Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Sept. 2019 - II ZR 140/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. September 2019 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Drescher und den Richter Born, die Richterin B. Grüneberg, die Richter V. Sander und Dr. von Selle
beschlossen:
Gründe:
- 1
- 1. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten zu 2 ist als unzulässig zu verwerfen, da nicht - wie geboten (BGH, Beschluss vom 4. Dezember2014 - V ZR 57/14, NJW-RR 2015, 383 Rn. 3 mwN) - glaubhaft gemacht ist, dass der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € übersteigt (§ 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO).
- 2
- a) Im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Verurteilung zur Erteilung einer Auskunft ist für die Bemessung der Beschwer nach der ständi- gen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordert, sowie auf etwaige Geheimhaltungsinteressen des Verurteilten, nicht aber auf den Wert des Auskunftsanspruchs. Gegenstand des Rechtsmittels des zur Auskunft Verurteilten ist das Ziel, keine Auskunft erteilen zu müssen. Hat sein dahingehender Antrag Erfolg, spart er die Kosten, die mit der Auskunftserteilung verbunden sind. Allein diese Kostenersparnis zuzüglich des Werts eines etwaigen Geheimhaltungsinteresses ist Grundlage für die Festsetzung des Werts der Beschwer. Das etwa daneben bestehende Interesse des Verurteilten, die Durchsetzung des Hauptanspruchs zu verhindern, geht über den unmittelbaren Gegenstand der Entscheidung hinaus und hat deshalb außer Betracht zu bleiben (st. Rspr., siehe nur BGH, Beschluss vom 24. November 1994 - GSZ 1/94, BGHZ 128, 85, 87 ff.). Diese zur Auskunftserteilung entwickelten Grundsätze gelten auch für die Verurteilung zur Erstellung einer Auseinandersetzungs- und Abfindungsbilanz (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Juni 2009 - II ZR 207/08, juris Rn. 7).
- 3
- b) Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Beklagte zu 2 eine den Wert von 20.000 € übersteigende Beschwer nicht glaubhaft gemacht.
- 4
- Der Beklagte zu 2 macht geltend, dass zur Erstellung der Auseinandersetzungs - und Abfindungsbilanz der Beklagten zu 1 zwischen 1.800 und 1.900 Handakten der Anwaltssozietät auszuwerten wären, was einen Zeitaufwand von gut 308 Stunden erfordere. Entgegen der Auffassung des Beklagten zu 2 kann für eine Auswertungsstunde aber nicht der niedrigste Stundensatz für die Entschädigung eines Sachverständigen nach § 9 JVEG von 65 € angesetzt werden. Vielmehr ist auch insoweit allein der Maximalbetrag von 21 € pro Stunde entsprechend der Bestimmung für Zeugen in § 22 JVEG anzusetzen. Perso- nalkosten, die für die Auskunftserteilung für den Einsatz eigener Mitarbeiter anfallen , ebenso wie die eigenen Aufwendungen des Auskunftsverpflichteten, können grundsätzlich nur nach Maßgabe der Stundensätze angesetzt werden, die Mitarbeiter nach dem JVEG als Zeugen in einem Zivilprozess erhalten würden (BGH, Beschluss vom 19. Februar 2019 - II ZR 376/17, juris Rn. 5 mwN).
- 5
- Ein höherer Stundensatz käme nur in Betracht, wenn es sich bei der geforderten Schlussabrechnung um eine berufstypische Leistung handeln würde oder ein entsprechender Verdienstausfall vorläge (BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2008 - IV ZB 27/07, NJW-RR 2009, 80 Rn. 14; Beschluss vom 17. Dezember 2003 - IV ZR 28/03, WM 2004, 2128, 2130).
- 6
- So verhält es sich hier jedoch nicht. Die Bilanzierungsverpflichtung ist gesellschaftsvertraglich begründet. Sie stellt keine typische rechtsanwaltliche Beratungsleistung im Verhältnis der Parteien zueinander dar (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Februar 2019 - II ZR 376/17, juris Rn. 6). Verdienstausfall macht der Beklagte zu 2 nicht geltend. Es kann daher auf sich beruhen, ob die Auswertung der Vielzahl der Sozietätsakten noch vollumfänglich in der Freizeit erfolgen kann, wovon im Regelfall der Auskunftserteilung auszugehen ist (BGH, Beschluss vom 11. März 2015 - XII ZB 317/14, NJW-RR 2015, 1153 Rn. 17 mwN). Davon abgesehen hat der Beklagte zu 2 auch nicht dargelegt, dass ein etwaiger Verdienstausfall nicht, wie naheliegt, durch die Übertragung der Auswertungsarbeiten auf Rechtsanwaltsfachangestellte begrenzt werden kann. Es ist nicht dargelegt, dass deren Bruttostundenverdienst den Maximalbetrag von 21 € nach § 22 JVEG erheblich übersteigt.
- 7
- 2. Die Nichtzulassungsbeschwerde wäre im Übrigen auch unbegründet, weil keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen Gründe vorliegt, nach denen der Senat die Revision zulassen darf. Der Rechtsstreit der Parteien hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert er eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Vorinstanzen:
LG Osnabrück, Entscheidung vom 26.09.2017 - 12 O 2955/16 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 20.03.2018 - 2 U 99/17 -
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Annotations
(1) Das Honorar des Sachverständigen bemisst sich nach der Anlage 1. Die Zuordnung der Leistung zu einem Sachgebiet bestimmt sich nach der Entscheidung über die Heranziehung des Sachverständigen.
(2) Ist die Leistung auf einem Sachgebiet zu erbringen, das nicht in der Anlage 1 aufgeführt ist, so ist sie unter Berücksichtigung der allgemein für Leistungen dieser Art außergerichtlich und außerbehördlich vereinbarten Stundensätze nach billigem Ermessen mit einem Stundensatz zu vergüten, der den höchsten Stundensatz nach der Anlage 1 jedoch nicht übersteigen darf. Ist die Leistung auf mehreren Sachgebieten zu erbringen oder betrifft ein medizinisches oder psychologisches Gutachten mehrere Gegenstände und sind diesen Sachgebieten oder Gegenständen verschiedene Stundensätze zugeordnet, so bemisst sich das Honorar für die gesamte erforderliche Zeit einheitlich nach dem höchsten dieser Stundensätze. Würde die Bemessung des Honorars nach Satz 2 mit Rücksicht auf den Schwerpunkt der Leistung zu einem unbilligen Ergebnis führen, so ist der Stundensatz nach billigem Ermessen zu bestimmen.
(3) Für die Festsetzung des Stundensatzes nach Absatz 2 gilt § 4 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Beschwerde gegen die Festsetzung auch dann zulässig ist, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro nicht übersteigt. Die Beschwerde ist nur zulässig, solange der Anspruch auf Vergütung noch nicht geltend gemacht worden ist.
(4) Das Honorar des Sachverständigen für die Prüfung, ob ein Grund für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorliegt und welche Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens des Schuldners bestehen, beträgt 120 Euro je Stunde. Ist der Sachverständige zugleich der vorläufige Insolvenzverwalter oder der vorläufige Sachwalter, so beträgt sein Honorar 95 Euro je Stunde.
(5) Das Honorar des Dolmetschers beträgt für jede Stunde 85 Euro. Der Dolmetscher erhält im Fall der Aufhebung eines Termins, zu dem er geladen war, eine Ausfallentschädigung, wenn
- 1.
die Aufhebung nicht durch einen in seiner Person liegenden Grund veranlasst war, - 2.
ihm die Aufhebung erst am Terminstag oder an einem der beiden vorhergehenden Tage mitgeteilt worden ist und - 3.
er versichert, in welcher Höhe er durch die Terminsaufhebung einen Einkommensverlust erlitten hat.
(6) Erbringt der Sachverständige oder der Dolmetscher seine Leistung zwischen 23 und 6 Uhr oder an Sonn- oder Feiertagen, so erhöht sich das Honorar um 20 Prozent, wenn die heranziehende Stelle feststellt, dass es notwendig ist, die Leistung zu dieser Zeit zu erbringen. § 8 Absatz 2 Satz 2 gilt sinngemäß.
Zeugen, denen ein Verdienstausfall entsteht, erhalten eine Entschädigung, die sich nach dem regelmäßigen Bruttoverdienst einschließlich der vom Arbeitgeber zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge richtet und für jede Stunde höchstens 25 Euro beträgt. Gefangene, die keinen Verdienstausfall aus einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis haben, erhalten Ersatz in Höhe der entgangenen Zuwendung der Vollzugsbehörde.