware, deren Verwendungsmöglichkeit und -zweck, das konkrete Empfängerland etc. ebenso in die Gesamtbetrachtung einzustellen sein wie Umfang und Gewicht der konkreten außenpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland, die durch die Tat gefährdet werden können.
50
Danach ist hier von wesentlicher Bedeutung, dass es dem Angeklagten nicht gelungen ist, das BAFA und damit die deutsche Exportkontrollbehörde durch die Vorlage einer den Tatsachen nicht entsprechenden Endverbleibsbescheinigung zur Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung zu veranlassen, und die Durchführung des Geschäfts maßgebend aus diesem Grunde gescheitert ist. Deshalb liegt es - auch bei Berücksichtigung der sonstigen tatsächlichen Umstände , wie sie das Auswärtige Amt in seiner Stellungnahme vom 11. Februar 2009 dargelegt hat - bei einer Gesamtbewertung aller relevanten Gesichtspunkte nicht nahe, dass die erfolglose Vermittlungstätigkeit des Angeklagten im Sinne eines hinreichenden Tatverdachts ihrer Art nach typischerweise mit hinreichender Wahrscheinlichkeit geeignet war, Akte starker diplomatischer Missbilligung oder Medienkampagnen gegen die Bundesrepublik Deutschland in wichtigen Partnerländern oder gar negative Reaktionen in einem inter- oder supranationalen Gremium herbeizuführen.
51
3. Zuständig zur Durchführung des Hauptverfahrens ist die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main (§ 74 Abs. 1, § 74 c Abs. 1 Nr. 3 GVG). Die allein nach § 120 Abs. 2 Nr. 4 GVG in Betracht kommende Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, zu dem der Generalbundesanwalt die Anklage erhoben hat, ist nicht gegeben; denn die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor.
52
a) Soweit das Verfahren mit der Vermittlung der Lieferung der B. - Kameras in den Iran ein Delikt nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz betrifft, sieht § 120 Abs. 2 Nr. 4 GVG die erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts als Bundesgerichtsbarkeit ausübendes Tatgericht nur bei Straftaten nach § 19 Abs. 2 Nr. 2 und § 20 Abs. 1 KWKG vor. Aus den dargelegten Gründen (s. o. II. 2. c) dd)) ist der Angeklagte jedoch eines Verstoßes gegen den im vorliegenden Fall allein in Betracht kommenden § 19 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c KWKG nicht hinreichend verdächtig.
53
b) Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts ergibt sich auch nicht aus der angeklagten Straftat nach § 34 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b, Abs. 6 Nr. 2 AWG, § 69 o Abs. 9, § 70 a Abs. 2 Nr. 9 AWV (L. -Detektoren). Bei Straftaten nach dem Außenwirtschaftsgesetz hängt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts - soweit im vorigen Fall von Relevanz - u. a. davon ab, dass die Tat nach den Umständen geeignet ist, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden (§ 120 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. a GVG). Diese Voraussetzung ist nicht gegeben. Der Senat verweist insoweit auf seine Ausführungen zu dem materiellrechtlichen Qualifikationstatbestand des § 34 Abs. 6 Nr. 4 Buchst. c AWG, hinsichtlich dessen jedoch Anklage nicht erhoben worden ist und nach der Bewertung durch den Senat auch unter Berücksichtigung des Ergebnisses der im Zwischenverfahren durchgeführten Beweiserhebung kein hinreichender Tatverdacht besteht. Soweit dort bestimmt ist, eine in § 34 Abs. 4 AWG bezeichnete "Handlung" müsse geeignet sein, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden, während § 120 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. a GVG darauf abstellt, ob diese Eignung der "Tat nach den Umständen" zukommt, kommt dieser unterschiedlichen sprachlichen Formulierung in der Sache hier keine maßgebende Bedeutung zu.
54
Aus den entsprechenden Gründen wäre die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts auch nicht durch die vom Senat vorläufig eingestellte Tat (V. Ferngläser) begründet gewesen.
55
4. Der zuständigen Strafkammer obliegt die nach § 76 Abs. 2 GVG zu treffende Entscheidung über ihre Besetzung in der Hauptverhandlung (vgl. OLG Koblenz wistra 1995, 282; Meyer-Goßner aaO § 76 GVG Rdn. 4 m. w. N.).
56
5. Mit der teilweisen Eröffnung des Hauptverfahrens entfallen die vom Oberlandesgericht in dem angefochtenen Beschluss getroffene Kosten- und Auslagenentscheidung sowie der Ausspruch über die Entschädigung des Angeklagten für die erlittene Untersuchungshaft. Becker RiBGH Dr. Miebach befindet Pfister sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Sost-Scheible Schäfer
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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge
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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge
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published on 13/01/2009 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS AK 20/08 vom 13. Januar 2009 Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja _________________________________ AWG § 34 Abs. 2 Nr. 3; Abs. 6 Nr. 4 Buchst. c; GVG § 120 Abs. 2 Nr. 4 1. Zur Eignung einer Straftat
published on 26/06/2008 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS __________ AK 10/08 vom 26. Juni 2008 in dem Strafverfahren gegen wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz u. a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts sowie des.
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published on 21/03/2019 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS StB 4/19 vom 21. März 2019 in dem Strafverfahren gegen wegen Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung ECLI:DE:BGH:2019:210319BSTB4.19.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. März 2
published on 04/04/2019 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS StB 54/18 StB 55/18 vom 4. April 2019 in dem Strafverfahren gegen wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit ECLI:DE:BGH:2019:040419BSTB54.18.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. April 2019 gemäß § 21
published on 04/04/2019 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS StB 54/18 StB 55/18 vom 4. April 2019 in dem Strafverfahren gegen wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit ECLI:DE:BGH:2019:040419BSTB54.18.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. April 2019 gemäß § 21
published on 22/08/2019 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS StB 17/18 vom 22. August 2019 in dem Strafverfahren gegen wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat u.a. ECLI:DE:BGH:2019:220819BSTB17.18.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Au
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Annotations

(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht.

(2) Auch Zeugen, Sachverständige und andere Personen können gegen Beschlüsse und Verfügungen, durch die sie betroffen werden, Beschwerde erheben.

(3) Gegen Entscheidungen über Kosten oder notwendige Auslagen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(4) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Bundesgerichtshofes ist keine Beschwerde zulässig. Dasselbe gilt für Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte; in Sachen, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug zuständig sind, ist jedoch die Beschwerde zulässig gegen Beschlüsse und Verfügungen, welche

1.
die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Unterbringung zur Beobachtung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 oder § 101a Absatz 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen,
2.
die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen oder das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einstellen,
3.
die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten (§ 231a) anordnen oder die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung aussprechen,
4.
die Akteneinsicht betreffen oder
5.
den Widerruf der Strafaussetzung, den Widerruf des Straferlasses und die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 453 Abs. 2 Satz 3), die Anordnung vorläufiger Maßnahmen zur Sicherung des Widerrufs (§ 453c), die Aussetzung des Strafrestes und deren Widerruf (§ 454 Abs. 3 und 4), die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 372 Satz 1) oder die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung nach den §§ 435, 436 Absatz 2 in Verbindung mit § 434 Absatz 2 und § 439 betreffen;
§ 138d Abs. 6 bleibt unberührt.

(5) Gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts (§ 169 Abs. 1) ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen.

Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.

(1) Der Beschluß, durch den das Hauptverfahren eröffnet worden ist, kann von dem Angeklagten nicht angefochten werden.

(2) Gegen den Beschluß, durch den die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder abweichend von dem Antrag der Staatsanwaltschaft die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung ausgesprochen worden ist, steht der Staatsanwaltschaft sofortige Beschwerde zu.

(3) Gibt das Beschwerdegericht der Beschwerde statt, so kann es zugleich bestimmen, daß die Hauptverhandlung vor einer anderen Kammer des Gerichts, das den Beschluß nach Absatz 2 erlassen hat, oder vor einem zu demselben Land gehörenden benachbarten Gericht gleicher Ordnung stattzufinden hat. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, kann der Bundesgerichtshof bestimmen, daß die Hauptverhandlung vor einem anderen Senat dieses Gerichts stattzufinden hat.

(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht.

(2) Auch Zeugen, Sachverständige und andere Personen können gegen Beschlüsse und Verfügungen, durch die sie betroffen werden, Beschwerde erheben.

(3) Gegen Entscheidungen über Kosten oder notwendige Auslagen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(4) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Bundesgerichtshofes ist keine Beschwerde zulässig. Dasselbe gilt für Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte; in Sachen, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug zuständig sind, ist jedoch die Beschwerde zulässig gegen Beschlüsse und Verfügungen, welche

1.
die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Unterbringung zur Beobachtung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 oder § 101a Absatz 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen,
2.
die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen oder das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einstellen,
3.
die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten (§ 231a) anordnen oder die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung aussprechen,
4.
die Akteneinsicht betreffen oder
5.
den Widerruf der Strafaussetzung, den Widerruf des Straferlasses und die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 453 Abs. 2 Satz 3), die Anordnung vorläufiger Maßnahmen zur Sicherung des Widerrufs (§ 453c), die Aussetzung des Strafrestes und deren Widerruf (§ 454 Abs. 3 und 4), die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 372 Satz 1) oder die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung nach den §§ 435, 436 Absatz 2 in Verbindung mit § 434 Absatz 2 und § 439 betreffen;
§ 138d Abs. 6 bleibt unberührt.

(5) Gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts (§ 169 Abs. 1) ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Inländische Geldinstitute haben der Deutschen Bundesbank in der Frist des § 71 Absatz 8 zu melden:

1.
Zahlungen für die Veräußerung oder den Erwerb von Wertpapieren und Finanzderivaten, die das Geldinstitut für eigene oder fremde Rechnung an Ausländer verkauft oder von Ausländern kauft, sowie Zahlungen, die das Geldinstitut im Zusammenhang mit der Einlösung inländischer Wertpapiere an Ausländer leistet oder von diesen erhält; in den Meldungen müssen die Angaben gemäß Anlage Z10 „Wertpapiergeschäfte und Finanzderivate im Außenwirtschaftsverkehr“ enthalten sein;
2.
Zins- und Dividendenzahlungen auf inländische Wertpapiere, die sie an Ausländer leisten oder von diesen erhalten; in den Meldungen müssen die Angaben gemäß Anlage Z11 „Zahlungen für Wertpapier-Erträge im Außenwirtschaftsverkehr“ enthalten sein;
3.
ein- und ausgehende Zahlungen für Zinsen und zinsähnliche Erträge und Aufwendungen, ausgenommen Wertpapierzinsen, die sie für eigene Rechnung von Ausländern entgegennehmen oder an Ausländer leisten; in den Meldungen müssen die Angaben gemäß Anlage Z14 „Zinseinnahmen und zinsähnliche Erträge im Außenwirtschaftsverkehr (ohne Wertpapierzinsen)“ und Anlage Z15 „Zinsausgaben und zinsähnliche Aufwendungen im Außenwirtschaftsverkehr (ohne Wertpapierzinsen)“ enthalten sein;
4.
im Zusammenhang mit dem Reiseverkehr
a)
ein- und ausgehende Zahlungen aus Kartenumsätzen; in den Meldungen müssen die Angaben gemäß Anlage Z12 „Zahlungseingänge/Zahlungsausgänge im Reiseverkehr: Karten-Umsätze“ enthalten sein,
b)
ein- und ausgehende Zahlungen aus dem An- und Verkauf von Sorten sowie Umsätze aus dem Verkauf oder aus der Versendung von Fremdwährungsreiseschecks; in den Meldungen müssen die Angaben gemäß Anlage Z13 „Zahlungseingänge/Zahlungsausgänge im Reiseverkehr: Sorten und Fremdwährungsreiseschecks“ enthalten sein.

(2) Geldinstitute im Sinne des Absatzes 1 sind

1.
Monetäre Finanzinstitute nach Artikel 1 erster Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 25/2009 mit Ausnahme von Geldmarktfonds,
2.
sonstige Kreditinstitute nach § 1 Absatz 1 des Kreditwesengesetzes,
3.
Finanzdienstleistungsinstitute nach § 1 Absatz 1a des Kreditwesengesetzes und
4.
Wertpapierinstitute nach § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes.

(3) Absatz 1 Nummer 1 und 3 ist nicht anzuwenden auf Zahlungen, die den Betrag von 12 500 Euro oder den Gegenwert in anderer Währung nicht übersteigen.

(4) Bei Meldungen nach Absatz 1 Nummer 1 sind die Kennzahlen der Anlage LV „Leistungsverzeichnis der Deutschen Bundesbank für die Zahlungsbilanz“ und die Bezeichnungen der Wertpapiere, die internationale Wertpapierkennnummer sowie Nennbetrag oder Stückzahl anzugeben.

(5) Soweit Zahlungen nach Absatz 1 zu melden sind, ist § 67 nicht anzuwenden.

(1) Ohne Einfuhrgenehmigung dürfen folgende landwirtschaftliche Waren eingeführt werden:

1.
Waren der Kapitel 1 bis 25 des Warenverzeichnisses für die Außenhandelsstatistik bis zu einem Wert von 125 Euro je Einfuhrsendung, ausgenommen Saatgut, wobei das erleichterte Verfahren weder für die Einfuhr aus einem Versandverfahren, einem Lagerverfahren, einer vorübergehenden Verwendung oder einer aktiven Veredelung noch für die Einfuhr von Waren gilt, die zum Handel oder zu einer anderen gewerblichen Verwendung bestimmt sind;
2.
Muster und Proben für einschlägige Handelsunternehmen oder Verarbeitungsbetriebe von Erzeugnissen der Ernährung und Landwirtschaft bis zu einem Wert von 50 Euro je Einfuhrsendung, ausgenommen Saatgut, wobei bei der Bemessung des Werts unentgeltlich gelieferter Muster und Proben die Vertriebskosten außer Betracht bleiben; dies gilt auch bei entgeltlich gelieferten Mustern und Proben, sofern die Vertriebskosten in der Rechnung getrennt ausgewiesen werden;
3.
Waren, die Aussteller zum unmittelbaren Verzehr als Kostproben auf Messen oder Ausstellungen einführen, wenn der Wert der in einem Kapitel des Warenverzeichnisses für die Außenhandelsstatistik zusammengefassten Waren 3 000 Euro je Messe oder Ausstellung nicht übersteigt, wobei der Wert der Waren mehrerer Aussteller, die sich durch dieselbe Person vertreten lassen, zusammenzurechnen ist;
4.
Fische und andere Waren, die Unionsansässige auf hoher See sowie im schweizerischen Teil des Untersees und des Rheins von Schiffen, welche die Flagge eines Mitgliedstaats der Europäischen Union führen, aus gewinnen und unmittelbar in das Zollgebiet der Europäischen Union verbringen;
5.
Brieftauben, die nicht als Handelsware eingeführt werden;
6.
Tiere, Saatgut, Düngemittel, Fahrzeuge, Maschinen und sonstige Waren, deren Einfuhr durch die örtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in Grenzzonen oder grenznahen Räumen mit Drittländern bedingt ist und die nach zwischenstaatlichen Verträgen von Einfuhrbeschränkungen befreit sind;
7.
Erzeugnisse des Ackerbaus, der Viehzucht, des Gartenbaus und der Forstwirtschaft solcher grenzdurchschnittener Betriebe, die vom Zollgebiet der Europäischen Union aus bewirtschaftet werden, wenn diese Erzeugnisse von den Einfuhrabgaben im Sinne des Artikels 5 Nummer 20 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 befreit sind.

(2) Die §§ 31 bis 39 gelten nicht für die in Absatz 1 genannten Einfuhren.

Bevor das Gericht über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheidet, kann es zur besseren Aufklärung der Sache einzelne Beweiserhebungen anordnen. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.

Das Gericht beschließt die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint.

(1) Der Beschluß, durch den das Hauptverfahren eröffnet worden ist, kann von dem Angeklagten nicht angefochten werden.

(2) Gegen den Beschluß, durch den die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder abweichend von dem Antrag der Staatsanwaltschaft die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung ausgesprochen worden ist, steht der Staatsanwaltschaft sofortige Beschwerde zu.

(3) Gibt das Beschwerdegericht der Beschwerde statt, so kann es zugleich bestimmen, daß die Hauptverhandlung vor einer anderen Kammer des Gerichts, das den Beschluß nach Absatz 2 erlassen hat, oder vor einem zu demselben Land gehörenden benachbarten Gericht gleicher Ordnung stattzufinden hat. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, kann der Bundesgerichtshof bestimmen, daß die Hauptverhandlung vor einem anderen Senat dieses Gerichts stattzufinden hat.

(1) Die Senate der Oberlandesgerichte entscheiden, soweit nicht nach den Vorschriften der Prozeßgesetze an Stelle des Senats der Einzelrichter zu entscheiden hat, in der Besetzung von drei Mitgliedern mit Einschluß des Vorsitzenden.

(2) Die Strafsenate entscheiden über die Eröffnung des Hauptverfahrens des ersten Rechtszuges mit einer Besetzung von fünf Richtern einschließlich des Vorsitzenden. Bei der Eröffnung des Hauptverfahrens beschließt der Strafsenat, daß er in der Hauptverhandlung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden besetzt ist, wenn nicht nach dem Umfang oder der Schwierigkeit der Sache die Mitwirkung zweier weiterer Richter notwendig erscheint. Über die Einstellung des Hauptverfahrens wegen eines Verfahrenshindernisses entscheidet der Strafsenat in der für die Hauptverhandlung bestimmten Besetzung. Ist eine Sache vom Revisionsgericht zurückverwiesen worden, kann der nunmehr zuständige Strafsenat erneut nach Satz 2 über seine Besetzung beschließen.

Schuldunfähig ist, wer bei Begehung der Tat noch nicht vierzehn Jahre alt ist.

(1) Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.

(2) Zur Kriegführung bestimmte Waffen dürfen nur mit Genehmigung der Bundesregierung hergestellt, befördert und in Verkehr gebracht werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Im Außenwirtschaftsverkehr können durch Rechtsverordnung Rechtsgeschäfte und Handlungen beschränkt oder Handlungspflichten angeordnet werden, um

1.
die wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland zu gewährleisten,
2.
eine Störung des friedlichen Zusammenlebens der Völker zu verhüten,
3.
eine erhebliche Störung der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu verhüten,
4.
die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union zu gewährleisten,
4a.
die öffentliche Ordnung oder Sicherheit in Bezug auf Projekte oder Programme von Unionsinteresse im Sinne von Artikel 8 der Verordnung (EU) 2019/452 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2019 zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union (ABl. L 79 I vom 21.3.2019, S. 1) zu gewährleisten oder
5.
einer Gefährdung der Deckung des lebenswichtigen Bedarfs im Inland oder in Teilen des Inlands entgegenzuwirken und dadurch im Einklang mit Artikel 36 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union die Gesundheit und das Leben von Menschen zu schützen.

(2) Ferner können im Außenwirtschaftsverkehr durch Rechtsverordnung Rechtsgeschäfte und Handlungen beschränkt oder Handlungspflichten angeordnet werden, um

1.
Beschlüsse des Rates der Europäischen Union über wirtschaftliche Sanktionsmaßnahmen im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik umzusetzen,
2.
Verpflichtungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union durchzuführen, die in unmittelbar geltenden Rechtsakten der Europäischen Union zur Durchführung wirtschaftlicher Sanktionsmaßnahmen im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik vorgesehen sind,
3.
Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen umzusetzen oder
4.
zwischenstaatliche Vereinbarungen umzusetzen, denen die gesetzgebenden Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes zugestimmt haben.

(3) Als Beschränkung nach den Absätzen 1 und 2 gilt die Anordnung von Genehmigungserfordernissen oder von Verboten.

(4) Beschränkungen und Handlungspflichten sind nach Art und Umfang auf das Maß zu begrenzen, das notwendig ist, um den in der Ermächtigung angegebenen Zweck zu erreichen. Sie sind so zu gestalten, dass in die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung so wenig wie möglich eingegriffen wird. Beschränkungen und Handlungspflichten dürfen abgeschlossene Verträge nur berühren, wenn der in der Ermächtigung angegebene Zweck erheblich gefährdet wird. Sie sind aufzuheben, sobald und soweit die Gründe, die ihre Anordnung rechtfertigten, nicht mehr vorliegen.

Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.

Das deutsche Strafrecht gilt für Taten, die im Inland begangen werden.

(1) In Strafsachen sind die Oberlandesgerichte, in deren Bezirk die Landesregierungen ihren Sitz haben, für das Gebiet des Landes zuständig für die Verhandlung und Entscheidung im ersten Rechtszug

1.
(weggefallen)
2.
bei Hochverrat (§§ 81 bis 83 des Strafgesetzbuches),
3.
bei Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit (§§ 94 bis 100a des Strafgesetzbuches) sowie bei Straftaten nach § 52 Abs. 2 des Patentgesetzes, nach § 9 Abs. 2 des Gebrauchsmustergesetzes in Verbindung mit § 52 Abs. 2 des Patentgesetzes oder nach § 4 Abs. 4 des Halbleiterschutzgesetzes in Verbindung mit § 9 Abs. 2 des Gebrauchsmustergesetzes und § 52 Abs. 2 des Patentgesetzes,
4.
bei einem Angriff gegen Organe und Vertreter ausländischer Staaten (§ 102 des Strafgesetzbuches),
5.
bei einer Straftat gegen Verfassungsorgane in den Fällen der §§ 105, 106 des Strafgesetzbuches,
6.
bei einer Zuwiderhandlung gegen das Vereinigungsverbot des § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, des Strafgesetzbuches,
7.
bei Nichtanzeige von Straftaten nach § 138 des Strafgesetzbuches, wenn die Nichtanzeige eine Straftat betrifft, die zur Zuständigkeit der Oberlandesgerichte gehört und
8.
bei Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch.

(2) Diese Oberlandesgerichte sind ferner für die Verhandlung und Entscheidung im ersten Rechtszug zuständig

1.
bei den in § 74a Abs. 1 bezeichneten Straftaten, wenn der Generalbundesanwalt wegen der besonderen Bedeutung des Falles nach § 74a Abs. 2 die Verfolgung übernimmt,
2.
bei Mord (§ 211 des Strafgesetzbuches), Totschlag (§ 212 des Strafgesetzbuches) und den in § 129a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 des Strafgesetzbuches bezeichneten Straftaten, wenn ein Zusammenhang mit der Tätigkeit einer nicht oder nicht nur im Inland bestehenden Vereinigung besteht, deren Zweck oder Tätigkeit die Begehung von Straftaten dieser Art zum Gegenstand hat, und der Generalbundesanwalt wegen der besonderen Bedeutung des Falles die Verfolgung übernimmt,
3.
bei Mord (§ 211 des Strafgesetzbuchs), Totschlag (§ 212 des Strafgesetzbuchs), erpresserischem Menschenraub (§ 239a des Strafgesetzbuchs), Geiselnahme (§ 239b des Strafgesetzbuchs), schwerer und besonders schwerer Brandstiftung (§§ 306a und 306b des Strafgesetzbuchs), Brandstiftung mit Todesfolge (§ 306c des Strafgesetzbuchs), Herbeiführen einer Explosion durch Kernenergie in den Fällen des § 307 Abs. 1 und 3 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs, Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion in den Fällen des § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuchs, Missbrauch ionisierender Strahlen in den Fällen des § 309 Abs. 1 bis 4 des Strafgesetzbuchs, Vorbereitung eines Explosions- oder Strahlungsverbrechens in den Fällen des § 310 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Strafgesetzbuchs, Herbeiführen einer Überschwemmung in den Fällen des § 313 Abs. 2 in Verbindung mit § 308 Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuchs, gemeingefährlicher Vergiftung in den Fällen des § 314 Abs. 2 in Verbindung mit § 308 Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuchs und Angriff auf den Luft- und Seeverkehr in den Fällen des § 316c Abs. 1 und 3 des Strafgesetzbuchs, wenn die Tat nach den Umständen geeignet ist,
a)
den Bestand oder die Sicherheit eines Staates zu beeinträchtigen,
b)
Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben,
c)
die Sicherheit der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen des Nordatlantik-Pakts oder seiner nichtdeutschen Vertragsstaaten zu beeinträchtigen oder
d)
den Bestand oder die Sicherheit einer internationalen Organisation zu beeinträchtigen,
und der Generalbundesanwalt wegen der besonderen Bedeutung des Falles die Verfolgung übernimmt,
4.
bei Straftaten nach dem Außenwirtschaftsgesetz sowie bei Straftaten nach dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen, wenn die Tat oder im Falle des strafbaren Versuchs auch ihre unterstellte Vollendung nach den Umständen
a)
geeignet ist, die äußere Sicherheit oder die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden, oder
b)
bestimmt und geeignet ist, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören,
und der Generalbundesanwalt wegen der besonderen Bedeutung des Falles die Verfolgung übernimmt.
Eine besondere Bedeutung des Falles ist auch anzunehmen, wenn in den Fällen des Satzes 1 eine Ermittlungszuständigkeit des Generalbundesanwalts wegen des länderübergreifenden Charakters der Tat geboten erscheint. Die Oberlandesgerichte verweisen bei der Eröffnung des Hauptverfahrens die Sache in den Fällen der Nummer 1 an das Landgericht, in den Fällen der Nummern 2 bis 4 an das Land- oder Amtsgericht, wenn eine besondere Bedeutung des Falles nicht vorliegt.

(3) In den Sachen, in denen diese Oberlandesgerichte nach Absatz 1 oder 2 zuständig sind, treffen sie auch die in § 73 Abs. 1 bezeichneten Entscheidungen. Sie entscheiden ferner über die Beschwerde gegen Verfügungen der Ermittlungsrichter der Oberlandesgerichte (§ 169 Abs. 1 Satz 1 der Strafprozeßordnung) in den in § 304 Abs. 5 der Strafprozeßordnung bezeichneten Fällen.

(4) Diese Oberlandesgerichte entscheiden auch über die Beschwerde gegen Verfügungen und Entscheidungen des nach § 74a zuständigen Gerichts. Für Entscheidungen über die Beschwerde gegen Verfügungen und Entscheidungen des nach § 74a Abs. 4 zuständigen Gerichts sowie in den Fällen des § 100e Absatz 2 Satz 6 der Strafprozessordnung ist ein nicht mit Hauptverfahren in Strafsachen befasster Senat zuständig.

(5) Für den Gerichtsstand gelten die allgemeinen Vorschriften. Die beteiligten Länder können durch Vereinbarung die den Oberlandesgerichten in den Absätzen 1 bis 4 zugewiesenen Aufgaben dem hiernach zuständigen Gericht eines Landes auch für das Gebiet eines anderen Landes übertragen.

(6) Soweit nach § 142a für die Verfolgung der Strafsachen die Zuständigkeit des Bundes begründet ist, üben diese Oberlandesgerichte Gerichtsbarkeit nach Artikel 96 Abs. 5 des Grundgesetzes aus.

(7) Soweit die Länder aufgrund von Strafverfahren, in denen die Oberlandesgerichte in Ausübung von Gerichtsbarkeit des Bundes entscheiden, Verfahrenskosten und Auslagen von Verfahrensbeteiligten zu tragen oder Entschädigungen zu leisten haben, können sie vom Bund Erstattung verlangen.

(1) Die Strafkammern sind mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen (große Strafkammer), in Verfahren über Berufungen gegen ein Urteil des Strafrichters oder des Schöffengerichts mit dem Vorsitzenden und zwei Schöffen (kleine Strafkammer) besetzt. Bei Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung wirken die Schöffen nicht mit.

(2) Bei der Eröffnung des Hauptverfahrens beschließt die große Strafkammer über ihre Besetzung in der Hauptverhandlung. Ist das Hauptverfahren bereits eröffnet, beschließt sie hierüber bei der Anberaumung des Termins zur Hauptverhandlung. Sie beschließt eine Besetzung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen, wenn

1.
sie als Schwurgericht zuständig ist,
2.
die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung, deren Vorbehalt oder die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zu erwarten ist oder
3.
nach dem Umfang oder der Schwierigkeit der Sache die Mitwirkung eines dritten Richters notwendig erscheint.
Im Übrigen beschließt die große Strafkammer eine Besetzung mit zwei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen.

(3) Die Mitwirkung eines dritten Richters nach Absatz 2 Satz 3 Nummer 3 ist in der Regel notwendig, wenn die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird oder die große Strafkammer als Wirtschaftsstrafkammer zuständig ist.

(4) Hat die Strafkammer eine Besetzung mit zwei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen beschlossen und ergeben sich vor Beginn der Hauptverhandlung neue Umstände, die nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 eine Besetzung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen erforderlich machen, beschließt sie eine solche Besetzung.

(5) Ist eine Sache vom Revisionsgericht zurückverwiesen oder ist die Hauptverhandlung ausgesetzt worden, kann die jeweils zuständige Strafkammer erneut nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 über ihre Besetzung beschließen.

(6) In Verfahren über Berufungen gegen ein Urteil des erweiterten Schöffengerichts (§ 29 Abs. 2) ist ein zweiter Richter hinzuzuziehen. Außerhalb der Hauptverhandlung entscheidet der Vorsitzende allein.