Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Juli 2010 - I ZB 68/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe:
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- I. Die Anmelderin hat beim Deutschen Patent- und Markenamt die Eintragung der schwarz-weißen Bildmarke für verschiedene Waren der Klasse 16 beantragt.
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- Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft teilweise zurückgewiesen, und zwar für Blöcke (Papier- und Schreibwaren), Notizblöcke, Schreibhefte, Notizbücher, Papierblätter (Papeteriewaren), Kalender.
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- Die gegen die Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts gerichtete Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben (BPatG, Beschl. v. 17.6.2009 - 29 W (pat) 22/08, juris). Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Anmelderin ihr Eintragungsbegehren weiter.
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- II. Das Bundespatentgericht hat angenommen, der angemeldeten Bildmarke fehle für die genannten Waren jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Dazu hat es ausgeführt:
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- Bei dem angemeldeten Zeichen handele es sich um die abstrakte Aufmachung von Blöcken, Büchern und Heften. Andere Hersteller verwendeten ähnliche Gestaltungen. Auch wenn mit der Bildmarke vollständig übereinstimmende Aufmachungen nicht hätten ermittelt werden können, werde der Verkehr in der angemeldeten Bildmarke nur eine weitere beliebige Zusammensetzung von grafischen Elementen sehen, die nur der Ausschmückung und Beschriftung dienten. Die nachträglich eingereichte Beschreibung der Bildmarke ändere nichts an der Beurteilung der Schutzunfähigkeit der angemeldeten Marke.
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- III. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde haben keinen Erfolg. Mit Recht hat das Bundespatentgericht angenommen , dass die Eintragung des angemeldeten Bildzeichens für die in Rede stehenden Waren wegen des Schutzhindernisses des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) zu versagen ist.
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- 1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und die Waren oder Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH, Urt. v. 21.1.2010 - C-398/08, GRUR 2010, 228 Tz. 33 = WRP 2010, 364 - Audi [Vorsprung durch Technik]; BGH, Beschl. v. 9.7.2009 - I ZB 88/07, GRUR 2010, 138 Tz. 23 = WRP 2010, 260 - ROCHER-Kugel). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH, Beschl. v. 4.12.2008 - I ZB 48/08, GRUR 2009, 778 Tz. 11 = WRP 2009, 813 - Willkommen im Leben; Beschl. v. 14.1.2010 - I ZB 32/09, GRUR 2010, 640 Tz. 10 = WRP 2010, 891 - hey!). Die Unterscheidungskraft ist im Hinblick auf jede der Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke Schutz beansprucht, gesondert zu beurteilen. Abzustellen ist auf die Anschauung des angesprochenen Verkehrs. Dabei ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen (EuGH, Urt. v. 8.5.2008 - C-304/06, Slg. 2008, I-3297 = GRUR 2008, 608 Tz. 67 - Eurohypo/HABM; BGH, Beschl. v. 15.1.2009 - I ZB 30/06, GRUR 2009, 411 Tz. 8 = WRP 2009, 439 - STREETBALL).
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- Bei Bildmarken, die sich in der bloßen Abbildung der Ware erschöpfen, für die der Schutz in Anspruch genommen wird, wird im Allgemeinen die erforderliche (konkrete) Unterscheidungseignung fehlen. Soweit die Elemente eines Bildzeichens nur die typischen Merkmale der in Rede stehenden Waren darstellen oder sich in einfachen dekorativen Gestaltungsmitteln erschöpfen, an die sich der Verkehr etwa durch häufige Verwendung gewöhnt hat, wird einem Zeichen im Allgemeinen wegen seines bloß beschreibenden Inhalts die konkrete Eignung fehlen, die mit ihm gekennzeichneten Waren von denjenigen anderer Herkunft zu unterscheiden. Weist das in Rede stehende Zeichen dagegen nicht nur die Darstellung von Merkmalen, die für die Ware typisch oder lediglich von dekorativer Art sind, sondern darüber hinausgehende charakteristische Merkmale auf, in denen der Verkehr ein Hinweis auf die betriebliche Herkunft sieht, so kann die Unterscheidungskraft nicht verneint werden (BGH, Beschl. v. 26.10.2000 - I ZB 3/98, GRUR 2001, 239 f. = WRP 2001, 31 - Zahnpastastrang; Beschl. v. 16.11.2000 - I ZB 36/98, GRUR 2001, 734, 735 = WRP 2001, 690 - Jeanshosentasche; Beschl. v. 3.7.2003 - I ZB 21/01, GRUR 2004, 331, 332 = WRP 2004, 351 - Westie-Kopf; Beschl. v. 29.4.2004 - I ZB 26/02, GRUR 2004, 683, 684 = WRP 2004, 1040 - Farbige Arzneimittelkapsel; Beschl. v. 12.8.2004 - I ZB 1/04, GRUR 2005, 257, 258 = WRP 2005, 217 - Bürogebäude).
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- 2. Von diesen Grundsätzen ist auch das Bundespatentgericht ausgegangen und hat angenommen, das angemeldete Bildzeichen gebe wesentliche Gestaltungselemente der beanspruchten Waren wieder und weiche nicht von den auf den jeweiligen Warengebieten üblichen Gestaltungen ab. Es hat deshalb zu Recht angenommen, dass das Publikum das angemeldete Bildzeichen für die fraglichen Waren nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft verstehen wird.
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- a) Das Bundespatentgericht hat festgestellt, dass auf dem Gebiet der Waren Blöcke (Papier- und Schreibwaren), Notizblöcke, Schreibhefte, Notizbücher, Papierblätter (Papeteriewaren), Kalender Produkte in einer ähnlichen Aufmachung mit verschiedenfarbigen linken Balken angeboten und Umschläge sowie Einbände verwendet werden, die in vertikaler Richtung geradlinig farbig unterteilt sind und bei denen die linke Fläche erheblich schmaler als die rechte ist. Zum Teil sind auf den Umhüllungen Felder für Eintragungen vorgesehen. Das Bundespatentgericht hat daraus gefolgert, das Publikum werde wegen der häufigen Verwendung ähnlicher Gestaltungen durch andere Hersteller das angemeldete Zeichen nur als eine beliebige Zusammensetzung von grafischen Elementen auffassen, die der Ausschmückung und Beschriftung dienten. Diese tatrichterliche Würdigung des Bundespatentgerichts lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
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- b) Entgegen der Rüge der Rechtsbeschwerde hat es das Bundespatentgericht nicht unterlassen zu ermitteln, ob die maßgeblichen Verkehrskreise das Zeichen als Unterscheidungsmittel ansehen. Das Bundespatentgericht hat diese Frage vielmehr zu Recht mit der Begründung verneint, das Bildzeichen entspreche üblichen dekorativen Gestaltungen auf den in Rede stehenden Warengebieten. Dieser Sichtweise steht nicht entgegen, dass das angemeldete Bildzeichen die Gestaltungselemente in einer abstrakten Weise aufgreift. Im Hinblick auf die Ähnlichkeit zwischen dem Bildzeichen und den vom Bundespatentgericht angeführten, auf den in Rede stehenden Warengebieten anzutreffenden Aufmachungen sind diese Unterschiede zu gering, um daraus einen Anhalt abzuleiten, der Verkehr werde die angemeldete Marke als Herkunftsmittel auffassen.
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- Das Bundespatentgericht hat auch keine zu strengen Maßstäbe an die Beurteilung der Unterscheidungskraft angelegt. Zwar hat es keine mit dem angemeldeten Zeichen vollständig übereinstimmende Gestaltung einer bereits auf dem Markt befindlichen Aufmachung angeführt. Daraus ergibt sich aber nicht, dass das Bildzeichen über Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG verfügt. Entscheidend ist vielmehr, dass das Bildzeichen nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts keine Elemente aufweist, die vom Verkehr nicht nur als übliche dekorative grafische Mittel aufgefasst werden.
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- Die Rechtsbeschwerde wendet sich schließlich auch ohne Erfolg gegen die tatrichterliche Beurteilung des Bundespatentgerichts, das eine mangelnde Unterscheidungskraft des Bildzeichens auch für Papierblätter (Papeteriewaren) angenommen hat. Wegen des zumindest engen Bezugs dieser Waren zu den Blöcken (Papier- und Schreibwaren), Notizblöcken, Schreibheften und Notizbüchern ist das Bundespatentgericht rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass das angemeldete Bildzeichen auch für diese Waren über keine Unterscheidungskraft verfügt.
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- c) Das Bundespatentgericht hat eine Schutzfähigkeit des Bildzeichens auch nicht aufgrund der eingereichten Beschreibung der Anmelderin angenommen. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde nicht. Rechtsfehler sind insoweit ebenfalls nicht ersichtlich.
Schaffert Koch
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 17.06.2009 - 29 W(pat) 22/08 -
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Annotations
(1) Von der Eintragung sind als Marke schutzfähige Zeichen im Sinne des § 3 ausgeschlossen, die nicht geeignet sind, in dem Register so dargestellt zu werden, dass die zuständigen Behörden und das Publikum den Gegenstand des Schutzes klar und eindeutig bestimmen können.
(2) Von der Eintragung ausgeschlossen sind Marken,
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denen für die Waren oder Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt, - 2.
die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können, - 3.
die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur Bezeichnung der Waren oder Dienstleistungen üblich geworden sind, - 4.
die geeignet sind, das Publikum insbesondere über die Art, die Beschaffenheit oder die geographische Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu täuschen, - 5.
die gegen die öffentliche Ordnung oder die gegen die guten Sitten verstoßen, - 6.
die Staatswappen, Staatsflaggen oder andere staatliche Hoheitszeichen oder Wappen eines inländischen Ortes oder eines inländischen Gemeinde- oder weiteren Kommunalverbandes enthalten, - 7.
die amtliche Prüf- oder Gewährzeichen enthalten, - 8.
die Wappen, Flaggen oder andere Kennzeichen, Siegel oder Bezeichnungen internationaler zwischenstaatlicher Organisationen enthalten, - 9.
die nach deutschem Recht, nach Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder nach internationalen Übereinkünften, denen die Europäische Union oder die Bundesrepublik Deutschland angehört, und die Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben schützen, von der Eintragung ausgeschlossen sind, - 10.
die nach Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder von internationalen Übereinkünften, denen die Europäische Union angehört, und die dem Schutz von traditionellen Bezeichnungen für Weine dienen, von der Eintragung ausgeschlossen sind, - 11.
die nach Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder nach internationalen Übereinkünften, denen die Europäische Union angehört, und die dem Schutz von traditionellen Spezialitäten dienen, von der Eintragung ausgeschlossen sind, - 12.
die aus einer im Einklang mit deutschem Recht, mit den Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder mit internationalen Übereinkünften, denen die Europäische Union oder die Bundesrepublik Deutschland angehört, zu Sortenschutzrechten eingetragenen früheren Sortenbezeichnung bestehen oder diese in ihren wesentlichen Elementen wiedergeben und die sich auf Pflanzensorten derselben Art oder eng verwandter Arten beziehen, - 13.
deren Benutzung ersichtlich nach sonstigen Vorschriften im öffentlichen Interesse untersagt werden kann, oder - 14.
die bösgläubig angemeldet worden sind.
(3) Absatz 2 Nr. 1, 2 und 3 findet keine Anwendung, wenn die Marke sich vor dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung infolge ihrer Benutzung für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt hat.
(4) Absatz 2 Nr. 6, 7 und 8 ist auch anzuwenden, wenn die Marke die Nachahmung eines dort aufgeführten Zeichens enthält. Absatz 2 Nr. 6, 7 und 8 ist nicht anzuwenden, wenn der Anmelder befugt ist, in der Marke eines der dort aufgeführten Zeichen zu führen, selbst wenn es mit einem anderen der dort aufgeführten Zeichen verwechselt werden kann. Absatz 2 Nr. 7 ist ferner nicht anzuwenden, wenn die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet worden ist, mit denen, für die das Prüf- oder Gewährzeichen eingeführt ist, weder identisch noch diesen ähnlich sind. Absatz 2 Nr. 8 ist ferner nicht anzuwenden, wenn die angemeldete Marke nicht geeignet ist, beim Publikum den unzutreffenden Eindruck einer Verbindung mit der internationalen zwischenstaatlichen Organisation hervorzurufen.