Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Apr. 2008 - 5 StR 68/08
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte des gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs sowie des Betrugs in drei Fällen schuldig ist, und
b) im gesamten Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs in 151 Fällen, davon in 53 Fällen wegen Versuchs, und wegen „gewerbsmäßigen“ Betrugs in 50 Fällen, davon in 19 Fällen wegen Versuchs, unter Einbeziehung von Einzelfreiheitsstrafen aus einer rechtskräftigen Vorentscheidung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt. Die auf die Sachrüge und Verfahrensrügen gestützte Revision des Angeklagten gegen dieses Urteil hat den aus dem Tenor er- sichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sein Rechtsmittel aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Die Annahme von Tatmehrheit innerhalb der vier Fallkomplexe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Senat ändert die Verurteilung jeweils auf Tateinheit ab. Es ist auszuschließen, dass sich der Angeklagte bei einem vorherigen Hinweis auf die Änderung des Konkurrenzverhältnisses gegen die Tatvorwürfe wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
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- Im vorliegenden Fall gilt hinsichtlich der Beurteilung der Konkurrenzverhältnisse nichts anderes als in dem Verfahren gegen einen weiteren Angeklagten aus derselben Tätergruppe, die der Senatsbeschluss vom 9. Januar 2008 – 5 StR 572/07 behandelt:
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- Nach den Feststellungen reichte der Angeklagte die Gutscheine für die Vermittlung von Arbeitslosen nicht selbst bei den Zweigstellen der geschädigten Bundesagentur für Arbeit ein. Dies übernahmen gemäß dem Tatplan vom Angeklagten bzw. seinen Mittätern angestellte und angewiesene Bürokräfte. Die Feststellungen belegen einen eigenständigen, nur jeweils einen der Einzelfälle fördernden Tatbeitrag des Angeklagten weder bei der „J. KG mbH“ (elf vollendete und sechs versuchte Einzelfälle) noch bei den beiden im Rahmen der „Jo. KG“ begangenen Betrugsserien (zehn vollendete und vier versuchte Einzelfälle bzw. zehn vollendete und neun versuchte Einzelfälle) oder bei der im Rahmen der „Job. KG“ nunmehr bandenmäßig begangenen Betrugsserie (98 vollendete und 53 versuchte Einzelfälle). Die Tatbeiträge des Angeklagten erschöpften sich damit innerhalb der vier Fallkomplexe im Aufbau und in der Aufrechterhaltung der auf Straftaten ausgerichteten Geschäftsbetriebe und sind damit jeweils zu einer einheitlichen Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen (vgl. BGH aaO Rdn. 3 m.w.N.). Damit bedarf es auch hier keiner Entscheidung darüber, ob die Beschäftigung der einzelnen Arbeitnehmer im vierten Tatkomplex mit für den Angeklagten im Ergebnis nutzlosen Tätigkeiten jeweils eigenständige Betrugsfälle darstellen könnte. Die in diesem Tatkomplex zutreffende Annahme von Gewerbs- und Bandenmäßigkeit wird ebenfalls durch die Änderung des Konkurrenzverhältnisses nicht berührt (vgl. BGH aaO Rdn. 4 m.N.).
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- 2. Regelbeispiele sind nicht in der Urteilsformel aufzunehmen. Die Kennzeichnung als „gewerbsmäßig“ hat daher hinsichtlich der Betrugstaten aus den ersten drei Tatkomplexen zu entfallen.
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- 3. Die Änderung des Konkurrenzverhältnisses bedingt hier die Aufhebung sämtlicher Einzelstrafen und der Gesamtstrafe. Zwar lässt die Umstellung von mehreren Taten auf eine Tat für sich genommen den Schuldumfang unberührt, so dass regelmäßig zu erwägen ist, die bisherige Gesamtstrafe als Strafe aufrechtzuerhalten (vgl. BGHR StGB § 263 Täterschaft 1; BGH NStZ 1996, 296 f.; BGH, Beschluss vom 9. Januar 2008 – 5 StR 572/07 Rdn. 5). Bei der Umstellung von einer Vielzahl tatmehrheitlicher Taten auf vier tatmehrheitliche Taten ist eine entsprechende Vorgehensweise hier nicht möglich. Den auf der Grundlage des neu gefassten Schuldspruchs festzusetzenden Einzelstrafen sind jeweils deutlich höhere Schadensbeträge zugrundezulegen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 4. März 2008 – 5 StR 594/07 Rdn. 12). Der Senat wäre hier auch gehindert, etwa auf der Grundlage der jeweils höchsten Einzelstrafe aus den vier Tatkomplexen auf Aufrechterhaltung der – auch unter Berücksichtigung eines insgesamt durch die Taten verursachten Schadens von rund 160.000 Euro, der Vorbelastungen des Angeklagten und des Umstands, dass er die Taten während einer Bewährungszeit begangen hat – als empfindlich zu bewertenden Gesamtstrafe selbst zu entscheiden.
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- 4. Nach alledem sind vier Einzelstrafen und die Gesamtstrafe unter Berücksichtigung des Verschlechterungsverbots (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen neu festzu- setzen. Dabei gilt hinsichtlich des jeweiligen Fallkomplexes, dass die Höhe der bisherigen, nunmehr entfallenen Einzelstrafen überschritten werden darf; allerdings darf jeweils die Summe der bisherigen Einzelstrafen bei der Bemessung der neu festzusetzenden Einzelstrafe nicht überschritten werden (vgl. BGHR StPO § 358 Abs. 2 Nachteil 12). Der neue Tatrichter kann zu den aufrechterhaltenen Feststellungen nicht im Widerspruch stehende weitere Feststellungen treffen.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.
(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.
(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.
(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
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gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, - 3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder - 5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.
(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.
(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) (weggefallen)
(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.