Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Juli 2004 - IX ZB 256/03
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gegenstandswert: 15.000 Euro.
Gründe:
I.
Am 20. Juli 1998 beantragten der Beteiligte zu 2 und ein weiterer Gläubiger die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin. Mit Beschluß vom 13. April 1999 ordnete das Amtsgericht die Sequestration an; die Beteiligte zu 1 wurde zur Sequesterin ernannt. Am 27. September 1999 erklärten die Antragsteller die Rücknahme des Antrags. Daraufhin stellte das Amtsgericht mit Beschluß vom 30. September 1999 die Beendigung des Verfahrens fest; dessen Kosten
wurden nach §§ 269, 91 ZPO dem weiteren antragstellenden Gläubiger auferlegt.
Die Sequesterin hat hernach die Festsetzung ihrer Verg ütung und Auslagen sowie die Ermächtigung beantragt, die festgesetzte Vergütung in Höhe des vorhandenen Guthabens einem für die Schuldnerin geführten Anderkonto zu entnehmen.
Das Amtsgericht hat die Vergütung und Auslagen (in ger ingerer Höhe) festgesetzt und bestimmt, daß diese der sequestrierten Masse entnommen werden können. Dagegen haben sowohl die Schuldnerin als auch die Sequesterin sofortige Beschwerde eingelegt. Die Schuldnerin hat eine weitere Verminderung der Festsetzung erstrebt. Die Sequesterin hat den Festsetzungsantrag in voller Höhe weiterverfolgt und außerdem beantragt, die Vergütung und die Auslagen den antragstellenden Gläubigern aufzuerlegen. Sie hat die Meinung vertreten, die Vergütung und die Auslegen des Sequesters fielen unter die "Kosten", die gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO die Antragsteller zu tragen hätten. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 1. Oktober 2003 beide Beschwerden zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet sich die Sequesterin nur noch dagegen, daß ihre Vergütung und Auslagen nicht den antragstellenden Gläubigern auferlegt worden sind.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO stat thaft (BGH, Beschl. v. 15. Januar 2004 - IX ZB 62/03, ZIP 2004, 1072) und zulässig, jedoch unbegründet.
1. Unbegründet ist die Rechtsbeschwerde schon deshalb, wei l bereits die Erstbeschwerde unzulässig war, soweit die Sequesterin damit die Auferlegung der Vergütung und Auslagen auf die antragstellenden Gläubiger erstrebte. Die Zulässigkeit der Erstbeschwerde hat das Rechtsbeschwerdegericht eigenständig zu prüfen (BGH, Beschl. v. 23.Oktober 2003 - IX ZB 369/02, ZInsO 2004, 89). Ist die Erstbeschwerde, obwohl unzulässig, vom Beschwerdegericht aus sachlichen Gründen zurückgewiesen worden, ist dem Rechtsbeschwerdegericht eine Überprüfung dieser Gründe verwehrt; vielmehr hat es die sofortige Beschwerde zu verwerfen (vgl. BGHZ 6, 369, 370; MünchKomm-InsO/Ganter, Bd. 3 § 7 n.F. Rn. 100).
Die Erstbeschwerde war insoweit, als die Sequesterin sich gegen die Bestimmung in dem Beschluß des Amtsgerichts gewandt hat, daß die festgesetzten Beträge der sequestrierten Masse entnommen werden können, bereits deshalb unzulässig, weil sie dadurch nicht formell beschwert worden ist. Wer nur materiell, nicht aber formell beschwert ist, weil die Entscheidung gemäß seinem Antrag ergangen ist, kann kein zulässiges Rechtsmittel einlegen (MünchKomm-InsO/Ganter, Bd. 1 § 6 Rn. 27; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 6 Rn. 13; Gerhardt, Festschrift für Uhlenbruck 2000 S. 75, 85). Im vorliegenden Fall hatte die Sequesterin beantragt, sie zu ermächtigen, die festgesetzte Vergütung in Höhe des Guthabens dem Anderkonto zu entnehmen. Da dieses Guthaben zur sequestrierten Masse gehörte, durfte das Amtsgericht den Antrag
dahin verstehen, daß die Sequesterin insgesamt - auch soweit das Guthaben auf dem Anderkonto nicht ausreichte - die Berechtigung anstrebte, ihre Vergütung und Auslagen der Masse zu entnehmen. Im übrigen ist die Sequesterin durch den Beschluß des Amtsgerichts - soweit hier noch von Interesse - auch nicht materiell beschwert worden. Sie wurde nur ermächtigt, auf die Masse zuzugreifen. Im übrigen blieb ihre Rechtsposition unangetastet.
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch deshalb unbegründet, w eil gegen die antragstellenden Gläubiger allenfalls die Schuldnerin die Festsetzung der Vergütung und der Auslagen der Sequesterin als Verfahrenskosten hätte beantragen können. Bei dem durch die Zustellung des Eröffnungsantrags an den Schuldner in Gang gesetzten Eröffnungsverfahren handelt es sich um ein Verfahren, bei dem sich der antragstellende Gläubiger und der Schuldner ähnlich wie die Parteien eines Zivilprozesses gegenüberstehen (BGH, Urt. v. 11. Juli 1961 - VI ZR 208/60, NJW 1961, 2016; MünchKomm-InsO/Ganter, Bd. 1 vor §§ 2 bis 10 Rn. 17; HK-InsO/Kirchhof, 3. Aufl. § 14 Rn. 31). Demgemäß regelt die Kostenentscheidung nur das Verhältnis der "Parteien" zueinander und - mittelbar - dasjenige zur Staatskasse (OLG Frankfurt a.M. ZIP 1992, 1564). Aufgrund der Kostenentscheidung des Amtsgerichts vom 30. September 1999 war Kostengläubigerin die Schuldnerin. Die Sequesterin konnte das Festsetzungsverfahren nicht aus eigenem Recht betreiben (vgl. Eickmann, ZIP 1982, 21, 26 f).
Zu der Frage, wer bei Rücknahme des Eröffnungsantrags d urch den Gläubiger die Vergütung des Sequesters und dessen Auslagen zu tragen hat, verweist der Senat auf seine Entscheidung vom 22. Januar 2004 (IX ZB 123/03, NZI 2004, 245, 247, z.V.b. in BGHZ). Dort ist ausgeführt, daß der Gläubiger für die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters nicht einstehen muß, weil
die Vergütung nicht zu den nach § 50 Abs. 1 Satz 2 GKG erstattungsfähigen Auslagen gehört.
Kreft Ganter Raebel
Kayser Cierniak
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(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.
(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.
(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.
(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.
(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.
(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.
(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.
(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.
(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über Beschwerden gegen Verfügungen der Kartellbehörden und über Rechtsbeschwerden (§§ 73 und 77 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen), - 2.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde und über Rechtsbeschwerden (§§ 75 und 86 des Energiewirtschaftsgesetzes oder § 35 Absatz 3 und 4 des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes), - 3.
über Beschwerden gegen Verfügungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (§ 48 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes und § 113 Absatz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes), - 4.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der zuständigen Behörde und über Rechtsbeschwerden (§§ 13 und 24 des EU-Verbraucherschutzdurchführungsgesetzes) und - 5.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der Registerbehörde (§ 11 des Wettbewerbsregistergesetzes).
(2) Im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer (§ 171 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen) einschließlich des Verfahrens über den Antrag nach § 169 Absatz 2 Satz 5 und 6, Absatz 4 Satz 2, § 173 Absatz 1 Satz 3 und nach § 176 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen beträgt der Streitwert 5 Prozent der Bruttoauftragssumme.