Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Sept. 2009 - II ZR 264/08
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Zulassungsgründe liegen nicht vor; die Revision der Beklagten hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
- 2
- 1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts sind die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt.
- 3
- a) Grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache, anders als das Berufungsgericht meint, nicht bereits deshalb zu, weil bislang keine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu der Frage vorliegt, ob eine BGB-Gesellschaft gegenüber einem Gesellschafter zur Auskunftserteilung über Namen und Anschriften der Mitgesellschafter verpflichtet ist. Grundsätzlichkeit gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO ist nur dann gegeben, wenn eine Rechtssache eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und die deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, wobei insbesondere erforderlich ist, dass die betreffende Rechtsfrage in einem gewissen Umfang umstritten ist (st. Rspr. siehe nur BGHZ 154, 288, 291 m.w.Nachw.). Bis auf eine abweichende Entscheidung (OLG Hamburg, Urt. v. 26. Juni 2009 - 11 U 75/09) ist die Rechtsfrage jedoch weder in der Rechtsprechung (siehe nur LG Berlin, NZG 2001, 375 ff.; OLG Frankfurt, Urt. v. 12. Dezember 2002 - 23 U 132/07, juris Tz. 34; LG Frankfurt a.M., Urt. v. 8. Mai 2009 - 2-21 O 78/08, juris Tz. 43 ff.) noch - soweit sie überhaupt behandelt wird - in der Literatur umstritten (siehe nur Baumbach/Hopt, HGB 33. Aufl. Anh. § 177 a Rdn. 72; Gola/Schomerius, BDSG 9. Aufl. § 28 Rdn. 27 a - zum Verein).
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- b) Die Zulassung der Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts geboten (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO). Der vorliegende Einzelfall gibt keine Veranlassung, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen. In Rechtsprechung und Literatur sind die Grundlagen des Auskunftsrechts eines Gesellschafters einer BGB-Gesellschaft ausreichend geklärt. Diese Grundsätze sind lediglich auf den vorliegenden Auskunftsanspruch anzuwenden.
- 5
- c) Entgegen der Ansicht der Revision ist die Zulassung nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung wegen Divergenz zur Senatsentscheidung vom 20. Juni 1983 (II ZR 85/82, WM 1983, 910 ff.) geboten. Der Senat hat dort lediglich entschieden, dass einem Kommanditisten in ähnlicher Weise wie bei § 118 HGB und § 716 BGB ein Auskunftsrecht dann zuzubilligen ist, wenn die erforderlichen Angaben nicht aus den Büchern oder Papieren der Gesellschaft ersichtlich sind und sich demgemäß der Berechtigte nicht ohne die Auskunft Klarheit über die Angelegenheit der Gesellschaft verschaffen kann. Zu diesem vom Senat entschiedenen Fall hat das Berufungsgericht ersichtlich keinen abweichenden Obersatz im Sinne einer Divergenz (siehe hierzu BGHZ 154 aaO Seite 292 f.) aufgestellt.
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- 2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
- 7
- Das Berufungsgericht hat der Klägerin zu Recht einen Anspruch gegen die Beklagte auf Auskunft bezüglich der Namen und Anschriften ihrer Mitgesellschafter aus § 716 Abs. 1 BGB zugesprochen.
- 9
- b) Sind - wie hier - die erforderlichen Informationen in einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert, kann der Gesellschafter zum Zwecke der Unterrichtung einen Ausdruck über die geforderten Informationen verlangen (MünchKommBGB / Ulmer/Schäfer 5. Aufl. § 716 Rdn. 8).
- 10
- c) § 28 Abs. 2 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages steht dem Auskunftsrecht nicht entgegen. Diese Regelung ist unwirksam. Sie hält der - auf den Gesellschaftsvertrag einer Publikumsgesellschaft anwendbaren (siehe bereits BGHZ 64, 238, 241 f.) - Inhaltskontrolle gemäß § 242 BGB nicht stand. - Auch - bei einer Publikumsgesellschaft in Form einer BGB-Gesellschaft handelt es sich um ein "Schuldverhältnis", d.h. die jeweiligen Gesellschafter schließen untereinander einen Vertrag, mit dem sie sich zur Verwirklichung und Förderung eines gemeinsamen Zwecks zusammenschließen (§ 705 BGB). Das Recht, seinen Vertragspartner zu kennen, ist in jedem Vertragsverhältnis derart selbstverständlich , dass es nicht wirksam ausgeschlossen werden kann.
- 11
- Hier kommt hinzu, dass § 28 Abs. 2 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages u.a. ein wesentliches Gesellschafterrecht, nämlich dasjenige, eine außerordentliche Gesellschafterversammlung einzuberufen, faktisch beseitigt. Die 5 %, die gemäß § 13 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages für eine solche Einberufung erforderlich sind, kann ein Gesellschafter - soweit er nicht ausnahmsweise schon allein diese Schwelle mit seiner Beteiligung überschreitet - nur erlangen, wenn er sich mit anderen Mitgesellschaftern zusammenschließt, was zwingend voraussetzt , dass er deren Namen und Anschriften kennt.
- 12
- Da die Vorschrift des § 28 schon der Inhaltskontrolle des § 242 BGB nicht standhält, braucht nicht entschieden zu werden, ob nicht auch § 716 Abs. 2 BGB dem gesellschaftsvertraglichen Ausschluss des Auskunftsrechts entgegensteht.
- 13
- d) Zu Recht hat das Berufungsgericht den Mitgesellschaftern auch jegliches berechtigte "Geheimhaltungsinteresse" abgesprochen, auf das sich die Beklagte als angebliche Sachwalterin von deren Interessen u.a. zur Begründung ihrer Auskunftsverweigerung berufen hat. Ein schützenswertes Geheimhaltungsinteresse besteht weder allgemein noch unter datenschutzrechtlichen Gründen (siehe zu letzterem Gola/Schomerius aaO; im Übrigen auch MünchKommHGB /Enzinger 2. Aufl. § 118 Rdn. 16). Derjenige, der mit einem anderen einen Vertrag, wie vorliegend den Gesellschaftsvertrag, schließt, hat keinen schützenswerten Anspruch darauf, dies anonym zu tun, worauf es hinausliefe, wenn er seinem Mitgesellschafter Namen und Anschrift verschweigen dürfte. Falls ein Gesellschafter die ihm mitgeteilten Namen der Mitgesellschafter missbräuchlich verwenden sollte, ist er diesen gegenüber aus dem Gesichtspunkt der Verletzung der gesellschafterlichen Treuepflicht ggf. zur Unterlassung und zum Schadensersatz verpflichtet. Eine solche abstrakte Missbrauchsgefahr rechtfertigt es allein nicht, dem einen gegenüber dem anderen Vertragspartner das Recht zuzugestehen, seinen Namen und seine Anschrift zu verheimlichen.
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 21.05.2008 - 163 C 28651/07 -
LG München I, Entscheidung vom 13.11.2008 - 30 S 10664/08 -
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(1) Ein Gesellschafter kann, auch wenn er von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist, sich von den Angelegenheiten der Gesellschaft persönlich unterrichten, die Geschäftsbücher und die Papiere der Gesellschaft einsehen und sich aus ihnen eine Übersicht über den Stand des Gesellschaftsvermögens anfertigen.
(2) Eine dieses Recht ausschließende oder beschränkende Vereinbarung steht der Geltendmachung des Rechts nicht entgegen, wenn Grund zu der Annahme unredlicher Geschäftsführung besteht.
(1) Ein Gesellschafter kann, auch wenn er von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist, sich von den Angelegenheiten der Gesellschaft persönlich unterrichten, die Handelsbücher und die Papiere der Gesellschaft einsehen und sich aus ihnen eine Bilanz und einen Jahresabschluß anfertigen.
(2) Eine dieses Recht ausschließende oder beschränkende Vereinbarung steht der Geltendmachung des Rechtes nicht entgegen, wenn Grund zu der Annahme unredlicher Geschäftsführung besteht.
(1) Ein Gesellschafter kann, auch wenn er von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist, sich von den Angelegenheiten der Gesellschaft persönlich unterrichten, die Geschäftsbücher und die Papiere der Gesellschaft einsehen und sich aus ihnen eine Übersicht über den Stand des Gesellschaftsvermögens anfertigen.
(2) Eine dieses Recht ausschließende oder beschränkende Vereinbarung steht der Geltendmachung des Rechts nicht entgegen, wenn Grund zu der Annahme unredlicher Geschäftsführung besteht.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Durch den Gesellschaftsvertrag verpflichten sich die Gesellschafter gegenseitig, die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Ein Gesellschafter kann, auch wenn er von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist, sich von den Angelegenheiten der Gesellschaft persönlich unterrichten, die Geschäftsbücher und die Papiere der Gesellschaft einsehen und sich aus ihnen eine Übersicht über den Stand des Gesellschaftsvermögens anfertigen.
(2) Eine dieses Recht ausschließende oder beschränkende Vereinbarung steht der Geltendmachung des Rechts nicht entgegen, wenn Grund zu der Annahme unredlicher Geschäftsführung besteht.