Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Jan. 2010 - I ZB 32/09

published on 14/01/2010 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Jan. 2010 - I ZB 32/09
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 32/09
vom
14. Januar 2010
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung Nr. 306 49 435.3
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
hey!
Einem Wort-/Bildzeichen, das aus der Kombination einfacher graphischer Elemente
mit einem Wort besteht, das vom Verkehr im Zusammenhang mit den
beanspruchten Waren und Dienstleistungen nur als Zuruf, Ausruf oder Grußformel
aufgefasst wird, fehlt die konkrete Unterscheidungskraft i.S. von § 8
Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010 - I ZB 32/09 - Bundespatentgericht
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Januar 2010 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof.
Dr. Büscher, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Anmelderin gegen den Beschluss des 29. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 4. März 2009 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Die Anmelderin hat beim Deutschen Patent- und Markenamt die Eintragung der Wort-/Bildmarke für folgende Waren und Dienstleistungen beantragt: Klasse 9 Bildträger, nämlich Filme (belichtet) und digitale Bildträger; Tonträger, insbesondere MC's; Magnetdatenträger; optische Datenträger, insbesondere CD's und DVD's; Videospiele als Zusatzgeräte für Fernsehapparate; Videospiele (Software); Klasse 16 Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Fotografien, Schreibwaren; Klasse 25 Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Klasse 28 Spiele, Spielzeug, insbesondere Spielfiguren, Brettspiele, Puzzles; Spiele, elektronische (einschließlich Videospiele), ausgenommen als Zusatzgeräte für Fernsehapparate ; Spielkarten; Klasse 41 Film-, Fernseh- und Videofilmproduktionen; Filmverleih; Klasse 42 Beratung bei der Gestaltung von Homepages und Internetseiten; Design von Homepages und Web-Seiten; Erstellen von Web-Seiten; Gestaltung und Unterhalt von Web-Seiten für Dritte; Handel mit Film-, Fernseh- und Videolizenzen.
2
Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen.
3
Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben (BPatG, Beschl. v. 4.3.2009 - 29 W(pat) 64/08, juris).
4
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Anmelderin ihr Eintragungsbegehren weiter.
5
II. Das Bundespatentgericht hat angenommen, der angemeldeten Wort-/ Bildmarke fehle für die genannten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Dazu hat es ausgeführt:
6
Das Markenwort "hey" sei ein gebräuchliches Wort, das der Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstehe. Der Ausdruck komme besonders häufig in der Jugendsprache vor. Er habe verschiedene Bedeutungen , ohne dass es sich um eine unterscheidungskräftige Angabe handele. Der Verkehr werde in dem Markenwort auch zusammen mit dem Ausrufezeichen kein Mittel zur betrieblichen Herkunftsindividualisierung sehen, sondern nur eine allgemeine Kundenansprache, eine Grußformel oder einen Zuruf, der die Aufmerksamkeit des Publikums auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen lenken solle und wie eine werbliche Anpreisung wirke. Zudem sei zu berücksichtigen, dass gerade bei Werbeaussagen allgemeiner Art, die weder eine Ware oder Dienstleistung beschrieben noch einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Aussagegehalt aufwiesen, gleichwohl ein schützenswertes Interesse an deren freier Verfügbarkeit im Wettbewerb bestehe. Dies könne auch für einen allgemein verwendeten Zuruf oder eine gebräuchliche Grußformel wie vorliegend "hey" nicht in Abrede gestellt werden. Auch der Umstand, dass es sich bei der angemeldeten Marke um einen Werktitel handele, begründe keine markenrechtliche Schutzfähigkeit.
7
Die Art der graphischen Ausgestaltung sei so geläufig, dass sie keinen betrieblichen Herkunftshinweis und damit keine Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke begründen könne.
8
III. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
9
Das Bundespatentgericht hat rechtsfehlerfrei das Eintragungshindernis des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) bejaht.
10
1. Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. BGHZ 167, 278 Tz. 18 - FUSSBALL WM 2006; Beschl. v. 24.4.2008 - I ZB 21/06, GRUR 2008, 1093 Tz. 13 = WRP 2008, 1428 - MarleneDietrich -Bildnis). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH, Beschl. v. 4.12.2008 - I ZB 48/08, GRUR 2009, 778 Tz. 11 = WRP 2009, 813 - Willkommen im Leben; Beschl. v. 15.1.2009 - I ZB 30/06, GRUR 2009, 411 Tz. 8 = WRP 2009, 439 - STREETBALL).
11
2. Von diesen Grundsätzen ist auch das Bundespatentgericht ausgegangen und hat angenommen, das angemeldete Zeichen sei ein gebräuchliches Wort der Umgangssprache. Es sei ein Zuruf, mit dem man die Aufmerksamkeit einer anderen Person zu erregen suche. Es sei weiter ein Ausruf, der Erstaunen , Empörung, Abwehr und Ähnliches ausdrücke. Zudem werde es vielfach als Grußformel verwendet. Der Verkehr werde es deshalb nur mit diesen Bedeutungsinhalten erfassen und als Kundenansprache, Grußformel oder Zuruf ansehen, der die Aufmerksamkeit des Publikums auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen lenken solle. An derartige Aufforderungen sei der Verkehr gewöhnt und werte sie im Zusammenhang mit den angebotenen Waren und Dienstleistungen nur als Versuch, ein freundliches Klima zu schaffen, die Abnahmebereitschaft zu wecken und damit als werbliche Anpreisung zu dienen.
12
3. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg mit der Rüge , das Bundespatentgericht habe verkannt, dass das Zeichen über eine das reine Wortverständnis hinausgehende Aussage verfüge. Diese liege darin, dass der Verkehr das Wort "hey" als schlagwortartige Aussage verstehe, die seine Aufmerksamkeit wecken und auf die derart gekennzeichneten Waren lenken solle, um den Kaufentschluss hervorzurufen. Die Aussage des Markenworts sei kurz, einprägsam und werbewirksam, was indiziell für die Unterscheidungskraft spreche.
13
4. Das Bundespatentgericht hat aufgrund einer Reihe von Beispielen die Bedeutung des Wortes "hey" als Zuruf, Ausruf und Grußformel in dem von ihm angenommenen Sinn festgestellt. Daraus hat es zu Recht gefolgert, dass der Verkehr das Markenwort nicht als Unterscheidungsmittel, sondern nur als Anpreisung oder Werbeaussage allgemeiner Art auffasst (vgl. BGH, Beschl. v. 22.1.2009 - I ZB 34/08, GRUR 2009, 949 Tz. 27 = WRP 2009, 963 - My World). Dieser Beurteilung steht auch nicht entgegen, dass die vom Bundespatentgericht angeführten Beispiele häufig die Verwendung des Wortes "hey" in der Jugendsprache belegen. Daraus ergibt sich nicht, dass das Markenwort vom Durchschnittsverbraucher nicht ausschließlich in dem vom Bundespatentgericht dargestellten Sinn verstanden wird. Anders als die Rechtsbeschwerde meint, kommt es für die Beurteilung des Schutzhindernisses mangelnder Unterscheidungskraft nicht darauf an, ob sich eine Verwendung des Markenwortes in der Werbung nachweisen lässt (vgl. EuGH, Urt. v. 21.10.2004 - C-64/02, Slg. 2004, I-10031 = GRUR 2004, 1027 Tz. 46 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT).
14
Unterscheidungskraft erlangt das Markenwort "hey" auch nicht durch eine gewisse inhaltliche Unschärfe. Zwar kann die Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit einer Aussage ein Anhalt für eine hinreichende Unterscheidungskraft sein. Im vorliegenden Fall erlangt das Wort aufgrund unterschiedlicher Interpretationsmöglichkeiten aber keine auch nur geringe Unterscheidungskraft , weil sämtliche Bedeutungen im Sinne eines Zurufs, eines Ausrufs oder einer Grußformel sich auf ohne weiteres verständliche Aussagen beschränken.
15
Zu Recht ist das Bundespatentgericht auch davon ausgegangen, dass aus der Funktion des Markenwortes als Werktitel nicht die Eignung folgt, als Unterscheidungsmittel der Waren oder Dienstleistungen ihrer Herkunft nach zu wirken. Die Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG beurteilt sich nach markenrechtlichen Grundsätzen und nicht nach den geringeren Anforderungen für Werktitel (BGH GRUR 2009, 949 Tz. 17 - My World).
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5. Das Bundespatentgericht hat angenommen, die graphische Gestaltung der angemeldeten Wort-/Bildmarke mit weißer Umrahmung der dunkleren Buchstaben auf schwarzem Hintergrund sei ein übliches Gestaltungsmittel. Die graphische Aufmachung besitze keine kennzeichnende Eigenart und sei nicht geeignet, das Schutzhindernis zu überwinden. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
17
In Anbetracht der fehlenden Unterscheidungskraft des Wortbestandteils reichen einfache graphische Elemente und Verzierungen nicht aus, dieses Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH, Beschl. v. 28.6.2001 - I ZB 58/98, GRUR 2001, 1153 f. = WRP 2001, 1201 - anti KALK). Dass die angemeldete Wort-/Bildmarke nur einfache graphische Gestaltungen aufweist, hat das Bun- despatentgericht zutreffend festgestellt. Dagegen erinnert die Rechtsbeschwerde auch nichts.
Bornkamm Pokrant Büscher
Bergmann Kirchhoff
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 04.03.2009 - 29 W(pat) 64/08 -
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(1) Von der Eintragung sind als Marke schutzfähige Zeichen im Sinne des § 3 ausgeschlossen, die nicht geeignet sind, in dem Register so dargestellt zu werden, dass die zuständigen Behörden und das Publikum den Gegenstand des Schutzes klar und eindeut
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Annotations

(1) Von der Eintragung sind als Marke schutzfähige Zeichen im Sinne des § 3 ausgeschlossen, die nicht geeignet sind, in dem Register so dargestellt zu werden, dass die zuständigen Behörden und das Publikum den Gegenstand des Schutzes klar und eindeutig bestimmen können.

(2) Von der Eintragung ausgeschlossen sind Marken,

1.
denen für die Waren oder Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt,
2.
die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können,
3.
die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur Bezeichnung der Waren oder Dienstleistungen üblich geworden sind,
4.
die geeignet sind, das Publikum insbesondere über die Art, die Beschaffenheit oder die geographische Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu täuschen,
5.
die gegen die öffentliche Ordnung oder die gegen die guten Sitten verstoßen,
6.
die Staatswappen, Staatsflaggen oder andere staatliche Hoheitszeichen oder Wappen eines inländischen Ortes oder eines inländischen Gemeinde- oder weiteren Kommunalverbandes enthalten,
7.
die amtliche Prüf- oder Gewährzeichen enthalten,
8.
die Wappen, Flaggen oder andere Kennzeichen, Siegel oder Bezeichnungen internationaler zwischenstaatlicher Organisationen enthalten,
9.
die nach deutschem Recht, nach Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder nach internationalen Übereinkünften, denen die Europäische Union oder die Bundesrepublik Deutschland angehört, und die Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben schützen, von der Eintragung ausgeschlossen sind,
10.
die nach Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder von internationalen Übereinkünften, denen die Europäische Union angehört, und die dem Schutz von traditionellen Bezeichnungen für Weine dienen, von der Eintragung ausgeschlossen sind,
11.
die nach Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder nach internationalen Übereinkünften, denen die Europäische Union angehört, und die dem Schutz von traditionellen Spezialitäten dienen, von der Eintragung ausgeschlossen sind,
12.
die aus einer im Einklang mit deutschem Recht, mit den Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder mit internationalen Übereinkünften, denen die Europäische Union oder die Bundesrepublik Deutschland angehört, zu Sortenschutzrechten eingetragenen früheren Sortenbezeichnung bestehen oder diese in ihren wesentlichen Elementen wiedergeben und die sich auf Pflanzensorten derselben Art oder eng verwandter Arten beziehen,
13.
deren Benutzung ersichtlich nach sonstigen Vorschriften im öffentlichen Interesse untersagt werden kann, oder
14.
die bösgläubig angemeldet worden sind.

(3) Absatz 2 Nr. 1, 2 und 3 findet keine Anwendung, wenn die Marke sich vor dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung infolge ihrer Benutzung für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt hat.

(4) Absatz 2 Nr. 6, 7 und 8 ist auch anzuwenden, wenn die Marke die Nachahmung eines dort aufgeführten Zeichens enthält. Absatz 2 Nr. 6, 7 und 8 ist nicht anzuwenden, wenn der Anmelder befugt ist, in der Marke eines der dort aufgeführten Zeichen zu führen, selbst wenn es mit einem anderen der dort aufgeführten Zeichen verwechselt werden kann. Absatz 2 Nr. 7 ist ferner nicht anzuwenden, wenn die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet worden ist, mit denen, für die das Prüf- oder Gewährzeichen eingeführt ist, weder identisch noch diesen ähnlich sind. Absatz 2 Nr. 8 ist ferner nicht anzuwenden, wenn die angemeldete Marke nicht geeignet ist, beim Publikum den unzutreffenden Eindruck einer Verbindung mit der internationalen zwischenstaatlichen Organisation hervorzurufen.