Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Jan. 2000 - 5 StR 587/99
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die weitergehenden Revisionen werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionen , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt, O in Tateinheit mit versuchtem Betrug zu zwei Jahren und vier Monaten Freiheitsstrafe, B – unter Freisprechung im übrigen – in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit Veräußerung von Betäubungsmitteln zu vier Jahren Freiheitsstrafe. Die Revisionen der Angeklagten sind zum Schuldspruch unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Jedoch hat der Strafausspruch bei beiden Angeklagten keinen Bestand.
1. Zu Unrecht legt das Landgericht bei dem Angeklagten B eine Gesamthandelsmenge von 3,1 Kilogramm Kokain (UA S. 39) zugrunde; tatsächlich hat dieser Angeklagte nur mit insgesamt 2,1 Kilogramm Kokain Handel getrieben. Nach der „Probe- oder Vertrauenslieferung“ von knapp 100 Gramm bemühte sich der Angeklagte stets nur, dem Verdeckten Ermittler noch weitere zwei Kilogramm Kokain zu liefern. Als die Lieferung dieser Menge über den MitangeklagtenO nicht zustande kam, initiierte und verwirklichte B in engem zeitlichem Zusammenhang in weiterer Verwirklichung seiner ursprünglichen Absicht die Lieferung von einem Kilogramm Kokain an den Verdeckten Ermittler. Dies rechtfertigt nicht, zur Bestimmung des Schuldumfangs beide Mengen zu addieren; vielmehr ist die zweite tatsächlich gelieferte Menge als Teil des ursprünglichen Gesamtangebots zu werten (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 – Handeltreiben 7).
Daß sich der zu weit bemessene Schuldumfang auf den Strafausspruch ausgewirkt hat, läßt sich nicht ausschließen. Der neue Tatrichter wird zudem das beträchtliche Ausmaß der Einwirkungen des Verdeckten Ermittlers auf den Angeklagten B bei Strafrahmenwahl und allgemeiner Strafzumessung besonders zu beachten haben, wenngleich auch nach den Maßstäben der Grundsatzentscheidung des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 18. November 1999 – 1 StR 221/99 –, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt) ein gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK verstoßender Lockspitzeleinsatz noch nicht vorliegt. Ein minder schwerer Fall wird dennoch naheliegen.
2. Die Begründung, mit welcher das Landgericht bei dem Angeklagten O einen minder schweren Fall nach § 29a Abs. 2 BtMG abgelehnt hat, hält sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand. Der Senat befürchtet, daß das Landgericht, das maßgeblich auf Art und Menge des gehandelten Rauschgifts abgestellt hat, den besonderen Umstand, daß es bezüglich der gesamten Handelsmenge nicht zu mehr als zu Bemühungen des Angeklagten O um Lieferung gekommen ist, bei der Strafrahmenwahl nicht ausreichend beachtet hat. In diesem Zusammenhang hat das Landgericht die Besonderheit eines bloßen „Luftgeschäfts“ unerwähnt gelassen. Zudem war bei der gegebenenSachlage – O bemühte sich nach Scheitern seiner Beschaffungsversuche, einen Teil des vereinbarten Preises ohne Lieferung zu erschwindeln – der tateinheitlich begangene versuchte Betrug nicht geeignet , das Gewicht des Betäubungsmittelhandels konkret zu verstärken, eher im Gegenteil. Bei der Begründung der Strafrahmenwahl hat das Landgericht aber zum Nachteil des Angeklagten O ausdrücklich auch auf dieses Begleitvergehen abgestellt.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft, - 2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt, - 3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein, - 4.
(weggefallen) - 5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt, - 6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel - a)
verschreibt, - b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
- 6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt, - 6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht, - 7.
entgegen § 13 Absatz 2 - a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke, - b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
- 8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt, - 9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen, - 10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet, - 11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt, - 12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind, - 13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt, - 14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt, - 2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.
(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.
(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre Betäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.