Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Feb. 2011 - IX ZR 141/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Streitwert wird auf 49.021 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- Die Beschwerde deckt keinen Zulassungsgrund auf.
- 2
- 1. Soweit das Berufungsgericht die Klage im Blick auf die Schadensposition in Höhe von 45.952 € abgewiesen hat, ist ein Eingreifen zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO) nicht veranlasst.
- 3
- a) Wenn man - was im übrigen dahinstehen kann - hier von einem Fall der Vorteilsausgleichung ausgeht (vgl. BGHZ 55, 329, 332 f), oblag es wegen der in ihrer Sphäre liegenden Umständen der Klägerin, zu den durch die Herausgabe des Doppelhefts erzielten Vorteilen Stellung zu nehmen (BGHZ 127, 391, 395 f; BGH, Urt. v. 19. Dezember 1978 - VI ZR 218/76, NJW 1976, 760, 761; v. 3. Mai 2002 - V ZR 115/01, NJW-RR 2002, 1280). Dieser Obliegenheit, welche die Gegenüberstellung der Erlöse für ein Einzelheft und das Doppelheft erfordert hätte, ist die Klägerin erst mit der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde und damit zu spät nachgekommen. Eine Überspannung der Schadensminderungspflicht durch das Berufungsgericht wird von der Klägerin nicht gerügt.
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- b) Das angefochtene Urteil stellt keine mit Art. 103 Abs. 1 GG unvereinbare Überraschungsentscheidung dar.
- 5
- Ein gerichtlicher Hinweis ist entbehrlich, wenn die Partei durch eingehenden und von ihr erfassten Vortrag der Gegenseite zutreffend über die Sach- und Rechtslage unterrichtet war (BGH, Beschl. v. 20. November 2007 - IX ZR 207/05, NJW-RR 2008, 581, 582 Rn. 2). Im Streitfall hat die Beklagte sowohl in der Klageerwiderung als auch in der Berufungserwiderung im Einzelnen dargelegt , dass die von der Zedentin aus der Doppelausgabe erzielten Erlöse auf den mit der Klage verfolgten Schadensersatzanspruch anzurechnen sind. Bei dieser Sachlage war das Berufungsgericht nicht gehalten, der Klägerin Gelegenheit zu weiterem Sachvortrag zu geben. Um einen Schriftsatznachlass hat die Klägerin im Anschluss an den gerichtlichen Hinweis im Hinblick auf die möglicherweise nicht hinreichend dargelegten Betriebsverluste nicht nachgesucht.
- 6
- 2. Im Blick auf die Abweisung der Schadensposition wegen der geltend gemachten "weiteren Stornierung von Anzeigenaufträgen" über 3.069 € liegt eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG nicht vor.
- 7
- a) Zwar gebietet Art. 103 Abs. 1 GG die Erhebung erheblicher Beweisanträge (BVerfGE 69, 141, 143 f; 69, 145, 149; 75, 302, 312; BGH, Beschl. v. 4. Februar 2010 - I ZR 160/08, Magazindienst 2010, 355 Rn. 4). Das Berufungsgericht hat jedoch das Vorbringen der Klägerin als unsubstantiiert erachtet. Insoweit hat es insbesondere eine Darlegung vermisst, welche Ausgabe der Zeitschrift die Stornierung betroffen habe. Mit diesem Gesichtspunkt setzt sich die Beschwerde nicht auseinander.
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- b) Soweit die Beschwerde auch in diesem Zusammenhang eine Verletzung der materiellen Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) rügt, fehlt es an der gebotenen Darlegung, was sie auf einen gerichtlichen Hinweis vorgetragen hätte (BGH, Urt. v. 3. März 1998 - X ZR 14/95, NJW-RR 1998, 1268, 1270; Beschl. v. 24. April 2008 - I ZB 72/07, GRUR 2008, 1126, 1127 Rn. 12).
- 9
- 3. Dem Berufungsgericht kann nicht vorgeworfen werden, von einer Anwendung des § 287 ZPO abgesehen zu haben. Soweit im Streitfall Haftungsgrund und Schadenseintritt feststehen, war für eine Schätzung kein Raum, weil ihr Ergebnis mangels greifbarer Anhaltspunkte völlig in der Luft hängen würde (BGH, Urt. v. 28. September 1995 - IX ZR 158/94, NJW 1995, 3248, 3250 f).
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 15.09.2009 - 9 HKO 6315/09 -
OLG München, Entscheidung vom 01.07.2010 - 29 U 5065/09 -
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(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.