Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juni 2008 - AK 10/08

published on 26/06/2008 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juni 2008 - AK 10/08
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
__________
AK 10/08
vom
26. Juni 2008
in dem Strafverfahren
gegen
wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
sowie des Angeschuldigten und seines Verteidigers am 26. Juni
2008 gemäß § 121, § 122 StPO beschlossen:
Die Untersuchungshaft hat fortzudauern.
Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt. Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main übertragen.

Gründe:

I.

1
Der Angeschuldigte wurde aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 23. November 2007 (1 BGs 508/2007) am 27. November 2007 festgenommen und befindet sich seit dem 28. November 2007 ununterbrochen in Untersuchungshaft. Am 7. März 2008 erließ der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs einen erweiterten Haftbefehl (1 BGs 44/2008), der dem Angeschuldigten am 13. März 2008 eröffnet wurde. Unter dem 17. Mai 2008 hat der Generalbundesanwalt gegen ihn wegen des Vorwurfs eines Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und zweier Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz Anklage zum Oberlandesgericht Frankfurt am Main erhoben.

II.

2
Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor. Der Senat stützt seine Entscheidung jedoch allein auf den dem Angeschuldigten zur Last gelegten Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz.
3
1. Der Angeschuldigte ist aufgrund des Ergebnisses der durchgeführten Ermittlungen, namentlich der in der Anklageschrift vom 17. Mai 2008 aufgeführten Beweismittel, im Sinne des § 112 Abs. 1 Satz 1 StPO insoweit dringend verdächtig , sich wie folgt strafbar gemacht zu haben:
4
a) Er betrieb ein Einzelhandelsunternehmen in Frankfurt am Main und betätigte sich als Handelsvertreter für in den Iran zu liefernde Industriemaschinen , Zubehör und Rohmaterialien. Im Rahmen dieser Tätigkeit unterhielt er Kontakte zu einem in Teheran ansässigen Unternehmen, das sich mit der Beschaffung von nuklearrelevanten und militärischen Gütern für den Iran befasst und sich zur Umgehung der insoweit geltenden Handelsbeschränkungen mehrerer Tarnfirmen mit Sitz etwa in Dubai und den Vereinten Arabischen Emiraten bedient.
5
Im April 2007 erhielt der Angeschuldigte eine Anfrage aus dem Iran auf Lieferung zweier Hochgeschwindigkeitskameras, die zur Entwicklung von Atomsprengköpfen benötigt werden. Er ging zutreffend davon aus, dass die Kameras für das iranische Atomwaffenprogramm bestimmt waren, und fragte bei dem russischen Hersteller nach der Ware an, wobei er als Kaufinteressentin eine Universität im Nahen Osten benannte. Kurze Zeit später traf er mit dem Hersteller eine unwiderrufliche Kaufvereinbarung und sandte an eine Tarnfirma des genannten iranischen Unternehmens ein verbindliches Angebot. Daraufhin wurde einem seiner iranischen Geldkonten eine Spesenvorauszahlung in Höhe von 3.297,50 € gutgeschrieben. Im Juni 2007 reiste der Angeschuldigte nach Moskau, um dort die Einzelheiten des Vertragsschlusses persönlich zu regeln. Während eines Aufenthalts im Iran ab dem 20. August 2007 konnte er die letzten Einzelheiten, insbesondere die Übermittlung einer geeigneten Endverbleibserklärung an den Verkäufer, regeln. Die Auslieferung der Kameras an den Endkunden im Iran erfolgte bis spätestens 1. November 2007.
6
b) Demnach förderte der Angeschuldigte durch die geglückte Lieferung der für die Produktion von Atomwaffen durch den Iran wichtigen Kameras - mit hoher Wahrscheinlichkeit gewerbsmäßig handelnd - die Entwicklung von Atomwaffen im Iran (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 17 Abs. 2 KWKG). Ein "Entwickeln" in diesem Sinne setzt nicht voraus, dass die Tätigkeit auf die Schaffung einer bislang mit ihren spezifischen Eigenschaften noch nicht existenten Kriegswaffe abzielt (so aber LG Stuttgart NStZ 1997, 290 zu § 20 Abs. 1 Nr. 1 KWKG). Eine derart enge Auslegung des Tatbestandsmerkmals widerspricht - insbesondere vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Verankerung der Kriegswaffenkontrolle in Art. 26 Abs. 2 GG - dem Regelungsziel des Kriegswaffenkontrollgesetzes (vgl. hierzu Holthausen NJW 1991, 203) und wird dem Umstand nicht gerecht, dass im Bereich der Kriegswaffenproduktion mittlerweile nicht das "Erfinden" völlig neuer Waffen, sondern das Erlangen der technologischen Voraussetzungen für eine Eigenproduktion bereits bekannter Kriegswaffen im Vordergrund steht (vgl. OLG Düsseldorf NStZ 2000, 378, 379; Holthausen NStZ 1997, 290; ders. wistra 1998, 209; Pietsch NStZ 2001, 234).
7
2. Da bereits der unter 1. dargelegte dringende Tatverdacht die Anordnung der Haftfortdauer trägt (s. 3. - 5.), bedarf es keines näheren Eingehens auf die Frage, ob der Angeschuldigte auch der beiden ihm im Haftbefehl vom 7. März 2008 und der Anklageschrift angelasteten Verstöße gegen das Außen- wirtschaftsgesetz dringend verdächtig ist. Der Senat sieht daher davon ab, sich mit den insoweit stellenden komplexen Rechtsfragen im Haftprüfungsverfahren näher auseinanderzusetzen und merkt lediglich Folgendes an:
8
a) Soweit es den Vorwurf des gewerbsmäßigen ungenehmigten Erbringens von Maklerdienstleistungen in Bezug auf Güter betrifft, die von Anhang II der Iranembargoverordnung (EG) Nr. 423/2007 erfasst werden (§ 34 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b, Abs. 6 Nr. 2 AWG i. V. m. § 69 o Abs. 9, § 70 a Abs. 2 Nr. 9 AWV), geht der Generalbundesanwalt in seiner Anklageschrift zutreffend davon aus, dass die Strafbarkeit nach den genannten Vorschriften erst mit Einführung von § 69 o AWV durch die 80. AWV-ÄnderungsVO vom 16. August 2007 begründet wurde. Diese Verordnung ist am 21. August 2007 im Bundesanzeiger veröffentlicht worden. Für die Bewertung des dringenden Tatverdachts sind somit allein diejenigen Tätigkeiten des Angeschuldigten maßgebend, die dieser ab dem 22. August 2007 entfaltete (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 2 Rdn. 3).
9
Mit Blick darauf, dass der Angeschuldigte bereits am 20. August 2007, mithin vor Inkrafttreten des § 69 o AWV, in den Iran reiste, seine Bemühungen um die Neutronendetektoren des US-amerikanischen Herstellers LND in der Folgezeit von dort aus tätigte, ihm am 5. November 2007 mitgeteilt wurde, dass von Seiten des Irans auf die Lieferung der Geräte verzichtet werden sollte, und er nach seiner Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland sich im Wesentlichen nur noch um die Rückabwicklung der geschlossenen vertraglichen Vereinbarung bemühte, wird daher insoweit zunächst die Frage der Anwendbarkeit des materiellen deutschen Strafrechts in den Blick zu nehmen sein. Hieran anschließend wird gegebenenfalls zu prüfen sein, ob die vom Angeschuldigten ab dem 22. August 2007 hinsichtlich der Lieferung der Detektoren unternommenen Bemühungen noch unter das Tatbestandsmerkmal des "Erbringens von Maklerdiensteistungen" subsumiert werden können, obwohl - soweit er- sichtlich - schon vor diesem Zeitpunkt die maßgeblichen Vereinbarungen geschlossen und die vertraglich vereinbarten Zahlungen geleistet worden waren. Alternativ wird die Anwendbarkeit anderer ausfuhrrechtlicher Straftatbestände in Betracht zu ziehen sein (vgl. Haftbefehl vom 7. März 2008).
10
b) Zum Vorwurf der verbotenen Vermittlung von Rüstungsgütern (§ 34 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b, § 33 Abs. 1 AWG i. V. m. § 69 o Abs. 2, § 70 a Abs. 2 Nr. 3 AWV) wird in rechtlicher Hinsicht zu klären sein, ob der Angeschuldigte tatsächlich "Vermittlungsgeschäfte" im Sinne des § 4 c Nr. 6, § 69 o Abs. 2 AWV vorgenommen hat. Denn er schloss für seine eigene Firma einen Kaufvertrag über 20 nachtsichttaugliche Ferngläser mit dem Schweizer Hersteller und übersandte seinerseits ein verbindliches Angebot an den vorgegebenen (Schein-)Abnehmer in Dubai. Mithin waren seine Tätigkeiten nicht auf den Abschluss von Verträgen zwischen Dritten gerichtet; vielmehr trat er in gewisser Weise als Zwischenhändler auf. Gegebenenfalls wird in Betracht zu ziehen sein, ob der Angeschuldigte die tatbestandlichen Voraussetzungen durch die Vornahme eines untersagten "Handelsgeschäfts" in Bezug auf ein in Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste (Anlage AL) zur Außenwirtschaftsverordnung erfasstes Gut erfüllt haben könnte.
11
Außerdem wird zu prüfen sein, ob die Tat nicht eventuell schon vor dem 22. August 2007 beendet war. Hierzu besteht deswegen Anlass, weil der Angeschuldigte , nachdem eine ausreichende Endverbleibserklärung nicht beschafft werden konnte und das Geschäft aus diesem Grund in dem ursprünglich vereinbarten Umfang scheiterte, im Oktober 2007 lediglich noch versuchte, die Auslieferung von fünf Ferngläsern und damit eine teilweise Erfüllung der vor dem 22. August 2007 geschlossenen Vereinbarung zu erreichen. Es stellt sich daher die Frage, ob dies noch Teil der materiellen Tatbeendigung ist. Im Falle einer Tatbeendigung vor dem 22. August 2007 würde sich die Strafbarkeit des Angeschuldigten nach der alten Rechtslage richten, mithin nach § 34 Abs. 2, § 33 Abs. 1 AWG i. V. m. § 70 Abs. 1 Nr. 6, § 40 AWV. Voraussetzung wäre dann unter anderem, dass die Handlung des Angeschuldigten geeignet war, die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, das friedliche Zusammenleben der Völker oder die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden (§ 34 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 AWG).
12
3. Zu dem bestehenden Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO) verweist der Senat auf die in dem Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 7. März 2008 enthaltenen zutreffenden Ausführungen, die weiterhin gelten. Der Angeschuldigte hat intensive familiäre Beziehungen in den Iran, wo er ein Wohnanwesen besitzt und Kontoverbindungen unterhält. In eine Reihe weiterer Länder pflegt er vielfältige familiäre, freundschaftliche und geschäftliche Kontakte. Diese persönlichen Bindungen des Angeschuldigten im Ausland und seine dort befindlichen Vermögenswerte lassen es wahrscheinlicher erscheinen, dass er - in Freiheit belassen - sich dem Strafverfahren entziehen wird, als dass er sich ihm stellt.
13
Aus diesen Gründen kann der Zweck der Untersuchungshaft auch nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen als deren Vollzug erreicht werden (§ 116 StPO).
14
4. Die besonderen Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) liegen vor. Die besondere Schwierigkeit und der besondere Umfang der Ermittlungen haben ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen die Fortdauer der Untersuchungshaft. Nach der Festnahme des Angeschuldigten waren umfangreiche weitere Ermittlungen zu führen. Unter anderem waren elektronische Dateien zu sichten und auszuwerten, Sachverständigengutachten einzuholen und zu be- werten sowie die Protokolle von abgehörten Telefongesprächen in die deutsche Sprache zu übersetzen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen in der Zuschrift des Generalbundesanwalts vom 23. Mai 2008 Bezug genommen. Mit der zwischenzeitlichen Erhebung der Anklage ist das Verfahren mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung geführt worden.
15
5. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht zu dem gegen den Angeschuldigten erhobenen Tatvorwurf des gewerbsmäßigen Förderns der Entwicklung von Atomwaffen, der mit einer Strafdrohung von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 KWKG), nicht außer Verhältnis (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO). Becker Miebach Schäfer
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(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßr

(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden

(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werd
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(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßr

(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden

(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werd
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published on 26/03/2009 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS ___________ StB 20/08 vom 26. März 2009 Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja ______________________________ StPO § 304 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 KWKG § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c AWG § 35 GG Art. 25 1.
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(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet.

(3) Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf bis zu dessen Entscheidung. Hat die Hauptverhandlung begonnen, bevor die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch bis zur Verkündung des Urteils. Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt und werden die Akten unverzüglich nach der Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf ebenfalls bis zu dessen Entscheidung.

(4) In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, entscheidet das nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht. In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht nach den §§ 120 oder 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, tritt an dessen Stelle der Bundesgerichtshof.

(1) In den Fällen des § 121 legt das zuständige Gericht die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor, wenn es die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich hält oder die Staatsanwaltschaft es beantragt.

(2) Vor der Entscheidung sind der Beschuldigte und der Verteidiger zu hören. Das Oberlandesgericht kann über die Fortdauer der Untersuchungshaft nach mündlicher Verhandlung entscheiden; geschieht dies, so gilt § 118a entsprechend.

(3) Ordnet das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft an, so gilt § 114 Abs. 2 Nr. 4 entsprechend. Für die weitere Haftprüfung (§ 117 Abs. 1) ist das Oberlandesgericht zuständig, bis ein Urteil ergeht, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt. Es kann die Haftprüfung dem Gericht, das nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständig ist, für die Zeit von jeweils höchstens drei Monaten übertragen. In den Fällen des § 118 Abs. 1 entscheidet das Oberlandesgericht über einen Antrag auf mündliche Verhandlung nach seinem Ermessen.

(4) Die Prüfung der Voraussetzungen nach § 121 Abs. 1 ist auch im weiteren Verfahren dem Oberlandesgericht vorbehalten. Die Prüfung muß jeweils spätestens nach drei Monaten wiederholt werden.

(5) Das Oberlandesgericht kann den Vollzug des Haftbefehls nach § 116 aussetzen.

(6) Sind in derselben Sache mehrere Beschuldigte in Untersuchungshaft, so kann das Oberlandesgericht über die Fortdauer der Untersuchungshaft auch solcher Beschuldigter entscheiden, für die es nach § 121 und den vorstehenden Vorschriften noch nicht zuständig wäre.

(7) Ist der Bundesgerichtshof zur Entscheidung zuständig, so tritt dieser an die Stelle des Oberlandesgerichts.

(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.

(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen

1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält,
2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder
3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde
a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder
b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder
c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).

(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.

(1) Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.

(2) Zur Kriegführung bestimmte Waffen dürfen nur mit Genehmigung der Bundesregierung hergestellt, befördert und in Verkehr gebracht werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Inländische Geldinstitute haben der Deutschen Bundesbank in der Frist des § 71 Absatz 8 zu melden:

1.
Zahlungen für die Veräußerung oder den Erwerb von Wertpapieren und Finanzderivaten, die das Geldinstitut für eigene oder fremde Rechnung an Ausländer verkauft oder von Ausländern kauft, sowie Zahlungen, die das Geldinstitut im Zusammenhang mit der Einlösung inländischer Wertpapiere an Ausländer leistet oder von diesen erhält; in den Meldungen müssen die Angaben gemäß Anlage Z10 „Wertpapiergeschäfte und Finanzderivate im Außenwirtschaftsverkehr“ enthalten sein;
2.
Zins- und Dividendenzahlungen auf inländische Wertpapiere, die sie an Ausländer leisten oder von diesen erhalten; in den Meldungen müssen die Angaben gemäß Anlage Z11 „Zahlungen für Wertpapier-Erträge im Außenwirtschaftsverkehr“ enthalten sein;
3.
ein- und ausgehende Zahlungen für Zinsen und zinsähnliche Erträge und Aufwendungen, ausgenommen Wertpapierzinsen, die sie für eigene Rechnung von Ausländern entgegennehmen oder an Ausländer leisten; in den Meldungen müssen die Angaben gemäß Anlage Z14 „Zinseinnahmen und zinsähnliche Erträge im Außenwirtschaftsverkehr (ohne Wertpapierzinsen)“ und Anlage Z15 „Zinsausgaben und zinsähnliche Aufwendungen im Außenwirtschaftsverkehr (ohne Wertpapierzinsen)“ enthalten sein;
4.
im Zusammenhang mit dem Reiseverkehr
a)
ein- und ausgehende Zahlungen aus Kartenumsätzen; in den Meldungen müssen die Angaben gemäß Anlage Z12 „Zahlungseingänge/Zahlungsausgänge im Reiseverkehr: Karten-Umsätze“ enthalten sein,
b)
ein- und ausgehende Zahlungen aus dem An- und Verkauf von Sorten sowie Umsätze aus dem Verkauf oder aus der Versendung von Fremdwährungsreiseschecks; in den Meldungen müssen die Angaben gemäß Anlage Z13 „Zahlungseingänge/Zahlungsausgänge im Reiseverkehr: Sorten und Fremdwährungsreiseschecks“ enthalten sein.

(2) Geldinstitute im Sinne des Absatzes 1 sind

1.
Monetäre Finanzinstitute nach Artikel 1 erster Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 25/2009 mit Ausnahme von Geldmarktfonds,
2.
sonstige Kreditinstitute nach § 1 Absatz 1 des Kreditwesengesetzes,
3.
Finanzdienstleistungsinstitute nach § 1 Absatz 1a des Kreditwesengesetzes und
4.
Wertpapierinstitute nach § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes.

(3) Absatz 1 Nummer 1 und 3 ist nicht anzuwenden auf Zahlungen, die den Betrag von 12 500 Euro oder den Gegenwert in anderer Währung nicht übersteigen.

(4) Bei Meldungen nach Absatz 1 Nummer 1 sind die Kennzahlen der Anlage LV „Leistungsverzeichnis der Deutschen Bundesbank für die Zahlungsbilanz“ und die Bezeichnungen der Wertpapiere, die internationale Wertpapierkennnummer sowie Nennbetrag oder Stückzahl anzugeben.

(5) Soweit Zahlungen nach Absatz 1 zu melden sind, ist § 67 nicht anzuwenden.

(1) Ohne Einfuhrgenehmigung dürfen folgende landwirtschaftliche Waren eingeführt werden:

1.
Waren der Kapitel 1 bis 25 des Warenverzeichnisses für die Außenhandelsstatistik bis zu einem Wert von 125 Euro je Einfuhrsendung, ausgenommen Saatgut, wobei das erleichterte Verfahren weder für die Einfuhr aus einem Versandverfahren, einem Lagerverfahren, einer vorübergehenden Verwendung oder einer aktiven Veredelung noch für die Einfuhr von Waren gilt, die zum Handel oder zu einer anderen gewerblichen Verwendung bestimmt sind;
2.
Muster und Proben für einschlägige Handelsunternehmen oder Verarbeitungsbetriebe von Erzeugnissen der Ernährung und Landwirtschaft bis zu einem Wert von 50 Euro je Einfuhrsendung, ausgenommen Saatgut, wobei bei der Bemessung des Werts unentgeltlich gelieferter Muster und Proben die Vertriebskosten außer Betracht bleiben; dies gilt auch bei entgeltlich gelieferten Mustern und Proben, sofern die Vertriebskosten in der Rechnung getrennt ausgewiesen werden;
3.
Waren, die Aussteller zum unmittelbaren Verzehr als Kostproben auf Messen oder Ausstellungen einführen, wenn der Wert der in einem Kapitel des Warenverzeichnisses für die Außenhandelsstatistik zusammengefassten Waren 3 000 Euro je Messe oder Ausstellung nicht übersteigt, wobei der Wert der Waren mehrerer Aussteller, die sich durch dieselbe Person vertreten lassen, zusammenzurechnen ist;
4.
Fische und andere Waren, die Unionsansässige auf hoher See sowie im schweizerischen Teil des Untersees und des Rheins von Schiffen, welche die Flagge eines Mitgliedstaats der Europäischen Union führen, aus gewinnen und unmittelbar in das Zollgebiet der Europäischen Union verbringen;
5.
Brieftauben, die nicht als Handelsware eingeführt werden;
6.
Tiere, Saatgut, Düngemittel, Fahrzeuge, Maschinen und sonstige Waren, deren Einfuhr durch die örtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in Grenzzonen oder grenznahen Räumen mit Drittländern bedingt ist und die nach zwischenstaatlichen Verträgen von Einfuhrbeschränkungen befreit sind;
7.
Erzeugnisse des Ackerbaus, der Viehzucht, des Gartenbaus und der Forstwirtschaft solcher grenzdurchschnittener Betriebe, die vom Zollgebiet der Europäischen Union aus bewirtschaftet werden, wenn diese Erzeugnisse von den Einfuhrabgaben im Sinne des Artikels 5 Nummer 20 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 befreit sind.

(2) Die §§ 31 bis 39 gelten nicht für die in Absatz 1 genannten Einfuhren.

(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.

(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen

1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält,
2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder
3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde
a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder
b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder
c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).

(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.

(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommen namentlich

1.
die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle zu melden,
2.
die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde zu verlassen,
3.
die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person zu verlassen,
4.
die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen.

(2) Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen.

(3) Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach § 112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte Anweisungen befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft erreicht wird.

(4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn

1.
der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt,
2.
der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsgemäße Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder
3.
neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen.

(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet.

(3) Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf bis zu dessen Entscheidung. Hat die Hauptverhandlung begonnen, bevor die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch bis zur Verkündung des Urteils. Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt und werden die Akten unverzüglich nach der Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf ebenfalls bis zu dessen Entscheidung.

(4) In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, entscheidet das nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht. In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht nach den §§ 120 oder 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, tritt an dessen Stelle der Bundesgerichtshof.

(1) Der Haftbefehl ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nicht mehr vorliegen oder sich ergibt, daß die weitere Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis stehen würde. Er ist namentlich aufzuheben, wenn der Beschuldigte freigesprochen oder die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder das Verfahren nicht bloß vorläufig eingestellt wird.

(2) Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung des Beschuldigten nicht aufgehalten werden.

(3) Der Haftbefehl ist auch aufzuheben, wenn die Staatsanwaltschaft es vor Erhebung der öffentlichen Klage beantragt. Gleichzeitig mit dem Antrag kann die Staatsanwaltschaft die Freilassung des Beschuldigten anordnen.