Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Sept. 2019 - IX ZR 37/19
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Richter Grupp als Vorsitzenden , die Richterin Lohmann, den Richter Prof. Dr. Pape, die Richterin Möhring und den Richter Röhl
am 19. September 2019
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Es bestehen Zweifel am Vorliegen einer wirksamen Prozessvollmacht. Nach Angaben des in den Vorinstanzen für die Klägerin tätigen Rechtsanwalts hat der frühere Generalbevollmächtigte des Beklagten zu 2 geäußert, er wisse nichts von Rechtsstreitigkeiten, die im Namen des Beklagten zu 2 geführt würden. Er, der frühere Generalbevollmächtigte des Beklagten zu 2, habe den vorinstanzlich tätigen Rechtsanwalt Dr. B. nur einmal gesehen, habe aber keine Informationen vom Verlauf der Prozesse erhalten. Der Schuldner habe seine Unterschrift sowie die Unterschrift der Geschäftsführerin der Beklagten zu 1 elektronisch gespeichert und bestreite damit den gesamten Schriftverkehr mit Dritten.
- 2
- Im Anwaltsprozess wird der Mangel der Vollmacht grundsätzlich nur auf Rüge des Gegners hin geprüft (§ 88 Abs. 1 ZPO). An einer solchen fehlt es hier. Die Rüge nach § 88 Abs. 1 ZPO kann im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof nur durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt erhoben werden (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO; vgl. BGH, Beschluss vom 25. Januar 2016 - I ZB 15/15, Rn. 19). Ausnahmsweise kann die Vollmacht aber auch von Amts wegen überprüft werden (BGH, Urteil vom 5. April 2001 - IX ZR 309/00, NJW 2001, 2095, 2096; BGH, Beschluss vom 25. Januar 2016 - I ZB 15/15, Rn. 21; Stein/Jonas/Jacoby, ZPO, 23. Aufl., § 88 Rn. 4; Zöller/Althammer, ZPO, 32. Aufl., § 88 Rn. 2). Die Zweifel an einer wirksamen Prozessvollmacht folgen aus den eingangs zitierten fernmündlichen Äußerungen des früheren Generalbevollmächtigten des Beklagten zu 2 sowie daraus, dass dieser selbst mit Schriftsatz des Rechtsanwalts M. vom 5. September 2019 die Vollmacht der die Beklagten vertretenden Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof in Zweifel gezogen hat.
- 3
- Die Fristsetzung erfolgt nach § 80 Satz 2 ZPO. Der Nachweis der Vollmacht kann nur durch Vorlage der Originalvollmachten in der Form des § 80 Satz 1 ZPO geführt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Februar 2006 - III ZB 50/05, BGHZ 166, 278 Rn. 9 mwN). Im Hinblick auf § 81 ZPO reicht die Vorlage der erstinstanzlich erteilten Prozessvollmachten aus.
Möhring Röhl
Vorinstanzen:
LG Magdeburg, Entscheidung vom 06.03.2018 - 11 O 761/17 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 12.09.2018 - 5 U 50/18 -
moreResultsText
Annotations
(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so müssen sich die Parteien vor diesem ebenfalls durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.
(2) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich als Beteiligte für die Nichtzulassungsbeschwerde durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
(3) Diese Vorschriften sind auf das Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter sowie auf Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, nicht anzuwenden.
(4) Ein Rechtsanwalt, der nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen.
Die Prozessvollmacht ermächtigt zu allen den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen, einschließlich derjenigen, die durch eine Widerklage, eine Wiederaufnahme des Verfahrens, eine Rüge nach § 321a und die Zwangsvollstreckung veranlasst werden; zur Bestellung eines Vertreters sowie eines Bevollmächtigten für die höheren Instanzen; zur Beseitigung des Rechtsstreits durch Vergleich, Verzichtleistung auf den Streitgegenstand oder Anerkennung des von dem Gegner geltend gemachten Anspruchs; zur Empfangnahme der von dem Gegner oder aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten.