Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Jan. 2006 - 5 StR 514/05
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung, Betruges in zehn Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung, wegen Körperverletzung, versuchter Nötigung und Sachbeschädigung in zwei Fällen unter Einbeziehung anderweitig verhängter Freiheitsstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt sowie die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die Revision des Angeklagten bleibt – wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 28. November 2005 zutreffend ausgeführt hat – zum Schuldspruch und zu den Strafaussprüchen erfolglos. Das Rechtsmittel führt aber zur Aufhebung des Maßregelausspruchs.
Zwar hat das Landgericht für die in eine von Oktober 1997 bis April 1999 begangene Betrugsserie eingebettete Anlasstat, einen erpresserischen Menschenraub in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung vom 11. Dezember 1998 zum Nachteil von zwei Betrugsopfern, mit nachvollziehbarer Begründung eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit des Angeklagten festgestellt. Die für eine Maßregel nach § 63 StGB weiter erforderliche Wahrscheinlichkeit höheren Grades hinsichtlich neuerlicher schwerer Störungen des Rechtsfriedens (vgl. BGHR StGB § 63 Gefährlichkeit 16; BGH NStZ-RR 2003, 232) wird aber mit der knappen Gesamtwürdigung des Landgerichts nicht belegt. Diese erfasst nicht die gesamte Persönlichkeit des Angeklagten zum maßgeblichen Zeitpunkt der Hauptverhandlung (vgl. Tröndle /Fischer, StGB, 53. Aufl. § 63 Rdn. 20 m.w.N.).
Das Landgericht hat die den mitgeteilten Verurteilungen des Angeklagten vom 23. Juni 2000, 15. August 2000, 20. Januar 2004 (jeweils Amtsgericht Goslar) und 5. Juli 2004 (Amtsgericht Braunschweig) zugrunde liegenden Taten nicht in die Würdigung mit einbezogen. Die durch die zahlreichen , vornehmlich an Angehörige von Strafverfolgungsbehörden gerichteten Schreiben des Angeklagten bewirkten Beleidigungen, Verleumdungen, Bedrohungen , versuchte Nötigungen und Körperverletzungen hätten aber – zumal bei überwiegend zugebilligter erheblich verminderter Schuldfähigkeit – Erkenntnismöglichkeiten darstellen können, die Aufschluss über einen etwaigen symptomatischen Zusammenhang zwischen dem seelischen Zustand des Angeklagten und dessen – im Zeitpunkt der Hauptverhandlung eventuell auch verminderter – Gefährlichkeit hätten geben können. Darauf wäre die Sachaufklärung bei der hier lange zurückliegenden Anlasstat zu erstrecken gewesen (vgl. BGH, Beschluss vom 7. April 1995 – 4 StR 146/95).
Solches wird der neue Tatrichter vorzunehmen haben. Einer Aufhebung von Feststellungen bedarf es bei der hier vorliegenden bloßen Lückenhaftigkeit der bisherigen Feststellungen nicht. Der neue Tatrichter wird im Rahmen der Prüfung, ob die Unterbringung erforderlich ist, auch berücksichtigen können, dass der Angeklagte sogar überwiegend uneingeschränkt schuldfähig gewesen ist, so dass gegen ihn als Mittel der Einwirkung vornehmlich die Strafe zur Verfügung gestanden hat (vgl. BGHR StGB § 63 Gefährlichkeit 16 m.w.N.).
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.