Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Jan. 2008 - 5 StR 572/07
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten gegen das genannte Urteil wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Der Angeklagte trägt die Kosten seiner Revision, jedoch wird die Gebühr um ein Zehntel ermäßigt. Ein Zehntel der im Revisionsverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen und notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Staatskasse.
G r ü n d e
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen banden- und gewerbsmäßigen Betrugs in 98 Fällen und wegen versuchten banden- und gewerbsmäßigen Betrugs in 59 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und die Vollstreckung dieser Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten gegen dieses Urteil hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Die Annahme von Tatmehrheit in den vom Landgericht als Betrug bzw. versuchten Betrug gewerteten 157 Fällen hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Senat ändert die Verurteilung entsprechend ab.
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- a) Nach den Feststellungen reichte der Angeklagte die Gutscheine für die Vermittlung von Arbeitslosen nicht selbst bei den Zweigstellen der geschädigten Bundesagentur für Arbeit ein. Auch stellte er die geschädigten Arbeitnehmer nicht bei der e. ein; diese Aufgabe nahm – entsprechend dem gemeinsamen Tatplan – die Nichtrevidentin Z. wahr. Die weitere Nichtrevidentin H. überwachte die Arbeitnehmer. Die Aufgabe des Angeklagten bestand allein darin, als faktischer Geschäftsführer der ausschließlich betrügerisch agierenden Vermittlungsfirma J. die Finanzangelegenheiten dieser Firma zu überwachen. Damit hat der Angeklagte im Vorfeld und während des Laufs der Deliktsserie Tatbeiträge erbracht, durch die er alle Einzeldelikte seiner Bandenmitglieder gleichzeitig förderte. Seine Tatbeiträge erschöpften sich damit im Aufbau und in der Aufrechterhaltung eines auf Straftaten ausgerichteten Geschäftsbetriebs und sind damit als – uneigentliches – Organisationsdelikt zu einer einheitlichen Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen (vgl. BGHSt 49, 177, 184; 48, 331, 343; BGH NStZ 1996, 296 f.; BGHR StGB 263 Täterschaft 1; BGH NJW 2004, 375, 378; 1998, 767, 769). Jedenfalls bei dieser hier vorzunehmenden rechtlichen Würdigung kann es offenbleiben , ob die Beschäftigung der einzelnen Arbeitnehmer mit für den Angeklagten im Ergebnis nutzlosen Tätigkeiten jeweils eigenständige Betrugsfälle darstellen könnte, wie das Landgericht angenommen hat. Die stoffgleiche Bereicherung des Angeklagten sollte vielmehr erst – wie das Landgericht zutreffend gesehen hat – durch die Auszahlung der Gelder der Zweigstellen der Bundesagentur für Arbeit eintreten.
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- Die Annahme von Gewerbs- und Bandenmäßigkeit wird durch die Änderung des Konkurrenzverhältnisses nicht berührt (vgl. BGHSt 49, 177, 182 ff., 187 f.). Ob die Mittäter des Angeklagten die einzelnen Delikte gege- benenfalls tatmehrheitlich begangen haben, ist ohne Bedeutung (vgl. BGHSt 49, 177, 183; BGH NStZ-RR 2003, 265, 267; wistra 2001, 336, 337).
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- b) Der Senat schließt aus, dass der geständige Angeklagte sich gegen die Änderung des Konkurrenzverhältnisses wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe kann im Ausgangspunkt als (Einzel-)Strafe bestehen bleiben. Ihre Zusammenziehung zu einer Tat lässt den Schuldumfang unberührt. Eine Auswirkung auf die nichtrevidierenden Mitangeklagten besteht nicht, weil deren Tätigkeitsfelder unterschiedlich waren und mithin auch ein anderer Sachverhalt für die Beurteilung der Konkurrenzverhältnisse zugrundezulegen wäre.
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- 2. Jedoch ist die nunmehr als Strafe aufrechterhaltene Gesamtfreiheitsstrafe um zwei Monate wegen einer für das Revisionsverfahren festzustellenden rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung (Art. 6 Abs. 1 MRK) zu mindern. Die Revisionsbegründung ist am 18. Dezember 2006 beim Landgericht eingegangen. Erst elf Monate später, nämlich am 19. November 2007, sind die Akten dem Generalbundesanwalt vorgelegt worden, ohne dass hierfür ein sachlicher Grund ersichtlich ist. Der Senat setzt die Strafe in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO selbst herab, um weitere Verfahrensverzögerungen zu vermeiden (vgl. BGH wistra 2007, 257; 231; 150, 153).
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.
(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.
(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.
(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.