Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Jan. 2011 - 5 StR 547/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
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- Das Landgericht hat gegen den Beschuldigten im Sicherungsverfahren die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die Revision des Beschuldigten hat mit der Sachrüge im Umfang der Beschlussformel Erfolg.
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- Der Maßregelausspruch kann nicht bestehen bleiben, denn die Gefährlichkeitsprognose hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Insoweit hat der Generalbundesanwalt in seiner Stellungnahme vom 14. Dezember 2010 ausgeführt:
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- „a) Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist eine außerordentlich beschwerende Maßnahme. Deshalb darf sie nur angeordnet werden, wenn eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades besteht, dass der Täter infolge seines fortdauernden Zustandes in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen werde (vgl. BGHR StGB § 63 Gefährlichkeit 11 und 26). Nicht ausreichend sind hingegen eine lediglich latente Gefahr und die bloße Möglichkeit zukünftiger Straftaten.
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- Die vom Landgericht mitgeteilten Ausführungen des Sachverständigen (UA S. 10 f.) beschränken sich im Kern auf die Wiedergabe von Befundtatsachen und lassen die Darstellung wesentlicher Anknüpfungstatsachen vermissen (vgl. Senat, Beschluss vom 14. September 2010 − 5 StR 229/10). Es kann vor diesemHintergrund nicht nachvollzogen werden, worauf die Überzeugung des Gerichts gründet, dass gleichartige Taten wahrscheinlich sind. Soweit das Landgericht auf akustische Halluzinationen auch außerhalb der in Brand gesetzten Wohnung abstellt , werden diese nicht näher erläutert (UA S. 11). Insoweit ist nicht nachprüfbar, ob die Wahnvorstellungen auf gleichartige Taten hindeuten. Der Hinweis darauf, dass sich die krankhafte seelische Störung in ‚fremdaggressivem Verhalten’ äußere (UA S. 11), entbehrt einer tatsachenfundierten Darlegung der Grundlage dieser Einschätzung (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2010 − 4 StR 605/09; BGHR StGB § 63 Gefährlichkeit 19).
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- b) Das Landgericht hätte sich darüber hinaus auch mit naheliegenden gegen eine Gefährlichkeit sprechenden Umständen auseinandersetzen müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. September 2008 − 2 StR 291/08). Sowohl die Tatsache, dass der seit 2003 an einer paranoidhalluzinatorischen Schizophrenie leidende Beschuldigte bis März 2010 nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten war, als auch dessen Bestreben, die Wohnräume so selten wie möglich aufzusuchen (UA S. 5), stellen Umstände dar, die das Gericht in seine Überlegung hätte einbeziehen müssen.“
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- Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an. Da der Rechtsfehler nicht die Feststellungen zum Geschehensablauf der rechtswidrigen Tat betrifft , können diese bestehen bleiben.
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Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.