Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juli 2010 - 5 StR 84/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen (gemeinschaftlich) versuchter räuberischer Erpressung in Tateinheit mit versuchtem (gemeinschaftlichem ) Computerbetrug, wegen erpresserischen Menschenraubs und wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine Revision hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- Der – auch mit einer Verfahrensrüge angegegriffene – Schuldspruch hält aus den zutreffenden Erwägungen des Generalbundesanwalts ebenso wie die Bemessung der Einzelstrafen für die Fälle 1 und 3 der Urteilsgründe rechtlicher Nachprüfung stand. Jedoch begegnet die im Fall 2 der Urteilsgründe gebildete Einzelstrafe und damit auch der Ausspruch über die Gesamtstrafe durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
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- 1. Das Landgericht hat seiner Strafzumessung im Fall 2 der Urteilsgründe den Regelstrafrahmen der räuberischen Erpressung zugrunde gelegt (§§ 253, 255, 249 Abs. 1 StGB). Eine Strafrahmenverschiebung nach § 23 Abs. 2 StGB i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB hat es dem Angeklagten trotz angenommener Versuchsstrafbarkeit versagt, weil er es „bei dem misslungenen Versuch nicht beließ, sondern zum Tatopfer zurückkehrte, um mit diesem erneut zum Geldautomaten zu gehen“, und dadurch deutlich gezeigt habe, „dass er zu diesem Zeitpunkt nicht bereit war, von seinem ursprünglichen Tatplan Abstand zu nehmen“ (UA S. 31).
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- Diese Begründung lässt besorgen, dass die Strafkammer bei der Prüfung einer Strafrahmenmilderung wegen Vorliegens eines vertypten Milderungsgrundes zum Nachteil des Angeklagten allein sein Nachtatverhalten berücksichtigt hat. Das ist rechtsfehlerhaft. Bei der Frage, ob eine Strafrahmenmilderung wegen Versuchs vorzunehmen ist, ist im Wege der Gesamtschau aller strafzumessungserheblichen Gesichtspunkte im weitesten Sinne und der Persönlichkeit des Täters zu entscheiden (vgl. BGHSt 16, 351, 353; Fischer, StGB 57. Aufl. § 23 Rdn. 4). Besonderes Gewicht kommt dabei den wesentlich versuchsbezogenen Umständen zu, weil sie wichtige Kriterien für die Bewertung des Handlungs- und Erfolgsunrechts des versuchten Delikts darstellen; hierzu gehören namentlich die Nähe zur Tatvollendung, die Gefährlichkeit des Versuchs und die aufgewandte kriminelle Energie (vgl. BGHSt 35, 347, 355; 36, 1, 18; BGHR StGB § 23 Abs. 2 Strafrahmenverschiebung 4 und 9). Demgegenüber hat die Strafkammer hier die Milderung soweit erkennbar ausschließlich wegen des deliktischen Nachtatverhaltens des Angeklagten versagt, der nach dem erkannten Fehlschlag der versuchten räuberischen Erpressung andere Wege zur Verwirklichung des erstrebten Vermögensvorteils – hier im Wege des erpresserischen Menschenraubes – suchte. Die unerlässliche Würdigung der bestimmenden versuchsbezogegenen Strafmilderungsgründe unterbleibt vollständig, so dass die verhängte Einzelfreiheitsstrafe schon deshalb keinen Bestand haben kann. Überdies hat die Strafkammer nicht erkennbar erwogen, dass auch bei dem sich anschließenden erpresserischen Menschenraub ein Taterfolg mangels Kontodeckung ausblieb.
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- 2. Wegen der fehlerhaft bemessenen Einzelfreiheitsstrafe unterlag auch der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe der Aufhebung. Lediglich ergänzend bemerkt der Senat, dass die Höhe der gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe den festgestellten besonders engen zeitlichen und situativen Tatzusammenhang nicht widerspiegelt. Dass die Strafkammer darüber hinaus den von ihr vorgenommenen Härteausgleich wegen einer vollstreckten gesamtstrafenfähigen Vorverurteilung unbeziffert gelassen hat, ist hier mit Rücksicht auf die Höhe der ursprünglich einbeziehungsfähigen Geldstrafe aus Rechtsgründen für sich nicht zu beanstanden.
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- 3. Angesichts des bloßen Wertungsfehlers lässt der Senat sämtliche Feststellungen bestehen; diese können allenfalls durch neue Feststellungen ergänzt werden, die den bisherigen nicht widersprechen.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Erpressung verbunden hat.
Wird die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen, so ist der Täter gleich einem Räuber zu bestrafen.
(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.
(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).
(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).
(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:
- 1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. - 2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze. - 3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sich im Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre, im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate, im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate, im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.
(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.
(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.
(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).
(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).