Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Okt. 2009 - IX ZA 38/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Streitwert: 25.564,59 €
Gründe:
I.
- 1
- Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Beschluss vom 11. Juli 2002 - IX ZB 28/02 - die Rechtsbeschwerde des Schuldners gegen den Beschluss der 14. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 17. Januar 2002 als unzulässig verworfen. In dem Beschluss des Landgerichts war die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 18. Mai 2001 zurückgewiesen worden, mit dem das Insolvenzverfahren über dessen Vermögen eröffnet worden war.
- 2
- Der Schuldner beantragt die Bestellung eines Prozesspflegers gemäß § 57 ZPO für die Durchführung einer Nichtigkeits- und Restitutionsbeschwerde.
II.
- 3
- Die beantragte Bestellung eines Prozesspflegers ist zu versagen.
- 4
- Die Voraussetzungen der Bestellung liegen auch dann nicht vor, wenn von der entsprechenden Anwendbarkeit des § 57 ZPO auf Fälle der fehlenden Prozessführungsbefugnis ausgegangen und ein Wiederaufnahmeverfahren hinsichtlich eines Rechtsbeschwerdeverfahrens in Insolvenzsachen für möglich erachtet wird.
- 5
- Dem Antragsteller fehlte weder in jenem Rechtsbeschwerdeverfahren die Prozessführungsbefugnis, noch fehlte sie ihm bezüglich eines möglichen Antrags auf Wiederaufnahme. Ein derartiger Wiederaufnahmeantrag wäre jedoch aus anderen Gründen nicht statthaft.
- 6
- 1. Nach § 34 Abs. 2 InsO steht dem Schuldner gegen den Eröffnungsbeschluss die sofortige Beschwerde zu. In diesem Beschwerdeverfahren ist der Schuldner entgegen der jetzigen Auffassung des Antragstellers nicht darauf beschränkt, die Verletzung persönlicher Rechte oder die Beeinträchtigung seines insolvenzfreien Vermögens geltend zu machen. Er kann selbstverständlich auch geltend machen, dass die Eröffnungsvoraussetzungen nicht vorlagen, etwa der hier streitige Grund der Zahlungsunfähigkeit. Das ist allgemeine Meinung und ständige Rechtsprechung auch des Bundesgerichtshofs (BGHZ 169, 17 ff; BGH, Beschl. v. 29. November 2007 - IX ZB 12/07, WM 2008, 227 Rn. 3 ff; HK-InsO/Kirchhof, 5. Aufl. § 34 Rn. 22; MünchKomm-InsO/Schmahl, 2. Aufl. § 34 Rn. 72).
- 7
- § 80 Abs. 1 InsO findet insoweit keine Anwendung. Die Vorschrift betrifft im Übrigen ohnehin nicht Verpflichtungsgeschäfte, so dass der Schuldner für seine Vertretung im Verfahren der sofortigen Beschwerde und der Rechtsbeschwerde - entgegen der Auffassung des Antragstellers - wirksame Anwaltsverträge abschließen konnte, die freilich nicht die Masse verpflichteten (vgl. HKInsO /Kayser, aaO § 80 Rn. 18; MünchKomm-InsO/Ott/Vuia, aaO § 80 Rn. 11).
- 8
- Selbst wenn diese Anwaltsverträge unwirksam gewesen wären, würde dies im Übrigen die Wirksamkeit der Prozessvollmacht nicht berühren (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 14. Mai 2009 - IX ZR 60/08, WM 2009, 1296 1297 Rn. 8 ff).
- 9
- Dasselbe gilt für eine gemäß § 7 InsO, §§ 574 ff ZPO zulässige Rechtsbeschwerde gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts.
- 10
- 2. Für einen Wiederaufnahmeantrag hinsichtlich des Rechtsbeschwerdeverfahrens gilt nichts anderes. Da der Antragsteller auch insoweit prozessführungsbefugt ist, bedarf es nicht der Bestellung eines Pflegers.
- 11
- Ein 3. Wiederaufnahmeantrag wäre allerdings gemäß § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht statthaft. Die Entscheidung des Senats vom 11. Juli 2002 ist den Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers seinerzeit am 1. August 2002 wirksam zugestellt worden. Bei Einreichung des Antrags auf Bestellung eines Verfahrenspflegers am 10. Februar 2009 war die Höchstfrist von fünf Jahren längst abgelaufen.
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 18.05.2001 - 1503 IN 2168/00 -
LG München I, Entscheidung vom 17.01.2002 - 14 T 18843/01 -
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(1) Soll eine nicht prozessfähige Partei verklagt werden, die ohne gesetzlichen Vertreter ist, so hat ihr der Vorsitzende des Prozessgerichts, falls mit dem Verzug Gefahr verbunden ist, auf Antrag bis zu dem Eintritt des gesetzlichen Vertreters einen besonderen Vertreter zu bestellen.
(2) Der Vorsitzende kann einen solchen Vertreter auch bestellen, wenn in den Fällen des § 20 eine nicht prozessfähige Person bei dem Gericht ihres Aufenthaltsortes verklagt werden soll.
(1) Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt, so steht dem Antragsteller und, wenn die Abweisung des Antrags nach § 26 erfolgt, dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.
(2) Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.
(3) Sobald eine Entscheidung, die den Eröffnungsbeschluß aufhebt, Rechtskraft erlangt hat, ist die Aufhebung des Verfahrens öffentlich bekanntzumachen. § 200 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. Die Wirkungen der Rechtshandlungen, die vom Insolvenzverwalter oder ihm gegenüber vorgenommen worden sind, werden durch die Aufhebung nicht berührt.
(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.
(2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt.
(1) Die Klagen sind vor Ablauf der Notfrist eines Monats zu erheben.
(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Partei von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erhalten hat, jedoch nicht vor eingetretener Rechtskraft des Urteils. Nach Ablauf von fünf Jahren, von dem Tag der Rechtskraft des Urteils an gerechnet, sind die Klagen unstatthaft.
(3) Die Vorschriften des vorstehenden Absatzes sind auf die Nichtigkeitsklage wegen mangelnder Vertretung nicht anzuwenden; die Frist für die Erhebung der Klage läuft von dem Tag, an dem der Partei und bei mangelnder Prozessfähigkeit ihrem gesetzlichen Vertreter das Urteil zugestellt ist.
(4) Die Vorschrift des Absatzes 2 Satz 2 ist auf die Restitutionsklage nach § 580 Nummer 8 nicht anzuwenden.