Bundesgerichtshof Beschluss, 05. März 2009 - IX ZB 192/07
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 8.493,72 € festgesetzt.
Gründe:
I.
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- Die Antragsteller zu 1 bis 10 und 13 bis 26 sowie der Antragsgegner und Frau K. sind Erben der am 25. Dezember 2000 in Zürich verstorbenen H. . Frau K. wurde ihrerseits beerbt von den Antragstellern zu 11 und 12. Im August 2005 reichten die Antragsteller zu 1 bis 10 und zu 13 bis 26 sowie Frau K. gegen den Antragsgegner Klage beim Bezirksgericht Zürich ein mit dem Antrag festzustellen, dass der Nachlass 283.189,50 CHF betrage, dass die Anteile der Kläger und des Beklagten am Nachlass festzustellen seien und dass der Nach- lass zu teilen sowie die Erbteile zur Verteilung an die Erben zu überweisen seien. Zwischen den Parteien ist streitig, ob diese Klageschrift zugestellt wurde. Der Antragsgegner behauptet, ihm sei lediglich der Beschluss des Bezirksgerichts Zürich vom 18. August 2005 zugestellt worden, in dem er unter anderem aufgefordert wurde, einen Zustellungsempfänger in der Schweiz zu bezeichnen. In der Folgezeit benannte er einen Zustellungsempfänger, der es jedoch ablehnte , für ihn tätig zu werden. Darauf benannte er einen weiteren Zustellungsempfänger , dessen Benennung er jedoch mit Schreiben vom 21. September 2005 widerrief. In diesem Schreiben teilte der Antragsgegner mit, seine Möglichkeiten , einen Zustellungsempfänger in der Schweiz ausfindig zu machen, seien angesichts hoher Kostenbelastung erschöpft. Er beantrage, die Klageschrift gegebenenfalls auf dem Rechtshilfeweg zuzustellen; er werde sich in einer Klageantwortschrift äußern. Mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 23. Februar 2006 wurde der Antragsgegner antragsgemäß verurteilt. Die Kosten wurden ihm auferlegt. Dieses Urteil ist seit 28. März 2006 rechtskräftig. In der Folgezeit wurde der Nachlass an die Erben verteilt.
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- Die Antragsteller wollen nunmehr gegen den Antragsgegner wegen der Prozesskosten und einer Prozessentschädigung in Höhe von insgesamt 14.196,40 CHF in Deutschland vollstrecken. Entsprechend ihrem Antrag hat das Landgericht angeordnet, dass das entsprechende Urteil des Bezirksgerichts Zürich mit der Vollstreckungsklausel zu versehen sei. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsgegner seinen Antrag auf Abweisung des Begehrens der Vollstreckbarerklärung weiter.
II.
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- Das gemäß § 15 Abs. 1 AVAG, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsmittel ist unzulässig; denn die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
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- Gemäß § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO, § 16 Abs. 2 Satz 1 und 2 AVAG müssen die Zulässigkeitsgründe in der Begründung des Rechtsmittels dargelegt werden. Im Rahmen der Rechtsbeschwerde prüft der Bundesgerichtshof nur die Zulässigkeitsgründe , die in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert dargelegt sind (BGH, Beschl. v. 6. Oktober 2005 - IX ZB 27/02, IHR 2005, 259, 260).
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- Die Rechtsbeschwerdebegründung hat keine Zulässigkeitsgründe in diesem Sinn aufgezeigt:
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- 1. Der geltend gemachte Zulässigkeitsgrund der Einheitlichkeitssicherung liegt nicht vor. Das Grundrecht des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör wurde nicht verletzt.
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- Der Beschwerdeführer rügt insoweit einen Verstoß gegen Art. 27 Nr. 2 LugÜ. Nach dieser Bestimmung wird eine Entscheidung nicht anerkannt, wenn dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, das dieses Verfahren einleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nicht ordnungsgemäß und nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung hat das Beschwer- degericht verneint mit der Begründung, der Antragsgegner habe sich durch die Bestellung von zwei Zustellungsbevollmächtigten für das Verfahren auf dieses Verfahren eingelassen. Dies entspricht der in Rechtsprechung und Literatur hierzu sowie zu den insoweit übereinstimmenden Parallelbestimmungen in Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ, Art. 34 Nr. 2 EuGVVO und § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO vertretenen Auffassung.
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- Vorschrift Die soll nach ständiger Rechtsprechung sicherstellen, dass eine Entscheidung nach dieser Bestimmung weder anerkannt noch vollstreckt wird, wenn es dem Beklagten nicht möglich war, sich vor dem Gericht des Urteilsstaates zu verteidigen (EuGH, Urt. v. 14. Oktober 2004 Rechtssache C 39/02, Sammlung 2004, 9657, 9703; BGHZ 141, 286, 295 f; BGH, Beschl. v. 6. Oktober 2005 - IX ZB 360/02, FamRZ 2006, 198; Geimer in Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht 2. Aufl. Art. 34 EuGVVO, Art. 27 EuGVÜ, Art. 27 LugÜ Rn. 111).
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- Der Begriff Einlassung ist autonom zu bestimmen und im Hinblick auf den genannten Normzweck weit auszulegen. Die Anerkennung ist immer dann möglich, wenn der Beklagte von dem gegen ihn eingeleiteten Verfahren rechtzeitig Kenntnis erlangt hat und die Möglichkeit der Verteidigung hatte. Einlassung ist danach jede Handlung, durch welche der Beklagte sich gegen den Angriff der Klage verteidigt, aber auch jede über die bloße Passivität hinausgehende Reaktion des Beklagten, aus der sich ergibt, dass er von der gegen ihn erhobenen Klage Kenntnis erlangt hat. Eine Einlassung liegt nach einem Teil der Auffassungen nur dann nicht vor, wenn der Beklagte im erststaatlichen Verfahren lediglich die bloße Zuständigkeitsrüge erhebt oder die nach dem Recht des Erststaates mangelhafte Zustellung beanstandet (OLG Hamm, NJW-RR 1995, 189, 190; OLG Düsseldorf, RIW 1996, 1043; OLG Stuttgart, IPRspr 1983, Nr. 173, S. 449; OLG Köln, IPRax 1991, 114; Zöller/Geimer, ZPO 27. Aufl. § 328 Rn. 176, Art. 34 EuGVVO Rn. 34; Musielak/Stadler, ZPO 6. Aufl. Art. 34 EuGVVO Rn. 6; Geimer in Geimer/Schütze, aaO Rn. 112; Schlosser, EUZivilprozessrecht 2. Aufl. Art. 34 bis 36 EuGVVO Rn. 20; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht 8. Aufl. Art. 34 Rn. 27; Rauscher/Leible, Europäisches Zivilprozessrecht 2. Aufl. Art. 34 Brüssel I-VO Rn. 37; Baumbach /Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 67. Aufl. Art. 34 EuGVVO Rn. 3; Roth in Stein/Jonas, ZPO 22. Aufl. § 328 Rn. 90). Hat sich der Beklagte auf ein dem ordentlichen Klageverfahren vorgeschaltetes Verfahren eingelassen, so gilt diese Einlassung auch für das Hauptverfahren (Geimer aaO Rn. 114).
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- Das Beschwerdegericht hat die zweimalige Bestellung eines Verfahrensbevollmächtigten in diesem Sinne zutreffend als Einlassung auf das Verfahren gewertet. Der Antragsgegner konnte seine Entscheidung, ob er sich auf das Verfahren einlassen wollte, sachgerecht treffen. Er wusste, dass es sich um die Erbteilungsklage handelte, die ihm bereits angedroht worden war und zu der er sich bereits im Schreiben vom 4. Februar 2005 geäußert hatte. Auf die Frage, ob die Klageschrift ordnungsgemäß zugestellt wurde, kommt es danach nicht an.
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- Für den weiteren Verfahrensablauf wird die Gewährung rechtlichen Gehörs durch Art. 27 Nr. 1 LugÜ mittelbar sichergestellt (vgl. BGHZ 141, 286, 296; BGH, Beschl. v. 18. September 2001 - IX ZB 104/00, NJW-RR 2002, 1151). Ein Verstoß gegen diese Vorschrift wird vom Antragsgegner nicht geltend gemacht.
- 12
- 2. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Der Antragsgegner legt in der Beschwerdebegründung schon nicht dar, welche klä- rungsbedürftige Rechtsfrage im vorliegenden Fall entscheidungserheblich sein soll. Er legt auch nicht dar, ob diese Frage, in welchem Umfang und von welcher Seite umstritten ist (vgl. BGHZ 154, 288, 291). Soweit zur Frage der Einlassung im Sinne des Art. 27 Nr. 2 LugÜ unterschiedliche Meinungen vertreten werden, sind diese Unterschiede jedenfalls nicht entscheidungserheblich, weil - wie bereits ausgeführt - eine Einlassung auch bei Zugrundelegung der hierzu vertretenen engen Auffassungen anzunehmen ist.
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- 3. Der Wert des Beschwerdegegenstandes bemisst sich nach dem Umrechnungskurs im Zeitpunkt der Einlegung der Rechtsbeschwerde am 19. Oktober 2007; er betrug an diesem Tag laut Auskunft der Deutschen Bundesbank 1,6714.
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
LG Kempten, Entscheidung vom 15.05.2007 - 2 O 1010/07 -
OLG München in Augsburg, Entscheidung vom 21.09.2007 - 14 W 151/07 -
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Annotations
(1) Gegen den Beschluss des Beschwerdegerichts findet die Rechtsbeschwerde nach Maßgabe des § 574 Absatz 1 Nummer 1, Absatz 2 der Zivilprozessordnung statt.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats einzulegen.
(3) Die Rechtsbeschwerdefrist ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Beschlusses (§ 13 Absatz 3).
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und - 2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.
(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge), - 2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2, - 3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar - a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt; - b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.
(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.
(1) Die Rechtsbeschwerde wird durch Einreichen der Beschwerdeschrift bei dem Bundesgerichtshof eingelegt.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zu begründen. § 575 Absatz 2 bis 4 der Zivilprozessordnung ist entsprechend anzuwenden. Soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Beschwerdegericht von einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union abgewichen sei, muss die Entscheidung, von der der angefochtene Beschluss abweicht, bezeichnet werden.
(3) Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Beschlusses, gegen den sich die Rechtsbeschwerde richtet, vorgelegt werden.
(1) Die Anerkennung des Urteils eines ausländischen Gerichts ist ausgeschlossen:
- 1.
wenn die Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört, nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig sind; - 2.
wenn dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat und sich hierauf beruft, das verfahrenseinleitende Dokument nicht ordnungsmäßig oder nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte; - 3.
wenn das Urteil mit einem hier erlassenen oder einem anzuerkennenden früheren ausländischen Urteil oder wenn das ihm zugrunde liegende Verfahren mit einem früher hier rechtshängig gewordenen Verfahren unvereinbar ist; - 4.
wenn die Anerkennung des Urteils zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere wenn die Anerkennung mit den Grundrechten unvereinbar ist; - 5.
wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist.
(2) Die Vorschrift der Nummer 5 steht der Anerkennung des Urteils nicht entgegen, wenn das Urteil einen nichtvermögensrechtlichen Anspruch betrifft und nach den deutschen Gesetzen ein Gerichtsstand im Inland nicht begründet war.