Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Jan. 2004 - II ZB 22/02

published on 05/01/2004 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Jan. 2004 - II ZB 22/02
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 22/02
vom
5. Januar 2004
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BRAGO § 6 Abs. 1
Bei Aktivprozessen einer Sozietät von Steuerberatern und Rechtsanwälten hat
insbesondere bei der Einziehung von Honorarforderungen die Sozietät Vorsorge
dafür zu treffen, daß diese Aufgabe durch ein anwaltliches Sozietätsmitglied
allein erledigt wird; eine Erhöhungsgebühr nach § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO fällt
daher nicht an.
BGH, Beschluß vom 5. Januar 2004 - II ZB 22/02 - LG Berlin
AG Charlottenburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 5. Januar 2004 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette,
Kraemer, Dr. Graf und Dr. Strohn

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde wird der Beschluß des Landgerichts Berlin vom 24. Juli 2002 in Höhe von 226,32 für die Berufungsinstanz) aufgehoben und der Kostenfestsetzungsbeschluß des Amtsgerichts Charlottenburg vom 24. April 2002 dahingehend geändert, daß die von der Beklagten an die Kläger zu erstattenden Kosten 1.829,71 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 15. März 2002 betragen.
Im übrigen wird die Rechtsbeschwerde in Höhe von 646,07 unzulässig verworfen.
Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - die lediglich für den verworfenen Teil des Verfahrens anfallen - trägt die Beklagte.
Die außergerichtlichen Kosten tragen zu ¾ die Beklagte und zu ¼ die Kläger. "! Der Gegenstandswert wird auf 872,39

Gründe:


I. Die Kläger, die in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine Wirtschaftsprüfer-, Steuerberater- und Rechtsanwaltssozietät betreiben, haben die Beklagte auf Zahlung von Gebühren für steuerberatende Tätigkeiten in Anspruch genommen. Das Amtsgericht Charlottenburg hat mit Urteil vom 14. März 2001 der Klage stattgegeben und die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt. Die Beklagte hat gegen das Urteil Berufung eingelegt und zusätzlich mit einer hilfsweisen erhobenen Widerklage die Kläger sowie die aus den Klägern und weiteren Rechtsanwälten bestehende "L. und Kollegen GbR" gesamtschuldnerisch auf Zahlung in Anspruch genommen. Mit Urteil vom 4. März 2002 hat das Landgericht die Berufung zurückgewiesen und die Widerklage abgewiesen. Mit Kostenfestsetzungsbeschluß vom 24. April 2002 ist dem Antrag der Kläger auf Festsetzung einer Erhöhungsgebühr gemäß § 6 Abs. 1 # $ % '&)(% +* ,! Satz 2 BRAGO in Höhe von 872,39
Die sofortige Beschwerde der Beklagten, die sich gegen die für die Be- ,.0/ 1 2 rufung festgesetzte Erhöhungsgebühr in Höhe von 226,32 - den auf die Widerklage entfallenden Erhöhungsbetrag in Höhe von 646,07 richtete, hat das Landgericht mit Beschluß vom 24. Juli 2002 zurückgewiesen. Mit der vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet sich die Beklagte nunmehr gegen die gesamte für die Berufungsinstanz festgesetzte Erhö- ! hungsgebühr in Höhe von 872,39
II. Die Rechtsbeschwerde hat zum Teil Erfolg.
1. Hinsichtlich der in der Berufungsinstanz für die Widerklage gemäß § 6. Abs. 1 Satz 2 BRAGO festgesetzten Erhöhungsgebühr in Höhe von 646,07
die Rechtsbeschwerde unzulässig, weil diese Festsetzung mangels Anfechtung durch die Beklagte nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens vor dem Landgericht war und deshalb auch nicht mit der Rechtsbeschwerde angegriffen werden kann. . *3. 54 /1 1 /1 6&) 7* 8 1. : 7; 2. In Höhe von 226,32 09 574 Abs. 1 Nr. 2 u. Abs. 3 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 10 EGZPO) und in der Sache begründet.

a) Zu Unrecht geht das Landgericht davon aus, daß auch in der Berufungsinstanz die Erhöhungsgebühr gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO angefallen ist. Nach dieser Vorschrift erhöhen sich die Geschäftsgebühr und die Prozeßgebühr in den Fällen, in denen ein Rechtsanwalt für mehrere Auftraggeber in derselben Angelegenheit tätig wird.
Für Aktivprozesse einer Anwaltssozietät, insbesondere bei Honorarklagen , fällt nach der ganz überwiegenden obergerichtlichen Rechtsprechung und h.M. in der Literatur eine Erhöhungsgebühr nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO für den die Anwaltssozietät vertretenden Rechtsanwalt nicht an (vgl. OLG Düsseldorf, MDR 2000, 851, 852 und NJW-RR 2002, 645, 646; OLG Nürnberg, MDR 1997, 689, 690; OLG Koblenz, JurBüro 2002, 256; JurBüro 1998, 302 ff. sowie JurBüro 1994, 729; Hans.OLG Hamburg, MDR 1999, 256; im Ergebnis OLG Köln, JurBüro 1994, 94; von Eicken in Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO 15. Aufl. 2002, § 6 Rdn. 15 m.w.N.; Frauenholz in Riedel/Sußbauer, BRAGO 8. Aufl. 2000, § 6 Rdn. 13; a.A. KG Berlin, MDR 1999, 1023 m.w. Hinweisen auf die Gegenansicht). Dieser Ansicht schließt sich der Senat an. Eine Anwaltssozietät kann ohne weiteres dafür Vorsorge treffen, daß eine so häufig vorkommende Aufgabe wie die Einziehung einer Honorarforderung durch ein Sozietätsmitglied allein erledigt wird und dadurch die Prozeßführungskosten im
Interesse des vertretenen Mandanten möglichst gering gehalten werden. Dahinstehen kann, ob demgegenüber bei einer nur aus Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern bestehenden Sozietät bei Aktivprozessen § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO zur Anwendung kommt (bejahend OLG Braunschweig, OLGR 1995, 179 und OLG Schleswig, JurBüro 1994, 731). Die Anwendbarkeit von § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO scheidet jedenfalls aber dann aus, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Sozietät neben Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern auch aus Rechtsanwälten besteht. Nicht entscheidend ist, ob eine solche Sozietät Honoraransprüche für rechtsanwaltliche oder für steuerberatende Tätigkeiten geltend macht. Auch in den letztgenannten Fällen besteht für eine Sozietät die Verpflichtung, den für den Mandanten kostengünstigsten Weg zu beschreiten.

b) Ohnedies ist nach der grundlegenden Entscheidung des Senats zur Parteifähigkeit der BGB-Gesellschaft vom 29. Januar 2001 (II ZR 331/00, BGHZ 146, 341) - nach Ablauf einer gewissen Übergangszeit (vgl. BGH, Beschl. v. 18. Juni 2002 - VIII ZB 6/02, NJW 2002, 2958 und Beschl. v. 26. Februar 2003 - VIII ZB 69/02, BRAGOReport 2003, 89) - für die Anwend-
barkeit von § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO jedenfalls beim Aktivprozeß einer BGB-Gesellschaft kein Raum mehr.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 ZPO.
Röhricht Goette Kraemer
Graf Strohn
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo
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Annotations

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.